TE OGH 1980/10/22 11Os109/80

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Veröffentlicht am 22.10.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.Oktober 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pichler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Paul A und andere wegen des Verbrechens nach den §§ 15 StGB., 6 Abs. 1 SuchtgiftG. und eines weiteren Delikts über die von den Angeklagten Paul A und Roland B gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengerichtes vom 20.Mai 1980, GZ. 15 a Vr 31/79-71, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Schira und Dr. Politzer sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Die Berufung des Angeklagten Paul A wird zurückgewiesen. Der Berufung des Angeklagten Roland B wird nicht Folge gegeben. Gemäß dem § 390 a StPO. fallen den beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 6.Jänner 1952 geborene Maler Paul A und der am 16.Mai 1955 geborene, zuletzt beschäftigungslos gewesene Strickereinachseher Roland B des Verbrechens nach den §§ 15 StGB., 6 Abs. 1 SuchtgiftG. schuldig erkannt, weil sie und der deswegen schon abgeurteilte Walter B am 20. Dezember 1978 in Salzburg vorsätzlich und entgegen den bestehenden Vorschriften 40 kg Cannabisharz, sohin ein Suchtgift in solchen Mengen, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen kann, von einem namentlich nicht bekannten türkischen Staatsangehörigen zu erwerben versuchten, um es anschließend im Raum Vorarlberg oder im benachbarten Ausland in Verkehr zu setzen (Urteilsfaktum 1). Darüberhinaus wurde Roland B wegen des Vergehens nach dem § 9 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG. schuldig gesprochen (Urteilsfaktum 2). Schließlich erging ein Verfallserkenntnis gemäß dem § 26 StGB.

Den Feststellungen zu dem von der Anfechtung betroffenen Schuldspruchfaktum 1) zufolge hatte Walter B, ein Bruder des Angeklagten Roland B, mit einem gewissen Mustafa C in der Türkei vereinbart, von ihm 40 kg Cannabisharz, welches im Reserverad eines Kraftfahrzeuges nach Österreich gebracht werden sollte, zu übernehmen und, gleichsam kommissionsweise, für ihn zu verkaufen. Nach einer telefonischen Verständigung, wonach er sich nach Salzburg begeben und dort am Grenzübergang Walserberg mit einem Türken (zwecks Übernahme des Suchtgiftes) Kontakt aufnehmen solle, fuhr Walter B am 20.Dezember 1978 mit seinem Bruder Roland B und Paul A in dessen PKW. von Vorarlberg nach Salzburg.

Walter B hatte Paul A für diese Fahrt und den ihm ausdrücklich bekanntgegebenen Transport eines LKW-Reifens mit 40 bis 50 kg Haschisch einen Betrag von 10.000 S und seinem Bruder Roland B, den er ebenfalls über die Abholung einer 'größeren Menge Suchtgift' informiert hatte, für 'seine Hilfe' rund 20.000 DM versprochen.

Am Treffpunkt Walserberg wurde zwischen Walter B und einem Türken wegen der Anwesenheit von Polizeibeamten ein neuerliches Zusammentreffen für 9 Uhr des nächsten Tages vereinbart. Nach diesem Gespräch begab sich Walter B mit den beiden Angeklagten Roland B und Paul A zum PKW. zurück, wo sie von Sicherheitswachebeamten (richtig:

Gendarmeriebeamten; s. S. 71) verhaftet wurden.

Nach einer Mitteilung der holländischen Behörden an die österreichische Zollfahndung vom 21.Dezember 1978

wurde die Menge von 40 kg Cannabisharz im Reservereifen des LKW. mit dem Kennzeichen 5-33-TB (welcher zunächst schon von Beamten des Zollamtes Salzburg erfolglos durchsucht worden war; vgl. S. 71) sichergestellt.

Der Ankauf des Suchtgiftes durch die Angeklagten und Walter B unterblieb zufolge ihrer Verhaftung und des Umstandes, 'daß sie das Geschäft aus Angst vor Entdeckung verschoben und aufgegeben haben' (vgl. S. 368 unten). Im Fall des gelungenen Ankaufes würden die Täter, sobald sie die Verfügungsgewalt über das Suchtgift erlangt gehabt hätten, den Verteilungsvorgang eingeleitet haben, weil ihnen 'auf Grund ihres Umganges in Suchtgiftkreisen sicher ein präsumtiver Abnehmerkreis zur Verfügung gestanden wäre' (vgl. S. 368 oben). Die von den Angeklagten Paul A und Roland B (nur) gegen den in Rede stehenden Schuldspruch nach den §§ 15 StGB., 16 Abs. 1 SuchtgiftG. erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden erweisen sich als unbegründet.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Paul A:

Dieser Angeklagte macht ziffernmäßig die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 Z. 4, 5, 9 lit. a und b StPO. geltend.

