TE OGH 1971/4/20 4Ob544/71

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Veröffentlicht am 20.04.1971
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Norm

ABGB §1096
JN §1
Mietengesetz §8

Kopf

SZ 44/49

Spruch

Auch für Klagen nach § 1096 ABGB ist grundsätzlich der Rechtsweg zulässig. Der Kläger ist nicht verpflichtet, schon in der Klage auf mögliche Einwendungen seines Gegners - insbesondere Anwendbarkeit des § 6 MG und daher Unzulässigkeit des Rechtsweges - Rücksicht zu nehmen. Der Richter hat vielmehr von Amts wegen Umstände, die nach seiner Ansicht oder nach der Behauptung des Beklagten dem ordentlichen Rechtsweg entgegenstehen, zu prüfen und allenfalls bei der mündlichen Verhandlung durch Fragestellung oder in anderer Weise darauf hinzuwirken, daß die für die Entscheidung erheblichen tatsächlichen Angaben gemacht oder ungenügende Angaben vervollständigt werden

OGH 20. 4. 1971, 4 Ob 544/71 (KG Wels R 32/71; BG Mondsee C 158/70)

Text

Die Klägerin behauptet in ihrer Klage, sie sei Mieterin einer Wohnung und eines Geschäftsraumes im Haus M, Xstraße 32, und eines auf dem Grundstück Nr 141 der KG M gelegenen Werkstättengebäudes. Vermieter dieser Bestandobjekte seien die Beklagten, die seit Jahren ihrer Verpflichtung, die Mietobjekte im brauchbaren Zustand zu erhalten, nicht nachkommen. Außerdem sei von den Beklagten eine im Hof gelegene, von der Klägerin mitgemietete Abortanlage im Jahr 1968 ohne deren Einwilligung abgerissen und nicht wieder errichtet worden. Die Klägerin beantragt, die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, die in der Klage aufgezählten Erneuerungs- und Instandsetzungsarbeiten in der gemieteten Wohnung und im Geschäftsraum durchführen zu lassen und die Klosettanlage wieder zu errichten.

Die Beklagten beantragen, das Begehren abzuweisen. Die Erstbeklagte wendete überdies Unzulässigkeit des Rechtsweges mit der Begründung ein, der Anspruch wäre im Verfahren außer Streitsachen geltend zu machen.

Das Erstgericht, das über diese Einrede noch nicht entschieden hatte, wies mit Beschluß vom 29. 12. 1970 den Antrag der Klägerin, für die Zweitbeklagte einen Verlassenschaftskurator zu bestellen, zurück.

Aus Anlaß des gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurses der Klägerin hob das Rekursgericht das Verfahren einschließlich der Klagszustellung als nichtig auf und wies die Klage zurück. Es verneinte die Zulässigkeit des Rechtsweges für den erhobenen Anspruch mit der Begründung, die Klägerin habe es unterlassen, in der Klage die entsprechenden Tatsachen zu behaupten, aus denen sich die rechtliche Zulässigkeit einer Klage nach § 1096 ABGB ableiten ließe. § 8 MG verweise den Mieter mit seinem Begehren auf Instandsetzung der Mietgegenstände für den Fall an den Außerstreitrichter, als die in den letzten fünf Jahren nicht zu dem im § 6 Abs 1 MG genannten Zweck verwendeten Teile des Hauptmietzinses einschließlich der verrechnungspflichtigen Teile der frei vereinbarten Mietzinse für Arbeiten zur ordnungsmäßigen Erhaltung des Hauses Deckung bieten. Sei dies der Fall, sei dem Mieter die Klage beim ordentlichen Gericht verwehrt. Für alle übrigen Fälle stehe ihm der ordentliche Rechtsweg offen, insbesondere auch dann, wenn es sich um ein Mietverhältnis handle, das der Zinsbildung nach dem Mietengesetz nicht unterliege. Nur bei Unanwendbarkeit des § 8 MG sei daher eine Klage nach § 1096 ABGB offen. Die Klägerin habe nun die Klage ihrem Inhalte nach auf § 1096 ABGB gestützt, ohne die Unanwendbarkeit des § 8 MG zu behaupten, so daß diesem Begehren der ordentliche Rechtsweg verschlossen bleiben müsse.

Der Oberste Gerichtshof hob den Beschluß des Rekursgerichtes auf und trug ihm auf, über den Rekurs der Klägerin zu entscheiden.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Geht man von den Klagsbehauptungen aus, erweist sich die angefochtene Entscheidung, selbst wenn man den darin dargelegten Rechtsausführungen folgen könnte, zumindest hinsichtlich der begehrten Wiederherstellung der ohne Einwilligung der Klägerin abgerissen Klosettanlagen als verfehlt. In einem solchen Fall ist der Klageweg nach § 1096 ABGB jedenfalls offen (SZ 14/17).

Dem Rekursgericht kann aber auch nicht gefolgt werden, daß die Klage schon deshalb wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückzuweisen ist, weil es die Klägerin unterlassen hat, bereits in der Klage selbst jene Umstände zu behaupten, die von den vom § 8 MG umfaßten Tatbestand abweichen. Grundsätzlich ist für eine Klage auf Einhaltung eines Vertrages der Rechtsweg zulässig, somit auch für eine auf § 1096 ABGB gestützte Klage. Die Klägerin ist nicht verpflichtet, schon in der Klage auf mögliche Einwendungen ihres Gegner Rücksicht zu nehmen, der Richter hat vielmehr von Amts wegen Umstände, die nach seiner Ansicht oder nach der Behauptung des Beklagten dem ordentlichen Rechtsweg entgegenstehen, zu prüfen und allenfalls bei der mündlichen Verhandlung durch Fragestellung oder in anderer Weise darauf hinzuwirken, daß die für die Entscheidung erheblichen tatsächlichen Angaben gemacht oder ungenügende Angaben vervollständigt werden (§ 182 Abs 1 ZPO). Den in der Entscheidung MietSlg 21352 zum Ausdruck gebrachten Gedankengang kann nicht gefolgt werden. Für die Auffassung des Rekursgerichtes, daß Tatumstände, aus denen sich ergeben soll, daß ein Ausnahmetatbestand nach § 8 MG nicht vorliegt, in der mündlichen Verhandlung nicht vorgetragen bzw nachgetragen werden könnten, findet sich im Gesetz keine Grundlage (vgl § 258 ZPO). Das Erstgericht hat über die Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges noch nicht entschieden. Dies wird ihm erst möglich sein, wenn die Klägerin in mündlicher Verhandlung zur erhobenen Unzulässigkeitseinrede Stellung genommen und die zu ihrer Bekämpfung

Anmerkung

Z44049

Schlagworte

Bestandobjekt, Klage auf Instandsetzung, Mieter, Klage auf Instandsetzung des Mietgegenstandes, Mietgegenstand, Klage auf Instandsetzung, Rechtsweg, ordentlicher, Instandsetzung des Mietgegenstandes, -,-, Klage nach § 1096 ABGB, Zulässigkeit des Rechtsweges, Instandsetzung des Mietgegenstandes, Zulässigkeit des Rechtsweges, Klage nach § 1096 ABGB

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1971:0040OB00544.71.0420.000

Dokumentnummer

JJT_19710420_OGH0002_0040OB00544_7100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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