TE OGH 1980/10/30 12Os143/80

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Veröffentlicht am 30.10.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Köck als Schriftführer in der Strafsache gegen Dr. Friedrich A wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 und Abs 2 lit a FinStrG. nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems a.d. Donau als Schöffengericht vom 4.Juni 1980, GZ 10 Vr 848/78-22, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zunächst zurückgewiesen. über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 25.Juli 1922 geborene Tierarzt Dr. Friedrich A im zweiten Rechtsgang des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 und Abs 2 lit a FinStrG. schuldig erkannt. Ihm liegt nach dem Inhalt des Schuldspruchs zur Last, in Eggenburg und Horn vorsätzlich 1.) in den Jahren 1968 bis Anfang 1978 unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht dadurch Abgabenverkürzungen bewirkt zu haben, daß er seine Einnahmen für die Jahre 1967 bis (einschließlich) 1977 zu niedrig erklärte, sodaß die bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben (jeweils) zu niedrig festgesetzt wurden, woraus sich folgende Abgabenverkürzungen im Gesamtausmaß vom 680.405 S ergaben:

a) für das Jahr 1967 808 S an Umsatzsteuer und 7.710 S an Einkommensteuer, b) für das Jahr 1968 3.934 S an Umsatzsteuer und 25.879 S an Einkommensteuer, c) für das Jahr 1969 4.847 S an Umsatzsteuer und 34.707 S an Einkommensteuer, d) für das Jahr 1980 5.630 S an Umsatzsteuer und 45.824 S an Einkommensteuer, e) für das Jahr 1971 7.562 S an Umsatzsteuer und 69.204 S an Einkommensteuer,

f) für das Jahr 1972 7.977 S an Umsatzsteuer und 74.115 S an Einkommensteuer, g) für das Jahr 1973 12.327 S an Umsatzsteuer und 89.158 S an Einkommensteuer, h) für das Jahr 1974 16.046 S an Umsatzsteuer und 116.362 S an Einkommensteuer, i) für das Jahr 1975 6.089 S an Umsatzsteuer und 45.210 S an Einkommensteuer, j) für das Jahr 1976 5.551 S an Umsatzsteuer und 35.365 S an Einkommensteuer,

k) für das Jahr 1977 7.520 S an Umsatzsteuer und 58.580 S an Einkommensteuer;

2.) in den Monaten März bis 10.September 1978 unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von § 21 UStG.

1972 entsprechenden Voranmeldungen dadurch eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für die Monate Jänner 1978 bis Juli 1978 in der Gesamthöhe von 8.221 S bewirkt zu haben, daß er für diese Monate geringere Einnahmen, als von ihm tatsächlich erzielt, angab, wobei er die solcherart bewirkte Verkürzung nicht nur für möglich, sondern für gewiß hielt.

Das Schöffengericht stellte fest, daß der Angeklagte in den genannten Jahren in seinen Einkommen- und Umsatzsteuererklärungen vorsätzlich niedrigere Beträge angegeben hat, um weniger Einkommen- und Umsatzsteuer zahlen zu müssen, und daß er den Vorsatz, sich in all den Jahren Steuern durch Hinterziehung zu ersparen, schon vor dem Jahre 1967 gefaßt hat. In den Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Jänner bis Juli 1978 gab er vorsätzlich in Kenntnis seiner tatsächlich erzielten Einnahmen geringere Beträge an, sodaß er auch eine geringere Vorauszahlung an Umsatzsteuer zu leisten hatte, wobei er den Eintritt einer Umsatzsteuerverkürzung für gewiß hielt. Die Höhe der verkürzten Steuerbeträge wurde auf Grund rechtskräftiger Bescheide des Finanzamtes festgestellt.

Dieses Urteil wird vom Angeklagten mit einer auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 Z. 5, 9 lit a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft.

Gegen den Strafausspruch richtet sich seine Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Mit dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund rügt der Beschwerdeführer die Begründung des Urteils als offenbar unzureichend, weil seine Verantwortung, er habe nur aus Nachlässigkeit, Schlamperei und Unkenntnis der steuerrechtlichen Vorschriften gehandelt, nicht widerlegt werden konnte. Das Erstgericht habe vielmehr nur unzureichend begründet, warum es zur Annahme vorsätzlicher Steuerhinterziehung des Angeklagten gekommen sei.

