TE OGH 1979/5/15 9Os57/79

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Veröffentlicht am 15.05.1979
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.Mai 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Friedrich, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Maukner als Schriftführer in der Strafsache gegen Erich A und andere wegen des Verbrechens des Diebstahls nach §§ 127 Abs 1 und 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die von dem Angeklagten Peter B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 1.März 1979, GZ 6 Vr 3121/78-62, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Verlesung der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten und nach Anhörung der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde unter anderen der am 6.Juli 1950 geborene Autospengler Peter B des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1

und 2 StGB sowie des Vergehens nach § 9 Abs 1 Z 2, dritter und vierter Fall, SuchtgiftG schuldig erkannt.

Gegen diesen Schuldspruch wendet sich der genannte Angeklagte mit einer ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit. a (richtig nur jenen der Z 9 lit. b) des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Hiebei macht der Beschwerdeführer - sein Vorbringen teils dem Nichtigkeitsgrund der Z 5, teils jenem der Z 9

lit. a der vorgenannten Gesetzesstelle zuordnend - dem Erstgericht primär zum Vorwurf, das angefochtene Urteil sei insoweit mit einem Feststellungsmangel (zunächst auch unrichtig als Begründungsmangel bezeichnet) behaftet, als es notwendig gewesen wäre, die im Spruch genannte Menge an Suchtgift und suchtgifthältigen Medikamenten, die er und seine beiden Mitangeklagten Erich A und Helmut C am 5.Oktober 1978 in Graz zum Nachteil der Anstaltsapotheke des Landeskrankenhauses Graz durch Einbruch und Nachsperre gestohlen hatten (Punkt 1) des Urteilssatzes) und deren Erwerb und Besitz den Angeklagten als Vergehen nach § 9 Abs 1 Z 2, dritter und vierter Fall, SuchtgiftG. angelastet wird (Punkt 2) des Urteilssatzes), 'auf die drei Angeklagten aufzuteilen' und auf Grund dieser Feststellung dann 'gesondert zu überprüfen, ob diese Menge über oder unter der strafbaren Ration gelegen ist'.

Rechtliche Beurteilung

Im Zusammenhalt mit der weiteren Ausführung, es sei dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen, warum der Besitz der zugegebenermaßen widerrechtlich erlangten Medikamente im gegenständlichen Fall als strafbar beurteilt werde, - womit entgegen der Meinung des Beschwerdeführers ebenfalls nicht der Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht wird, da solcherart gar nicht eine Tatfrage, sondern eine Rechtsfrage betreffende Begründungsmängel releviert werden (vgl. Gebert-Pallin-Pfeiffer III2 Nr. 5 bis 5 b und 61 bis 62 zu § 281 Z 5 StPO) - soll mit diesem Teil des Beschwerdevorbringens somit ersichtlich zum Ausdruck gebracht werden, das Erstgericht habe die für die rechtliche Beurteilung des allfälligen Vorliegens des bedingt temporären sachlichen Strafausschließungsgrundes des § 9 a Abs 1 SuchtgiftG.

(vgl. ÖJZ-LSK. 1976/99) erforderlichen Feststellungen unterlassen; damit macht der Beschwerdeführer aber der Sache nach das Vorliegen von Feststellungsmängeln im Sinne des materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit. b des § 281 Abs 1 StPO geltend. Dieser Rüge kommt jedoch keine Berechtigung zu.

Gemäß § 9 a Abs 1 SuchtgiftG. hat der Staatsanwalt, wenn eine Person 'ausschließlich' (gemeint: bezogen auf die möglichen gerichtlich strafbaren Verstöße gegen das Suchtgiftgesetz, vgl. RZ 1974/104) wegen des Vergehens nach § 9 Abs 1 Z 2, dritter und vierter Fall, SuchtgiftG.

angezeigt wird, die Anzeige zurückzulegen, wenn - abgesehen von den weiteren dort normierten Erfordernissen, welche ein Tätigwerden der Bezirksverwaltungsbehörde betreffen -

das Suchtgift die für den eigenen Verbrauch des Angezeigten innerhalb einer Woche bestimmte Menge nicht übersteigt.

Wie sich aber schon aus der Diktion dieser Gesetzesstelle (......

deshalb angezeigt, weil sie unberechtigt ein Suchtgift erworben oder

besessen hat .... so hat der Staatsanwalt ....... zurückzulegen,

wenn das Suchtgift die .......

