TE OGH 1982/12/16 12Os59/82

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.12.1982
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Dezember 1982

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Hon. Prof. Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hankiewicz als Schriftführer in der Strafsache gegen Albert A wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach §§ 159 Abs 1 Z 1, 161 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 18. Februar 1982, GZ 28 Vr 1834/81-32, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie der Nichtigkeitskeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, der Ausführungen des Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Purtscher und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Gehart zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Punkt 2. des freisprechenden Teiles und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft und jene des Angeklagten verworfen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 29. Oktober 1938 geborene Kaufmann Albert A des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 (§ 161; das im Urteilsspruch folgende Paragraphenzitat 'und 160 Abs 1' enthält einen offensichtlichen Schreibfehler) StGB schuldig erkannt.

Ihm liegt zur Last, in der Zeit vom 1. Jänner 1976 bis Ende Jänner 1981 in Innsbruck als 'geschäftsführender Gesellschafter' (gemeint: als 'mittelbarer Geschäftsführer'), demnach als leitender Angestellter (§ 309 StGB), der mehreren Gläubigern verpflichteten Albert A Gesellschaft mbH & Co KG fahrlässig deren Zahlungsunfähigkeit insbesondere dadurch herbeigeführt zu haben, daß er unter dieser Firma ein Getränkevertriebsunternehmen mit zu geringer Eigenkapitalausstattung führte, unverhältnismäßig Kredit benutzte, die Buchführung vernachlässigte, sodaß er lange Zeit keinen ausreichenden überblick über die Situation des Unternehmens hatte, überdies zu geringe Rohaufschläge vornahm und zu häufig Rabatt gewährte.

Von der weiteren Anklage, das Verbrechen der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 (zweitem Fall) StGB dadurch begangen zu haben, daß er sich ein ihm als Geschäftsführer der oben genannten Gesellschaft anvertrautes Gut von mehr als 100.000 S (und nicht bloß, wie im Anklagesatz und Urteilsspruch offensichtlich irrig angeführt, '5.000 S') mit dem Vorsatz zueignete, sich oder einen Dritten durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er nachgenannte Beträge dem Geschäftskonto der Albert A Gesellschaft mbH & Co KG gutschreiben ließ:

1. im September 1980 restliche 120.000 S aus dem Erlös eines Verrechnungsschecks, der ihm von der C AG zur Bezahlung einer Rechnung der Firma D für ein dem Gastwirt Andreas E geliefertes Kühlpult übergeben worden war, 2. im November oder Dezember 1980 den Erlös von 55.000 S aus einem Scheck, der ihm von der Brauerei F über Frieda G zur Weiterleitung an die Brauerei K. H KG zwecks Abdeckung des von letzterer den Eheleuten G gewährten Darlehens übergeben worden war, wurde der Angeklagte Albert A hingegen gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpfen der Angeklagte im Schuldspruch und die Staatsanwaltschaft im Freispruch mit Nichtigkeitsbeschwerden, die von beiden Seiten auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO und von der Staatsanwaltschaft außerdem auf den Nichtigkeitsgrund der Z 4 dieser Gesetzesstelle gestützt werden.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Albert A:

Unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO releviert der Angeklagte formell eine unzureichende und teilweise widersprüchliche Begründung, der Sache nach jedoch ebenso wie auch in seiner auf die Z 9 lit a der zitierten Gesetzesstelle gestützten Rechtsrüge das Fehlen einer Feststellung über den Kausalzusammenhang des ihm angelasteten Kridaverhaltens mit der (eingetretenen) Zahlungsunfähigkeit der Albert A Gesellschaft mbH & Co KG deren Ursachen offensichtlich in anderen Umständen gelegen seien, da doch das zunächst aufstrebende Unternehmen (selbst nach den Urteilsannahmen) Jahresumsätze bis zu 18 Mio S erzielt habe. Die Urteilskonstatierungen besagen indes eindeutig, daß die unzulängliche Ausstattung der Albert A Gesellschaft mbH & Co KG mit Eigenkapital, die unverhältnismäßige Inanspruchnahme von Lieferantenkrediten, Mängel der Buchführung, zufolge welcher dem Angeklagten längere Zeit der erforderliche geschäftliche überblick fehlte, und eine (im Ergebnis) nicht kostendeckende Kalkulation die wesentlichen Ursachen für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft waren; von einem (den erforderlichen Kausalzusammenhang betreffenden) Feststellungsmangel, wie ihn der Beschwerdeführer behauptet, kann sohin keine Rede sein. Diese Urteilsannahme ist auch mit der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Umsatzentwicklung durchaus vereinbar, zumal eine Ausweitung der Umsätze ohne Berücksichtigung der Kostenseite bei zunehmender Verschuldung den wirtschaftlichen Zusammenbruch eines Unternehmens aus Ursachen wie den hier vorhandenen keineswegs abzuwenden vermag (vgl EvBl 1971/188). Einer noch eingehenderen Urteilsbegründung bedurfte es in dem erwähnten Belang schon deshalb nicht, weil weder die Verantwortung des Angeklagten noch die übrigen Verfahrensergebnisse irgendeinen Hinweis darauf erkennen ließen, daß die Insolvenz der Albert A Gesellschaft mbH & Co KG (ausschließlich) auf andere als die im Urteil angenommenen Ursachen zurückzuführen sei; die Nichtigkeitsbeschwerde selbst zeigt keinen in dieser Richtung etwa unbeachtet gebliebenen konkreten Gesichtspunkt auf. Die weiteren Beschwerdeausführungen des Angeklagten zum Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO, mit denen er ein fahrlässiges Verhalten in bezug auf die festgestellten Mängel der Buchführung bestreitet, erweisen sich gleichfalls als verfehlt. Denn auch Sorglosigkeit des Unternehmensleiters bei der überwachung des Personals kommt als fahrlässiges Kridaverhalten nach § 159 Abs 1 Z 1 StGB in Betracht (vgl abermals EvBl 1971/188). Hat aber der Angeklagte es nach den Urteilsfeststellungen geschehen lassen, daß der Zustand der Buchhaltung Jahre hindurch keine ausreichende übersicht über die Situation des Unternehmens ermöglichte, sodaß ihm - wie er selbst im Antrag auf Eröffnung des Ausgleichsverfahrens vorbrachte (S 2/I im Akt Sa 10/81 des Landesgerichtes Innsbruck) - für die Jahre 1977 und 1978

eine verläßliche Umsatz- und Gewinnermittlung überhaupt nicht möglich war und ihm die schließlich zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit führenden Faktoren solcherart lange Zeit verborgen blieben, so trifft ihn der Vorwurf eines im Sinne des § 159 Abs 1 Z 1 StGB fahrlässiges Verhaltens insoweit jedenfalls zu Recht. Das dagegen gerichtete Beschwerdevorbringen ist im übrigen aber auch schon deshalb nicht zielführend, weil selbst dann, wenn die eine hier in Rede stehende Fahrlässigkeitskomponente wegfiele, sich am Bestehen der übrigen im Schuldspruch zugrunde gelegten, für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit ebenfalls ursächlichen Fahrlässigkeitskomponenten nichts ändern würde (vgl Liebscher in WK § 159 Rz 19 aE).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Albert A war daher zu

verwerfen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Dem von der Anklagebehörde bekämpften Freispruch liegt folgender vom

Erstgericht konstatierter Sachverhalt zugrunde:

Beim Abschluß eines Bierliefervertrags hatte die C AG dem Gastwirt Andreas E für dessen Gasthaus in Neustift im Stubaital die Beistellung eines von der Firma D zu liefernden Kühlpultes zugesagt. Zur Bezahlung dieser Anlage erhielt der Angeklagte im September 1980 von der C AG mittels eines Verrechnungsschecks den Betrag von 150.000 S, den er nach Einlösung des Schecks dem Konto der Albert A GesmbH & Co KG gutschreiben ließ. An die Firma D zahlte der Angeklagte vorerst nur einen Teilbetrag von 30.000 S; den Rest wollte er nach der Aufstellung des Kühlpultes zahlen. Dazu kam es nicht mehr, weil sich die Fertigstellung und Montage der Anlage bis Mai/Juni 1981 verzögerte, zu welcher Zeit sich die inzwischen zahlungsunfähig gewordene Albert A GesmbH & Co KG (zufolge önderung des Firmenwortlauts nunmehr: 'M-Gesellschaft mbH & Co KG') bereits im Ausgleichsverfahren befand, dessen Einstellung ein (zuletzt durch Zwangsausgleich beendeter) Anschlußkonkurs folgte (Freispruchsfaktum 1).

Die Gastwirtseheleute Josef und Frieda G in Sautens (Ötztal) hatten von der Brauerei K. H KG in Urach (Bundesrepublik Deutschland) und der Firma Albert A GesmbH & Co KG im Zusammenhang mit einer Liefervereinbarung ein Darlehen erhalten. Da ihre weitere Belieferung im Einvernehmen mit dem Angeklagten durch die Brauerei F (Bludenz) erfolgen sollte, hatten sie das Ende Dezember 1980 noch mit 68.000 S aushaftende Darlehen zurückzuzahlen. Den erforderlichen Betrag stellte die Brauerei F in der Weise zur Verfügung, daß am 22. Dezember 1980

ein auf die genannte Summe lautender Scheck vom Gebietsvertreter der Brauerei F, dem Zeugen Helmut K, in Gegenwart der Gastwirtin Frieda G dem Angeklagten übergeben wurde, dem es oblag, an die Brauerei K. H KG den ihr zustehenden Teilbetrag (55.000 S) weiterzuleiten. Der Angeklagte ließ nun die Schecksumme der Albert A GesmbH & Co KG gutbringen, stellte aber die Regelung des Anspruchs der Brauerei K. H KG bis zu einem für das erste Viertel des Jahres 1981 vorgesehenen Gesamtabrechnung zurück, die dann wegen der inzwischen eingetretenen Insolvenz unterblieb (Freispruchsfaktum 2).

In beiden Fällen ging das Erstgericht von der Annahme aus, daß der Angeklagte einerseits befugt gewesen war, die durch übergabe der Schecks empfangenen Beträge unbeschadet ihrer jeweiligen Zweckwidmung für die Albert A GesmbH & Co KG zu vereinnahmen, weshalb - der Anklageauffassung zuwider - nicht schon darin eine (rechtswidrige) Zueignung im Sinne des § 133 StGB zu erblicken sei, und daß er andererseits dabei auch vorhatte - und nur durch die in der Folge eingetretene, von ihm nicht vorsätzlich herbeigeführte Inolvenz gehindert wurde -, 'zur gegebenen Zeit' gemäß dem Willen der Beteiligten weiter zu verfahren, nämlich der Firma D die restlichen 120.000 S für das dem Gastwirt E zugedachte Kühlpult nach dessen Lieferung und Montage zu bezahlen und die Darlehensrestschuld der Eheleute G bei der Brauerei K. H KG zu regeln, wobei es ihm mangels eines Auftrags zur sofortigen Weitergabe der empfangenen Gelder im zuletzt genannten Fall auch freistand, diese Regelung der für den Beginn des nächsten Jahres vorgesehenen Gesamtabrechnung aller gegenseitigen Ansprüche mit der genannten Brauerei vorzubehalten.

