TE OGH 1983/5/5 13Os44/83

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Veröffentlicht am 05.05.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5.Mai 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Veith als Schriftführer in der Strafsache gegen Anton A und andere wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z. 2 StGB. über die vom Angeklagten Anton A gegen das Urteil des Jugendgerichtshofs Wien als Schöffengerichts vom 29.November 1982, GZ. 4 c Vr 1550/81-65, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Felzmann, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Flendrovsky und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 18.November 1963 geborene Installateurgehilfe Anton A ebenso wie die zur Tatzeit ebenfalls noch jugendlichen Mitangeklagten Erich B und Gerhard C des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z. 2 StGB. schuldig erkannt, weil sie am 22.August 1981 in Wien in verabredeter Verbindung mit den abgesondert verfolgten Erwachsenen Roland D und Christian B, nachdem sie sich untereinander durch Zeichen verständigt hatten, Ahmet E durch Faustschläge, Fußtritte und Schläge mit einem Hosenriemen, wodurch dieser eine Platzwunde unterhalb des rechten Auges und Kratzwunden an der rechten Hand erlitt, am Körper leicht verletzt hatten (A). Erich B und Gerhard C wurden auch wegen des Vergehens nach § 135 Abs. 1 StGB. (B) und wegen des Vergehens nach § 229 Abs. 1 StGB. (C) verurteilt, weil sie die dem Ahmet E weggenommene Herrenhandtasche und darin befindliche Urkunden (Reisepässe, Meldezettel, Arbeitskarten) versteckten und unterdrückten. über den diesbezüglich auch Anton A treffenden Anklagevorwurf (ON. 27) wurde formell nicht abgesprochen. Erich B wurde schließlich auch des Vergehens nach § 36 Abs. 1

lit. b WaffenG. (D) und des Vergehens nach §§ 125, 126 Abs. 1 Z. 5 StGB. (E) schuldig erkannt.

Nur der Angeklagte A ficht dieses Urteil, das im übrigen in Rechtskraft erwachsen ist, mit einer auf die Z. 7, 5, 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an.

Zum Vorwurf der Nichterledigung der Anklage ist vorweg zu bemerken, daß nach der Urteilsbegründung die Handtasche zunächst von B in seiner Wohnung versteckt und erst am Vormittag des Tattags, als sich A bereits in Haft befand, zum Wienfluß gebracht wurde, sodaß sich die Gründe für den (unter formalem Verstoß gegen die Bestimmung des § 259 Z. 3 StPO. unterlassenen ausdrücklichen) Freispruch (siehe SSt. XXIV/1) zweifelsfrei ergeben (S. 284). überdies gereicht dieser Formfehler dem Angeklagten nicht zum Nachteil, sodaß er mangels Beschwer gar nicht berechtigt ist, den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 7 StPO. geltendzumachen (SSt. I/23, XIX/122 u.a.). Mit der Mängelrüge behauptet der Beschwerdeführer unter Wiederholung seiner in der Hauptverhandlung gewählten, vom Schöffengericht aber ausdrücklich als unglaubwürdig abgelehnten Verantwortung, das Beweisverfahren biete keine Stütze für die Urteilsannahme, daß er sich an der Verletzung des Ahmet E nach vorheriger Verabredung mit den Mittätern beteiligt hat, und vermeint, daß diese Konstatierung unbegründet und aktenwidrig sei. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, daß das Gericht in aktengetreuer Wiedergabe der Beweisresultate und unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Verantwortung des Angeklagten bei der Polizei (S. 53) und die Aussagen des Mittäters C (S. 51) in Verbindung mit dem unbestrittenen Umstand, daß sich die Angeklagten schon lang vorher zwecks allfälliger Verprügelung von 'AUSTRIA-Anhängern' im Westbahnhof zusammengerottet hatten und dann unter aufgestauten Aggressionen unverrichteter Dinge abziehen mußten, den denkrichtigen Schluß ziehen konnte, daß der Angriff auf den zufällig des Weges kommenden Türken in konkludenter Verabredung herbeigeführt wurde. Dieser Schluß findet darin, daß es lediglich einer Verständigung durch Zeichen bedurfte, um alle Beteiligten herbeizurufen, und daß die Täter gemeinsam flüchteten, eine logische Bestätigung (S. 284, 287, 289).