Rechtliche Beurteilung

Der die Ablehnung der Vernehmung des Zeugen Walter B durch das Erstgericht bekämpfenden Verfahrensrüge des Angeklagten Paul A fehlen schon die für eine erfolgreiche Geltendmachung des angerufenen Nichtigkeitsgrundes erforderlichen formellen Voraussetzungen.

Denn dem Inhalt des Protokolles über die Hauptverhandlung zufolge wurde der Beweisantrag nur vom Verteidiger des Mitangeklagten Roland B und nicht vom Beschwerdeführer oder dessen Verteidiger gestellt (S. 353), sodaß der Beschwerdeführer wegen der Abweisung dieses Beweisantrages zur Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes der Z. 4 des § 281 Abs. 1 StPO. nicht legitimiert ist (vgl. Gebert-Pallin-Pfeiffer III/2 Nr. 7 a zu dieser Gesetzesstelle).

In Ausführung des Nichtigkeitsgrundes der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. wendet sich der Angeklagte Paul A mit dem Vorwurf einer unzureichenden Begründung gegen die erstgerichtliche Feststellung, daß er bereits vor Antritt der Fahrt nach Salzburg Kenntnis von der Menge des zu übernehmenden Suchtgiftes hatte. Weiters rügt er, daß seine Verantwortung, wonach er und der Angeklagte Roland B schon vor dem Eingreifen der Polizei beschlossen hätten, das 'gegenständliche Suchtgiftgeschäft aufzugeben', übergangen worden sei. Auch diese Einwände gehen fehl.

Wenn das Erstgericht nämlich die bekämpften Feststellungen insbesondere auf die, den Beschwerdeausführungen zuwider auch in der letzten Vernehmung vor dem Untersuchungsrichter aufrecht erhaltenen (S. 58) Angaben des Beschwerdeführers selbst vor der Gendarmerie (S. 79

bis 83) stützt (S. 358) und unter Verwertung der Zeugenaussage eines bei dieser Vernehmung anwesenden Kriminalbeamten eingehend darlegt (S. 365 f.), aus welchen Gründen es der zunächst im Vorverfahren abgelegten Verantwortung des Beschwerdeführers und nicht seinen hievon teilweise abweichenden Angaben in späteren Verfahrensabschnitten Glauben beimaß, so ist dies ein zulässiger Akt - schlüssiger - freier Beweiswürdigung, dem ein formeller Begründungsmangel in der Bedeutung des Nichtigkeitsgrundes der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. nicht anhaftet. Im Kern stellen die Beschwerdeausführungen unter diesem Nichtigkeitsgrund lediglich den unzulässigen und daher unbeachtlichen Versuch einer Bekämpfung der Beweiswürdigung des Schöffensenats dar, die im Nichtigkeitsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof der Anfechtung entzogen ist. Zudem käme, wie noch bei Behandlung der auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO.

gestützten Rechtsrüge näher zu erörtern sein wird, selbst einem freiwilligen Rücktritt der Angeklagten Paul A und Roland B allein noch keine strafbefreiende Wirkung zu, weil ein Rücktritt auch des Walter B oder die Hinderung dieses - dritten - Beteiligten an der Tatausführung (§ 16 Abs. 1, zweiter Teil, StGB.) von den Beschwerdeführern gar nicht behauptet wird noch sonst sich aus dem Verfahren ergibt.

Ziffernmäßig unter dem Nichtigkeitsgrund der Z. 9

lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. macht der Angeklagte Paul A fehlende

Ausführungsnähe, wie sie als Voraussetzung für die Strafbarkeit des Versuches gemäß dem § 15 Abs. 2 StGB. gefordert wird, geltend.

