TE OGH 1970/4/1 4Ob19/70

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.04.1970
beobachten
merken

Norm

Allgemeines Handelsgesetzbuch Art271
Allgemeines Handelsgesetzbuch Art272
Angestelltengesetz §27 Z3

Kopf

SZ 43/66

Spruch

Unter dem Begriff "Handelsgeschäfte für eigene oder fremde Rechnung" nach der Z 3 des § 27 AngG sind nur solche iS der Art 271, 272 AHGB (vor der Handelsgesetz-Novelle, BGBl 1926/63) zu verstehen. Bloße Verkäufe von Waren durch Angestellte sind nicht Handelsgeschäfte in diesem Sinne

OGH 1. April 1970, 4 Ob 19/70 (LGZ Graz 2 Cg 19/69; ArbG Graz 2 Cr 94/69)

Text

Der Beklagte ist Alleininhaber der Apotheke "Zum Hirschen" in L; in dieser Apotheke war der Kläger ab 1. August 1949 als angestellter Apotheker beschäftigt, bis das Dienstverhältnis vom Beklagten zum 30. Juni 1968 gekundigt wurde. Während der Kündigungsfrist wurde der Kläger vom Beklagten mit Schreiben vom 20. Juni 1968, zugekommen am 25. Juni 1968, fristlos entlassen.

Der Kläger begehrte zuletzt vom Beklagten mit der Behauptung, die Entlassung sei grundlos erfolgt, die Bezahlung verschiedener Zulagen und einer Abfertigung.

Der Beklagte beantragte kostenpflichtige Klagsabweisung und wendete ein, der Kläger habe sich dadurch, daß er während seines Urlaubes im Juni 1968 ohne Bewilligung und Wissen des Beklagten in der Schutzengel-Apotheke in K eine Beschäftigung als angestellter Apotheker annahm, einer Verletzung seiner Treuepflicht gegenüber dem Beklagten und eines Verstoßes gegen das Konkurrenzverbot gem § 7 AngG schuldig gemacht und den Beklagten hiedurch zur fristlosen Entlassung gem § 27 Z 1 und 3 AngG berechtigt.

Das Erstgericht hat einen Teil des Klagebegehrens als unzulässig zurückgewiesen, im übrigen jedoch dem Klagebegehren stattgegeben. Es stellte im wesentlichen fest, daß der Kläger Ende Mai 1968 seinen Urlaub antrat, der bis zum Ende des Dienstverhältnisses bei der beklagten Partei per 30. Juni 1968 währen sollte. In der Zeit vom 5. Juni bis 28. Juni 1968, also während dieses Urlaubes, sei er ohne Einwilligung des Beklagten als angestellter Apotheker in K bei der "Schutzengel-Apotheke" tätig gewesen, um dort den nach einem Lungeninfarkt arbeitsunfähigen Magister W, der bis dahin vergeblich eine Vertretung gesucht habe, zu vertreten.

Dieser Umstand könne bei einer dem Sinne der gesetzlichen Bestimmung entsprechenden Auslegung keinen Entlassungstatbestand darstellen, sodaß die der Höhe nach unbestrittenen Beträge dem Kläger zustunden.

Gegen dieses Urteil hat nur der Beklagte berufen. Neu wurde vorgebracht, daß der Kläger dadurch, daß er noch während seiner Tätigkeit im Betriebe zwei Angestellte der beklagten Partei abzuwerben versucht habe, einen weiteren Entlassungsgrund gesetzt hätte.

Das Berufungsgericht verhandelte die Streitsache gem § 25 Abs 1 Z 3 ArbG von neuem und gab der Berufung nicht Folge.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Beklagte hat gegenüber den Ansprüchen des Klägers nur eingewendet, daß sie wegen begrundeter vorzeitiger Entlassung nicht zu Recht bestehen. Als Entlassungsgrund führte der Beklagte an, der Kläger habe entgegen der Bestimmung von Art VIII Abs 6 des einschlägigen Kollektivvertrages während der Urlaubszeit ohne Genehmigung des Dienstnehmers in einem anderen Betrieb Dienst verrichtet; ferner, daß der Kläger für fremde Rechnung Handelsgeschäfte machte, weil er während seiner Vertretungstätigkeit in der "Schutzengel-Apotheke" "selbstverständlich allein und ausschließlich mit dem Einkauf zu tun hatte".

Zu diesem letzten Vorwurf, womit der Entlassungsgrund des § 27 Z 3 AngG geltend gemacht wird, ist zu sagen, daß unter den Handelsgeschäften für eigene oder fremde Rechnung nach Z 3 des § 27 AngG nur Handelsgeschäfte i S von Art 271, 272 AHGB (vor der Handelsgesetz-Novelle, BGBl 1928/63) in Betracht kommen (vgl ZBl 1916/15, Mayer - Grünberg, Kommentar zum Handlungsgehilfengesetz, 101). Das vom Beklagten dem Kläger zum Vorwurf gemachte angebliche Handelsgeschäft nach Art 271 Z 1 AHGB (Einkauf von Pharmazeutika) scheidet aber schon nach den Feststellungen der Untergerichte aus, weil der Kläger darnach mit dem Einkauf überhaupt nicht befaßt war. Andere Handelsgeschäfte kommen überhaupt nicht in Betracht. Bloße Verkäufe von Waren durch Angestellte sind nicht Handelsgeschäfte derselben gem Art 271 Z 1 AGB.

Anmerkung

Z43066

Schlagworte

Angestellter, Entlassung, Angestellter, Konkurrenzverbot, Angestellter, Treuepflicht, Entlassung, Konkurrenzverbot, Entlassung, Treuepflicht, Handelsgeschäft, Verkauf von Waren durch Angestellten, Konkurrenzverbot, Verkauf von Waren durch Angestellte, Treuepflicht, Verkauf von Waren durch Angestellte, Verkauf, von Waren durch Angestellte, Treuepflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1970:0040OB00019.7.0401.000

Dokumentnummer

JJT_19700401_OGH0002_0040OB00019_7000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten