TE OGH 1968/12/19 1Ob274/68

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Veröffentlicht am 19.12.1968
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Norm

ABGB §863
ABGB §928

Kopf

SZ 41/182

Spruch

Der Zusage, daß die Sache von allen Fehlern und Lasten frei sei, ist nicht nur der Fall gleichzuhalten, daß Freiheit von bestimmten Fehlern und Lasten zugesagt wurde, sondern auch der Fall der Zusage bestimmter Eigenschaften. Die Zusage kann auch durch konkludente Erklärung erfolgen.

Entscheidung vom 19. Dezember 1968, 1 Ob 274/68.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Die Liegenschaften EZ. 267 und EZ. 280 KG. L. standen seinerzeit im Eigentum der Zita B. Die Liegenschaft EZ. 280 hat ein Ausmaß von 463 m2, davon sind zirka 127 m2 verbaut (Altvilla). Die Liegenschaft EZ. 267 hat ein Ausmaß von 498 m2. Auf ihr ließ Zita B. in den Jahren 1961/62 einen Wohnhausrohbau errichten, dessen östliche Mauer mit einer Breite von 0.60 bis 0.90 m, insgesamt mit 6.30 m2 auf der Liegenschaft EZ 280 steht. Es wurde ihr daher von der Magistratsabteilung 37, Außenstelle H., mit Bescheid vom 21. Dezember 1961 die Baubewilligung unter der Auflage erteilt, vor Erteilung der Benützungsbewilligung sei die bei der Magistratsabteilung 64 anhängige Abteilungsbewilligung zu erwirken und grundbücherlich durchzuführen. Dieses Verfahren betraf einen Streifen von zirka 77 m2, der wegen des vorgeschriebenen Seitenabstandes zum Nachbargrundstück (3 m) von der EZ. 280 abgeschrieben und der EZ. 267 zugeschrieben werden sollte. Mit Bescheid vom 25. Juni 1962 hat die Magistratsabteilung 64 die erforderliche Genehmigung hiezu erteilt. Zita B. geriet jedoch in finanzielle Schwierigkeiten und konnte den Rohbau auf EZ. 267 nicht vollenden. Schließlich wurden beide Liegenschaften unter 5 E .../63 des Bezirksgerichtes Hietzing in Zwangsversteigerung gezogen, ohne daß die erwähnte Grundabtretung vorgenommen worden wäre. Nach den Versteigerungsbedingungen waren beide Liegenschaften zuerst gemeinsam anzubieten; das geringste Gebot betrug 1.068.867 S; falls sich kein Bieter gefunden hätte, wären die beiden Liegenschaften getrennt zu versteigern gewesen, EZ. 267 zum geringsten Gebot von

520.667 S, EZ. 280 zum geringsten Gebot von 548.200 S. Der Kläger hatte an Zita B. bereits 100.000 S für die Überlassung des Mietrechtes an einer der in dem Rohbau auf EZ. 267 geplanten Wohnungen bezahlt. Er beteiligte sich nunmehr zusammen mit Ernestine B. an der Versteigerung und am 17. Juni 1964 wurden ihnen beide Liegenschaften zusammen um das Meistbot von 1.260.000 S zugeschlagen. Schon vorher hatten sie für den Fall des Zuschlages vereinbart, daß der Kläger die zur EZ. 267 gehörigen Grundstücke mit dem Rohbau, Ernestine B. die zur EZ. 280 gehörigen Grundstücke mit der Altvilla erhalten sollte. In diesem Sinn wurde dann auch ihr Eigentumsrecht verbüchert. Einschließlich aller Spesen wendete der Kläger 900.000 S für den Erwerb der Liegenschaft auf, hatte allerdings von Anfang an die Absicht, sie wieder zu verkaufen. Dies geschah durch einen mit der beklagten Partei am 2. bzw. 4. März 1966 geschlossenen Kaufvertrag. Der Kaufpreis betrug 1.000.000 S; ein Teilbetrag von 700.000S wurde zwecks Lastenfreistellung unverzüglich entrichtet; der Rest sollte in zwei Teilbeträgen von je 150.000 S zu Handen des Notars Dr. J. am 2. Mai und am 20. Juni 1966 bezahlt werden. Darüber akzeptierte die beklagte Partei zwei Wechsel.