Die weitwendigen Beschwerdeausführungen sind somit nichts anderes als eine unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung. Aber auch die Rechtsrüge (§ 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a und 10 StPO.), wonach der Türke durch ihn nicht verletzt worden sei und eine verabredete Verbindung nicht angenommen werden könne, weil es hiefür einer intensiven, vorgeplanten, einem Komplott vergleichbaren Vorgangsweise bedurft hätte, hält einer überprüfung nicht stand. Entgegen dem Beschwerdevorbringen bedeutet verabredete Verbindung (§ 84 Abs. 2 Z. 2 StGB.) schlicht den vor der Tatausführung gefaßten gemeinsamen Tatentschluß, der auf einer, wenn auch sukzessiv und schlüssig zustandegekommenen, Willensübereinstimmung fußt. Die übereinstimmung muß (ungeachtet des Ausdrucks: verabredet) nicht in einer förmlichen Absprache bestehen, kraft deren die zur Tat entschlossenen Personen an Ort und Stelle als Einheit auftreten (LSK. 1979/102 u.a.). Eine Willensübereinstimmung kann ohne weiters mittels Verständigung durch Zeichen herbeigeführt (LSK. 1979/103) oder sonst konkludent (§ 863 abGB.) hergestellt werden. Eben dies (Verabredung durch Zeichen hat das Gericht - entgegen den insoweit nicht prozeßordnungsmäßigen Beschwerdeausführungen - als erwiesen angenommen (S. 284).

Strafbarkeit wegen Körperverletzung durch mindestens drei Personen in verabredeter Verbindung erfordert auch nicht, daß jeder der Verabredeten Hand an den Angegriffenen legt oder sonstwie aktiv mitwirkt. Wer als Mitglied der verabredeten Verbindung durch seine bloße Anwesenheit auf dem Tatort seinen Willen zum allfälligen Eingreifen in den Ereignisablauf ausdrückt, haftet nach § 84 Abs. 2 Z. 2 StGB. für den ganzen aus der Tätigkeit aller Verabredeten hervorgegangenen Erfolg (LSK. 1977/192, 1979/104, 1976/267).

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Anton A wurde nach § 84 Abs. 2 StGB. unter Anwendung des § 11 Z. 1 JGG. zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, welche unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt.

Bei der Strafzumessung wurde die Vorstrafe wegen §§ 83, 84 Abs. 2 Z. 2 StGB. als erschwerend und kein Umstand als mildernd gewertet. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Umwandlung der Freiheitsstrafe in eine Geldstrafe, allenfalls eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe an.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Der Hinweis, daß die Tat nur relativ geringe Verletzungsfolgen nach sich gezogen hat, die nicht unmittelbar vom Berufungswerber veranlaßt wurden, vermag keinen Milderungsumstand darzustellen, weil § 84 Abs. 2 Z. 2

StGB. auf die Gefährlichkeit der Tatbegehung und nicht auf die Verletzungsfolgen abstellt. Wenn der Berufungswerber dem Ahmet E auch keine Verletzungen beigebracht hat, fällt doch eher als erschwerend ins Gewicht, daß er die Auseinandersetzung durch eine Belästigung eingeleitet hat und somit am Geschehen insgesamt führend beteiligt war (§ 33 Z. 4 StGB.). Das legt im Zusammenhang mit seiner einschlägigen Vorstrafe den Schluß nahe, daß derartige Gewaltakte dem Charakter des Berufungswerbers nicht fremd sind. Sonach sind dem Vorbringen keine Umstände zu entnehmen, die in spezialpräventiver Hinsicht die Erwartung zuließen, der Angeklagte würde bei Verhängung einer Geldstrafe in Zukunft derartige Aggressionsakte unterlassen (§ 37 Abs. 1 StGB.). Vielmehr erscheint es erforderlich, eine schuldangemessene Freiheitsstrafe anzudrohen, die mit einem Drittel des zur Verfügung stehenden Rahmens (§ 84 StGB., § 11 Z. 1 JGG.) - bedenkt man den geradezu klassischen Rückfall in die nämliche Tat und Qualifikation - ohnehin maßvoll ausgeschöpft wurde.

Anmerkung

E04156

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0130OS00044.83.0505.000

Dokumentnummer

JJT_19830505_OGH0002_0130OS00044_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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