TE OGH 1954/5/6 1Nd137/54

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Veröffentlicht am 06.05.1954
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Norm

Entmündigungsordnung §12 Abs4
JN §111

Kopf

SZ 27/123

Spruch

Unzulässigkeit der Übertragung der Entmündigung eines im Ausland wohnhaften Inländers an ein ausländisches Gericht gemäß § 111 Abs. 3

JN.

Entscheidung vom 6. Mai 1954, 1 Nd 137/54.

Text

Gegen die österreichische Staatsangehörige Juliane D., die ihren ständigen Wohnort in L. bei München hatte und derzeit in der Heil- und Pflegeanstalt H. untergebracht ist, ist beim Amtsgericht München ein Entmündigungsverfahren anhängig. Ein letzter Aufenthalts- oder Wohnort der Genannten im Inland ist nicht ermittelt worden.

Das im Sinne der JMVO. vom 15. August 1916, RGBl. Nr. 265, zuständige Bezirksgericht Innere Stadt-Wien hat zunächst die Abstandnahme von der Einleitung des Entmündigungsverfahrens im Inland gemäß § 12 Abs. 4 EntmO. beschlossen.

Da das Oberlandesgericht Wien diesem Beschluß nicht zugestimmt hat, ist vom Erstgericht für die Kurandin ein vorläufiger Beistand bestellt und in der Folge der Akt zur Genehmigung der Übertragung der Zuständigkeit einzelner Geschäfte, nämlich der Durchführung der Entmündigung der Juliane D. gemäß § 111 Abs. 3 JN. an das Amtsgericht München vorgelegt worden.

Der Oberste Gerichtshof lehnte den Antrag des Bezirksgerichtes Innere Stadt - Wien ab.

Rechtliche Beurteilung

Zur Entscheidung in Personenstandssachen österreichischer Staatsbürger sind, wie sich aus § 81 Z. 3 EO. ergibt, ohne Rücksicht auf ihren ordentlichen Wohnsitz und ständigen Aufenthaltsort grundsätzlich und ausschließlich die österreichischen Gerichte zuständig. Hierher gehören nicht nur die Anerkennung und Bestreitung der ehelichen Abstammung, die Feststellung der außerehelichen Vaterschaft, die Bestätigung eines Adoptionsvertrages, die Todeserklärung und Legitimation österreichischer Staatsbürger, sondern auch alle Vormundschafts-, Pflegschafts- und Entmundungssachen.

Der Grundsatz der ausschließlichen Zuständigkeit der österreichischen Gerichtsbarkeit zur Entscheidung in Vormundschafts- , Pflegschafts- und Entmündigungssachen ist nur in zwei Fällen durchbrochen; nämlich in Vormundschafts- und Pflegschaftssachen bei der Übertragung der Zuständigkeit an ein ausländisches Gericht gemäß § 111 Abs. 3 JN. und in dem Fall, in dem die Durchführung eines Entmündigungsverfahrens einem ausländischen Gericht gemäß § 12 Abs. 4 EntmO. überlassen wird. In letzterem Fall wird im Inland ein Entmündigungsverfahren nicht eingeleitet und die ausländische Entscheidung über die Entmündigung des Inländers formell für den österreichischen Rechtsbereich anerkannt.

Daraus, daß im vorliegenden Fall vom Oberlandesgericht die Zustimmung zur Überlassung der Durchführung des Entmündigungsverfahrens an das Amtsgericht München gemäß § 12 Abs. 4 EntmO. nicht erteilt wurde, folgt, daß das Bezirksgericht Innere Stadt - Wien das Entmündigungsverfahren durchzuführen hat und nicht im Wege einer Übertragung der Zuständigkeit gemäß § 111 Abs. 3 JN. dem Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien seine Wirksamkeit nehmen kann. Denn die Bestimmung des § 12 Abs. 4 EntmO. geht als Sondernorm der Bestimmung des § 111 Abs. 3 JN. vor. Im Entmündigungsverfahren kann daher das zuständige Entmündigungsgericht nicht seine Zuständigkeit im Wege des § 111 Abs. 3 JN. an ein ausländisches Gericht übertragen, sondern nur gemäß § 12 Abs. 4 EntmO. vorgehen, zumal die Bestimmung des § 111 JN. nur das Verfahren vor dem Pflegschaftsgericht, nicht aber das Entmündigungsverfahren als solches betrifft (NotZ. 1916 S. 414). Hat aber das Oberlandesgericht dieser Beschlußfassung im Sinne des § 12 Abs. 4 EntmO. seine Zustimmung nicht erteilt, dann ist das zuständige inländische Gericht zur Durchführung des Entmündigungsverfahrens verpflichtet.

Anmerkung

Z27123

Schlagworte

Ausland, Entmündigung eines Inländers im -, Entmündigung Übertragung der - an ausländisches Gericht, Inländer, Entmündigung, Übertragung der Entmündigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1954:0010ND00137.54.0506.000

Dokumentnummer

JJT_19540506_OGH0002_0010ND00137_5400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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