TE OGH 1960/6/21 4Ob83/60

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Veröffentlicht am 21.06.1960
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Norm

Einkommensteuergesetz 1953 §2 Abs4 Z2
Gehaltsgesetz 1956 §4 Abs8 lita

Kopf

SZ 33/66

Spruch

Der im § 4 Abs. 8 lit. a GehaltsG. 1956 enthaltene Begriff der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ist im Sinne des Einkommensteuergesetzes auszulegen.

Entscheidung vom 21. Juni 1960, 4 Ob 83/60.

I. Instanz: Arbeitsgericht Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Der Kläger, der beim Landesinvalidenamt W. Vertragsbediensteter ist, verlangt gemäß § 16 VBG. 1948, § 4 Abs. 8 GehaltsG. 1956 die Zahlung der Differenz zwischen der großen (§ 4 Abs. 8 lit. b GehaltsG. 1956) und der kleinen Haushaltszulage (§ 4 Abs. 8 lit. a GehaltsG. 1956) für die Monate September 1956 bis September 1959 in der Höhe von 2355 S. Im Berufungsverfahren ist die Klage auf die Monate Oktober bis Dezember 1959 zuzüglich einer vollen Sonderzahlung (Art. II der V. v. 27. Oktober 1959, BGBl. Nr. 249) und einer halben Sonderzahlung (§ 9 Abs. 1 der Dritten Teuerungszuschlagsverordnung 1951, BGBl. Nr. 153, i. d. F. der V. v. 27. Oktober 1959, BGBl. Nr. 249) im Betrag von 270 S, insgesamt daher auf 2625 S, ausgedehnt worden. Der Kläger vertritt den Standpunkt, daß das Renteneinkommen seiner Ehegattin, das diese von der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter beziehe, in der Höhe von monatlich 506 S 20 g, ab Februar 1958 von monatlich 554 S 20 g, unter der zulässigen Höchstgrenze des § 4 Abs. 8 lit. a GehaltsG. 1956 (460 S monatlich, ab 1. Jänner 1959 550 S monatlich gemäß Art. I Z. 3 des G. vom 18. März 1959, BGBl. Nr. 94) liege. Als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 4 Abs. 8 lit. a GehaltsG. 1956 sei nämlich nach § 2 Abs. 4 Z. 2 EStG. 1953, BGBl. Nr. 1/1954, der Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten anzusehen. Zu den Werbungskosten gehöre auch der im § 51 Abs. 1 EStG. 1953 i. d. P. des G. vom 15. Dezember 1954, BGBl. Nr. 13/1955, vorgesehene Pauschalbetrag für Werbungskosten in der Höhe von 247 S (bis 31. Dezember 1956) und 273 S (ab 1. Jänner 1957).

Die beklagte Partei wendet dagegen ein, daß auch die der Gattin des Klägers ausgezahlte Wohnungsbeihilfe von 30 S monatlich als Einkommen im Sinne des § 4 Abs. 8 lit. a GehaltsG. 1956 zu betrachten sei. Wenngleich die in dieser Gesetztesstelle erwähnten Einkunftsarten dem Einkommensteuerrecht entnommen seien, bedeute dies nicht, daß die einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen unmittelbar anzuwenden wären. Auf deren rechtsähnliche Tatbestände könne durch Analogie nur insoweit zurückgegriffen werden, als durch den Mangel der Definition des Begriffes "Einkünfte" und der Einkunftsarten im Gehaltsgesetz 1956 ein unbedingtes Rechtsbedürfnis bestehe. Die fiktiven Werbungskosten des § 51 Abs. 1 EStG. 1953 würden von diesem Rechtsbedürfnis nicht erfaßt, da nur tatsächliche Werbungskosten, die bei der Rente der Gattin des Klägers nicht in Frage kämen, von den Einnahmen abgesetzt werden könnten, um die Höhe der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der Ehegattin im Sinne des § 4 Abs. 8 lit. a GehaltsG. 1956 zu ermitteln. Da die Einkommensgrenze von 460 S, ab 1. Jänner 1959 von 558 S, beim Einkommen der Gattin des Klägers überschritten worden sei, habe er keinen Anspruch auf die große Haushaltszulage.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Wenn die Durchführungsbestimmungen zum Gehaltsgesetz 1956 (Erlaß des Bundeskanzleramtes vom 21. Juni 1956, Z. 50.000/3/56) hinsichtlich des Begriffes der Einkunftsarten im Sinne des § 4 Abs. 8 lit. a GehaltsG. 1956 auf das Einkommensteuerrecht verwiesen, sei damit noch nicht gesagt, daß auch für die Berechnung der Höhe der Einkünfte der Gattin steuerrechtliche Abzüge zu berücksichtigen wären. Der im § 2 Abs. 4 EStG. 1953 umrissene Begriff der Einkünfte als Gewinn oder Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten sei nur steuerrechtlich, nicht aber für andere Gesetze von Bedeutung. Der im § 51 Abs. 1 EStG. 1953 vorgesehene Pauschalbetrag für Werbungskosten entspreche keiner Minderung der Einkünfte. Es handle sich nur um eine jedem Lohnempfänger zukommende Herabsetzung der Steuerbemessungsgrundlage. Daß es im § 4 Abs. 8 lit. a GehaltsG. 1956 darauf nicht ankomme, ergebe sich schon daraus, daß die Einkünfte in der dort angeführten Höhe im Sinne des § 32 EStG. 1953 an sich steuefrei seien.

