TE OGH 1960/7/5 4Ob521/60

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Veröffentlicht am 05.07.1960
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hohenecker als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schuster, Dr. Gitschthaler, Dr. Machek und Dr. Bachofner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma Hermann H***** Kommanditgesellschaft, Fahrzeug- und Karosseriefabrik, *****, vertreten durch Dr. Walter Doppler, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei prot. Firma Z***** & Co, Import-Export, *****, vertreten durch Dr. Herbert Schaller, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 23.846,-- sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 21. April 1960, GZ 1 R 67/60-39, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 23. Dezember 1959, GZ 20 Cg 1707/58-30, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben. Das Urteil des Erstgerichtes, das hinsichtlich der Abweisung des Begehrens auf Bezahlung von 9 % Zinsen aus S 23.846,-- für die Zeit vom 15. 5. 1958 bis 26. 7. 1958 und von 4 % Zinsen aus S 23.846,-- seit 27. 7. 1958 als nicht in Beschwerde gezogen unberührt bleibt, wird hinsichtlich des Zuspruches von S 23.846,-- samt 5 % Zinsen seit 27. 7. 1955 und im Kostenpunkt aufgehoben; das Urteil des Berufungsgerichtes wird zur Gänze aufgehoben.

Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur Ergänzung des Verfahrens und zur neuerlichen Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen.

Auf die Kosten des Rechtsmittelverfahrens ist bei der neuerlichen Entscheidung gleich Kosten des Verfahrens erster Instanz Bedacht zu nehmen.

Text

Begründung:

Die klagende Partei begehrte von der beklagten Partei die Bezahlung von S 34.255,-- sA. Sie brachte vor, die beklagte Partei habe als ihre Vertreterin einen von der klagenden Partei gelieferten Omnibus an die Autounternehmerin Erna P***** in G***** verkauft und den Kaufpreis vereinnahmt. Von diesem vereinnahmten Kaufpreis schulde die beklagte Partei der klagenden Partei noch den Betrag von 5.525 DM = S 34.255,--.

Die beklagte Partei hat zunächst eingewendet, dass sie nur als Subvertreterin der Salzburger Firma J. L*****, KG, tätig gewesen sei, sie hat aber später (S 59) außer Streit gestellt, dass der Kaufvertrag über den genannten Autobus zwischen der Klägerin und der Firma P***** abgeschlossen wurde und dass die beklagte Partei als Vertreterin den Kauf vermittelt habe. Sie hat weiter eingewendet, dass sie vereinbarungsgemäß an die klagende Partei nur den Betrag von

40.525 DM abzuführen gehabt habe, wovon aber 5.000 DM von der klagenden Partei der Käuferin P***** gestundet wurden, so dass sie nur 35.525 DM abzuführen gehabt habe. Hievon habe sie bereits 30.000 DM für Rechnung der klagenden Partei an die Allgemeine Ortskrankenkasse für den Landkreis Schaumburg-Lippe bezahlt. Gegen die (eingeklagte) Restforderung von 5.525 DM hat die beklagte Partei eine Gegenforderung wegen Spesen anlässlich der Wiener Frühjahrsmesse 1958 in der Höhe von S 6.975,-- eingewendet; diese Gegenforderung wurde von der klagenden Partei anerkannt und um diesen Betrag das Klagebegehren eingeschränkt (S 46).

Die beklagte Partei hat weiter einen Betrag von S 8.944,90, den sie später (S 99) auf S 8.244,48 eingeschränkt hat, eingewendet, und zwar für Reparaturen an dem gegenständlichen Autobus. Hievon hat die klagende Partei einen Teilbetrag von S 3.432,47 anerkannt und um diesen Betrag das Klagebegehren gleichfalls eingeschränkt (S 115), so dass das Klagebegehren schließlich auf Bezahlung von S 23.846,-- samt 9 % Zinsen seit 15. 5. 1958 lautete.

