TE OGH 1982/4/22 12Os15/82

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Veröffentlicht am 22.04.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.April 1982 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Nemec als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ali A und eine andere wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG. und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten Ali A gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 4.Juni 1981, GZ 6 Vr 693/79-123, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, nach Verlesung der Rechtsmittelschriften des Angeklagten, ferner nach Anhörung der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 290 Abs 1 StPO wird das angefochtene Urteil im Ausspruch nach § 38 StGB dahin ergänzt, daß dem Angeklagten Ali A die Vorhaft auch auf die Geldstrafen angerechnet wird.

Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 6 (sechs) Jahre herabgesetzt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem im vorliegenden Verfahren vom Kreisgericht Ried im Innkreis als Schöffengericht im ersten Rechtsgang am 8.Mai 1980 gefällten Urteil (Band II, ON. 79 a) wurde u.a. der am 13.Februar 1952 geborene türkische Staatsangehörige Ali A, der zuletzt als Reiseleiter des Reisebüros 'X' tätig war, des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach § 6 (nunmehr § 12) Abs 1 SGG., 15 StGB (Punkte A/1. bis 7. des Schuldspruchs) sowie der Finanzvergehen des (gewerbsmäßigen) Schmuggels nach § 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG. und der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG. (Punkte B/1. bis 5. und C/1.) schuldig erkannt und hiefür nach § 6 (nunmehr § 12) Abs 1 SGG. zu einer Freiheitsstrafe und Geldstrafe, ferner gemäß § 38 Abs 1 FinStrG. gesondert zu einer (weiteren) Geldstrafe und Freiheitsstrafe sowie außerdem gemäß § 6 (nunmehr § 12) Abs 4 SGG. und § 19 Abs 1 FinStrG.

zu einer Verfalls-(Wertersatz-)Strafe verurteilt. Die vom Angeklagten Ali A gegen dieses Urteil erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Obersten Gerichtshof mit Erkenntnis vom 12.Februar 1981, GZ 12 Os 154/80-14, zwar verworfen, jedoch aus deren Anlaß gemäß § 290 Abs 1 StPO das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt blieb, u.a. in den unter Punkt A/2. und 3. bezeichneten Schuldsprüchen des Angeklagten Ali A (wegen des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach § 6 (nunmehr § 12) Abs 1 SGG., 15 StGB) und demgemäß auch in dem diesen Angeklagten wegen des bezeichneten Delikts betreffenden Strafausspruch (Freiheits- und Geldstrafe nach § 6 (nunmehr § 12) Abs 1 SGG.) einschließlich der ihm gemäß § 6 (nunmehr § 12) Abs 4

SGG. und § 19 FinStrG. auferlegten Verfalls-(Wert-)Ersatzstrafe und des ihn betreffenden Ausspruchs über die Anrechnung der Vorhaft aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Außerdem hob der Oberste Gerichtshof mit derselben Entscheidung das bezeichnete Urteil gemäß § 290 Abs 1 StPO auch noch in Ansehung der den Angeklagten Ali A und die Mitangeklagte Silvia Anna B betreffenden, auf deren Schuldsprüche wegen der Finanzvergehen des gewerbsmäßigen Schmuggels nach § 35 Abs 1, 38 Abs 1

lit a FinStrG. (Punkt B) und der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG. (Punkte C/1. bis 3.) beruhenden (gesonderten) Strafaussprüche (Geld- und Freiheitsstrafen) auf, erkannte jedoch in diesem Umfang gemäß § 288 Abs 2 Z. 3 StPO in der Sache selbst, indem der Angeklagte Ali A (sowie die Mitangeklagte Silvia Anna B) für die ihnen laut den unberührt gebliebenen Schuldsprüchen zu den Punkten B und C/1. (Silvia Anna B zu den Punkten C/2. und 3.) zur Last fallenden Finanzvergehen des gewerbsmäßigen Schmuggels und der Abgabenhehlerei (Silvia Anna B nur wegen des zuletzt genannten, ihr zur Last fallenden Finanzvergehens) jeweils zu einer Geldstrafe verurteilt wurden.

Im fortgesetzten Verfahren vor dem Kreisgericht Ried im Innkreis wurden die von der Aufhebung betroffenen Teile des im ersten Rechtsgang erflossenen Urteils (Punkt A/2.

und 3. des Schuldspruchs des Angeklagten Ali A wegen § 12 Abs 1 SGG., § 15 StGB), die vom Obersten Gerichtshof zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen worden waren, gemäß § 57 StPO ausgeschieden (vgl. Band III, S. 21); sie waren daher nicht mehr Gegenstand des im zweiten Rechtsgang gefällten Urteils.

In der am 4.Juni 1981 durchgeführten Hauptverhandlung dehnte der Staatsanwalt die Anklage gegen den Angeklagten Ali A in Richtung der Vergehen der versuchten Nötigung nach § 15, 105 Abs 1 StGB sowie der versuchten falschen Beweisaussage vor Gericht als Bestimmungstäter nach § 12 (zweite Alternative), 15, 288 Abs 1 StGB (begangen am 23.November 1979) und außerdem wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (begangen im August 1980) aus (vgl. Band III, S. 21/22).

