TE OGH 1981/6/23 9Os71/81

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Veröffentlicht am 23.06.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Juni 1981 unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Hartmann in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Ruiter-Birnbauer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Peter A wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1

StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 12. Februar 1981, GZ. 16 Vr 298/80-18, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Wilhelm Philipp und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 5. August 1951 geborene Hilfsarbeiter Peter A des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB.

schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, am 23. Mai 1980 in St. Pölten den Peter B durch Versetzen von Faustschlägen ins Gesicht vorsätzlich am Körper verletzt zu haben, wobei die Tat eine an sich schwere Verletzung, nämlich einen Bruch des Unterkiefers rechts und links, zur Folge hatte. Von zwei weiteren, auf Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB. lautenden Anklagepunkten wurde Peter A rechtskräftig freigesprochen.

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z. 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Zum erstgenannten Nichtigkeitsgrund führt er aus, das Erstgericht habe es unterlassen, sich mit seiner Verantwortung, Peter B nicht die in Rede stehenden Verletzungen zugefügt zu haben, auseinanderzusetzen und stützte die Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten auf die Aussage einer Reihe von - namentlich angeführten - Zeugen; da aber nur einzelne der vom Erstgericht erwähnten Zeugen Schläge des Angeklagten gegen Peter B gesehen hätten und sich zwischen den ihn belastenden Aussagen der Zeugen C und D auch Widersprüche über die Farbe der Lederjacke des Täters ergäben, sei die Urteilsbegründung unvollständig und unzureichend im Sinne des angerufenen Nichtigkeitsgrundes.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Ausführungen zuwider haftet dem Urteil ein formaler Begründungsmangel nicht an.

Das Erstgericht konnte seinen Schuldspruch auf die Aussagen der Zeugen, die es im Urteil (S. 185 d.A.) zitiert hat, stützen, zumal die Beweismittel auf ihre Glaubwürdigkeit und Beweiskraft nicht nur einzeln, sondern auch in ihrem inneren Zusammenhang zu prüfen sind (vgl. § 258 Abs 2 StPO.). Die Zeugen Peter und Andreas B sowie Helmut D haben in der Hauptverhandlung eindeutig den Angeklagten als Täter genannt und der Zeuge Martin E hat ihn zumindest durch Beschreibung seiner Kleidung als mutmaßlichen Täter identifiziert (S. 169, 178, 179); die Zeugen C und D haben schon bei ihrer Einvernahme vor der Gendarmerie den Angeklagten als Täter bezeichnet (S. 133, 143 f.).

Daß der Verletzte selbst, sein Bruder Andreas B und der Zeuge Martin E vor den Sicherheitsbehörden zunächst behauptet hätten, den Namen des Schlägers nicht zu kennen (S. 135, 139, 141), ist im Hinblick auf ihre vom Erstgericht für unbedenklich erachteten Aussagen in der Hauptverhandlung nicht von entscheidender Bedeutung. Denn es ist ein Akt der freien und im Nichtigkeitsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof nicht bekämpfbaren Beweiswürdigung, welcher von mehreren Aussagen das erkennende Gericht schließlich Glauben schenkt. Der leugnenden Verantwortung des Angeklagten hat das Erstgericht aber ausdrücklich den Glauben versagt (S. 185 d.A.). In Wahrheit richten sich somit die bezüglichen Ausführungen in der Nichtigkeitsbeschwerde bloß gegen die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes.

Daß die vom Angeklagten zur Tatzeit getragene Lederjacke vom Zeugen C als 'licht' bezeichnet wird (S. 133), wogegen der Zeuge D von einer dunkelbraunen Lederjacke spricht (S. 143), betrifft einen Nebenumstand, mit dem sich das Gericht nicht näher auseinandersetzen mußte. Die nachträgliche Beurteilung einer Farbe als licht oder dunkel hängt weitgehend von subjektiven Momenten ab und kann auch durch die Beleuchtungsverhältnisse (Nachtzeit) bedingt sein; davon abgesehen haben beide Zeugen den Angeklagten als Täter identifiziert. Im übrigen hat der Angeklagte selbst zugegeben, Peter B bzw. 'jemandem' einen (Faust-)Schlag ins Gesicht versetzt zu haben (siehe S. 167 und 175 d.A.).

Im Rahmen seiner Rechtsrüge wendet sich der Angeklagte unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes der Z. 10

des § 281 Abs 1 StPO. gegen die Beurteilung seiner Tat als Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB. und meint, richtigerweise wäre das (mit geringerer Strafe bedrohte) Vergehen des Raufhandels nach dem § 91 Abs 1 StGB. anzunehmen gewesen. Dabei läßt der Beschwerdeführer außer acht, daß nach den Feststellungen des Schöffengerichtes dem Peter B die schwere Verletzung durch den Angeklagten zugefügt worden ist und daß, wenn sich der Urheber der schweren Körperverletzung ermitteln läßt, das Täterverhalten bei Vorliegen des entsprechenden Verletzungs- oder Mißhandlungsvorsatzes auf keinen Fall dem § 91 StGB., sondern den §§ 83, 84 ff. StGB.

zu unterstellen ist (Leukauf-Steininger, Komm. zum StGB.2, § 91 RN 16). Daß der Angeklagte mit dem für § 83 Abs 1 StGB. erforderlichen Verletzungsvorsatz gehandelt hat, hat das Erstgericht - mit mängelfreier Begründung - ausdrücklich festgestellt (S. 184, 185), wobei es diese Annahme erkennbar darauf gestützt hat, daß der Angeklagte die Faustschläge dem Peter B in das Gesicht, also gegen eine empfindliche Körperpartie des Angegriffenen versetzt hat. Da sich somit auch die Rechtsrüge als unbegründet erweist, war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach § 84 Abs 1 StGB. eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 1 1/2 (eineinhalb) Jahren. Dabei wertete es als erschwerend die zahlreichen einschlägigen, die Rückfallsvoraussetzungen erfüllenden Vorstrafen und die über das gewÄhnliche Maß hinausgehende Beeinträchtigung des Opfers durch die zugefügten Verletzungen, als mildernd hingegen keinen Umstand.

Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte die Herabsetzung der Strafe und die Gewährung bedingter Strafnachsicht.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Was zunächst das Strafmaß betrifft, so vermag der Berufungswerber keine Umstände aufzuzeigen, die seine Tat in einem milderen Licht erscheinen lassen könnten.

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes kann von einer Provokation und somit von einem Mitverschulden des Verletzten keine Rede sein, war es doch der Angeklagte, der Peter B und seine Begleiter anpäbelte und sodann mehrfach auf den Genannten einschlug. Angesichts der kriminellen Vorbelastung des Angeklagten, der wiederholt wegen Körperverletzungsdelikten vorbestraft ist und sichtlich zu Gewalttätigkeiten neigt, sowie des hohen Grades seiner Schuld ist das vom Erstgericht gefundene Strafmaß auch nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes schuldangemessen und täterpersönlichkeitsgrecht. Eine Reduzierung der Strafe kam daher nicht in Betracht.

Daß es im Hinblick auf die Täterpersönlichkeit des Berufungswerbers der sofortigen Strafvollstreckung bedarf, um den Angeklagten von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten, kann füglich nicht bezweifelt werden. Daher konnte auch dem Begehren um bedingte Strafnachsicht kein Erfolg beschieden sein.

Es war somit spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03229

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0090OS00071.81.0623.000

Dokumentnummer

JJT_19810623_OGH0002_0090OS00071_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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