Da die beklagte Partei die beiden Wechsel nicht einlöste, erwirkte der Kläger die streitgegenständlichen Wechselzahlungsaufträge.

Die beklagte Partei machte in ihren Einwendungen geltend, der Kläger habe seine vertragliche Verpflichtung, ihr den ganzen Rohbau ins Eigentum zu übertragen, nicht erfüllt; es habe sich herausgestellt, daß dieser zum Teil auf fremdem Grund, der EZ. 280, stehe; die Eigentümerin derselben, Ernestine B., weigere sich, den in Betracht kommenden Teil des Grundstückes an sie abzutreten; der Rohbau könne daher nicht fertiggestellt werden; infolgedessen habe die erworbene Liegenschaft nur einen Wert von 70.000 S; das Begehren des Klägers auf Bezahlung des restlichen Kaufpreises sei daher nicht gerechtfertigt; außerdem habe die beklagte Partei einen - derzeit ziffernmäßig noch nicht feststehenden - Schaden dadurch erlitten, daß sie nicht in der Lage sei, von Wohnungsinteressenten die Zahlung von Baukostenvorschüssen zu verlangen; daraus ergebe sich eine Gegenforderung aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes, die compensando bis zur Höhe der Klagsforderung eingewendet werde.

Der Kläger hielt dem entgegen, daß er alle Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag erfüllt habe; laut Vertrag hafte er für ein bestimmtes Ausmaß der verkauften Liegenschaft nicht; eine Haftung dafür, daß der Rohbau zu Teil auf fremden Grund stehe, treffe ihn nicht; es wäre Pflicht der beklagten Partei gewesen, vor Vertragsabschluß Einsicht in die Bauakten zu nehmen; ihm, dem Kläger, sei vor Vertragsabschluß nicht bekannt gewesen, daß eine Benützungsbewilligung für den Bau nur gegeben werde, wenn vom Nachbargrundstück 77 m2 abgetreten werden. Der Kläger bestritt auch die Gegenforderung.