Infolge Berufung des Klägers bestätigte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil und wies das in der Berufungsschrift des Klägers erweiterte Klagebegehren ab. Wenn im § 4 Abs. 8 lit. a GehaltsG. 1956 auf das Einkommensteuerrecht hingewiesen werde, beziehe sich dieser Hinweis nur auf die Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes 1953 (§ 2 Abs. 3 Z. 1 bis 4), nicht aber auch auf die Höhe des Einkommens, bezüglich welcher die allgemeine Bedeutung des Einkommensbegriffes maßgebend bleibe. Unter dem Nettoeinkommen sei der Gehalt oder Ruhegenuß samt allen Nebengebühren abzüglich der Steuern und sozialen Lasten und öffentlichen Abgaben, nicht aber der Werbungskosten, zu verstehen. Die Wohnungsbeihilfe stelle einen Teil des Einkommens dar.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers Folge und änderte das Urteil des Berufungsgerichtes dahin ab, daß der Klage stattgegeben wurde.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

In rechtlicher Hinsicht kann der Ansicht der Untergerichte nicht beigetreten, werden. Die kleine Haushaltszulagengebühr nach § 4 Abs. 8 lit. a GehaltsG. 1956 verheirateten Beamten (und Vertragsbediensteten), die keine Kinderzulage erhalten und deren Ehegatte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger oder nichtselbständiger Arbeit von mehr als 460 S (ab 1. Jänner 1959 von mehr als 550 S gemäß Art. I Z. 3 des G. v. 18. März 1959, BGBl. Nr. 94) bezieht. In allen übrigen Fällen gebührt nach § 4 Abs. 8 lit. b GehaltsG. 1956 (Art. I Z. 4 des G. vom 18. März 1959, BGBl. Nr. 94) die große Haushaltszulage. Der beklagten Partei ist zuzugeben, daß im Gehaltsgesetz 1956 der Begriff der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nicht definiert worden ist. Dies war aber nicht erforderlich, weil die Bezeichnung. "Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger oder nichtselbständiger Arbeit" mit der im § 2 Abs.3 EStG. 1953 in den Punkten 1 bis 4 gebrauchten Bezeichnung wörtlich übereinstimmt. Da kein Anlaß besteht, ohne zwingenden Grund anzunehmen, daß der Gesetzgeber in zwei nur etwas mehr als zwei Jahre auseinanderliegenden Gesetzen denselben Begriff in verschiedenem Sinn gebraucht hätte, ist davon auszugehen, daß das Gehaltsgesetz 1956 auf den Begriff des Einkommensteuergesetzes 1953 zurückgreifen wollte.