Dem Urteil haftet jedoch kein Begründungsmangel an. Das Schöffengericht hat sich vielmehr sehr ausführlich mit allen wesentlichen Verfahrensergebnissen auseinandergesetzt und seine auf Grund freier richterlicher Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen eingehend begründet. Es hat insbesonders auch die Verantwortung des Angeklagten, er habe nur aus großer Nachlässigkeit bzw. Schlamperei und Unkenntnis steuerrechtlicher Vorschriften seine Einnahmen für die Jahre 1967 bis 1977 zu niedrig erklärt, gewürdigt und ist zur mängelfrei begründeten überzeugung gekommen, daß der Angeklagte vorsätzlich und keineswegs nur fahrlässig seine Einnahmen in den angeführten Jahren zu niedrig erklärte (s. S. 189 bis 201). Auch mit den Tatsachen, daß der Angeklagte in der Regel keine Betriebsausgaben als Abzugsposten geltend gemacht hat, und daß er seine Steuererklärungen vielfach verspätet abgab, hat sich das Erstgericht ausreichend auseinandergesetzt. Daß der Angeklagte bei Einlösung der Barschecks eine Bestätigung bekam, hat das Schöffengericht gar nicht angenommen, sodaß sich ein Eingehen auf das diesbezügliche Vorbringen in der Nichtigkeitsbeschwerde erübrigt. Das Erstgericht hat vielmehr nur im Rahmen der Beweiswürdigung erwogen, daß ein redlicher Kaufmann Erhebungen bei der auszahlenden Stelle (Gemeinde, Sparkasse) anstellen hätte können, wenn er sich nicht mehr an die eingenommenen Beträge erinnern konnte (S. 191). Mit seinem Vorbringen, daß der angenommene Vorsatz, Abgaben zu hinterziehen, völlig sinnlos wäre, versucht der Beschwerdeführer lediglich in einer im Nichtigkeitsverfahren gegen Urteile des Schöffengerichtes unzulässigen und daher unbeachtlichen Weise die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes - die sich im übrigen mit der Lebenserfahrung deckt, daß auch dort wo eine Aufdeckung möglich ist oder droht, Steuerhinterziehungen begangen werden - zu bekämpfen. Aus der Tatsache der jahrelangen Steuerhinterziehung trotz der Gefahr einer Aufdeckung kann auch keineswegs auf eine Unzurechnungsfähigkeit des Angeklagten geschlossen werden, für die auch sonst aus dem Akt keinerlei Anhaltspunkte zu gewinnen sind. Auch der Umstand schließlich, daß in den Jahren 1946 bis 1978 keine Betriebsprüfung beim Angeklagten durchgeführt wurde, kann nicht als ein Indiz gegen den Vorsatz des Angeklagten, Steuern zu hinterziehen, gewertet werden. Das Erstgericht war daher nicht verpflichtet, sich mit der Frage der Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten oder dem Umstand näher auseinanderzusetzen, daß jahrelang keine Betriebsprüfung beim Angeklagten vorgenommen wurde.

Mit den Ausführungen zum Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO geht der Beschwerdeführer nicht von den Feststellungen des Erstgerichtes aus, sondern von seiner, vom Schöffengericht ausdrücklich abgelehnten Verantwortung, er habe überhaupt keine Steuern hinterziehen wollen, jedenfalls aber nicht schon im Jahre 1967 den Vorsatz gefaßt, die Finanzbehörden in den folgenden Jahren alljährlich zu hintergehen. Das Schöffengericht stellte vielmehr fest, daß der Angeklagte nach einem einheitlichen, auf einen Gesamterfolg in seinen wesentlichen Umrissen gerichteten, schon vor 1967

gefaßten Vorsatz, in den folgenden Jahren durch unrichtige Steuererklärungen Umsatz- und Einkommensteuer zu hinterziehen, gehandelt hat, wenn auch zur Zeit seines den Gesamtplan zugrunde liegenden Willensentschlusses das genaue Ausmaß des erzielbaren Gesamterfolges noch nicht erkennbar war; ferner, daß die einzelnen Akte (die unrichtigen Steuererklärungen) nur eine sukzessive Verwirklichung des einheitlich gewollten Ganzen dargestellt haben. Es kam zu der Beurteilung, daß die einzelnen an sich selbständigen jährlich wiederkehrenden deliktischen Teilhandlungen unmittelbar zeitlich zusammenhängen, sich nach Gegenstand und Art gegen dasselbe Rechtsgut (die Finanzhoheit des Staates) richten, und daß somit auch nach objektiven Kriterien das deliktischen Verhalte des Angeklagten eine Einheit bildet. Das Erstgericht hat somit zutreffend alle Merkmale eines fortgesetzten Deliktes festgestellt (s. S. 188, 195, 203 d.A.).

Mit seinen, die subjektive Tatseite betreffenden Feststellungen des Erstgerichtes negierenden Ausführungen weicht somit der Angeklagte von den Feststellungen des Erstgerichtes in einer im Verfahren über materiellrechtliche Nichtigkeitsgründe unzulässigen Weise ab. Die auf § 281 Abs 1 Z. 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichgeführt. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung zum Teil als offenbar unbegründet nach § 285 d Abs 1 Z. 2 StPO und zum Teil als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach § 285 d Abs 1 Z. 1, 285 a Z. 2 StPO zurückzuweisen.

über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Anmerkung

E02939

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0120OS00143.8.1030.000

Dokumentnummer

JJT_19801030_OGH0002_0120OS00143_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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