TE OGH 1979/4/4 10Os5/79

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Veröffentlicht am 04.04.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. April 1979 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Faseth, Dr. Friedrich und Dr. Walenta als Richter, sowie des Richteramtsanwärters Dr. Jelinek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Josef A und Edmar B wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs. 2 (12) StGB und eines anderen Delikts über die vom Angeklagten A gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 10. Oktober 1978, GZ. 22 Vr 243/78-54, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung und die Berufung des Privatbeteiligten Karl C nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Stern und Dr. Stowasser sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Karollus, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Josef A wird verworfen.

Gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO wird jedoch das angefochtene Urteil, welches in Ansehung der Punkte III und IV des Urteilssatzes unberührt bleibt, in den Punkten I und II (Schuldsprüche des Edmar B und des Josef A wegen Verbrechens der Brandstiftung nach dem § 169 Abs. 2 StGB bzw. wegen Beteiligung an diesem Verbrechen gemäß § 12 StGB) sowie in den die beiden Angeklagten betreffenden Aussprüchen über die Strafe und die Vorhaftanrechnung sowie im Erkenntnis über die privatrechtlichen Ansprüche des Karl C aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfange der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte Josef A und der Privatbeteiligte Karl C auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 10. Dezember 1951 geborene Gebrauchtwagenhändler Josef A des Verbrechens der Brandstiftung als Beteiligter nach den § 12, 169 Abs. 2 StGB sowie des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach den § 15, 146, 147 Abs. (2 und) 3 StGB und der am 30. August 1955 geborene, zuletzt beschäftigungslos gewesene Edmar B des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs. 2 StGB sowie des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach den § 15, 146, 147 Abs. (2 und) 3 StGB, teils auch als Beteiligter gemäß § 12 StGB, schuldig erkannt, weil I. Edmar B in der Nacht zum 11. Jänner 1978 in Traun an der Sache eines anderen mit dessen Einwilligung, nämlich an den (zwei) Betriebsgebäuden des Gebrauchtwagenmarktes des Josef A samt Einrichtung, Büro und vier Personenkraftwagen im Werte von über 500.000 S, durch überschütten der Gebäudeeinrichtung und der Fahrzeuge mit brennbaren Flüssigkeiten, insbesondere mit Benzin, und Anzünden eine Feuersbrunst verursacht und dadurch eine Gefahr für das Eigentum Dritter in großem Ausmaß, insbesondere für das benachbarte Wohnhaus des Hans Werner D, herbeigeführt hat;

II. Josef A in der Zeit von Dezember 1977 bis 11. Jänner 1978 in Traun wiederholt Edmar B durch überreden zur Ausführung der zu Punkt I angeführten Handlungen bestimmt, sowie durch Planen, Zureden und Mitwirken an der Vorbereitung, insbesondere durch Bereitstellen von Benzin und anderen brennbaren Flüssigkeiten, zur Ausführung der Tat beigetragen hat;

III. in Linz mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, die nachstehend angeführten Personen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen zu verleiten versucht haben, welche die nachstehend genannten Versicherungsunternehmen an ihrem Vermögen schädigen sollten:

1. Josef A und Edmar B am 19. Dezember 1977

Angestellte der Versicherungsanstalt der F AG durch die wahrheitswidrige Behauptung, Helmut H habe mit dem Personenkraftwagen des Edmar B durch einen am 14. Dezember 1977

verschuldeten Verkehrsunfall einen Schaden am Personenkraftwagen

des Josef A herbeigeführt, sowie durch Ausfüllen, Unterschreiben und Vorlage einer Schadensmeldung in diesem Sinn zur Auszahlung eines Betrages von 17.000 S, um welchen

die genannte Versicherungsanstalt geschädigt werden sollte;

2. Josef A am 12. Jänner 1978 Angestellte der J Versicherungs-AG

durch Vortäuschen, der in der Nacht zum 11. Jänner 1978 auf seinem

Gebrauchtwagenmarkt ausgebrochene Brand sei aus unbekannter Ursache, vermutlich Brandlegung, entstanden, Erstattung

einer Schadensmeldung in diesem Sinne und Verschweigen seiner zu

Punkt II dargelegten Mitwirkung an der Brandlegung, wobei die J

Versicherungs-AG um 574.146 S geschädigt werden sollte;

IV. Edmar B durch die unter Punkt I dargestellte Tat zu dem unter Punkt III/2 bezeichneten Betrugsversuch beigetragen hat. Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte Josef A mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4 und 5 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde 'nur hinsichtlich der Verurteilung Brandlegung', der Sache nach aber auch im Punkt III/2 des Schuldspruches wegen des Verbrechens des versuchten schweren Betruges zum Nachteil der J Versicherungs-AG, sowie im Strafausspruch mit Berufung. Der Privatbeteiligte Karl C, der mit seinen Ersatzansprüchen gemäß § 366 Abs. 2 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen worden war, hat gegen diese Entscheidung gleichfalls Berufung erhoben. Vom Angeklagten Edmar B wurde das Urteil nicht angefochten.

Als Verfahrensmangel im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 4

StPO rügt der jede Beteiligung an der Brandstiftung leugnende Angeklagte Josef A die Ablehnung der von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Anträge auf Beiziehung eines Sachverständigen aus der Versicherungsbranche zum Beweis dafür, daß er infolge Unterversicherung ohnehin nur mit dem Ersatz eines Teiles des Schadens habe rechnen können, eines Buchsachverständigen zum Beweis dafür, daß er in der Lage war, aus den Erträgnissen des Unternehmens seine persönlichen Ausgaben zu 'fristen' und eines Sachverständigen aus der Elektro(nik)branche zum Beweis dafür, daß die von ihm in der Hauptverhandlung genannte Methode der Brandlegung unter Verwendung eines elektronischen Zeitzünders zielführender gewesen wäre, weil er sich - als Fachmann - hiezu keines Dritten hätte bedienen müssen und die betreffende Methode keine Spuren hinterlassen haben würde.

Rechtliche Beurteilung

Die Verfahrensrüge schlägt nicht durch.

Was die vom Beschwerdeführer behauptete Unterversicherung anlangt, so wird in den Gründen des angefochtenen Urteils darauf hingewiesen, daß Josef A auf Grund des bereits vorgelegenen Abbruchbescheides der Baubehörde zur Beseitigung der beiden Betriebsgebäude auf seine Kosten verpflichtet gewesen wäre, und daß es nicht darauf ankommt, ob für den Angeklagten objektiv ein 'Geschäft' zu erwarten war, sondern ob Josef A subjektiv mit einem solchen gerechnet hat, was nach Annahme des Schöffensenats der Fall war, zumal der Angeklagte z. B. den vom Zeugen Siegfried K genannten Entschädigungsbetrag als zu gering bezeichnet hat (Seiten 118 und 120-121/II. Band). Daß Josef A sich etwa wegen schlechten Geschäftsganges zum Versicherungsbetrug veranlaßt gesehen hätte, wurde vom Erstgericht gar nicht angenommen. Ebenso erübrigte sich die Beiziehung eines Sachverständigen aus der Elektro(nik)-

branche, weil es auf der Hand liegt, daß auf die verschiedensten Arten Feuer gelegt werden kann, auch die nach Annahme des Erstgerichtes vom Angeklagten A gewählte Methode an sich durchaus zum Erfolg hätte führen können und Josef A sich zuvor schon zur Begehung des im Punkt III/1 des Schuldspruches bezeichneten Versicherungsbetruges zum Nachteil der Versicherungsanstalt der F AG der Hilfe des Mitangeklagten Edmar B bedient hatte; zudem hat Josef A offensichtlich gar keinen Wert darauf gelegt, die Tatsache, daß das Feuer gelegt worden war, zu verschleiern, da er in der bei der J Versicherungs-AG erstatteten Schadenanzeige selbst vermerkt hat, es handle sich vermutlich um Brandlegung (S. 109/II. Band; siehe hiezu auch S. 20/II. Band).

Durch die Ablehnung der in Rede stehenden Beweisanträge sind daher Verteidigungsrechte des Angeklagten Josef A nicht beeinträchtigt worden.