Auch diese Rüge erweist sich als nicht stichhältig. Maßgeblich für das Vorliegen der sogenannten Ausführungsnähe als Grenze zwischen strafloser Vorbereitungshandlung und strafbarem Versuch (§ 15 Abs. 2 StGB.) ist zunächst in subjektiver Hinsicht der Tatplan des Täters.

Danach ist ein Täterverhalten subjektiv ausführungsnah, wenn es in ein Stadium tritt, in dem der Täter die entscheidende Hemmstufe vor der Tatbegehung bereits überwunden hat. Ob sein Verhalten auch objektiv der Tatausführung unmittelbar vorangeht (§ 15 Abs. 2 StGB. letzter Teil), also im unmittelbaren Vorfeld der Tatbildverwirklichung liegt, ist konkret jeweils an Hand der dem betreffenden Tatbild entsprechenden Ausführungshandlung zu prüfen, wobei sich eine allgemeine, für alle strafbaren Handlungen gleichermaßen gültige Regel hiezu nicht aufstellen läßt (vgl. insbesondere die bei Leukauf-Steininger2 zitierte Judikatur):

Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt an, kann an der Ausführungsnähe des Tatverhaltens der Angeklagten und des dritten Beteiligten Walter B im Sinn des Verbrechens nach § 6 Abs. 1

SuchtgiftG. kein Zweifel bestehen.

Denn nach den, insofern gar nicht bekämpften, eingangs wiedergegebenen tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichtes bestand der Tatplan der Täter darin, die Verteilung des Suchtgiftes an einen ihnen 'auf Grund ihres Umganges in Suchtgiftkreisen zur Verfügung gestandenen präsumtiven Abnehmerkreis' einzuleiten, sobald sie die 'Verfügungsgewalt' über das Suchtgift gehabt hätten, es also vereinbarungsgemäß zur Übergabe an sie am Treffpunkt gekommen wäre. Die Reise über eine beträchtliche Entfernung an den Ort der Übergabe, das Zusammentreffen daselbst mit einem Geschäftspartner und die Verabredung der Übergabe des Suchtgiftes für den nächsten Morgen mit dem weiteren Ziel des alsbaldigen (' ... sobald ...') Inverkehrsetzens an einen in Aussicht genommenen Abnehmerkreis in Vorarlberg oder im benachbarten Ausland bedeuten - wie die Generalprokuratur zutreffend darlegt - nicht nur (subjektive) Ausführungsnähe im erläuterten Sinn, sondern auch, deliktsspezifisch gesehen, eine örtlich und zeitlich unmittelbare Vorstufe zu dem nach § 6 Abs. 1

SuchtgiftG. tatbildlichen Inverkehrsetzen der Suchtgiftmenge. Daß es noch nicht zur Übernahme des Suchtgifts gekommen war, bleibt hier ohne Bedeutung, weil Ausführungsnähe nicht mit Erfolgsnähe gleichzusetzen ist und der Suchtgifterwerb dem nach den Zielvorstellungen der Täter alsbaldigen, also in naher Zeit stattfindenden (vgl. SSt. 46/22; EvBl. 1979/73 u.a.) Inverkehrsetzen unmittelbar vorangehen sollte.

Der erstgerichtlichen Annahme eines ausführungsnahen und daher gemäß § 15 StGB. strafbaren Versuches des im Sinn des § 6 Abs. 1 SuchtgiftG. tatbildlichen Inverkehrsetzens haftet darum ein Rechtsirrtum nicht an.

Erweist sich somit die auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. gestützte Rechtsrüge des Angeklagten A als sachlich verfehlt, so geht dieser Angeklagte bei seinen weiteren, strafbefreienden Rücktritt vom Versuch (§ 16 StGB.) reklamierenden Einwendungen unter dem Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit. b leg. cit. zunächst nicht von den Urteilsfeststellungen aus und bringt daher den angerufenen materiellen Nichtigkeitsgrund, welcher ein Festhalten am Urteilssachverhalt voraussetzt, insoweit nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Dem Beschwerdevorbringen zuwider nahm nämlich das Erstgericht ersichtlich keineswegs als erwiesen an, daß die Angeklagten Paul A und Roland B bereits vor dem Einschreiten der Gendarmerie freiwillig von ihrem Plan Abstand genommen hätten, sondern daß sie lediglich aus Angst vor - unmittelbar bevorstehender - Entdeckung die Transaktion 'verschoben und aufgaben'. So gesehen fehlt es aber - nach Lagerung des Falles - schon an der für die Annahme eines strafbefreienden Rücktritts vom Versuch begriffsessentiellen Freiwilligkeit (vgl. Leukauf-Steininger2 RN. 2 ff. zu § 16 StGB.). Zudem übersieht der Beschwerdeführer, daß - wie schon erwähnt - Rücktritt vom Versuch im Fall der Beteiligung mehrerer nur dann Straflosigkeit bewirkt, wenn entweder alle Beteiligten freiwillig die Ausführung aufgeben oder der zurücktretende Beteiligte (auch) die Ausführung der Tat verhindert oder den Erfolg abwendet (§ 16 Abs. 1 StGB.).