Es wäre willkürlich, dieses Zurückgreifen nur auf die Einteilung der Einkunftsarten (aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit, aus nichtselbständiger Arbeit) beziehen zu wollen, wie es das Berufungsgericht getan hat. Die Bezeichnung "Einkünfte" hat nämlich im Einkommensteuergesetz 1953 mit Bezug auf die angeführten einzelnen Einkunftsarten ihre besondere Bedeutung, die der Gesetzgeber des Gehaltsgesetzes 1956 ebenso wie die Einteilung der Einkunftsarten übernommen hat. Nach § 2 Abs. 4 Z. 2 EStG. 1953 sind die hier interessierenden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten. Auch diese Begriffsbestimmung hat für § 4 Abs. 8 lit. a GehaltsG. 1956 zu gelten. Mit Recht steht daher Zach, Gehaltsgesetz 1956, S. 9, auf dem Standpunkt, daß bei der Prüfung, ob der andere Ehegatte Einkünfte von mehr als 460 S monatlich beziehe, auf die einschlägigen Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes Bedacht zu nehmen sei. Einen Hinweis in dieser Richtung gibt auch der Wortlaut des G. vom 18. Dezember 1959, BGBl. Nr. 298, in dessen § 3 Abs. 2 für die Begriffsbestimmung der weiteren Einkünfte ausdrücklich auf die §§ 2 und 3 EStG. 1953 hingewiesen wird. Die Ähnlichkeit des Zweckes des § 3 Abs. 2 des G. von 18. Dezember 1959 und des § 4 Abs. 8 lit. a GehaltsG. 1956 (Festlegung eines maximalen Betrages an Einkünften, bei dessen Vorliegen der Anspruch auf Ergänzungs- bzw. Haushaltszulage noch besteht) spricht für gleichartige Auslegung. Der Kläger hat mit Recht darauf verwiesen, daß bei der Beratung des Gesetzes vom 18. Dezember 1959 im Bundesrat (155. Sitzung vom 23. Dezember 1959, S. 3683 der stenographischen Protokolle) ein Mitglied darauf verwiesen hat, die Anwendung des Einkommensteuerrechtes sei in besoldungsrechtlichen Fragen des öffentlichen Dienstes kein Novum, da es bereits im § 4 GehaltsG. 1956 herangezogen worden sei.

Der Einwand der beklagten Partei, die Bestimmung des Begriffes der Einkünfte im § 2 Abs. 3 und 4 EStG. 1953 diene der Festlegung einer Grundlage für die Bemessung der Einkommensteuer, während es sich hier um die für die Höhe der Haushaltszulage maßgebende Maximalgrenze des Einkommens der Ehegattin des Vertragsbediensteten handle, ist nicht begrundet. Abgesehen davon nämlich, daß in beiden Fällen die Höhe des Einkommens als Maßstab der Leistungsfähigkeit zu dienen hat, hat der Gesetzgeber des Gehaltsgesetzes mit Absicht auf die Regelung des Einkommensteuergesetzes 1953 zurückgegriffen, um eine umständliche Aufzählung der abzugsfähigen Auslagen des Beamten (Vertragsbediensteten) zu ersparen. Es ist auch ohne Bedeutung, daß der im Gehaltsgesetz vorgesehene Maximalbetrag von 460 S (550 S) nach § 32 Abs. 6 EStG. 1953 einkommensteuerfrei ist und es daher der Feststellung einer Einkommensteuerbemessungsgrundlage und damit des Abzuges der Werbungskosten nicht bedarf. Es handelt sich nämlich nicht darum, von welchen Sätzen das Gehaltsgesetz 1956 einerseits und das Einkommensteuergesetz 1953 andererseits für ihre Zwecke ausgeben, sondern um die für beide Gesetze gleiche Methode, wie die jeweils maßgebenden Einkünfte errechnet werden.