In Ansehung des Freispruchsfaktums 1 ist die insoweit (nach dem Inhalt ihres Vorbringens nur) auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Beschwerde der Staatsanwaltschaft nicht berechtigt:

Zunächst versagt der in der Mängelrüge (Z 5) erhobene Vorwurf einer

unzureichenden (gemeint: unvollständigen) Begründung der

Urteilsannahme, daß der Verrechnungsscheck der C AG 'nicht dem

Angeklagten persönlich', sondern der Albert A GesmbH & Co KG

übereignet war (S 221). Denn der von der Staatsanwaltschaft dagegen

ins Treffen geführte Umstand, daß der Angeklagte auch Inhaber einer

(protokollierten) Einzelfirma war, läuft der bekämpften

Konstatierung an sich keineswegs zuwider und war hier umsoweniger

erörterungsbedürftig, als nach den Verfahrensergebnissen nichts auf

eine dem Angeklagten als Einzelkaufmann auferlegte

Verwendungspflicht im Zusammenhang mit der übersendung des

gegenständlichen (auf DM 21.000,-

lautenden) Verrechnungsschecks hinweist, sondern (im Gegenteil)

offenkundig ist, daß nach dem Willen aller Beteiligten in die

Abwicklung der betreffenden Transaktion auch hinsichtlich der

Verwendung des Scheckbetrages die Albert A GesmbH & Co KG

eingeschaltet war (vgl etwa das an die Albert A GesmbH & Co KG

gerichtete übersendungsschreiben der C AG vom 16. September 1980

/Beilage zur Forderungsanmeldung ON 24/II des bei der

Hauptverhandlung verlesenen Aktes Sa 10/81 des Landesgerichtes

Innsbruck/ in Verbindung mit dem betreffenden Passus der darin

bezogenen Liefervereinbarung S 35; ferner das Anzeigevorbringen S

31; 'Die Scheckzahlung sollte durch vorgenannte Firma bzw ihren

Geschäftsführer treuhänderisch entgegengenommen und ... entsprechend

der Vereinbarung im Liefervertrag ... weitergeleitet werden'). Ganz

im Einklang damit ist die Staatsanwaltschaft selbst in ihrer

Anklageschrift davon ausgegangen, daß der Verrechnungsscheck dem

Angeklagten 'als Geschäftsführer der Firma Albert A GesmbH &

Co KG ... übergeben worden war' (S 167; vgl auch S 171).

Im Urteil ist mit hinreichender Deutlichkeit ohnehin festgestellt, daß der Angeklagte in seiner zuvor erwähnten Geschäftsführereigenschaft verpflichtet war, den der Firma Albert A GesmbH & Co KG von der C AG zugeflossenen Geldbetrag zur Bezahlung des für Andreas E bestimmten Kühlpults bei der Firma D zu verwenden (S 213 in Verbindung mit S 221;

die weitere Mängelrüge (Z 5), das Erstgericht habe die dahin lautende Aussage des Zeugen E unerwähnt gelassen, geht also ins Leere. Für die Annahme, daß die Zahlung vom Angeklagten nicht (ohne weitere Voraussetzungen) sofort, sondern erst nach Lieferung und Montage der Anlage durch die Firma D zu leisten war, sind im Urteil mit den Hinweisen auf die Aussagen der Zeugen D und E sowie auf die geschäftlichen Gepflogenheiten (S 216, 219) durchaus zureichende Gründe angegeben. Durch die (mit sofortigem Vorbehalt der Nichtigkeitsbeschwerde beantwortete: S 203) Abweisung des vom öffentlichen Ankläger in der Hauptverhandlung gestellten Antrags (S 201) auf Einvernahme des Zeugen Friedhelm L zur Widerlegung der Verantwortung des Angeklagten, der Zeuge habe ihm (namens der C AG) ein Zurückhalten der Zahlung bis zur Lieferung des Kühlpultes ausdrücklich gestattet (S 194), wurde - der bezüglichen Verfahrensrüge (Z 4) zuwider - die Strafverfolgung nicht beeinträchtigt, weil das Erstgericht den vom Angeklagten behaupteten Umstand ohnehin nicht als erwiesen angenommen hat (S 219). Ergibt sich aber auf Grund der mängelfreien Urteilsfeststellungen, daß nicht schon die (der übernommenen Verwendungspflicht noch keineswegs zuwiderlaufende) Einlösung des auf 21.000 DM lautenden Verrechnungsschecks zugunsten der Albert A GesmbH & Co KG im September 1980, sondern erst eine (allfällige) spätere, mit jener Verwendungspflicht unvereinbare Verfügung des Angeklagten über die anvertraute Geldsumme zugunsten des eigenen (oder Gesellschafts-) Vermögens als im Sinne des § 133 StGB tatbestandsmäßige Zueignung in Betracht kommt, so erweist sich die von der Staatsanwaltschaft unter dem Gesichtspunkt eines (präsenten) 'Deckungsfonds' beantragte Erforschung des Vermögensstands der Albert A GesmbH & Co KG im September 1980 durch ein Sachverständigengutachten (S 201) als (mangels Relevanz) entbehrlich und die wegen der Abweisung dieses Beweisantrags (nach entsprechendem sofortigem Vorbehalt der Nichtigkeitsbeschwerde durch den Ankläger: S 203) erhobene Verfahrensrüge (Z 4) somit ebenfalls als nicht zielführend. Ob der Angeklagte durch eine spätere treuwidrige Gebarung mit einem nach den dargelegten Umständen wohl rite ins juristische Eigentum der Albert A GesmbH & Co KG gelangten, wirtschaftlich jedoch nicht zu deren Vermögen gehörenden Geldbetrag eine als Zueignung im Sinne des § 133