Daß sie sich freiwillig und ernstlich bemüht hätten, die Ausführung der Tat zu verhindern und insbesondere auch ihren Komplizen Walter B, also den Initiator der Tat, von einer weiteren Tatausführung abzuhalten, wird aber von den Angeklagten Paul A und Roland B gar nicht behauptet (siehe deren Verantwortung S. 351 unten, 352 und 353 oben sowie die Ausführungen in der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A S. 375

unten).

Umstände, welche zur Straflosigkeit der Angeklagten infolge freiwilligen Rücktritts vom Versuch führen könnten, kamen auch sonst im Verfahren nicht hervor.

Somit erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Paul A in allen Punkten als unbegründet.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Roland B:

Von diesem Angeklagten werden ziffernmäßig die Nichtigkeitsgründe der Z. 4, 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO.

geltend gemacht.

Die von diesem Angeklagten ebenfalls wegen Abweisung des in der Hauptverhandlung von seinem Verteidiger gestellten Antrages auf Vernehmung des Walter B erhobene Verfahrensrüge nach § 281 Abs. 1 Z. 4 StPO.

ist nicht zielführend, weil der lediglich auf Vernehmung des genannten Zeugen 'zum Sachverhalt' lautende Beweisantrag (S. 353) weder ein konkretes Beweisthema noch die Anführung jener Umstände, die durch das beantragte Beweismittel hätten erwiesen werden sollen, enthält, sodaß es schon an diesen formellen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Geltendmachung des angerufenen Nichtigkeitsgrundes mangelt.

In diesem Zusammenhang wird noch bemerkt, daß der - erst in der Nichtigkeitsbeschwerde als Beweisthema bezeichnete - Inhalt von angeblichen, dem Drittbeteiligten Walter B nachher von den Angeklagten Paul A und Roland B über die Aufgabe der Tatausführung gemachten Mitteilungen letztlich schon im Hinblick auf das Fehlen der Voraussetzungen eines strafbefreienden Rücktritts vom Versuch bei Beteiligung mehrerer nicht entscheidungswesentlich wäre. Insofern gehen auch die weiteren Beschwerdeeinwendungen, mit welchen der Angeklagte Roland B aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. eine Unvollständigkeit der Begründung der tatsächlichen Annahmen zur Frage des Rücktrittes vom Versuch geltend macht, ins Leere.

Im übrigen ließ das Erstgericht die in Ansehung der Abstandnahme von der weiteren Tatausführung divergierenden Angaben des Angeklagten Paul A einerseits und des Angeklagten Roland B anderseits vor der Gendarmerie keineswegs unberücksichtigt (vgl. S. 361 f. jeweils Mitte). Ob nun aber von den beiden Angeklagten die Durchführung der Suchtgifttransaktion bloß - wie dies der Angeklagte A vor der Gendarmerie und dem Untersuchungsrichter angab (S. 83, 58) - verschoben oder - den letzten Angaben des Angeklagten Roland B vor der Gendarmerie zufolge (S. 97) - endgültig aufgegeben wurde, wäre abgesehen von dem mangelnden Rücktritt auch des dritten Beteiligten bzw. seiner Nichthinderung an der weiteren Tatausführung überdies deshalb unbeachtlich, weil der Angeklagte Roland B vor der Gendarmerie den Rücktritt ebenfalls mit der Beobachtung durch (Gendarmerie-)Beamte motivierte (S. 97), sohin auch bei dieser Sachverhaltsvariante es an der Freiwilligkeit des Rücktrittes gefehlt hätte.