Mit der Mängelrüge nach § 281 Abs. 1 Z 5 StPO bekämpft der Beschwerdeführer vor allem die Annahme der Glaubwürdigkeit der ihn belastenden Angaben des Mitangeklagten Edmar B, wobei er als Begründungsmängel Undeutlichkeit, Unvollständigkeit und Widersprüchlichkeit des Ausspruches über entscheidende Tatsachen sowie Angabe nur offenbar unzureichender Gründe geltend macht. Auch in dieser Richtung hält das Beschwerdevorbringen einer überprüfung nicht stand.

Der Beschwerdeführer verkennt zunächst das Wesen des Nichtigkeitsgrundes der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO, wenn er - wie es in seinen Ausführungen zum Ausdruck kommt - der Meinung ist, es stelle schon einen Begründungsmangel im Sinne dieser Gesetzesstelle dar, wenn im Urteil nicht der vollständige Inhalt sämtlicher Aussagen von Angeklagten und Zeugen sowie alle sonstigen Verfahrensergebnisse schlechthin erörtert und darauf untersucht werden, wie weit die einzelnen Angaben oder übrigen Beweisergebnisse für oder gegen diese oder jene Darstellung sprechen könnten, und wenn das Gericht sich bei der Würdigung von Aussagen oder sonstigen Beweisergebnissen nicht von vornherein mit allen vom Beschwerdeführer nachträglich ins Treffen geführten Gesichtspunkten befaßt hat. Denn nach der Vorschrift des Gesetzes besteht die Aufgabe des Gerichtes darin, die schriftliche Urteilsbegründung in gedrängter Darstellung abzufassen (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO). Im übrigen lassen sich gelegentlich die Umstände, die dem Gericht die überzeugung von der Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit einer Aussage vermitteln, nicht restlos analysieren und das Ergebnis dieses Eindrucks sowie die für diesen Eindruck maßgebenden Umstände oft nicht in Worte fassen - was im besonderen für die Würdigung der Aussagen vom erkennenden Gericht selbst vernommener Personen gilt - weshalb der Mangel solcher Erörterungen nicht unter dem Gesichtspunkt einer Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z 5 StPO gerügt werden kann.

Gerade im gegenständlichen Verfahren bot sich den Mitgliedern des Schöffensenats hinlänglich Gelegenheit, sich im Laufe der mehrstündigen Hauptverhandlung und der sehr ausführlichen, mit den gebotenen Vorhalten durchgeführten Vernehmung der Angeklagten Josef A und Edmar B ein entsprechendes Bild von der Glaubwürdigkeit ihrer Angaben zu machen, welches ersichtlich für die Annahme des Gerichtes, der Angeklagte B habe in der Hauptverhandlung die Wahrheit gesagt, ausschlaggebend war (Seiten 110, 115-116 und 122/II. Band).

Das Erstgericht ist auch der ihm in Anbetracht der wechselvollen Verantwortung des Edmar B im Vorverfahren obliegenden Begründungspflicht nachgekommen und legt in den Gründen des angefochtenen Urteils ausführlich und denkfolgerichtig dar, warum der Sachverhaltsfeststellung die den Angeklagten Josef A belastenden Angaben des Angeklagten B zugrunde gelegt worden sind, der leugnenden Verantwortung des A sowie den ihn entlastenden Angaben des B im Vorverfahren aber der Glaube versagt worden ist. In diesem Zusammenhang wird in den Entscheidungsgründen vor allem darauf hingewiesen, daß die Aussage des Angeklagten B in der Hauptverhandlung in den wesentlichen Punkten mit seinen im Vorverfahren gemachten, den Angeklagten A belastenden Angaben übereinstimmt (S. 111/II. Band), daß Edmar B die belastenden Angaben erstmals im kreisgerichtlichen Gefangenenhaus Leoben gemacht hat, wo offenbar keine Einflußmöglichkeit seitens des A bestanden hatte, und diese Angaben erst nach seiner überstellung in das Gefangenenhaus des Landesgerichtes Linz, wo sich auch Josef A in Untersuchungshaft befand, widerrufen hat, wobei er für die nach seiner geänderten Darstellung angeblich ohne von A dazu bestimmt worden zu sein, begangene Brandstiftung gerade jene Motive nannte, die ihm früheren Angaben zufolge von Josef A für den Fall, daß er die Täterschaft als solche zugeben müsse, in den Mund gelegt worden waren (Seiten 111- 112

