TE OGH 1982/6/29 9Os66/82

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Veröffentlicht am 29.06.1982
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 29.Juni 1982 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Gassner als Schriftführer in der Strafsache gegen Alfred A wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z. 1

und 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 14.Mai 1981, GZ. 21 a Vr 3418/79-19, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Verlesung der Rechtsmittelschrift des Angeklagten und Anhörung der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Bassler, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 12.April 1941 geborene Vertreter Alfred A der Vergehen der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1, Abs. 2 erster Deliktsfall StGB und der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z. 1 und 2 StGB schuldig erkannt.

Nach den (kurz zusammengefaßt wiedergegebenen) Urteilsannahmen lag dem Angeklagten als Veruntreuung zur Last, sich den ihm auf Grund des Leasingvertrages vom 3.Mai 1978

von der Firma B GesmbH. & Co. KG. anvertrauten PKW. Marke Citroen CX 2400 Pallas im (Rest-) Wert von mindestens 50.000 S ungeachtet seiner rechtskräftigen Verurteilung zur Herausgabe des Fahrzeuges und des bereits anhängigen Exekutionsverfahrens am 25.April 1980, dem Tage der vom Bezirksgericht Neumarkt als Exekutionsgericht zu E 619/80 angeordneten Abnahme des Exekutionsobjektes (zwecks übergabe an den betreibenden Gläubiger) in Straßwalchen dadurch mit Bereicherungsvorsatz zugeeignet zu haben, daß er den PKW. bis (25.) Oktober 1980 (S. 35, 65 d. A.) substanzverzehrend (S. 66, 68, 69 d.A.) weiterverwendete, indem er damit verschiedene Dienstreisen unternahm. Bezüglich der inneren Tatseite ging das Erstgericht davon aus, daß der Vorsatz des Angeklagten darauf gerichtet war, 'das Fahrzeug so lange wie möglich entgegen der ihn treffenden Rückstellungsverpflichtung für eigene Zwecke zu gebrauchen und diesen Umstand zu einem bleibenden zu machen' (S. 69 d.A.).

Mit seiner auf den § 281 Abs. 1 Z. 5 und 9 lit. a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte ausdrücklich nur den Schuldspruch wegen Vergehens der Veruntreuung (Punkt I./ des Urteilssatzes).

In der Mängelrüge behauptet der Beschwerdeführer, die Urteilsbegründung sei deshalb 'teilweise undeutlich und mit sich selbst im Widerspruch', weil das Erstgericht einerseits feststelle, die Rückstellungsverpflichtung des Angeklagten in Ansehung des gegenständlichen PKWs. ergäbe sich aus dem Zahlungsverzug in bezug auf mehrere rückständige Leasingraten und aus dem Mangel einer Verlängerung des Leasingvertrages (S. 69 d.A.), andererseits aber davon ausgehe, daß der Angeklagte der 'durch rechtskräftiges Urteil auferlegten Herausgabepflicht' (S. 65; 68

d. A.) dolos nicht nachgekommen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die behaupteten Begründungsmängel liegen jedoch nicht vor, weil die bezüglichen Urteilsausführungen - liest man sie in ihrem Zusammenhang (siehe dazu S. 65, 68 und 69 d.A.) - keineswegs unklar oder widerspruchsvoll sind. Aus ihnen ergibt sich nämlich zweifelsfrei, daß der Angeklagte die vereinbarten Leasingraten nicht zahlte, deswegen von der Leasingfirma auf Bezahlung und Herausgabe des Fahrzeugs geklagt und vom Gericht im Sinne dieses Begehrens verurteilt wurde; weiters, daß der Angeklagte dieser Rückstellungspflicht, die sich sohin mittelbar aus dem Leasingvertrag als Grundlage des den Angeklagten zur Herausgabe des Fahrzeuges verurteilenden Erkenntnisses des Gerichtes (S. 68 d.A.) und unmittelbar aus diesem Urteil ergibt (S. 65 d.A.), nicht nachgekommen ist.