StGB zu beurteilende Vermögensverschiebung bewirkt hat, muß mangels entsprechender Sachverhaltskonstatierungen im angefochtenen Urteil wie auch deshalb dahingestellt bleiben, weil sich der Oberste Gerichtshof bei der überprüfung des betreffenden Freispruchs auf die zu dessen Punkt 1 von der Staatsanwaltschaft geltend gemachte (prozessualen) Nichtigkeitsgründe zu beschränken hat (§ 290 Abs 1 erster Satz StPO).

In Ansehung des Freispruchsfaktums 2 kommt jedoch der Nichtigkeitsbeschwerde des öffentlichen Anklägers Berechtigung zu:

Auch wenn der dem Angeklagten vom Vertreter der Brauerei F unmittelbar oder über die dabei anwesende Frieda G übergebene (Verrechnungs-)Scheck über 68.000 S nach dem vom Erstgericht konstatierten Willen der Beteiligten durch die übergabe Eigentum der (vom Angeklagten repräsentierten) Albert A GesmbH & Co KG geworden war, konnte er oder die in ihm verkörperte Geldsumme doch mögliches Objekt einer Veruntreuung seitens des Angeklagten (zum Nachteil eines Dritten) sein (EBRV 281); denn maßgebend ist insoweit nicht, wer zivilrechtlich Eigentümer der Sache ist, sondern nur der wirtschaftliche Inhalt des zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses (Leukauf-Steininger StGB2 § 133 RN 2). Für den Begriff des Anvertrauens im Sinne des § 133 StGB ist wesentlich, daß der Täter die (faktische) Verfügungsgewalt über ein (wirtschaftlich fremdes) Gut mit der Verpflichtung innehat, sie nur entsprechend einer bestimmten Rückstellungs- oder Verwendungspflicht zu gebrauchen (Leukauf-Steininger aaO RN 4), zum Beispiel das (ihm sohin anvertraute) Gut im Interesse des Berechtigten an einen Dritten weiterzuleiten (Kienapfel BT II § 133 RN 34). Zutreffend verweist nun die Staatsanwaltschaft in ihrer dieses Faktum (allein) betreffenden Rechtsrüge (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) darauf, daß der Angeklagte nach den (bisherigen) Urteilsfeststellungen verpflichtet war, nach Abzug des seiner Firma aus dem ihrerseits den Eheleuten G gewährten Darlehen zustehenden Betrages die restliche Schecksumme von 55.000 S zur Tilgung der Darlehensschuld der Eheleute G bei der Brauerei K. H KG zu verwenden, um die Eheleute G von ihren vertraglichen Verpflichtungen jener Brauerei gegenüber zu befreien (S 215, 217). Der Betrag von 55.000 S war daher dem Angeklagten - rechtsrichtig betrachtet - mit der erwähnten Verwendungspflicht anvertraut; hatte er doch damit der wirtschaftlichen Natur der Vereinbarung entsprechend, (ausschließlich) ein bestimmtes sachbezügliches Vermögensinteresse anderer wahrzunehmen (vgl Kienapfel aaO RN 30 ff). Eine bestimmungswidrige Verfügung des Angeklagten über den ihm solcherart anvertrauten Geldbetrag, durch welche dieser in sein (des Angeklagten) oder eines Dritten (allenfalls der Albert A Ges mbH & Co KG) freies Vermögen überführt wurde, kann demnach durchaus eine dem Tatbild der Veruntreuung entsprechende Zueignungshandlung darstellen. In augenscheinlicher Verkennung dessen hat jedoch das Erstgericht konkrete Feststellungen über die tatsächliche weitere Gebarung des Angeklagten mit dem ihm anvertrauten Geldbetrag unterlassen.

