TE OGH 1968/11/28 2Ob356/68

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Veröffentlicht am 28.11.1968
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Norm

ABGB §1323
ABGB §1333
ABGB §1334

Kopf

SZ 41/166

Spruch

Der Geschädigte ist nur dann berechtigt, einen Kredit gegen eine höhere als die gesetzliche Verzinsung auf Kosten des Schädigers aufzunehmen, wenn er diesen bzw. dessen Haftpflichtversicherer erfolglos aufgefordert hat, einen Vorschuß für die Reparaturkosten zu geben oder diese selbst zu bezahlen.

Entscheidung vom 28. November 1968, 2 Ob 356/68.

I. Instanz: Landesgericht Salzburg; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Nach dem festgestellten Sachverhalt ist es am 25. August 1965 auf der Salzachtal-Bundesstraße im Gemeindegebiet von P. zu einem Verkehrsunfall gekommen, bei dem der Autobus des Klägers beschädigt worden ist. Der Unfall ist von Dipl.-Ing. S., der an den Folgen des Unfalles gestorben ist, allein verschuldet worden (2 Ob 388/67).

Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger Schadenersatz von der Verlassenschaft nach Dipl.-Ing. S. in der Höhe von 65.082.50 S samt 8.5% Zinsen seit 5. November 1965 begehrt.

Das Erstgericht hat dem Kläger 56.662.50S samt 8.5% Zinsen aus 50.000 S vom 4. November 1965 und 4% Zinsen von 6662.50 S seit 4. November 1965 zugesprochen. Das Mehrbegehren von 8420 S samt Zinsen und das Begehren von Zinsen für die Zeit vor dem 4. November 1965 sowie das Mehrbegehren von 4 1/2% Zinsen aus 6662.50 S wurde abgewiesen.

Das Erstgericht hat den über die vom Kaskoversicherer bezahlten 61.864 S hinausgehenden Sachschaden mit 3964 S, die Wertminderung mit 7500 S, den Verdienstentgang mit 42.295 S, die Auslagen für den Transport der Fahrgäste mit 990 S und die sonstigen Auslagen mit 1913.50 S bemessen. Bezüglich des Zinsenbegehrens hat das Erstgericht festgestellt, daß der Kläger bei der Sparkasse einen Kredit zu 8.5% aufgenommen habe. Es war der Meinung, daß dem Kläger Zinsen erst von dem Zeitpunkt an zuzusprechen seien, zu dem er die beklagte Partei bzw. den Haftpflichtversicherer auf Zahlung gemahnt habe. Das sei der 5. November 1965 gewesen (§§ 1333, 1334 ABGB.). Es müsse der beklagten Partei als Verschulden angerechnet werden, daß sie nicht sogleich den größten Teil des begehrten Betrages bezahlt habe. Der Einwand eines Mitverschuldens des Lenkers des Omnibusses Josef H. sei geradezu mutwillig gewesen. Die beklagte Partei habe leicht erkennen können, daß der größte Teil der Forderung des Klägers bis zur Höhe von 50.000 S begrundet gewesen sei. Sie habe grob fahrlässig gehandelt, wenn sie, statt diesen Betrag zu bezahlen, Prozeß geführt habe. Sie habe daher dem Kläger den gesamten Schaden, der ihm durch diesen Zahlungsverzug entstanden sei, nämlich 8.5% Zinsen von 50.000 S, zu bezahlen. Darüber hinaus sei eine Bestreitung nicht von vornherein aussichtlos gewesen. Von diesem restlichen Betrag könne dem Kläger nur eine Verzinsung von 4% zugebilligt werden.

Gegen dieses Urteil hat nur die beklagte Partei Berufung erhoben, sodaß die Abweisung des Klagemehrbegehrens rechtskräftig geworden ist. Im Berufungsverfahren hat die beklagte Partei die Abänderung des erstgerichtlichen Urteiles insoweit erreichen wollen, als der klagenden Partei eine Wertminderung von 7500 S samt Zinsen und mehr als 4% Zinsen aus 50.000 S seit 4. November 1965 zugesprochen wurden. In dieser Hinsicht hat sie die Abweisung des Klagebegehrens begehrt.

Das Berufungsgericht hat der Berufung bezüglich des Hauptanspruches und im Kostenpunkt nicht Folge gegeben. Hinsichtlich des Ausspruches über die Zinsen hat es dem Rechtsmittel Folge gegeben und das erstgerichtliche Urteil dahin abgeändert, daß es die beklagte Partei schuldig erkannt hat, dem Kläger 56.662.50 S samt 4% Zinsen seit 4. November 1965 zu bezahlen. Das Mehrbegehren von 8420 S samt 8.5% Zinsen seit 5. November 1965 und das Zinsenbegehren von 4.5% aus 56.662.50 S seit 5. November 1965 hat es abgewiesen.