Mit dem vom Angeklagten Ali A erneut angefochtenen Urteil wurde der Genannte im Sinne der bezeichneten Anklageausdehnung (auch) der Vergehen der versuchten Nötigung nach § 15, 105 Abs 1 StGB (Punkt 1.), der versuchten falschen Beweisaussage vor Gericht als Beteiligter (durch Bestimmungstäterschaft) nach § 12 (zweite Alternative), 15, 288 Abs 1 StGB (Punkt 2.) und der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (Punkt 3.) schuldig erkannt und hiefür unter 'Neufestsetzung der Strafe auf Grund des Urteils des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 8.Mai 1980, AZ. 6 Vr 693/79, zu den rechtskräftigen Fakten des Schuldspruchs A/1, 4, 5, 6 und 7 des Urteilssatzes, bestätigt im Schuldspruch durch das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 12.Februar 1981, AZ. 12 Os 154/80' gemäß § 12 Abs 1 SGG., zweite Strafstufe, zu sieben Jahren Freiheitsstrafe (die im Urteilsspruch unrichtig als 'Zusatzstrafe; bezeichnet wurde) und gemäß § 12 Abs 4 SGG. sowie § 19 Abs 1 FinStrG. zu einer Verfalls-(Wert-)Ersatzstrafe von 1,500.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu acht Monaten Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt. Gemäß § 38 Abs 1 Z. 1 StGB wurde ihm die Vorhaft vom 25.Oktober 1979, 14,00 Uhr, bis 4.Juni 1981, 12,15 Uhr, (bloß) auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet.

Dem Angeklagten liegt zur Last, er habe in Ried im Innkreis 1.) am 23. November 1979 den Walter C durch die öußerung, er (C) solle das Geständnis widerrufen und nicht gegen ihn (den Angeklagten Ali A) aussagen, sonst müsse er (Ali A) lange in das Gefängnis und außerdem würde ihm (C) etwas passieren, sohin durch gefährliche Drohung zu einer Handlung zu nötigen versucht, ferner 2.) durch die unter Punkt

1.) angeführte öußerung versucht, Walter C zu einer falschen Aussage vor Gericht als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache zu bestimmen; und 3.) im August 1980 den Franz D gegenüber Franz E mit dem 'Aufmachen' gefährlich bedroht, um Franz D in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten, auf die Z. 7, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde behauptet der Beschwerdeführer zunächst eine Nichterledigung der Anklage mit der Argumentation, daß über die vom Obersten Gerichtshof nach teilweiser Aufhebung des im ersten Rechtsgang gefällten Urteils zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesenen Fakten A/2. und 3. - versuchtes Inverkehrsetzen eines Kilogramms Kokain durch den Angeklagten Ali A im Mai 1979 in Istanbul durch Anbieten des Suchtgifts zum Verkauf, sowie übergabe eines Gramms Heroin durch den Angeklagten Ali A im Juni 1979 in Istanbul an die Mitangeklagte und inzwischen rechtskräftig abgeurteilte Silvia Anna B - in dem nunmehrigen, den zweiten Rechtsgang abschließenden Urteil nicht erkannt worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der in diesem Zusammenhang vom Angeklagten geltend gemachte Nichtigkeitsgrund (Z. 7) liegt jedoch nicht vor.

Abgesehen davon, daß dieser Nichtigkeitsgrund (vgl. Mayerhofer/Rieder, StPO, 2. Halbband, ENr. 1 zu § 281 Abs 1 Z. 7 und die dort zitierten Entscheidungen) vom Angeklagten mangels einer ihn treffenden Beschwer gar nicht geltend gemacht werden kann, übersieht er, daß die bezüglichen Fakten (A/2. und 3. des im ersten Rechtsgang gefällten Schuldspruchs) infolge ihrer Ausscheidung aus dem vorliegenden Verfahren gemäß § 57 StPO (vgl. Band III, S. 21) nicht mehr Gegenstand des im zweiten Rechtsgang gefällten Urteils sein konnten.

Mit den Beschwerdeausführungen zur Z. 11 des § 281 Abs 1 StPO geht der Angeklagte von der irrigen Annahme aus, daß die im nunmehr angefochtenen Urteil über ihn ausgesprochene Freiheitsstrafe nur wegen der (nach Anklageausdehnung in der Hauptverhandlung) am 4.Juni 1981 gefällten Schuldsprüche verhängt worden sei und daher in den für diese Delikte in Betracht kommenden gesetzlichen Strafdrohungen keine Deckung finde. Dem gegenüber lassen aber schon die Formulierung des Strafausspruchs im Urteilssatz (vgl. Band III, S. 32/33), sowie auch die bezügliche Urteilsbegründung (siehe Band III, S. 44/45) keinen Zweifel daran, daß die vom Erstgericht über den Angeklagten Ali A verhängte (siebenjährige) Freiheitsstrafe nicht nur für die (neuen) Schuldsprüche wegen der bezeichneten (drei) Vergehen, sondern auch für die bereits im ersten Rechtsgang in Rechtskraft erwachsenen Schuldsprüche (Punkte A/1, 4, 5, 6 und 7) verhängt wurde. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß im angefochtenen Urteil unter verfehlter Zitierung der § 31, 40