Schließlich hat die beklagte Partei noch eingewendet, dass die klagende Partei nicht einen fabriksneuen, sondern einen schon gebrauchten Omnibus geliefert habe. Die Wertminderung betrage S 30.000,--, weshalb Erna P***** nicht den vollen Kaufpreis bezahlt habe. Diese Kaufpreisminderung sei von der Firma L***** anerkannt worden. Außerdem habe Erna P***** ihre Forderung auf Kaufpreisminderung in der Höhe von S 34.000,-- der beklagten Partei abgetreten, welchen Betrag die beklagte Partei aufrechnungsweise gegen die Klagsforderung eingewendet hat (S 49). Nach Ansicht der beklagten Partei schuldet sie daher der klagenden Partei nichts, im Gegenteil, sie behauptet, dass sie von der klagenden Partei noch S 11.644,98 zu fordern habe.

Das Erstgericht hat festgestellt: Das Geschäft mit der Firma P***** führte die beklagte Partei ohne Einschaltung der Firma L***** durch. Zwischen der klagenden und der beklagten Partei war seinerzeit vereinbart worden, dass die klagende Partei für den Autobus 40.525 DM zu erhalten habe. Gleichzeitig wurde festgesetzt, dass das Fahrzeug in Österreich um den Betrag von S 350.000,-- zu verkaufen sei. Die Differenz zwischen den beiden Beträgen sollte zum Ersatz der von der beklagten Partei zu tragenden Spesen dienen und den Gewinn der beklagten Partei darstellen. Am 20. 5. 1958 wurde der Kaufvertrag über den Autobus in Wien von der beklagten Partei namens der Klägerin mit Erna P***** abgeschlossen und hiebei ein Kaufpreis von S 350.000,-- vereinbart. Davon wurde der Betrag von 5.000 DM von der klagenden Partei gegen Übergabe eines Akzeptes der Erna P***** bis 20. 5. 1959 kreditiert. Der Autobus wurde am 21. 5. 1958 in B***** übernommen. Vom vereinbarten Kaufpreis hat die beklagte Partei von Erna P***** am 20. 5. 1958 S 30.000,-- und am 26. 7. 1958 S 280.000,-- kassiert. Der letztgenannte Betrag wurde von Erna P***** bei der AVA als Darlehen aufgenommen und an die beklagte Partei ausbezahlt. Von diesem Betrag hat die beklagte Partei zugleich mit der Zuzählung S 3.200,-- für die grundbücherliche Sicherstellung des Darlehens bezahlen müssen. Von den kassierten Beträgen hat die beklagte Partei für Rechnung der klagenden Partei 30.000 DM an die Ortskrankenkasse Schaumburg-Lippe bezahlt.

Dass die klagende Partei mit einem Bankkredit von 9 % arbeite, wurde nicht als erwiesen angenommen.

Das Erstgericht hat die beklagte Partei zur Bezahlung des eingeschränkten Betrages von S 23.846,-- samt 5 % Zinsen seit 27. 7. 1958 verurteilt, hat aber das im Spruch dieses Beschlusses angeführte Zinsenmehrbegehren abgewiesen. Nach seiner Ansicht ist auf das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien österreichisches Recht anzuwenden. Das Rechtsverhältnis sei den Bestimmungen des § 1002 ABGB (Bevollmächtigungsvertrag) zu unterstellen. Die beklagte Partei könne nicht mit einer zedierten Forderung auf Kaufpreisminderung aufrechnen, weil eine solche Forderung nur der Klage auf Bezahlung des Kaufpreises entgegengehalten werden kann. Da es sich um einen Bevollmächtigungsvertrag handle, liege überhaupt ein Kompensationsverbot nach § 1440 ABGB vor. Auch der Umstand, dass Erna P***** den vereinbarten Kaufpreis nicht voll bezahlt habe, befreie die beklagte Partei nicht, denn jenen Betrag, welchen die klagende Partei als Kaufpreis verlange, habe Erna P***** bezahlt. Dass die beklagte Partei ihren vollen Gewinn noch nicht erhalten habe, gestatte ihr nicht, einen Teil des empfangenen Kaufpreises zurückzuhalten.