Im übrigen kommt es letztlich auch gar nicht darauf an, auf welcher Grundlage die vom Angeklagten nicht bestrittene Herausgabepflicht beruht, sondern darauf, daß er ihr mit dem zum Tatbestand gehörigen Vorsatz nicht entsprochen hat.

Es trifft weiters der vom Beschwerdeführer dem Sinne nach erhobene Einwand nicht zu, das Gericht habe im Urteil nicht erörtert, daß er 'auf Grund zwingender Vorschriften der Exekutionsordnung vom Exekutionsvollzug am 25.April 1980 überhaupt nicht Kenntnis haben konnte'. Denn es hat das Gericht hiezu unter Bezugnahme auf den Inhalt des Aktes E 619/80 des Bezirksgerichtes Neumarkt als Feststellungsgrundlage (S. 61 und 65 d.A.) ausgeführt, daß der Angeklagte von diesem Termin aus Anlaß der Bewilligung der (Herausgabe-) Exekution durch die (schriftlich erfolgte) Aufforderung den PKW. an diesem Tag herauszugeben (siehe dazu S. 65 d. A. sowie S. 9 und 13 in E 619/80), Kenntnis erhalten hatte. Im übrigen ergibt sich die Tatsache, daß der Angeklagte das Fahrzeug behielt, obgleich er (von der Fällung des erwähnten Herausgabeurteils und auch) von der Exekutionsführung Kenntnis hatte, auch aus seiner eigenen Verantwortung (vgl. dazu S. 17 g, S. 13

in ON. 8 und S. 53), sodaß es einer weiteren Erörterung dieses Umstandes im Urteil nicht bedurfte.

Unzutreffend ist ferner der vom Beschwerdeführer im Rahmen der Mängelrüge erhobene Vorwurf, das Gericht habe seinen Ausspruch über das Vorliegen der zum Tatbestand des Vergehens nach § 133 StGB gehörigen subjektiven Tatseite, sohin eines Handelns mit Zueignungsvorsatz und Bereicherungstendenz, mit der Urteilsfeststellung, der Angeklagte habe den eigenen Aufwand für die berufliche Verwendung des PKWs und die eintretende Wertminderung des Fahrzeugs auf die Leasingfirma überwälzt (S. 68 d.A.), nicht ausreichend 'begründet' habe; denn es hat das Erstgericht - wie der Beschwerdeführer selbst erkennt - darüber hinaus ohnedies auch festgestellt, daß der Vorsatz des Angeklagten darauf gerichtet war, das Fahrzeug so lange wie möglich entgegen der ihn treffenden Rückstellungsverpflichtung in substanzverzehrender und den Berechtigten der Gefahr des Sachwertverlustes aussetzender Weise für eigene Zwecke zu gebrauchen und diesen Zustand - so weit möglich - zu einem bleibenden zu machen (S. 69 d.A.), wobei diese Konstatierungen mit dem Hinweis einerseits auf die erwähnte eigene Verantwortung des Angeklagten und andererseits auf die 'Begleitumstände, unter welchen der Berechtigte schließlich wieder in den Besitz des Fahrzeugs gelangte' auch hinreichend und widerspruchsfrei begründet worden sind. Dabei schloß es - der in der Nichtigkeitsbeschwerde vertretenen Ansicht zuwider - einen nur auf die Verzögerung der Herausgabe des PKWs gerichteten Vorsatz des Angedurch den Hinweis auf die mehrmaligen vergeblichen (auch exekutiven) Abnahmeversuche (vgl. S. 65 d.A.), die ersichtlich unter dem Druck des bereits anhängigen Strafverfahrens (S. 33, 35 d.A.) durch die Ehegattin des Angeklagten vorgenommene Verständigung der Leasingfirma von der Möglichkeit einer Sicherstellung des (nunmehr vor dem Wohnhaus des Angeklagten abgestellten) Fahrzeuges und den 'substanzverzehrenden', einen Reparaturaufwand von 25.615 S erfordernden (S. 65 d.A.) monatelangen Gebrauch des PKWs durch den Angeklagten ausdrücklich aus (S. 68, 69 d.A.).