und 115/II. Band; siehe hiezu auch S. 287/I. Band). Schließlich wird in den Entscheidungsgründen noch dargelegt, daß im Zuge des Beweisverfahrens kein glaubwürdiges Motiv hervorgekommen ist, welches Edmar B veranlaßt haben könnte, aus eigenem den Gebrauchtwagenmarkt des Josef A in Brand zu stecken und den Genannten darüber hinaus noch zu verleumden (S. 115/II. Band). Mit der Frage, ob Edmar B sich von einer fälschlichen Belastung seines Mitangeklagten eine geringere Strafe erwartet oder auf diese Weise versucht haben könnte, Regreßansprüchen der Versicherung zu entgehen, setzt sich das Erstgericht ohnehin auseinander, verneint dies jedoch in Anbetracht der - auf Grund des in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks vorgenommenen - charakterlichen und intelligenzmäßigen Einschätzung des Angeklagten B, dem derartige Täuschungsmanöver nach Auffassung des Schöffensenats auch unter Berücksichtigung seiner bisherigen Straftaten persönlichkeitsfremd wären (Seiten 115-116/II. Band). Diese Auffassung wird noch dadurch gestützt, daß der Angeklagte B, hätte er sich tatsächlich von solchen Zweckmäßigkeitsüberlegungen leiten lassen, sich auch ohne besondere juristische Kenntnisse darüber hätte im klaren sein müssen, daß er sich damit selbst - zu Unrecht -

einer Beteiligung am Versicherungsbetrug bezichtigte. Die Urteilsannahme, daß Edmar B im Falle einer wahrheitswidrigen Belastung umsomehr mit einer späteren 'Revanche' des A hätte rechnen müssen (S. 116/II. Band), entspricht durchaus der Lebenserfahrung. Desgleichen konnte das Erstgericht ohne logischen Fehler aus dem Umstand, daß Edmar B sich, bevor er wieder zu den (in Leoben gemachten) belastenden Angaben zurückkehrte, bei den Kriminalbeamten über seine Schutzmöglichkeiten vor A erkundigt hatte, auf die Glaubwürdigkeit dieser Angaben schließen.

Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang darzutun sucht, bei all diesen Umständen handle es sich bloß um eine raffinierte Taktik des Zweitangeklagten, um an Glaubwürdigkeit zu gewinnen, so stellt sich dieses Vorbringen nur als eine im Nichtigkeitsverfahren unzulässige und daher unbeachtliche Bekämpfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung dar.

Daß der Zeuge Manfred M bekundet hat, den Eindruck gehabt zu haben, B habe ihm alles nur erzählt, damit er einen Zeugen dafür habe, wurde vom Erstgericht ohnehin festgestellt. In den Entscheidungsgründen wird jedoch dargelegt, daß die Angaben des Manfred M nicht geeignet sind, Zweifel an der Richtigkeit der (den Mitangeklagten Josef A belastenden) Darstellung des Angeklagten B zu erwecken, da aus den Angaben dieses Zeugen nicht hervorgeht, zu welchem Zeitpunkt Edmar B M gegenüber den Josef A hinsichtlich der Brandstiftung entlastete, und weil Manfred M nicht wissen konnte, welche der divergierenden Darstellungen des B der Wahrheit entsprochen hat (S. 119/II. Band).

Somit erweist sich aber auch die Beschwerdebehauptung, das Erstgericht habe die von Edmar B dem Manfred M gegenüber gemachten Josef A entlastenden Angaben übergangen, als unzutreffend. Ein näheres Eingehen auf die Aussage des Zeugen Werner N hat sich erübrigt, zumal der von Edmar B als Gewährsmann genannte Manfred M bestätigt hat, daß N ihm davon erzählt hatte, von Josef A für eine nicht genau bekannte Tat angeworben zu sein (S. 213/ I. Band), worunter allenfalls auch die von Josef A geplante Brandstiftung verstanden werden konnte.

Die Zeugin Anneliese O hat dem Beschwerdevorbringen zuwider keineswegs angegeben, sie habe den Eindruck gehabt, B habe ihr verschiedenes nur erzählt, um später eine Zeugin zu haben, sondern vielmehr ausgesagt, daß die Angeklagten in ihrer Anwesenheit eingehendere Gespräche über Versicherungssummen geführt haben (S. 189/I. Band), wobei sie allerdings an einen Versicherungsbetrug mit Autos gedacht habe (S. 424/I. Band). Weiters gab sie an, der überzeugung zu sein, daß B allein niemals auf die Idee der Brandstiftung gekommen wäre (S. 445/I. Band).