Die klagende Partei hat die Abweisung ihres Zinsenmehrbegehrens nicht angefochten. Die beklagte Partei hat das Ersturteil jedoch insoweit angefochten, als der Klage stattgegeben worden war. Das Berufungsgericht hat die Feststellung des Erstgerichtes übernommen, das Verfahren für mangelfrei befunden und der Berufung nicht Folge gegeben. Der Hinweis der Berufung darauf, dass ein Agentenverhältnis im Sinne des § 29 HAG vorliege, sei eine unzulässige Neuerung, auf die das Berufungsgericht nicht einzugehen habe. Auch der Provisionsagent und der Gelgenheitsagent sei ohne ausdrückliche Vereinbarung nicht berechtigt, von den für den Geschäftsherrn eingegangenen Beträgen die Provision zurückzuhalten. Auch habe die beklagte Partei die Rechtsansicht des Erstgerichtes, sie könne mit der ihr zedierten Forderung auf Kaufpreisminderung nicht kompensieren, weil diese nur der Klage auf Bezahlung des Kaufpreises entgegengehalten werden könnte, unbekämpft gelassen. Hinsichtlich der restlichen, strittig gebliebenen Reparaturforderung in der Höhe von S 4.811,01 könne es sich nicht um einen notwendigen und nützlichen Aufwand gehandelt haben, was schon daraus folge, dass dieser Teil der Reparaturen keine Garantiearbeiten waren, wie die Parteien außer Streit gestellt haben und dass im Zeitpunkt der Vornahme der Arbeiten der Kaufvertrag mit Erna P***** bereits abgeschlossen war. Gegen das Urteil der zweiten Instanz richtet sich die Revision der beklagten Partei, mit der die Revisionsgründe der Z 2 und 4 des § 503 ZPO geltend gemacht werden. Beantragt wird, die Urteile der Untergerichte auf gänzliche Abweisung der Klage abzuändern. Hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt. Die klagende Partei hat beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist begründet.

Die Richtigkeit der von der beklagten Partei erst im Rechtsmittelverfahren aufgestellten Behauptung, die klagende Partei sei in Konkurs verfallen, braucht nicht überprüft zu werden, da die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen einer der Prozessparteien im Ausland die Unterbrechung des in Österreich geführten Rechtsstreites nicht zur Folge hat (SZ XIV/110).

Bei der rechtlichen Beurteilung ist von der Außerstreitstellung (S 59) auszugehen, dass der Kaufvertrag über den Autobus zwischen der klagenden Partei und der Firma P***** abgeschlossen wurde und dass die beklagte Partei als Vertreterin (der klagenden Partei) den Kauf vermittelt hat. Nach dieser Außerstreitstellung hat also die beklagte Partei den Kaufvertrag über den Autobus vermittelt. Da die Prozessparteien Kaufleute sind und ein ständiges Auftragsverhältnis nicht behauptet wurde, handelte es sich somit um den Fall einer gelegentlichen Geschäftsvermittlung im Sinne des § 29 HAG, auf das die Bestimmungen der §§ 2, 4, 5, 6, 11 - 13, 17 und 18 HAG anzuwenden sind. Der beklagten Partei steht daher grundsätzlich ein Provisionsanspruch nach § 6 Abs 1 HAG zu. Die Ausführungen des Berufungsgerichtes, das Vorbringen der beklagten Partei in der Berufung, ihr stehe ein Provisionsanspruch zu, sei eine unzulässige Neuerung, sind nicht zutreffend, weil dieser Anspruch sich schon aus der genannten Außerstreitstellung ergibt und weil außerdem selbst die klagende Partei von einem Provisionsanspruch der beklagten Partei spricht (zB S 17). Wenn Dkfm Ing R***** als Partei und das Erstgericht in seinen Feststellungen vom "Gewinn" der beklagten Partei sprechen, so entspricht dieser Ausdruck zwar dem wirtschaftlichen Denken, entspricht aber nicht der Terminologie des Handelsagentengesetzes, das das Entgelt für die Geschäftsvermittlung als Provision bezeichnet.

