TE OGH 1979/3/1 12Os15/79

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Veröffentlicht am 01.03.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Schneider und Dr. Steininger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Umlauft als Schriftführer in der Strafsache gegen Franz A u.a. wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten Schwangerschaftsabbruches nach den § 96 Abs. 1 und 2 zweiter Fall auch 12 und 15 StGB mit Zustimmung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Berufung des Angeklagten Franz A und die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Angeklagten Helga B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengerichtes vom 3.Oktober 1978, GZ. 10 Vr 1829/78-46, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Helga B wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil im Schuldspruch der Genannten zu Punkt 3.) d des Urteilssatzes und demgemäß auch in dem diese Angeklagte betreffenden Strafausspruch aufgehoben und die Sache an das Landesgericht für Strafsachen Graz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung in diesem Umfang zurückverwiesen.

Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte Helga B auf diese Entscheidung verwiesen.

über die Berufung des Angeklagten Franz A wird bei einem Gerichtstag, für welchen sich der Oberste Gerichtshof eine Maßnahme gemäß § 290 Abs. 1 StPO vorbehält, entschieden werden.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde u.a. die am 4.Jänner 1943 geborene Finanzbeamtin Helga B des Vergehens des (versuchten) Schwangerschaftsabbruches als Beteiligte nach § 12, 15, 96 Abs. 1 und 2, erster Fall StGB schuldig erkannt, begangen dadurch, daß sie Mitte Februar 1978 in Graz zur Ausführung der strafbaren Handlung des Franz A, welcher als Nichtarzt gewerbsmäßig die Schwangerschaft der Ingrid D mit deren Einwilligung durch Vornahme einer Curettage abzubrechen versuchte, durch Zurverfügungstellung ihrer Wohnung beigetragen hat.

Diesen Schuldspruch bekämpft Helga B mit einer auf die Z. 5 und 9 a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher Berechtigung zukommt.

Als Begründungsmangel im Sinne des erstangeführten Nichtigkeitsgrundes macht die Beschwerdeführerin geltend, das Erstgericht nehme ein Verschulden im Sinne der ihr angelasteten Straftat schon auf Grund ihrer eigenen Verantwortung in Verbindung mit jener des Mitangeklagten Franz A als erwiesen an, obwohl eine solche Schlußfolgerung weder auf Grund ihrer Angaben noch aus der Einlassung des A in der Hauptverhandlung mit Grund gezogen werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Das Urteil ist in diesem Belange tatsächlich nicht nur undeutlich, sondern entbehrt außerdem einer zureichenden Begründung. Die Urteilsgründe geben nämlich zwar - überflüssigerweise - die Angaben der Angeklagten in den einzelnen Verfahrensstadien weitwendig bis ins Detail und damit auch die in der Hauptverhandlung teilweise nicht mehr aufrechterhaltenen Angaben der Beschwerdeführerin vor der Polizei wieder (siehe S. 217, 218), ohne klarzustellen, inwieweit und aus welchen Gründen das Erstgericht als erwiesen angenommen hat, Helga B habe in Kenntnis des beabsichtigten und auch unternommenen Versuches des Franz A, die Schwangerschaft der Ingrid D abzubrechen, ihre Wohnung zur Tatbegehung zur Verfügung gestellt.

Zwar führt das Erstgericht beweiswürdigend aus, Helga B konnte mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen, daß A dem Ersuchen der Ingrid D auf Unterbrechung der Schwangerschaft nachkommen werde, bzw. ein solches Unternehmen zumindest im Bereiche der Möglichkeit gelegen gewesen sei (S. 228 d.A.), doch wird mit keinem Wort (auch nur sinngemäß) zum Ausdruck gebracht, daß sie absichtlich zur Ausführung der Tat des Franz A beigetragen hat, sei es auch nur in der Form, daß sie bei Zurverfügungstellung ihrer Wohnung jedenfalls die Verwirklichung der Tat durch Franz A ernstlich für möglich hielt und sich mit dieser abfand. Mit den oben (im Auszug) angeführten Urteilspassagen wird das Erstgericht nicht seiner Verpflichtung zur Feststellung der für die subjektive Tatseite maßgeblichen Kriterien im Sinne des ihr von der Anklagebehörde zur Last gelegten Tatbeitrages gerecht, lassen diese doch auch den Schluß offen, daß eine ausdrückliche oder konkludente Vereinbarung oder Zusicherung über oder hinsichtlich einer Beteiligung nicht vorlag, die Angeklagte vielmehr von der versuchten Tatbegehung durch A überrascht wurde und es sodann vorsätzlich unterließ, die Begehung zu verhindern.

Denn die vom Erstgericht im Rahmen der rechtlichen Beurteilung angestellten überlegungen (S. 229 d.A.) ' ....

Helga B wäre sohin unbedingt verpflichtet gewesen, von sich aus alles zu tun, um einen solchen Eingriff durch Franz A an Ingrid D in ihrer Wohnung zu unterbinden, wobei sie eine solche Möglichkeit insoferne vereiteln hätte müssen, als sie sich nicht aus dem Schlaf-Wohnzimmer in die Küche zurückziehen und daher Franz A und Ingrid D in dem Zimmer alleine zurücklassen hätte dürfen .... Durch ihren alleinigen Aufenthalt in der Küche hat sich Helga B sohin selbst die Möglichkeit genommen, mit Sicherheit sehen zu können, daß Franz A an Ingrid D während deren Anwesenheit in ihrer Wohnung keinen verbotenen Eingriff unternimmt. Helga B hätte durchaus die Möglichkeit gehabt, auf diese Weise einen verbotenen Eingriff durch Franz A an Ingrid D zur damaligen Zeit zu verhindern, da sie sich dem Angeklagten Franz A gegenüber in keinem abhängigen Verhältnis befunden hat, sondern Franz A vielmehr von sich aus zu ihr in einem teilweise finanziellen Abhängigkeitsverhältnis stand, da er auch von Helga B gelegentlich finanziell unterstützt wurde ....' lassen allenfalls vermuten, daß das Erstgericht ein Verschulden der Beschwerdeführerin im Sinne des § 286 Abs. 1 StGB im Auge hatte, ohne aber auch zu diesem Tatbestand die erforderlichen Feststellungen in tatsächlicher Richtung zu treffen und diese zureichend und schlüssig zu begründen (§ 270 Abs. 2 Z. 5 StPO) Da somit das Urteil für den Schuldspruch der Angeklagten Helga B keine oder nur undeutliche Gründe enthält, war der Beschwerde zufolge des anhaftenden Begründungsmangels gemäß § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO, ohne daß auf deren sonstige Einwendungen eingegangen werden mußte, gemäß § 285 e StPO mit Zustimmung der Generalprokuratur bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort Folge zu geben und über die Rechtsmitteln der Angeklagten spruchgemäß zu entscheiden. über die Berufung des Franz A wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Anmerkung

E01855

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0120OS00015.79.0301.000

Dokumentnummer

JJT_19790301_OGH0002_0120OS00015_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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