Der Erstrichter hat die Wechselforderungen des Klägers als zu Recht bestehend erkannt, den Bestand der Gegenforderung verneint und demzufolge die Wechselzahlungsaufträge aufrecht erhalten. Er begrundete sein Urteil im wesentlichen wie folgt: Weder dem Kläger noch Ernestine B. sei bei der Versteigerung bekannt gewesen, daß der erwähnte Grundsteifen von der Liegenschaft EZ. 280 an die EZ. 267 abgetreten werden müsse, um später die Benützungsbewilligung für das im Rohbau befindliche Haus zu erlangen; Zita B. habe dies sowohl ihnen als auch dem Gericht gegenüber verschwiegen; der Kläger sei der Meinung gewesen, daß der Rohbau zur Gänze auf EZ. 267 stehe; er habe auf den Grenzverlauf wenig Wert gelegt, weil er das Grundstück wieder verkaufen habe wollen und Zita B. wiederholt erklärt habe, sie werde beide Liegenschaften zurückkaufen; im Oktober 1965 habe sie sich, da ihr hiezu die Mittel fehlten, an den bei der beklagten Partei frei mitarbeitenden Zeugen Otto W. gewendet, der ihr einen Treuhandvertrag mit der beklagten Partei vorgeschlagen habe, die die Liegenschaft des Klägers erwerben, den Rohbau fertigstellen und ihr dann die Liegenschaft wieder verkaufen sollte; dies habe sich aber zerschlagen und die beklagte Partei habe sich schließlich bereit gefunden, die Liegenschaft zu erwerben und den Rohbau fertigzustellen, ohne eine Rückverkaufsverpflichtung einzugehen; im Februar 1966 habe Zita B. dem Zeugen W. die Baubewilligung vom 21. Dezember 1961, aus der die Verpflichtung zur Abtretung des zirka 77 m2 großen Grenzstreifens von der EZ. 280 an die EZ. 267 zu ersehen gewesen sei, gezeigt, "soll" dabei aber erklärt haben, daß die in der Baubewilligung festgelegte Auflage der Grundstücksabteilung bereits durchgeführt sei; am 18. Februar 1966 habe der Kläger, der von Zita B. von den Kaufabsichten der beklagten Partei erfahren habe, bei letzterer telefonisch angefragt, ob sie am Kauf interessiert sei; in der Folge habe diese mit ihm teils durch den Zeugen W., teils durch ihren Gesellschafter Dr. B. über den Ankauf der Liegenschaft EZ. 267 verhandelt, ohne sich näher dafür zu interessieren, ob die in der Baubewilligung aufgetragene Grundstücksabteilung durchgeführt sei; auch W. habe Dr. B. von der Abteilungsverpflichtung keine Mitteilung gemacht; erst nach der am 2. Mai 1966 eingetretenen Fälligkeit des ersten Wechsels habe W. Dr. B. von der in der Baubewilligung enthaltenen Auflage Mitteilung gemacht und zwar erst, nachdem er von Zita B. erfahren haben "will", daß ihre seinerzeitige Erklärung, diese Auflage sei bereits erfüllt, nicht richtig sei; daraufhin habe sich die beklagte Partei geweigert, weitere Zahlungen zu leisten. Die Liegenschaft EZ. 267 habe mit dem Rohbau derzeit, wenn eine Teilabtragung desselben zur Herstellung des erforderlichen Seitenabstandes von 3 m zur Grundstücksgrenze berücksichtigt werde, einen Verkehrswert von 800.000 S, wobei die Abtragungs- und Umbaukosten zirka 60.000 S betragen; der Grundstreifen der EZ. 280 im Ausmaß von zirka 77 m2, der ansonsten zur Erfüllung der in der Baubewilligung enthaltenen Auflage abgetreten werden müßte, habe einen Verkehrswert von 70.000 S; in rechtlicher Beziehung sei davon auszugehen, daß der Kläger bei Abschluß des Kaufvertrages gutgläubig gewesen sei, es sei ihm von der Auflage in der Baubewilligung nichts bekannt gewesen; dagegen habe der Zeuge W., den die beklagte Partei wiederholt als ihren Architekten bezeichnet habe, schon vor dem Kaufvertragsabschluß davon gewußt, daß die Benützungsbewilligung seinerzeit an die Erfüllung der Auflage der Abtretung des Grundstreifens an die EZ. 267 gebunden sein werde; es sei ihm als Verschulden anzurechnen, daß er unterlassen habe, die angeblichen Auskünfte der Zita B. zu überprüfen; schon bei Einsichtnahme in das Grundbuch hätten ihm Bedenken gegen die Richtigkeit ihrer Angaben kommen müssen; dieses Verschulden des Architekten W. habe die beklagte Partei zu vertreten, zumal sie die vom Vater des Klägers vorgeschlagene Vertragsauflösung abgelehnt habe; sie habe auch wegen ihres Verhaltens für allfällige ihr entstandene Schäden selbst aufzukommen.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf.