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes war zwischen den Streitteilen vereinbart, dass das Fahrzeug in Österreich um S 350.000,-- zu verkaufen sei, dass von der beklagten Partei mit diesem Kaufpreis die Spesen zu zahlen seien, dass die klagende Partei einen Betrag von 40.525 DM zu erhalten habe und dass der verbleibende Differenzbetrag der Gewinn (= die Provision) der beklagten Partei sein sollte.

Nach diesen Feststellungen des Erstgerichtes ließe sich daher die Höhe des Provisionsanspruches der beklagten Partei berechnen, wobei allerdings festzustellen wäre, was die Parteien unter "Spesen" verstanden haben. Das Gericht ist aber der Mühe dieser Berechnung enthoben, weil die klagende Partei (S 17) selbst vorgebracht hat, die beklagte Partei habe Anspruch auf eine Provision in der Höhe von

4.503 DM (Differenz zwischen 45.028 DM und 40.525 DM), welchem Vorbringen sich die beklagte Partei (S 150) angeschlossen hat. Es ist daher übereinstimmendes Vorbringen beider Teile, dass der beklagten Partei eine Provision von 4.503 DM zufließen sollte. Auch über den Umrechnungskurs dieser 4.503 DM besteht zwischen den Parteien kein Streit, rechnen sie doch im gesamten Verfahren eine D-Mark = 6,20 Schilling. Der Provisionsanspruch der beklagten Partei beträgt daher S 27.918,60.

Nach § 6 Abs 2 HAG, der gemäß § 29 Abs 1 HAG auch für den nicht ständig betrauten Geschäftsvermittler gilt, wird der Anspruch auf Provision mangels anderer Vereinbarung mit dem Abschluss des Geschäftes erworben. Bei Verkaufsgeschäften gilt der Anspruch im Zweifel in diesem Zeitpunkt als erworben, wenn eine Zahlung beim Geschäftsherrn eingegangen ist und nur nach Verhältnis des eingegangenen Betrages. Da die Parteien nicht behauptet haben, dass im gegebenen Fall etwas anderes, als im § 6 Abs 2 HAG normiert, vereinbart wurde, ist der Anspruch der beklagten Partei auf Provision bereits entstanden, hat doch die Firma P*****, worauf noch zurückzukommen sein wird, den überwiegenden Teil des Kaufpreises bereits gezahlt, doch ist noch nicht die ganze Provision fällig. Es ist daher weder der Standpunkt der beklagten Partei durch das Gesetz gedeckt, dass bereits die ganze Provision fällig sei, noch der Standpunkt der klagenden Partei, dass die Provision der beklagten Partei erst aus den letzten Eingängen abzurechnen sei, ganz abgesehen davon, dass die Kaufpreisrestforderung gegen Erna P***** nur von der klagenden Partei und nicht von der beklagten Partei geltend gemacht werden kann.

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes hat die beklagte Partei von Erna P***** am 20. 5. 1958 S 30.000,-- und am 26. 7. 1958 S 280.000,-- zusammen also S 310.000,-- kassiert. Ob die von der klagenden Partei bei Kaufabschluss gestundeten und durch einen Wechsel gesicherten 5.000 DM von Erna P***** bereits bezahlt wurden, wurde nicht festgestellt; die Zeugin P***** erwähnt nur (S 119) die Einklagung des Wechsels. Das Erstgericht wird daher festzustellen haben, wieviel Erna P***** bisher insgesamt bezahlt hat, weil nach § 6 Abs 2 HAG die Provision der beklagten Partei nur im Verhältnis zum Eingang der Kaufpreisforderung fällig wird. Bei der Berechnung der bereits fälligen Provisionsquote wird von einer Zahlung der Erna P***** am 26. 7. 1958 in der Höhe von S 280.000,-- auszugehen sein, wie unten noch näher dargelegt werden wird.