StGB von einer 'Zusatzstrafe' die Rede ist; denn eine Berücksichtigung des im vorliegenden Verfahren schon im ersten Rechtsgang in Rechtskraft erwachsenen Schuld- und Strafausspruchs gegen den Angeklagten Ali A wegen der Finanzvergehen nach § 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a FinStrG.

und § 37 Abs 1 lit a FinStrG. nach § 31, 40 StGB kommt schon im Hinblick auf die gemäß § 22 FinStrG. für diese Finanzvergehen gesondert auszusprechenden Strafen nicht in Betracht (vgl. Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, Komm. zum FinStrG., Anm. 6 zu § 22 FinStrG.).

Es schlägt aber auch die weitere auf die Z. 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Rechtsrüge nicht durch, mit welcher der Beschwerdeführer ins Treffen führt, das im angefochtenen Urteil unter den Punkten 1. und 2.

beschriebene Tatverhalten (gegenüber Walter C) sei vom Erstgericht rechtsirrig sowohl als versuchte Nötigung als auch als Bestimmung zur (versuchten) falschen Beweisaussage vor Gericht gewertet worden. Die Ansicht des Beschwerdeführers, daß hiedurch allein der zuletzt angeführte Tatbestand verwirklicht worden sei (nicht aber auch jener nach § 15, 105 Abs 1 StGB), geht fehl.

Eine - nach Meinung des Beschwerdeführers bei dieser Fallkonstellation Platz greifende - Konsumtion des Delikts der (versuchten) Nötigung durch das - mit strengerer Strafe bedrohte - Delikt der (versuchten) falschen Beweisaussage vor Gericht (hier in der Erscheinungsform der Bestimmungstäterschaft nach der zweiten Alternative des § 12 StGB) kommt nicht in Betracht, weil der Unrechtsgehalt des Tatverhaltens des Angeklagten gegenüber Walter C im Hinblick auf das hiebei angewendete Mittel der gefährlichen Drohung (mit der Walter C nach dem Tatplan des Beschwerdeführers zu einer falschen Beweisaussage vor Gericht genötigt werden sollte) allein durch eine Beurteilung als Bestimmung zu einer falschen Beweisaussage vor Gericht nicht voll erfaßt wäre. Wenn - wie im vorliegenden Fall - jemand einen anderen mit (Gewalt oder) gefährlicher Drohung zu einer anderen strafbaren Handlung (hier zu einer falschen Beweisaussage vor Gericht) nötigt oder zu nötigen versucht, haftet er vielmehr neben der (versuchten) Nötigung in Idealkonkurrenz mit dem Tatbild, zu dem er angestiftet hat (Leukauf-Steininger, Komm. zum StGB2, RN. 35 zu § 105 StGB und die dort zitierte Judikatur; Kienapfel Band I, RN. 834).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.

Aus deren Anlaß hat sich der Oberste Gerichtshof davon überzeugt, daß das angefochtene Urteil zum Nachteil des Angeklagten insoweit mit einem von ihm nicht geltend gemachten (materiellrechtlichen) Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z. 11 StPO behaftet ist, als die im Ersturteil gemäß § 38 Abs 1 Z. 1 StGB berücksichtigte Vorhaft nicht auch auf die nach dem Suchtgiftgesetz, und (auf die bereits im ersten Rechtsgang) nach dem Finanzstrafgesetz über den Angeklagten verhängten Geldstrafen angerechnet wurde, wie dies nach § 38 Abs 1 Z. 1 StGB

und § 23 Abs 4 FinStrG. geboten gewesen wäre.

Der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft war daher gemäß § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen wie im Spruch zu korrigieren. Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen und den hohen Unrechtsgehalt der Tat (§ 12 Abs 1 SGG.) im Hinblick auf die vom Angeklagten, der selbst nicht drogenabhängig ist, während eines längeren Zeitraums in Verkehr gesetzten Suchtgiftmenge, als mildernd hingegen den bisher unbescholtenen Lebenswandel und den Umstand, daß es teilweise beim Versuch blieb.

Der Berufung, mit welcher der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe anstrebt, kommt im Ergebnis Berechtigung zu. Das Erstgericht hat zwar die Strafzumessungsgründe im wesentlichen zutreffend festgestellt, jedoch ein Strafmaß gefunden, das nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs doch etwas überhöht ist. Bei richtiger Wertung der für die Strafbemessung herangezogenen Umstände erscheint daher eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren dem Unrechtsgehalt der Straftaten und der Täterpersönlichkeit des Angeklagten entsprechend.

Es war daher in Stattgebung der Berufung spruchgemäß zu erkennen. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03642

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0120OS00015.82.0422.000

Dokumentnummer

JJT_19820422_OGH0002_0120OS00015_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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