Menge nicht übersteigt .....) ergibt, ist hiebei keine andere als eben die vom Täter im Einzelfall erworbene und in seinem Besitz befindlich gewesene Suchtgiftmenge daran zu messen, ob sie die für den eigenen Verbrauch des Angezeigten pro Woche bestimmte Menge übersteigt oder nicht. Da aber vorliegend der Beschwerdeführer gemeinsam mit seinen beiden Mitangeklagten unbestrittenermaßen die gesamte in Rede stehende Menge von Suchtgiften und suchtgifthältigen Medikamenten als Mittäter gestohlen hat, hat er strafrechtlich nicht nur den Diebstahl der gesamten Menge mitzuverantworten, sondern es erstreckte sich folglich sein (Mit-) Erwerb und (Mit-) Besitz auf die ganze Menge, zumal der Begriff des 'Besitzes' auf dem Gebiete des Strafrechtes und demnach auch nach § 9 Abs 1 Z 2 SuchtgiftG. auch die bloße Innehabung umfaßt und der hier durch den Diebstahl (wenngleich unrechtmäßig und unredlich) erworbene Gewahrsam, d.i. die tatsächliche, unmittelbare, nicht durch das Medium einer anderen Person vermittelte Herrschaft über die Sache für die Annahme eines 'Besitzes' genügt (ÖJZ-LSK. 1975/16). Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß dann nachträglich das gestohlene Gut unter die Mittäter aufgeteilt wurde und jeder nur einen Teil in seinem weiteren Gewahrsam behielt.

So gesehen bedurfte es vorliegend keiner rechnungsmäßigen 'Aufteilung' der erworbenen und besessenen Suchtgifte unter die drei Angeklagten, weil sie auch unter dem Gesichtspunkt des § 9 Abs 1 Z 2 SuchtgiftG. jeder für sich den Erwerb und (bis zum Zeitpunkt der Aufteilung auch den) Besitz des gesamten gestohlenen Suchtgiftes zu verantworten haben und folglich die Frage, ob die Voraussetzungen des § 9 a Abs 1 SuchtgiftG. vorliegen, bei jedem einzelnen Mittäter - sohin auch beim Beschwerdeführer - nach der gesamten Menge des gestohlenen Suchtgiftes zu beurteilen war, die das im § 9 a Abs 1 SuchtgiftG. normierte Maß so offenkundig übersteigt - es gehören neben vielen anderem allein schon 412,27 Gramm Opium-Extrakt plv und 832,7 Gramm Opiumtinktur ('Wochenmenge' laut JME. vom 18.Juli 1972, JMZl.

18479-9c/72 drei Gramm!) dazu - daß sich diesbezüglich alle weiteren Erörterungen erübrigten (und - dies sei nur der Vollständigkeit halber hinzugefügt - auch bei einer Drittelung der Menge erübrigt hätten).

Es waren daher entgegen der Rechtsansicht des Beschwerdeführers keine weiteren Feststellungen erforderlich, um zutreffend beurteilen zu können, daß im gegenständlichen Falle die Voraussetzungen des § 9 a Abs 1 SuchtgiftG. in bezug auf den Beschwerdeführer (wie auch hinsichtlich der anderen Angeklagten) nicht gegeben sind und daß seine Verurteilung nach § 9 Abs 1 Z 2, dritter und vierter Fall, SuchtgiftG. ohne Rechtsirrtum erfolgte.

Soweit der Angeklagte aber in Ansehung des Diebstahlsfaktums auch noch Feststellungen über die Zustandebringung der Diebsbeute vermißt, genügt es, ihm zu erwidern, daß einer solchen Konstatierung keinerlei entscheidungswesentliche Bedeutung zukommt, da sie weder für die Entscheidung der Schuldfrage, noch für den anzuwendenden Strafsatz von Belang ist.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter B war sohin zu verwerfen.

Hingegen war seine Berufung (mit der er eine Herabsetzung des Strafausmaßes anstrebt) gemäß § 294 Abs 4

StPO zurückzuweisen, weil er durch die von ihm am 4.März 1979 gegenüber dem Vorsitzenden schriftlich abgegebene Erklärung, die von ihm (am 1.März 1979) eingereichte Berufung 'zurückzunehmen' in unzweideutiger Weise seinen Willen zum Ausdruck gebracht hatte, auf dieses Rechtsmittel zu verzichten. Daß sowohl er als auch sein Verteidiger am 5.März 1979 (neben der Nichtigkeitsbeschwerde) neuerlich Berufung anmeldeten, ist ohne Belang, weil ein Rechtsmittelverzicht, der keinen Zweifel über den wahren Willen des Angeklagten offen läßt, grundsätzlich unwiderruflich ist (EvBl. 1965/83, 1966/211, 1975/40).

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1979:0090OS00057.79.0515.000

Dokumentnummer

JJT_19790515_OGH0002_0090OS00057_7900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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