Nach § 29 Abs 1 HAG ist die Provisionsforderung der beklagten Partei ohne Verzug abzurechnen, nachdem der unbedingte Anspruch auf die Provision erworben worden ist (§ 6 Abs 2 HAG). Da dieser Anspruch von der beklagten Partei aber bereits erworben worden ist, ist auch der Zeitpunkt der Abrechnung gekommen. Der vorliegende Rechtsstreit stellt wirtschaftlich gesehen die Abrechnung der Parteien im Sinne des § 29 Abs 2 HAG unter Anrufung des Gerichtes dar. Es entsteht daher zunächst die Frage, ob die beklagte Partei alle Eingänge der klagenden Partei abzuführen hatte oder ob sie die Auslagen für die gehabten Spesen und die fälligen Provisionsansprüche zurückbehalten darf. Da § 29 Abs 2 HAG von einer Abrechnung, also von einer Gegenüberstellung gegenseitiger Forderungen spricht, muss es der beklagten Partei gestattet sein, die bereits fälligen Provisionsanteile abzuziehen, also von den Eingängen zurückzubehalten. Hinsichtlich des fälligen Provisionsanteiles kann die klagende Partei die Abrechnung nicht unter Hinweis auf die Rechtsprechung zum Bevollmächtigungsvertrag ablehnen, einerseits, weil die Bestimmungen des Handelsagentengesetzes über die Vermittlung und den Abschluss von Handelsgeschäften als Sondernormen den Bestimmungen des Bevollmächtigungsvertrages vorgehen, andererseits deshalb, weil die Rechtslehre seit längerem und auch die neuere Rechtsprechung (vgl SZ XVIII/156 und die dort angeführten Belegstellen) ein Rückbehaltungsrecht und daher auch ein Kompensationsrecht des Beauftragten anerkennen. Im gegenständlichen Fall ergibt sich das Recht der beklagten Partei, die (fällige) Provision (Quote) zurückzubehalten, auch schon aus dem Vorbringen der klagenden Partei. Sie hat in erster Instanz (S 17) vorgebracht, dass die beklagte Partei den gesamten Kaufpreis von 45.028 DM bekommen habe, der beklagten Partei stehe eine 10 %ige Provision zu, so dass sie 40.525 DM abzuführen habe. Aus diesem Vorbringen folgt, dass die klagende Partei durchaus nicht auf dem Standpunkt steht, die beklagte Partei dürfe die ihr zustehende Provision nicht einbehalten. In der Revisionsbeantwortung (S 212) wird dieser Standpunkt wiederholt und ausgeführt, dass die klagende Partei nur die volle Auszahlung der

40.520 DM verlange. Auch hier wird nicht bestritten, dass die beklagte Partei die ihr zustehende Provision von dem eingegangenen Betrag abziehen dürfe. Die klagende Partei übergeht aber geflissentlich, dass nach den Feststellungen des Erstgerichtes Erna P***** bisher nicht S 350.000,--, sondern nur S 310.000,-- bezahlt hat und übergeht, dass es nicht Sache der beklagten Partei sein kann, Erna P***** auf Zahlung des restlichen Kaufpreises zu belangen. Da der Kaufpreis nicht auf einmal und nur teilweise eingegangen ist, kann die beklagte Partei gemäß § 6 (2) HAG das ihr sowohl nach dem Vorbringen der klagenden Partei als auch nach dem Gesetz zustehende Recht zur Aufrechnung der fälligen Provisionsquote nur im Verhältnis zu den Eingängen des Kaufpreises ausüben. Das Erstgericht wird daher die bereits fällige Provisionsquote zu ermitteln haben, weil im gegebenen Fall die beklagte Partei diese Quote vom einkassierten Kaufpreisteil zurückbehalten darf.