Ziffernmäßig aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 10

des § 281 Abs. 1 StPO. bekämpft der Angeklagte Roland B gleichfalls die rechtliche Annahme strafbaren Versuches. Mit seinen die Ausführungsnähe bestreitenden Einwendungen wird der Beschwerdeführer zur Vermeidung von Wiederholungen auf die entsprechende Erörterung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A verwiesen. Ob die Täter, wie die Beschwerde des Angeklagten Roland B ausführt, ihr Vorhaben, sei es gänzlich oder nur vorübergehend, aufgaben, ist nicht für die Frage der Überwindung der entscheidenden Hemmstufe vor der Tat im Sinn der subjektiven Ausführungsnähe, sondern ausschließlich für jene des strafbefreienden freiwilligen Rücktrittes vom Versuch (§ 16 StGB.) von Belang. Auch insofern gelten, wie erwähnt, die Erwägungen zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A.

Soweit der Angeklagte Roland B letztlich dem Sinn nach in rechtlicher Hinsicht seine Beteiligung am Verbrechen nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG. bezweifelt, verkennt er, daß gemäß § 15 Abs. 1 StGB. die Strafdrohungen gegen vorsätzliches Handeln auch für jede Beteiligung (§ 12 StGB.) an einem Versuch gelten. Die Bereitschaft, für das versprochene hohe Entgelt (20.000 DM) seinem Bruder Walter B bei der Suchtgifttransaktion Hilfe zu leisten, und sein Mitkommen im PKW. des Mitangeklagten Paul A zum Übergabeort stellen zumindest einen zu einer psychischen Unterstützung gediehenen Tatbeitrag nach dem dritten Fall des § 12 StGB., somit Beteiligung am Verbrechen nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG. in der Erscheinungsform des Versuches her.

Da sohin auch die Rechtsrügen des Angeklagten Roland B einer Überprüfung nicht standhalten, war diese Nichtigkeitsbeschwerde ebenfalls zu verwerfen.

Zu den Berufungen:

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten B nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG. unter Anwendung des § 28 StGB. - ebenso wie über den Angeklagten A -

eine Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr. Es wertete (bei B) die Deliktshäufung und die Vorstrafen als erschwerend, hingegen das Geständnis des Tatsächlichen und das längere Zurückliegen der Taten, von denen das Verbrechen nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG. nur bis ins Versuchsstadium gedieh, als mildernd.

Die Berufung des Angeklagten A war zurückzuweisen, weil der Genannte weder bei der Anmeldung dieses Rechtsmittels noch in seiner Rechtsmittelschrift (ON. 72) die Punkte des (Straf-)Erkenntnisses bezeichnete, durch welche er sich beschwert erachtet (§ 294 Abs. 2 StPO.).

Die Berufung des die Herabsetzung der Freiheitsstrafe begehrenden Angeklagten B ist nicht begründet.

Das Erstgericht stellte nämlich die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig fest, unterzog sie einer zutreffenden Würdigung und verhängte auf der Basis der allgemeinen, für die Strafbemessung normierten Grundsätze (§ 32 StGB.) eine angemessene Strafe, in welchem Zusammenhang auch die große, vom Schuldspruch erfaßte Suchtgiftmenge ins Gewicht fällt. Die vom Berufungswerber B (zum Urteilsfaktum 1) zusätzlich reklamierten Milderungsumstände, nämlich unüberlegte und nur in untergeordneter Rolle erfolgte Tatbegehung ('als Beifahrer') und geringer Täterwille, der eher auf Beschaffung von Suchtgift für den Eigenbedarf als auf Inverkehrsetzen gerichtet war, liegen nach den hiefür maßgeblichen Urteilsfeststellungen nicht vor. Diesen zufolge ist nämlich der Angeklagte Roland B dem Ansinnen seines Bruders Walter, für ein Entgelt von 20.000 DM von Vorarlberg mitzufahren, um dort von einem Türken eine größere Menge Rauschgift zu übernehmen, ohne weiteres nachgekommen. Unter diesen Voraussetzungen sind die Milderungsgründe nach dem § 34 Z. 6, 7 und 8 StGB. nicht gegeben. Daß eine größere Menge von Rauschgift nicht (bloß) für den Eigenbedarf gedacht gewesen sein konnte, liegt auf der Hand. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Urteilsspruch zitierte Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02851

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0110OS00109.8.1022.000

Dokumentnummer

JJT_19801022_OGH0002_0110OS00109_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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