TE OGH 1982/3/24 3Ob47/82

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Veröffentlicht am 24.03.1982
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Norm

EO §7 Abs4
EO §39 Abs1 Z1
EO §54
VStG §31 Abs3

Kopf

SZ 55/42

Spruch

Ob eine Vollstreckungsverjährung eingetreten und die von der Verwaltungsbehörde erteilte Bestätigung der Vollstreckbarkeit ihres Straferkenntnisses aufzuheben ist, hat die Verwaltungsbehörde zu entscheiden. Das Gericht, bei dem unter Vorlage der Ausfertigung des Exekutionstitels die Exekution beantragt wird, hat auf den möglichen Eintritt der Vollstreckungsverjährung nicht Bedacht zu nehmen

Dem beim Exekutionsgericht angebrachten Antrag ist die mit der Vollstreckbarkeitsbestätigung versehene Ausfertigung des Titels anzuschließen. Die Ablichtung einer Ausfertigung genügt nicht. Dieses Formgebrechen hat einen Verbesserungsauftrag zur Folge

OGH 24. März 1982, 3 Ob 47/82 (KG Wiener Neustadt R 435/81; BG Pottenstein E 2647/81)

Text

Die betreibende Partei Republik Österreich stellte mit dem am 12. 11. 1981 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz den Antrag, ihr auf Grund des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Landstraße, vom 20. 4. 1979, Pst. 16403- Ls/78, und des Berufungsbescheides des Amtes der Wiener Landesregierung vom 14. 5. 1981 die Forderungsexekution zur Hereinbringung eines Betrages von (restlich) 6350 S zu bewilligen.

Straferkenntnis und Berufungsbescheid tragen den Vermerk: "Der Exekutionstitel unterliegt keinem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug". Aus dem Straferkenntnis geht hervor, daß die Tathandlungen des Verpflichteten am 5. 10. 1978 erfolgten.

Mit Beschluß vom 12. 11. 1981 bewilligte der Rechtspfleger des Erstgerichtes die beantragte Exekution.

Dem Rekurs des Verpflichteten gab der Exekutionsrichter des Erstgerichtes Folge; er wies den Exekutionsantrag ab und verpflichtete die betreibende Partei zum Ersatz der Rekurskosten. In der Begründung führte der Erstrichter aus, daß eine verhängte Strafe nach § 31 Abs. 3 VStG drei Jahre nach Abschluß der strafbaren Tätigkeit bzw. nach Aufhören des strafbaren Verhaltens nicht mehr vollstreckt werden dürfe. Der Exekutionsantrag sei deshalb mit Rücksicht auf den Zeitpunkt der Tathandlungen des Verpflichteten "verspätet".

Das Rekursgericht stellte den Beschluß des Rechtspflegers wieder her und führte aus, daß das Erstgericht nur zu prüfen gehabt habe, ob ein mit einer Vollstreckbarkeitsbestätigung versehener Exekutionstitel vorliege. Eine Überprüfung der Bestätigung der Vollstreckbarkeit und der vom Verpflichteten geltend gemachten Vollstreckungsverjährung stehe dem Gericht nicht zu. Die Einwendung der Vollstreckungsverjährung sei bei der zuständigen Verwaltungsbehörde anzubringen.

Der Oberste Gerichtshof hob über Revisionsrekurs des Verpflichteten die Beschlüsse der Vorinstanzen auf und verwies die Sache zur Verfahrensergänzung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Verpflichtete macht geltend, es bedürfe im gegenständlichen Fall keiner Einwendungen im Sinne der §§ 35 oder 36 EO und ebensowenig eines Antrages nach § 7 Abs. 4 EO, da im Hinblick auf die Bestimmung des § 31 Abs. 3 VStG ein kalendermäßig befristeter, am 5. 10. 1981 außer Kraft getretener Exekutionstitel vorliege.

Der OGH vermag sich dieser Ansicht nicht anzuschließen. Weder dem Straferkenntnis vom 20. 4. 1979 noch auch dem Berufungsbescheid vom 14. 5. 1981 kann eine kalendermäßige Befristung entnommen werden, wie sie etwa in der (vom Verpflichteten zitierten) Entscheidung JBl. 1958, 47 erwähnt wird.