Der aufrechnungsweise geltend gemachte Schadenersatzanspruch der beklagten Partei bestehe allerdings - so führte es aus - schon deshalb nicht zu Recht, weil der Kläger nach unbekämpfter Feststellung des Erstrichters nichts davon gewußt habe, daß der Rohbau zum Teil auf dem Nachbargrundstück steht; die beklagte Partei könne selbst nicht behaupten, daß er ihr dies schuldhaft verschwiegen habe; Verschulden sei aber Voraussetzung eines Schadenersatzanspruches. Im übrigen mache die beklagte Partei einen Preisminderungsanspruch wegen eines Rechtsmangels geltend, wobei sie sich auf die Gewährleistungspflicht des Klägers stütze und offenbar Preisminderung um den ganzen Klagsbetrag begehre; im Berufungsverfahren habe sie den Preisminderungsanspruch im Hinblick auf das Sachverständigengutachten nur mehr mit 270.000 S beziffert, dies aber bei ihren Anträgen nicht berücksichtigt; daß die Frist des § 933 ABGB. eingehalten worden sei, stehe außer Zweifel, sie habe die Liegenschaft ja erst nach dem März 1966 übernommen; im Kaufvertrag sei zwar eine Haftung des Klägers für ein bestimmtes Ausmaß und eine bestimmte Beschaffenheit des Kaufobjektes ausgeschlossen worden; darin könne aber nicht auch ein Gewährleistungsausschluß dafür erblickt werden, daß der an die beklagte Partei mitverkaufte Rohbau zum Teil auf fremdem Grund steht und sie daher nicht das ganze Eigentum an dem Rohbau erhalten hat; die beklagte Partei hätte es zu vertreten, wenn der von ihr mit den Erhebungen über die Beschaffenheit der zu erwerbenden Liegenschaft betraute Architekt W. vor Abschluß des Kaufvertrages tatsächlich von der in der Baubewilligung enthaltenen Auflage gewußt habe und es ihm bekannt gewesen sei, daß der Auflage noch nicht entsprochen sei; in diesem Fall könnte sie keine Gewährleistung geltend machen; dabei komme es nicht darauf an, ob W. zu ihr in einem Angestelltenverhältnis oder nur in einem Auftragsverhältnis als "freier Mitarbeiter" gestanden sei; in beiden Fällen seien die Bestimmungen über die Geschäftsbesorgung (§§ 1151, 1002 ABGB.) maßgebend; der Erstrichter habe aber nicht eindeutig festgestellt, ob W. zur Zeit des Erwerbes der Liegenschaft durch die beklagte Partei tatsächlich Kenntnis davon gehabt habe, daß die Auflage noch nicht erfüllt war; hieraus ergebe sich die Notwendigkeit einer Verfahrensergänzung, wobei auch auf verschiedene andere Beweisergebnisse Bedacht zu nehmen sein werde; sollte der Erstrichter zum Ergebnis kommen, daß W. zur Zeit des Liegenschaftserwerbes der beklagten Partei auf Grund der Mitteilungen der Zita B. im guten Glauben gewesen sei, die Grundstücksabtretung sei schon durchgeführt, wäre der beklagten Partei der Gewährleistungsanspruch nicht schon deshalb versagt, weil W. bei Anwendung entsprechender Sorgfalt die Unrichtigkeit der Mitteilungen der Zita B. hätte erkennen müssen; die Erkennbarkeit eines dem Erwerber tatsächlich nicht bekannten Mangels bewirke gemäß § 928 ABGB. den Ausschluß der Gewährleistung nur in zwei Fällen, nämlich wenn die Mängel in die Augen fallen oder bei Ersichtlichkeit der verschwiegenen Lasten aus den öffentlichen Büchern; ein in die Augen fallender Mangel scheide hier aus; der Mangel sei aber auch nicht aus dem Grundbuch zu ersehen gewesen; unter den im § 928 ABGB. genannten, aus den öffentlichen Büchern ersehbaren Lasten seien nur solche zu verstehen, die im Grundbuch eingetragen sind; der Grundsatz der Offenkundigkeit gehe nicht so weit, daß Gewährleistung auch dann nicht stattfinde, wenn der Erwerber aus dem Fehlen bestimmter grundbücherlicher Eintragungen nicht die entsprechenden Schlußfolgerungen zieht; daß im Grundbuch die Zuschreibung eines Grundstücksteils zur EZ. 267 nicht ersichtlich gewesen war, bedeute also nicht, daß die beklagte Partei keinen Gewährleistungsanspruch habe.