Die auch für das Gehaltsgesetz 1956 maßgebende Bestimmung des § 2 Abs.4 Z. 2 EStG. 1953 verweist zu den Begriffen der Einnahmen und der Werbungskosten in Klammer auf die §§ 8 und 9 EstG. 1953. Nach § 8 Abs. 1 EStG. 1953 sind Einnahmen alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 EStG. 1953 zufließen. Nach § 9 EStG. 1953 sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen, wobei das Gesetz einzelne Werbungskosten besonders aufzählt. Im § 51 Abs. 1 EStG. 1953 (§ 2 Abs. 4, 6 des G. vom 15. Dezember 1954, BGBl. Nr. 13/1955) ist vorgesehen, daß beim Steuerabzug vom Arbeitslohn für Werbungskosten (§ 9) ohne weiteren Nachweis ab 1. Jänner 1956 ein Pauschbetrag von 247 S, ab 1. Jänner 1957 von 273 S monatlich abzusetzen ist. Es handelt sich nicht um eine besondere Art von Werbungskosten, die etwa in den §§ 2 Abs. 4 Z. 2 oder 9 EStG. 1953 nicht gemeint wären, sondern um eine bloße Beweiserleichterung für einen Minimalbetrag von Werbungskosten, die beim Arbeitslohn in jedem Fall als aufgelaufen unterstellt werden. Auch diese Werbungskostenpauschbeträge sind Werbungskosten im Sinne des § 9 EStG. 1953, worauf der Klammerausdruck im § 51 Abs. 1 EStG. 1953 deutlich hinweist. Es besteht daher kein Hindernis, auch diese Beträge vom Einkommen der Ehegattin des Vertragsbediensteten abzuziehen, damit festgestellt werden kann, ob ihre Einkünfte im Sinne des § 4 Abs. 8 lit. a GehaltsG. 1956 den dort vorgesehenen Betrag von 460 S (ab 1. Jänner 1959 550 S) monatlich übersteigen. Darauf, ob die Ehegattin wirklich Werbungskosten hatte, kommt es nicht an. Es kann nicht gesagt werden, daß es sich bei der Pauschalierung des § 51 Abs. 1 EStG. 1953 bloß um eine interne steuerrechtliche Vereinfachung handle, die auf das Gehaltsgesetz 1956 nicht übertragen werden könne. Steuerrechtlichen Zwecken dient nämlich der Begriff der Werbungskosten und der Einkünfte überhaupt, welche Begriffe aber ohne Einschränkung auf § 4 Abs. 8 lit. a GehaltsG. 1956 ausgedehnt worden sind. Deshalb müssen auch Werbungskosten, deren Auflaufen im § 51 Abs. 1 EStG. 1953 unwiderleglich vermutet wird, berücksichtigt werden. Aus Gründen der angeblichen Zweckmäßigkeit und der angeblichen Gerechtigkeit kann ein Unterschied nicht gemacht werden. So wie die Gattin eines Vertragsbediensteten mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit steuerrechtlich gegenüber einer solchen mit Einkünften etwa aus selbständiger Arbeit beweismäßig bevorzugt ist, gilt dies auch besoldungsrechtlich. Daß dies dem Willen des Gesetzgebers entspricht, geht aus dem § 3 Abs. 2 des schon angeführten G. vom 18. Dezember 1959, BGBl. Nr. 298, hervor, wo auf die Absetzung des Pauschbetrages an Werbungskosten ausdrücklich Bezug genommen wird. Die Ähnlichkeit des Zweckes der Errechnung der Einkünfte in diesem Gesetz und im Gehaltsgesetz 1956 spricht für den gleichartigen Willen des Gesetzgebers (vgl. auch die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des G. vom 18. Dezember 1959, Nr. 138 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, IX. GP., S. 3). Bemerkt sei, daß eine dienstrechtliche Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zur maßgebenden Rechtsfrage nicht aufgefunden werden konnte.

Im vorliegenden Fall erreicht der Rentenbezug der Gattin des Klägers, gleichgültig ob die Wohnungsbeihilfe angerechnet wird oder nicht, nach dem Abzug des Werbungskostenpauschbetrages nicht die Betragsgrenze des § 4 Abs. 8 lit. a GehaltsG. 1956, so daß dem Kläger nicht die kleine, sondern die große Haushaltszulage gebührt. Er hat Anspruch auf die eingeklagten Beträge, die den gehaltsrechtlichen Vorschriften über die Haushaltszulage entsprechen und die geleisteten Zahlungen an kleiner Haushaltszulage (40 S monatlich) berücksichtigen.

Anmerkung

Z33066

Schlagworte

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Begriff im Sinne des § 4 Abs. 8 lit. a GehaltsG. 1956 Haushaltszulage, große, Begriff der "Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit" Nichtselbständige Arbeit, Begriff der Einkünfte im § 4 Abs. 8 lit. a GehaltsG. 1956

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1960:0040OB00083.6.0621.000

Dokumentnummer

JJT_19600621_OGH0002_0040OB00083_6000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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