§ 31 Abs. 3 VStG normiert gleichwohl eine absolute, sowohl der Fällung eines Straferkenntnisses als auch der Vollstreckung einer bereits verhängten Strafe entgegenstehende Verjährung, die grundsätzlich mit dem Zeitpunkt einsetzt, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat und mit dem Ablauf von drei Jahren vollendet ist. Die Bedachtnahme auf die Strafbarkeits- und die Vollstreckungsverjährung hat in gleicher Weise wie die Berücksichtigung der Verfolgungsverjährung von Amts wegen stattzufinden (Slg. 1296/A; Hellbling, Kommentar zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen II 234). Im vorliegenden Fall geht aus dem Exekutionstitel wohl hervor, daß der Verpflichtete die strafbaren Handlungen, deretwegen er von der Verwaltungsbehörde zur Verantwortung gezogen wurde, am 5. 10. 1978, also vor mehr als drei Jahren, begangen hat; es entspricht jedoch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Slg. 1809/A; Slg. 8573/A), daß - ausgenommen die Fälle des § 53 Abs. 2 VStG - eine Vollstreckungsverjährung nicht mehr eintreten kann, sobald der Vollzug einer Strafe noch innerhalb der Verjährungsfrist tatsächlich eingesetzt hat. Ob irgendwelche Vollstreckungshandlungen zur Hereinbringung der über den Verpflichteten verhängten Geldstrafe bereits vorgenommen worden sind, kann nach den vorgelegten Urkunden nicht beurteilt werden; sie können aber keinesfalls ausgeschlossen werden, zumal auf dem Berufungsbescheid des Amtes der Wiener Landesregierung vom 14. 5. 1981 vermerkt wird, es sei ein Betrag von 3000 S bezahlt worden, so daß der Rest 6350 S betrage. Es obliegt deshalb der Verwaltungsbehörde, darüber zu entscheiden, ob Vollstreckungsverjährung eingetreten und ob die - zunächst zweifellos richtig erteilte - Vollstreckbarkeitsbestätigung deshalb aufzuheben ist. Bei Bewilligung der Exekution ist daher im gegenständlichen Fall auf den möglichen Eintritt der Vollstreckungsverjährung nicht Bedacht zu nehmen.

Die Voraussetzungen für die Bewilligung der beantragten Exekution liegen jedoch derzeit nicht vor. Wird um die Bewilligung der Exekution, wie hier, beim Exekutionsgericht angesucht, muß dem Antrag eine mit der Bestätigung der Vollstreckbarkeit versehene Ausfertigung des Exekutionstitels angeschlossen sein (§ 4 Abs. 2, § 54 EO). Die betreibende Partei hat ihrem Antrag nur unbeglaubigte und überdies unvollständige - wenn auch mit der Bestätigung der Vollstreckbarkeit versehene - Fotokopien des Straferkenntnisses vom 20. April 1979 und des Berufungsbescheides vom 14. 5. 1981 angeschlossen. Die Vorlage der Fotokopie einer Ausfertigung des Exekutionstitels rechtfertigt zwar nicht die sofortige Abweisung des Exekutionsantrages, wenn der fotokopierte Titel an sich den Exekutionsantrag iS des § 7 Abs. 1 und 2 EO decken würde. Die Unterlassung der Vorlage der von der Titelbehörde hergestellten Ausfertigung ist jedoch als Formgebrechen anzusehen. Dieses Formgebrechen kann durch einen Auftrag zur Verbesserung gemäß § 54 EO, § 85 ZPO, § 78 EO behoben werden (EvBl. 1979/15; JBl. 1965, 265; Heller - Berger - Stix 615).

Anmerkung

Z55042

Schlagworte

Exekutionsbewilligung, keine Berücksichtigung einer möglichen, Vollstreckungsverjährung, Exekutionsbewilligung, mit Vollstreckbarkeitsbestätigung versehene, Ablichtung des Titels genügt nicht: Verbesserungsauftrag, Straferkenntnis (Verwaltungsbehörde), keine Berücksichtigung einer, möglichen Vollstreckungsverjährung bei Exekutionsbewilligung durch, Gericht, Vollstreckungsverjährung, keine Berücksichtigung einer möglichen - bei, Exekutionsbewilligung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0030OB00047.82.0324.000

Dokumentnummer

JJT_19820324_OGH0002_0030OB00047_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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