Der Oberste Gerichtshof gab den Rekursen beider Parteien nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Es bedarf keiner näheren Erörterung, daß jeglicher Gewährleistungsanspruch der beklagten Partei ausgeschlossen ist, wenn sie selbst Kenntnis davon hatte, daß die Abtretung des Grundstreifens, die von der Magistratsabteilung 37 vor einer Erteilung der Benützungsbewilligung für den auf EZ. 267 geplanten Wohnbau verlangt wurde, noch nicht durchgeführt war. Die beklagte Partei bestreitet selbst nicht mehr, daß ein diesbezügliches Wissen des Zeugen W., den sie mit den Erhebungen über die Beschaffenheit der von ihr zu erwerbenden Liegenschaft betraut hatte, dieselbe Tragweite hätte. Da der Erstrichter eindeutige Feststellungen, ob W. zur Zeit des Kaufvertragsabschlusses schon Kenntnis davon hatte, daß die Abtretung des Grundstreifens noch nicht erfolgt war, nicht getroffen hat, muß der angefochtene Beschluß jedenfalls bestätigt werden. Soweit der Kläger an Hand der Aussage des Zeugen W. dartun will, schon das bisherige Verfahren habe ergeben, daß W. diese Kenntnis gehabt habe, übersieht er, daß der Oberste Gerichtshof nicht Tatsacheninstanz ist und daher selbst keine Sachverhaltsfeststellungen treffen kann.

Unterstellt man, die Verfahrensergänzung werde ergeben, daß W. im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses nicht wußte, die Abtretung des Grundstreifens an EZ. 267 sei noch nicht durchgeführt, entsteht die weitere Frage, ob er dies hätte wissen können und ob er dies hätte wissen müssen. Erkennbar war es zweifellos, weil sich aus dem Grundbuch eine Zuschreibung einer Parzelle bzw. eines Parzellenteiles nicht entnehmen ließ. Das Berufungsgericht hat nun unter Heranziehung der Lehre Gschnitzers (in Klang[2] IV 522 zu §§ 928 f. ABGB. unter I, 2) zutreffend dargelegt, daß ein Aufmerksamkeitsfehler dem Erwerber einer Sache den Gewährleistungsanspruch grundsätzlich nicht nimmt. Er verliert ihn - allerdings mit bestimmten Ausnahmen - nur, wenn die Mängel einer Sache in die Augen fallen oder die auf der Sache haftenden Lasten aus den öffentlichen Büchern zu ersehen sind. Daß ein in die Augen fallender physischer Fehler der gekauften Liegenschaft nicht in Betracht kommt (vgl. auch dazu Gschnitzer a.a.O.), hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt. Es ist ihm auch darin beizupflichten, daß unter den auf der Sache haftenden, aus den öffentlichen Büchern zu ersehenden Lasten in der Regel im Grundbuch eingetragene Lasten - Dienstbarkeiten, Bestandrechte, Reallasten und dergleichen - zu verstehen sind. Allerdings werden diesen in Ausnahmefällen nicht eingetragene Lasten gleichgestellt, was insbesondere für sogenannte offenkundige Servituten gilt (vgl. Gschnitzer a. a. O., Ehrenzweig[2] II/1 S. 234), also Rechtsmängel bestimmter Art, deren Erkennbarkeit u. a. auch auf Schlußfolgerungen beruht (vgl. die bei Kapfer[28] zu § 481 ABGB. unter Nr. 2 angeführte Judikatur). Selbst wenn man nun ohne nähere Prüfung zugunsten des Klägers davon ausgeht, auch diesmal liege ein damit immerhin vergleichbarer Fall vor, weil einerseits feststeht, daß dem Zeugen W. schon seit Februar 1966 bekannt war, daß die Magistratsabteilung 37 die Abtretung des Grundstreifens zur Voraussetzung einer künftigen Benützungsbewilligung gemacht hatte, und andererseits das bisherige Unterbleiben der Grundabtretung bei einer Einsichtnahme ins Grundbuch ohne weiteres erschließbar war, ist für seinen Rechtsmittelerfolg nichts gewonnen. Zwar kann hier nicht auf den Schlußsatz des § 928 ABGB., auf der Sache haftende "Schulden" und "Rückstände" seien stets, also auch bei Erkennbarkeit, zu vertreten, gegriffen werden, weil noch keine bescheidmäßige baupolizeiliche Anordnung in Ansehung der EZ. 267 vorliegt (vgl. dazu SZ. XXVII, 79. JBl. 1964 S. 606), wohl aber kommt der beklagten Partei zustatten, daß es ungeachtet der Erkennbarkeit des Mangels aus dem Grundbuch gemäß § 928 ABGB. bei der Gewährleistungspflicht des Veräußerers sein Bewenden hat, wenn dieser ausdrücklich zugesagt hat, "daß die Sache von allen Fehlern und Lasten frei sei". Dem ist nicht nur der Fall gleichzuhalten, daß Freiheit von bestimmten Fehlern und Lasten zugesagt wurde, sondern auch der Fall der Zusage bestimmter Eigenschaften (vgl. auch dazu Gschnitzer a. a. O. und Ehrenzweig a. a. O. S. 220). Wesentlich ist dabei, daß unter einer ausdrücklichen Zusage nicht etwa nur eine ausdrückliche Erklärung im Sinne des § 863 ABGB. zu verstehen ist, sondern auch eine konkludente Erklärung genügt, sofern sie nur aus einem positiven Verhalten des Veräußerers ableitbar ist und geeignet war, durch Erweckung einer der Wirklichkeit widersprechenden Vorstellung auf den Entschluß des Geschäftspartners zum Vertragsabschluß einzuwirken (vgl. dazu auch Gschnitzer a. a. O. 508 zu §§ 922 f. ABGB. unter C, 2).

