TE OGH 1954/1/27 3Ob807/53

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Veröffentlicht am 27.01.1954
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Norm

ABGB §427
ABGB §428
ABGB §451
ABGB §452

Kopf

SZ 27/18

Spruch

Keine wirksame Übertragung des Sicherungseigentums an Möbelwagen durch Bezettelung im Innern des Wagens.

Entscheidung vom 27. Jänner 1954, 3 Ob 807/53.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Die Kläger begehren mit ihrer Klage die Vornahme der am 11. Juni 1951 bzw. 2. Februar 1953 bewilligten Exekution durch Pfändung und Verwahrung bezüglich der im Pfändungsprotokoll unter Postzahl 3 gepfändeten Eisenbahnwagen, unter Postzahl 4 gepfändeten Möbelwagenanhänger und unter Postzahl 18 gepfändeten Möbelwagen für unzulässig zu erklären, weil ihnen an diesen Gegenständen das Eigentumsrecht zustehe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, die beiden oberen Instanzen wiesen ab.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen des Obersten Gerichtshofes:

Im übrigen wird unter dem Revisionsgrund der Z. 4 des § 503 ZPO. ausgeführt, daß die Sicherungsübereignung einen gültigen Titel für den Eigentumserwerb bilde. Die Meinung, daß Sicherungseigentum nur in den Formen des Pfandrechtserwerbes übertragen werden könne, sei abzulehnen. Die Sicherungsübereignung sei doch deshalb geschaffen worden, weil die Wirtschaft durch die pfandrechtliche Sicherung wegen der Gewahrsamänderung nicht ausgekommen sei. Schließlich sei der Eigentumsvorbehalt ebenfalls als wirksam anerkannt worden. Die Sicherungsübereignung müsse daher auch im Wege eines Besitzkonstitutes begrundet werden können. Aber selbst wenn man der Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes beitrete, daß eine Übergabe durch Erklärung nicht ausreiche, sei Eigentum wirksam übertragen worden. Eine Übergabe von Hand zu Hand sei hier untunlich, weil die Transferierung und Unterbringung der gepfändeten Gegenstände erhebliche Kosten verursache. Es müsse daher die Übergabe durch Zeichen als gültig angesehen werden. Durch das Ankleben der Zettel sei die Publizität hinreichend gewahrt worden.

In diesem Punkte ist die Revision unbegrundet. Es ist durchaus richtig, daß ein Vertrag, mit welchem Sicherungseigentum eingeräumt wird, einen gültigen Titel für den Eigentumserwerb bildet. Es ist auch richtig, daß in der Rechtsprechung das Sicherungseigentum als Exszindierungsanspruch anerkannt wird, ist doch der Sicherungseigentümer Volleigentümer, wenn ihm auch die obligatorische Verpflichtung auferlegt ist, von den im Eigentum liegenden Befugnissen nur zur Sicherung seiner Forderung Gebrauch zu machen und die Bezahlung der gesicherten Forderung entweder die persönliche Verpflichtung des Gläubigers zur Rückübertragung des Eigentums auslöst oder als auflösende Bedingung wirkt, sodaß das Eigentum von selbst an den Schuldner zurückfällt. Letzteres ist im vorliegenden Fall von den Parteien vereinbart worden. Allein daraus folgt noch keineswegs, daß der Vollzug der Sicherungsübereignung in einer Form zugelassen werden müßte, die es ermöglicht, die Betriebsmittel als Sicherungsgegenstände der weiteren Benützung im Betriebe des Schuldners zur Verfügung zu halten (ZBl. 1929 Nr. 195). Der Oberste Gerichtshof hat auch, von ganz vereinzelten Entscheidungen wie Rsp. 1926, 165, Rsp. 1929, 55, ZBl. 1934, Nr. 144, abgesehen, stets daran festgehalten, daß die Sicherungsübereignung wirtschaftlich nichts anderes verfolgt als eine Pfandbestellung, daher -dazumal eine gesetzliche Regelung fehlt - die für die Pfandbestellung im Gesetze vorgesehenen Formen der Übergabe einzuhalten sind. Deshalb kann Sicherungseigentum durch Besitzkonstitut nicht begrundet werden. Es ist vielmehr nur dann wirksam zustandegekommen, wenn eine Gewahrsamänderung vorgenommen wurde oder wenn diese nicht möglich oder tunlich sein sollte, eine Übergabe durch Zeichen im Sinne des § 427 ABGB. erfolgte (JBl. 1934, S. 345; RZ. 1934, 215; GH. 1936, S. 4; GH. 1935, S. 45; SZ. X/26;

ZBl. 1928, Nr. 164; SZ. VIII/200; GH. 1928, 67; JBl. 1951, S. 264;

JBl. 1953, S. 570 u. a.).

Der Oberste Gerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, von dieser ständigen Rechtsübung abzugehen. Es sind auch die Ausführungen der Revision nicht geeignet, diese Rechtsansicht der Revision zu widerlegen. Mag auch der Eigentumsvorbehalt den Sicherungszweck mit der Sicherungsübereignung gemeinsam haben, so können doch dessen Regeln nicht ohneweiters auf die Sicherungsübereignung übertragen werden, sodaß sich aus seiner Anerkennung für die Sicherungsübereignung nichts ableiten läßt. Die Frage, ob im geschäftlichen Verkehr bei der Übertragung von Kraftfahrzeugen ins Sicherungseigentum die Vorschriften des Gesetzes eingehalten werden und ob Sicherungseigentum hiebei wirksam entsteht oder nicht, war hier nicht zu prüfen. Es erübrigt sich daher auf die bezüglichen Ausführungen der Revision näher einzugehen.

Wird aber von der ständigen Rechtsprechung ausgegangen, ist dem Berufungsgerichte beizupflichten, daß Sicherungseigentum nicht wirksam begrundet wurde. Grundsätzlich kann Sicherungseigentum nur durch körperliche Übergabe übertragen werden. Eine symbolische Übergabe ist nur dort wirksam, wo die Übergabe von Hand zu Hand nicht möglich oder nicht tunlich wäre. Eine solche Übergabe muß nicht unbedingt eine Ortsveränderung zur Folge haben, sondern sie besteht darin, daß dem Erwerber die ausschließliche Verfügungsgewalt eingeräumt und dem Veräußerer entzogen wird (GH. 1936, S. 4). Daß ein Kraftwagen körperlich übergeben werden kann, ist in der Rechtsprechung anerkannt (JBl. 1951, S. 264). Es wäre daher nicht einzusehen, warum ein Kraftwagenanhänger nicht körperlich übergeben werden könnte. Das gleiche muß für Möbelwagen gelten. Die Einräumung der ausschließlichen Verfügungsmacht wäre also durchaus möglich und wohl auch tunlich gewesen. Daß eine körperliche Übergabe erfolgt wäre, wurde nie behauptet. Ist aber eine körperliche Übergabe möglich, kann Eigentum durch Zeichen nicht übertragen werden und ist mangels einer solchen körperlichen Übergabe Eigentum nicht wirksam übertragen worden.

Aber selbst wenn man sich der Meinung der Revisionswerber anschlösse, daß wegen der besonderen Umstände des Falles eine körperliche Übergabe nicht tunlich gewesen wäre, wäre für die Revisionswerber nichts gewonnen. Die symbolische Übergabe verlangt die Anbringung entsprechender Zeichen, woraus jedermann die Verpfändung leicht erkennen kann (§ 427 ABGB.). Das heißt, es müssen mit der Sache solche Zeichen verbunden werden, die jedem Interessenten die Übertragung bei gehöriger Aufmerksamkeit leicht erkennen lassen (Slg. III/863; SZ. IX/199). Aus dem Akteninhalt ergibt sich nun, daß der Vollstrecker, zu dessen Berufspflichten es gehört, sich über die Eigentumsverhältnisse zu unterrichten, die im Wageninnern angebrachten Zettel nicht bemerken konnte. Schon daraus folgt, daß es sich nicht um Zeichen im Sinne des § 427 ABGB. handelte. Es ist dem Berufungsgerichte auch beizupflichten, daß es weder der Verkehrsübung noch einem Handelsbrauche entspricht, die Eigentumsverhältnisse durch kleine Zettel im Wageninnern kenntlich zu machen. Dieser Vorgang wurde hier auch nur eingehalten - daß er zum Zwecke der Eigentumsübertragung vereinbart worden wäre, wurde gar nicht festgestellt -, um nach außen den Eigentumsübergang nicht auffallen zu lassen. Also selbst wenn dieser Vorgang vereinbart gewesen wäre, wäre die Absicht der Parteien der im § 427 ABGB. geforderten Publizität des Übertragungsaktes entgegengesetzt gewesen. Da somit auch der Vorschrift des § 427 ABGB. nicht Genüge geleistet wurde, ist tatsächlich Eigentum nicht wirksam übertragen worden, sodaß den Klägern ein Exszindierungsanspruch nicht zusteht.

Anmerkung

Z27018

Schlagworte

Sicherungseigentum, Übertragung des -, Tradition, Sicherungseigentum, Übergabe Sicherungseigentum, Übertragung des Sicherungseigentums

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1954:0030OB00807.53.0127.000

Dokumentnummer

JJT_19540127_OGH0002_0030OB00807_5300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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