Das Berufungsgericht war der Meinung, der Kläger habe nur dann Anspruch auf höhere Zinsen als die gesetzlichen, wenn er in bezug auf die Verzögerung der Schadenersatzleistung böse Absicht oder auffallende Sorglosigkeit zu verantworten habe oder die Prozeßführung auf eine Verzögerungsabsicht zurückgehe. Am 3. November 1965 habe der Kläger der beklagten Partei zum erstenmal seinen Schaden von 60.000 S bekanntgegeben. Wenn die beklagte Partei gegen den Kläger Prozeß geführt habe, so habe sie nur in Ausübung ihres Rechtes gehandelt. In der Regel bestehe im Falle einer Prozeßführung nur die Gefahr einer Kostenersatzpflicht. Unverschuldeter Rechtsirrtum des Schuldners und damit Befreiung von der Schadenersatzpflicht wegen Verzuges sei jedoch anzunehmen, wenn der Schuldner mit einer von seiner Rechtsauffassung abweichenden Beurteilung ohne Fahrlässigkeit rechnen müsse. Ein unverschuldeter Rechtsirrtum der beklagten Partei sei bis zur Zustellung des Urteiles des Obersten Gerichtshofes vom 29. Jänner 1968, 2 Ob 388/67, anzunehmen, mit welchem das alleinige Verschulden des Dipl.- Ing. S. rechtskräftig ausgesprochen wurde. Nach der Zustellung dieses Urteiles habe die beklagte Partei den Mitverschuldenseinwand fallen gelassen. Dem Kläger stunden daher nur gesetzliche Zinsen nach bürgerlichem Recht im Ausmaß von 4% zu.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Kläger wendet sich mit seiner Rechtsrüge gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß ihm nur 4% Zinsen des ihm zugesprochenen Schadenersatzes zustehen. Seine Ausführungen hiezu sind nicht stichhältig. Der Kläger hat in der Klage 10% Zinsen von 64.669 S ab 26. August 1965 begehrt und dies damit begrundet, daß er einen Bankkredit zu einem Zinsfuß von 10% pro anno in Anspruch habe nehmen müssen. Der Debetsaldo erhöhe sich durch den Zahlungsverzug der beklagten Partei, sodaß ihm aus dem Titel des Schadenersatzes 10% Zinsen vom Klagstage zustehen. Den Zinsenbetrag hat der Kläger auf 8.5% eingeschränkt. Das Erstgericht hat ihm die Zinsen in dieser Höhe mit Rücksicht auf den von ihm angenommenen Zahlungsverzug der beklagten Partei, der auf ihr grobes Verschulden zurückzuführen sei, zugesprochen. Das Berufungsgericht war der Meinung, daß ein grobes Verschulden bei der Prozeßführung der beklagten Partei nicht gegeben sei und daher nur die gesetzlichen Zinsen nach bürgerlichem Recht zuzusprechen seien.

Diese Auffassung ist zu billigen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß der geschädigte Kläger vorerst nicht verpflichtet war, eigenes Kapital zur Schadensbehebung zu verwenden (s. Waldherr in ZVR. 1962 S. 286 und die dort zitierte Rechtsprechung und deutsche Lehre). Der Kläger wäre aber verpflichtet gewesen, die beklagte Partei oder den Haftpflichtversicherer aufzufordern, einen Vorschuß für die Reparaturkosten zu geben oder diese selbst zu bezahlen und erst wenn diese abgelehnt hätten, wäre er berechtigt gewesen, einen Kredit gegen eine höhere Verzinsung zu besorgen. Der Kläger hat aber weder behauptet noch nachgewiesen, diesen Weg zur Begleichung der Reparaturkosten eingeschlagen zu haben. Außerdem hat das Berufungsgericht mit Recht die Ansicht vertreten, daß in der Prozeßführung der beklagten Partei gegen den Kläger keine auffallende Sorglosigkeit gelegen war. Auch hat die beklagte Partei ihren Mitverschuldenseinwand in diesem Prozeß sofort fallen gelassen, als die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zur Verschuldensfrage im Vorprozeß ergangen war. Das Berufungsgericht hat daher auch nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes das Zinsenmehrbegehren des Klägers zu Recht abgewiesen.

Anmerkung

Z41166

Schlagworte

Kraftfahrzeugreparatur, Ersatz der Kreditkosten Kreditkosten für Kraftfahrzeugreparatur, Schadenersatz Schadenersatz, Kreditkosten für Kraftfahrzeugreparatur Verzinsung, höhere als die gesetzliche, Kredit für Kraftfahrzeugreparatur

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1968:0020OB00356.68.1128.000

Dokumentnummer

JJT_19681128_OGH0002_0020OB00356_6800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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