Diese Voraussetzungen liegen diesmal vor, denn in dem zwischen den Streitteilen zustandegekommenen Kaufvertrag wurde nicht nur festgehalten, daß die veräußerte Liegenschaft EZ. 267 KG. L. aus dem Grundstück 344/3 Garten bestehe, sondern ausdrücklich betont, daß auf diesem Grundstück ein Wohnhaus errichtet werde, daß sich gegenwärtig im Rohbau befinde. Eine solche Erklärung konnte nach den Gepflogenheiten redlichen Verkehrs nur dahin verstanden werden, daß es sich um einen Bau handle, der nach den Vorschriften der Bauordnung begonnen worden und für den nach seiner vorschriftsmäßigen Fertigstellung auch ohne weiteres die Benützungsbewilligung erlangbar sei. Darin ist eine "Zusage" im Sinn des § 928 ABGB. zu verstehen, weshalb der Kläger - sofern nicht noch hervorkommt, W. habe vor Vertragsabschluß positiv davon Kenntnis gehabt, daß die Grundabtretung noch ausständig war - gewährleistungspflichtig ist. Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß die Klausel des Vertragspunktes V, der Kläger hafte nicht für ein bestimmtes Ausmaß oder eine bestimmte Beschaffenheit des Kaufobjektes, nicht zum Tragen kommt. Dies ergibt sich aus der Überlegung, daß eine derartige Klausel nach den Gepflogenheiten redlichen Verkehrs nicht auf eine Eigenschaft des Kaufobjektes bezogen werden kann, die im gleichen Vertrag - sei es nun expressis verbis, sei es konkludent - zugesichert wurde. Daß die beklagte Partei, was im Vertragspunkt V ebenfalls festgehalten wurde, die Liegenschaft und den Rohbau besichtigt hatte, ist - entgegen den Rekursausführungen des Klägers - für die Beurteilung des Falles unerheblich.

Anmerkung

Z41182

Schlagworte

Eigenschaft, Zusage einer bestimmten -, Gewährleistung, Zusage bestimmter Eigenschaften, Konkludente Erklärung, Zusage bestimmter Eigenschaften, Mangel, Zusage bestimmter Eigenschaften, Schlüssige Handlung, Zusage bestimmter Eigenschaften, Zusage einer bestimmten Eigenschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1968:0010OB00274.68.1219.000

Dokumentnummer

JJT_19681219_OGH0002_0010OB00274_6800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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