Die Angabe des Angeklagten B, Josef A habe sich Benzin verschafft, indem er mit seinem Personenkraftwagen zu verschiedenen Tankstellen fuhr, dort volltanken ließ und in der Werkstatt sodann das Benzin mit einem Schlauch abzapfte, wird vom Erstgericht keineswegs übergangen, sondern sogar der Sachverhaltsfeststellung zugrunde gelegt (S. 107/II. Band). Diese Konstatierung kann durch den allgemein gehaltenen Einwand, es liege in der Natur jeden Autohandels, über 'genügend' Benzin am Platz zu verfügen, nicht widerlegt werden, zumal das Vorhandensein einer größeren Benzinmenge das Vorhaben der Angeklagten im übrigen nur begünstigen konnte. Was schließlich das Motiv für den Versicherungsbetrug anlangt, so wurde schon bei der Behandlung der Verfahrensrüge ausgeführt, daß Josef A zum Abbruch der beiden Betriegsgebäude auf seine Kosten verpflichtet war und daß er mit einem höheren Entschädigungsbetrag als er vom Vertreter der Versicherungsanstalt genannt wurde, gerechnet hat, der ihn auch in die Lage versetzt haben würde, sein Geschäft an einer anderen Stelle neu aufzubauen.

Daß sich Josef A dem Zeugen Siegfried P (Seiten 237 ff/I. Band und 57 ff/II. Band) gegenüber gegen die Verdächtigung wegen Brandstiftung verwahrt hat, bedurfte in Anbetracht seiner leugnenden Verantwortung keiner besonderen Erwähnung.

Da sich somit auch die Mängelrüge als nicht stichhältig erweist, war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Josef A zu verwerfen. Aus deren Anlaß vermochte sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon zu überzeugen, daß das Strafgesetz insofern zum Nachteil der Angeklagten Josef A und Edmar B unrichtig angewendet worden ist (§ 281 Abs. 1 Z 10 StPO), als es dem Urteil an den für einen Schuldspruch wegen Verbrechens der Brandstiftung (an einer eigenen Sache bzw. an der Sache eines anderen mit dessen Einwilligung) nach § 169 Abs. 2 StGB bzw. wegen Beteiligung an diesem Verbrechen gemäß § 12 StGB erforderlichen Feststellungen über einen tatbestandsmäßigen Gefährdungsvorsatz der Angeklagten in Bezug auf das Eigentum Dritter in großem Ausmaß fehlt und daher, weil der in Frage kommende materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund nicht geltend gemacht worden ist, in Ansehung der Punkte I und II des Schuldspruches ein Vorgehen gemäß § 290 Abs. 1 StPO geboten ist.

Nach § 169 Abs. 2 StGB macht sich des Verbrechens der Brandstiftung (auch) schuldig, wer an einer eigenen Sache oder an der Sache eines anderen mit dessen Einwilligung eine Feuersbrunst verursacht und dadurch eine Gefahr für Leib oder Leben des anderen oder eines Dritten oder für das Eigentum eines Dritten in großem Ausmaß herbeiführt, wobei sich der Vorsatz des Täters - oder Beteiligten - auch auf die Herbeiführung einer solchen Gefahr erstrecken muß. Von 'Gefahr für das Eigentum eines Dritten in großem Ausmaß' kann man nur dann sprechen, wenn die drohende Schädigung fremden Eigentums in einer Größenordnung von ca. 100.000 S und mehr anzunehmen ist (ÖJZ-LSK 1976/49; s. auch Foregger-Serini, StGB2, 306 und Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch, 835).