Dass bei der Abrechnung nach § 29 Abs 2 HAG auch die Spesen von S 6.975,-- (Messekostenanteil) und von S 3.433,47 (Kosten von Reparaturen, für deren Behebung garantiert wurde) von den eingegangenen Geldern abzurechnen sind, hat die klagende Partei durch entsprechende Einschränkung des Klagebegehrens anerkannt. Auch dass die ziffernmäßig nicht festgestellten Zollspesen abzurechnen sind, wird von der klagenden Partei nicht ausdrücklich bestritten, folgt überdies aus der Feststellung, dass die Spesen von der beklagten Partei aus dem eingehenden Kaufpreis zu tragen sind. Hinsichtlich der restlichen Reparaturkosten von S 4.811,01 fehlt es an Feststellungen des Erstgerichtes über die Art dieser Reparaturen und über die näheren Umstände, warum die beklagte Partei diese Reparaturkosten bezahlt hat, obwohl sie nicht mehr unter die gegebene Garantie fielen. Die Ausführungen des Berufungsgerichtes zu diesem Punkt entbehren jeder Feststellungsgrundlage und können daher nicht überprüft werden. Mangels Sonderbestimmung im Handelsagentengesetz werden diesbezüglich die Normen des § 1014 ABGB über den Bevollmächtigungsvertrag anzuwenden sein, wonach der Gewaltgeber verbunden ist, den notwendig und nützlich gemachten Aufwand des Gewalthabers selbst bei fehlgeschlagenem Erfolg zu ersetzen. Das Erstgericht wird daher alle näheren Umstände, wofür diese Reparaturkosten aufgelaufen sind und warum sie von der beklagten Partei bezahlt wurden, festzustellen haben, um die Prüfung der Frage zu ermöglichen, ob es sich hiebei um einen notwendigen oder nützlichen Aufwand für die klagende Partei handelte. Handelt es sich um einen solchen Aufwand, so wird er, weil unmittelbar mit der Vermittlungstätigkeit der beklagten Partei und mit der Abwicklung des Kaufgeschäftes zusammenhängend, in die Abrechnung des § 29 Abs 2 HAG einzubeziehen sein. Die klagende Partei bestreitet die Zulässigkeit der Abrechnung dieser Reparaturen vor allem aus dem Grund, weil es sich nach ihrer Meinung nicht um einen notwendigen oder nützlichen Aufwand gehandelt hat. Soweit sie einen solchen Aufwand als notwendig oder nützlich ansah, wie bei den Zollspesen oder bei den durch die Garantie gedeckten Reparaturkosten, hat sie die Zulässigkeit der Aufrechnung durch Einschränkung des Klagebegehrens anerkannt. Ähnliches gilt von den S 3.200,--, die die beklagte Partei nach den Feststellungen des Erstgerichtes für die grundbücherliche Sicherstellung des Darlehens der AVA hat bezahlen "müssen". Dem Ersturteil ist nicht zu entnehmen, warum die beklagte Partei diesen Betrag bezahlen musste. Sollte sich die beklagte Partei hiezu gegenüber Erna P***** verpflichtet haben, so läge allenfalls eine Vollmachtsüberschreitung mit den Folgen der Bestimmungen der §§ 1016 ff ABGB vor, die unter den dort angeführten Umständen zu Lasten der beklagten Partei gehen könnten. Hat sich die beklagte Partei aber dazu verpflichten "müssen", um endlich im Interesse der klagenden Partei die Auszahlung des Darlehens durch die AVA zu erreichen, so würde im Verhältnis zwischen den Streitteilen ein notwendiger oder nützlicher Aufwand im Sinne des § 1014 ABGB vorliegen, welchen Aufwand die beklagte Partei gemäß den obigen Rechtsausführungen gleichfalls von den einkassierten Beträgen abrechnen darf. Im letzteren Fall würde im Verhältnis zwischen der klagenden Partei und Erna P***** in der Auszahlung des Betrages von S 3.200,-- zur Deckung der Kosten der Grundbuchseintragung ein von der klagenden Partei der Firma Erna P***** gewährtes Darlehen gelegen sein, das nur die klagende Partei und nicht die beklagte Partei von Erna P***** zurückfordern könnte, weil in diesem Fall die beklagte Partei ja nicht im eigenen Namen, sondern nur als Bevollmächtigte der klagenden Partei bei der ganzen Transaktion aufgetreten ist. In beiden Fällen ist aber von der Feststellung auszugehen, dass die AVA namens der Erna P***** der beklagten Partei als der Bevollmächtigten der klagenden Partei S 280.000,-- ausbezahlt hat, so dass der Abrechnung zwischen den Streitteilen stets der Kaufpreiseingang vom 26. 7. 1958 in der Höhe von S 280.000,-- zugrundezulegen ist und nicht ein Betrag von bloß S 276.800,--.