Der Mängelrüge kommt daher insgesamt keine Berechtigung zu. In Ausführung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO meint der Beschwerdeführer, der Feststellung des Erstgerichtes, der Angeklagte habe das Fahrzeug 'so lange wie möglich' gebrauchen wollen, komme (rechtlich) deshalb keine Bedeutung zu, weil der Tatbestand des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 StGB objektiv eine (im vorliegenden Fall fehlende) über den bloß 'vertragswidrigen' längeren Gebrauch hinausgehende Verfügung des Täters über das anvertraute Gut verlange, die 'zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht einem (völligen) Verbrauch desselben gleichkomme'.

Auch die Rechtsrüge geht fehl.

Unter Zueignen ist die überführung des anvertrauten Gutes bzw. des in ihm verkörperten Wertes in das eigene (oder eines Dritten) Vermögen zu verstehen. Die Zueignung muß nicht eine dauernde Willensherrschaft über die Sache begründen; es genügt eine widerrechtliche Verfügung, welche die Sicherheit des Berechtigten, je wieder zur Sache zu gelangen, in Frage stellt, ihn also - wie etwa auch bei einem verbrauchenden Gebrauch - der Möglichkeit ihres endgültigen Verlustes preisgibt (vgl. Leukauf-Steininger2, RN. 14 zu § 133 StGB und die dort zitierte Judikatur).

Zueignung liegt daher - wie das Erstgericht zutreffend erkannt hat - auch schon dann vor, wenn ein Täter, wie hier der Angeklagte, das anvertraute Fahrzeug 'so lange wie möglich' in einer Weise gebraucht, daß sein Verhalten in seiner Wirkung einer (zumindest zeitweiligen;

siehe dazu SSt. 50/8 u.a.) überführung des Wirtschaftswertes in sein Vermögen und damit einer effektiven Vermögensvermehrung gleichkommt. Da der Angeklagte im vorliegenden Fall den ihm anvertrauten PKW. während eines Zeitraumes von mehr als sechs Monaten immer wieder dem Zugriff des Rückstellung begehrenden Eigentümers entzog und sein Vorhaben, das Fahrzeug (nicht als fremden Vermögensbestandteil zu achten, sondern) wie ein eigenes zu gebrauchen, sichtbar dadurch zum Ausdruck brachte, daß er davon - ohne für seine Instandhaltung entsprechend zu sorgen - einen derart ausgedehnten Gebrauch machte, daß die (schon) damit verbundene erhebliche Wertminderung des Fahrzeuges (vgl. S. 66 d. A.) einem Verbrauch gleichkam, der für den Eigentümer - wirtschaftlich gesehen - eine sehr erhebliche (SSt. 47/67) effektive Minderung seines Vermögens und für den Täter eine Vermögensvermehrung darstellt (ZVR. 1978/224, EvBl. 1977/12 u. a.), ist dem Erstgericht bei der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhalts demnach kein Fehler unterlaufen. Soweit aber der Angeklagte in seinem Vorbringen unter Berufung auf die von ganz anderen Tatsachengrundlagen ausgehende in EvBl. 1971/324 veröffentliche Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (10 Os 109/71) behauptet, es liege nur eine vertragswidrige Ausdehnung der Mietdauer vor und dabei jene (mängelfrei begründeten) Feststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite übergeht, die klarstellen, daß sich der Angeklagte den PKW. im oben dargelegten Sinn mit Bereicherungsvorsatz zugeeignet hat, entbehrt die Rechtsrüge, in der der (vollständige) Urteilssachverhalt mit dem darauf angewendeten Gesetz verglichen werden müßte, der gesetzmäßigen Darstellung.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Die vom Angeklagten ausgeführte Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe war zurückzuweisen, da sie vom Angeklagten innerhalb der zur Anmeldung dieses Rechtsmittels vorgesehenen Frist von 3 Tagen (§ 284 Abs. 1, 294

Abs. 1 StPO) nicht angemeldet worden ist.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03751

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0090OS00066.82.0629.000

Dokumentnummer

JJT_19820629_OGH0002_0090OS00066_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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