Das Erstgericht hat die Angeklagten zwar schuldig erkannt, durch Verursachung der Feuersbrunst an den Betriebsgebäuden des Gebrauchtwagenmarktes auch eine Gefahr für das Eigentum Dritter, insbesondere für das benachbarte Wohnhaus des Hans Werner D, herbeigeführt bzw. die Ausführung der Tat veranlaßt und dazu beigetragen zu haben, beschränkt sich in den Entscheidungsgründen aber auf die Feststellungen, daß die Entfernung zwischen dem (vom Angeklagten Edmar B in Brand gesteckten) Bürogebäude und dem Wohnhaus des Hans Werner D (nur) ungefähr fünf Meter betragen hat (Seiten 99-100/II. Band), daß - bewirkt durch die Nähe der Brandstelle und die starke Flammenentwicklung - auch das Haus des Hans Werner D am Holzdachstuhl angebrannt worden und dadurch ein Schaden in Höhe von 27.225 S entstanden ist, sowie daß nur durch das rasche Eingreifen der Feuerwehr verhindert worden ist, daß das Haus des Hans Werner D - ein Neubau, der erst seit etwa zwei Jahren bewohnt wird und auf 1,200.000 S feuerversichert war - ebenfalls niederbrannte. Weiters wird festgestellt, daß der Subvermieter Karl C durch Vernichtung des ihm gehörigen Dachgerüstes und Daches des nördlichen Betriebsgebäudes um ca. 75.000 S sowie Siegfried P und Johann Q durch den Verlust am Gelände des Gebrauchtwagenmarktes verwahrter bzw. dem Josef A geliehener Gegenstände um ca. 2.000 S bzw. um ca. 6.000 S bis 7.000 S geschädigt worden sind (Seiten 108- 109/II. Band).

Die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen rechtfertigen zwar die Annahme, daß durch die vom Angeklagten Edmar B mit Einwilligung des Josef A an dessen Eigentum verursachte Feuersbrunst objektiv auch eine Gefahr für das Eigentum Dritter - insbesondere des Hans Werner D und des Karl C - in großem Ausmaß herbeigeführt worden ist; aus den Gründen des angefochtenen Urteils geht jedoch nicht hervor, ob der Angeklagte B die Möglichkeit der Herbeiführung einer solchen Gefahr zumindest ernst genommen, d. h. als naheliegend angesehen und sich mit ihr bewußt abgefunden hat (§ 5 Abs. 1 zweiter Halbsatz StGB), noch ob dem Angeklagten B bekannt war - wobei ebenfalls dolus eventualis genügt - , daß es sich insbesonders auch bei der Dachkonstruktion des nördlichen Betriebsgebäudes um Eigentum eines Dritten handelte.

Ebensowenig kann den Entscheidungsgründen entnommen werden, ob der Angeklagte Josef A sowohl die mit der von ihm veranlaßten Tat notwendigerweise verbundene Gefahr für das Eigentum des Karl C, des Siegfried P und des Johann Q im Ausmaß von ca. 80.000 S als auch die Herbeiführung einer Gefahr für das Wohnhaus des Hans Werner D und somit die Herbeiführung einer Gefahr für das Eigentum Dritter in (insgesamt) großem Ausmaß, also in einer Größenordnung von rund 100.000 S oder mehr, wenigstens mit bedingtem Vorsatz in Kauf genommen hat.

Die vom Erstgericht getroffene Sachverhaltsfeststellung reicht ohneweiters aus, um die von den Punkten III/2

und IV des Schuldspruches erfaßte Handlungsweise der Angeklagten Josef A und Edmar B als versuchten Versicherungsbetrug zum Nachteil der J Versicherungs-AG bzw. als Beteiligung an diesem Verbrechen zu beurteilen. Für den (weiteren) Schuldspruch wegen Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs. 2 StGB bzw. wegen Beteiligung an letzterem Verbrechen fehlt es jedoch an den erforderlichen Feststellungen bezüglich der subjektiven Tatseite, weshalb das Urteil gemäß dem § 290 Abs. 1

StPO in den Punkten I und II des Schuldspruches sowie in dem die Angeklagten Josef A und Edmar B betreffenden Aussprüchen über die Strafe und die Vorhaftanrechnung sowie im Erkenntnis über die privatrechtlichen Ansprüche des Karl C aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfange dieser Aufhebung an die erste Instanz zu verweisen war.

Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte Josef A und der Privatbeteiligte Karl C auf die vorstehende Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E01859

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0100OS00005.79.0404.000

Dokumentnummer

JJT_19790404_OGH0002_0100OS00005_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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