Was schließlich die Frage anlangt, ob die beklagte Partei die zedierte Forderung der Erna P***** auf Kaufpreisminderung aufrechnen kann, so hat die beklagte Partei in erster Instanz nicht behauptet, dass Erna P***** ihren angeblichen Anspruch auf Preisminderung in der Frist des § 933 Abs 1 ABGB klageweise gegen die klagende Partei geltend gemacht hat. Weder Erna P***** behauptet dies in ihrer Zeugenaussage, noch hat das Erstgericht eine solche Einklagung festgestellt. Erna P***** steht daher nur mehr (wenn überhaupt ein Minderungsanspruch gegeben war oder gegeben ist) das Recht zu, die von ihr behauptete Kaufpreisminderung durch Einrede geltend zu machen (§ 933 Abs 2 ABGB). Als Einrede kann sie dies nur gegen den Anspruch auf Bezahlung des Kaufpreises für den Autobus, nicht aber gegen andere Ansprüche tun. Erna P***** kann aber der beklagten Partei nur so viel an Rechten zedieren, als sie selbst hat. Die beklagte Partei kann daher, selbst wenn man von ihrem Vorbringen als richtig ausgeht, nicht eine Gegenforderung auf Kaufpreisminderung einwenden, weil der Zedentin Erna P*****, wenn überhaupt, nur mehr eine Einrede nach § 933 Abs 2 ABGB, nicht aber eine Forderung nach § 933 Abs 1 ABGB zusteht.

Zusammenfassend wird daher das Erstgericht die Höhe der von Erna P***** insgesamt bezahlten Kaufpreisteilbeträge und damit die Höhe der bereits fälligen Provisionsquote festzustellen haben. Diese fällige Provisionsquote ist in die Abrechnung des von der beklagten Partei einkassierten Kaufpreisteiles in der Gesamthöhe von S 310.000,-- ebenso einzubeziehen wie die Zollspesen und die anerkannten Beträge von S 6.975,-- und S 3.433,47. Einzubeziehen in die Abrechnung werden auch die weiteren Reparaturkosten in der noch festzustellenden Höhe und die Auslagen für die grundbücherliche Durchführung des AVA-Kredites sein, falls es sich bei den letztgenannten zwei Posten um notwendige oder nützliche Aufwendungen im Sinne des § 1014 ABGB handeln sollte. Erst nach dieser Abrechnung wird sich ergeben, ob die klagende Partei von der Beklagten noch etwas zu fordern hat.

Bei dieser Sachlage konnte ein Auftrag an das Berufungsgericht unterbleiben, über den Berichtigungsantrag ON 40 zu entscheiden. Auf die Kosten dieses Antrages wird vom Erstgericht gleich allen anderen Kosten des Rechtsmittelverfahrens gleich Kosten des Verfahrens gemäß § 52 ZPO Bedacht zu nehmen sein.

Anmerkung

E76790 4Ob521.60

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1960:0040OB00521.6.0705.000

Dokumentnummer

JJT_19600705_OGH0002_0040OB00521_6000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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