Ein Vorhaben des Angeklagten, den Anspruch der Brauerei K. H KG auf den in seiner Verfügungsmacht befindlichen Betrag von 55.000 S mit eigenen (Gegen-)Forderungen aus der bestandenen Geschäftsbeziehung aufzurechnen - wobei freilich als wesentliches Indiz für das Vorhandensein eines Aufrechnungswillens die Bekanntgabe der Aufrechnung an den Partner verlangt werden muß (ÖJZ-LSK 1978/314 ua) -, vermag allerdings den für den Tatbestand der Veruntreuung erforderlichen Bereicherungsvorsatz auszuschließen, wenn (im Zeitpunkt der Zueignung) üerhaupt eine Aufrechnungslage bestand oder doch vom Angeklagten als bestehend angenommen wurde (vgl hiezu Kienapfel BT II § 133 RN 93, 94). Das angefochtene Urteil enthält nun zwar die Konstatierung, daß der Angeklagte 'vorhatte', bei einer in Aussicht genommenen Besprechung der 'Beteiligungsfälle' mit der Firma H den 'Fall ... zur Sprache ... (sowie) zur Regelung und zur Abrechnung zu bringen', und daß ihm eine Forderung gegen die Firma H aus Kreditvorlagen 'in der Größenordnung von ca 100.000 S zustehen konnte' (S 215); es fehlen jedoch Feststellungen sowohl über eine Erklärung eines konkreten Aufrechnungswillens durch den Angeklagten als auch über die Höhe der einander insgesamt gegenüberstehenden Forderungen im Hinblick darauf, daß die Brauerei K. H KG im Ausgleich (Anschlußkonkurs) der Albert A (nachmals M-) Gesellschaft mbH & Co KG Forderungen aus Lieferungen, aus einem Darlehen und aus Leergut in einer Gesamthöhe von mehr als 1 Million S - sowie im Prozeßweg den hier verfahrensgegenständlichen Betrag von 55.000 S gegen den Angeklagten persönlich (S 87-90) - geltend gemacht hat (ON 30/

II im Akt Sa 10/81 des Landesgerichtes Innsbruck).

Da die zum Freispruchsfaktum 2 getroffenen Feststellungen für eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes mithin nicht ausreichen, war der staatsanwaltschaftlichen Nichtigkeitsbeschwerde aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO - ohne daß es eines Eingehens auf die von der Staatsanwaltschaft hiezu vorgebrachten weiteren Beschwerdeeinwände bedurfte - in diesem Punkt stattzugeben und insoweit wie im Spruche zu entscheiden, im übrigen (bezüglich Punkt 1 des Freispruchs) jedoch die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft zu verwerfen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E04020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1982:0120OS00059.82.1216.000

Dokumentnummer

JJT_19821216_OGH0002_0120OS00059_8200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten