TE Vwgh Erkenntnis 2005/5/25 2002/09/0081

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Veröffentlicht am 25.05.2005
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Index

L40019 Anstandsverletzung Ehrenkränkung Lärmerregung
Polizeistrafen Wien;
L40209 Sicherheitspolizei Wien;
41/01 Sicherheitsrecht;

Norm

LSicherheitsG Wr 1993 §1 Abs1;
SPG 1991 §82 Abs1;
SPG 1991 §82 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des W in W, vertreten durch Dr. Johannes Peter Gruber, Rechtsanwalt in 1220 Wien, Wagramer Straße 19, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 8. Jänner 2002, Zl. UVS- 03/P/11/9553/2000/8, betreffend Übertretung des Sicherheitspolizeigesetzes und des Wiener Landessicherheitsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 254,60 und dem Bund von EUR 127,30 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 2. Oktober 2000 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am 18. November 1999 um 10.05 Uhr in W, P-Straße

"1.) trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während dieser seine gesetzlichen Aufgaben wahrnahm, (sich) aggressiv verhalten (Heben der Hände und wild Gestikulieren vor dem Gesicht des Meldungslegers) und dadurch eine Amtshandlung (Fahrzeug - Lenkerkontrolle) behindert;

2.) durch Schreien wie 'Des is eh nur a Schikane vor Dir, Du konnst ma sowieso den Bock aufblosen, von Dir loss i mi net pflanzen' ungebührlicherweise störenden Lärm erregt, welcher vermeidbar gewesen wäre;

3.) durch ordinäres Schimpfen der Worte 'Des Wixer kennts mir am Orsch lecken, ihr versteckts eich eh nur hinter euer Uniform, ihr seids uniformierte Mörder, so was wia du müasst normal im Bluat liegen ...', welche nicht den allgemein anerkannten Grundsätzen der Schicklichkeit entsprachen und einen groben Verstoß gegen die guten Sitten darstellten, den Anstand an einem öffentlichen Ort verletzt."

Der Beschwerdeführer habe dadurch zu 1.) § 82 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz - SPG sowie zu 2.) § 1 Abs. 1 Z. 2 und zu

3.) § 1 Abs. 1 Z. 1 Wiener Landessicherheitsgesetz verletzt. Über ihn wurden wegen dieser Übertretungen zu 1.) gemäß § 81 Abs. 1 SPG und zu 2.) und 3.) gemäß § 1 Abs. 1 Wiener Landessicherheitsgesetz Geldstrafen von jeweils S 1.000,-- (EUR 72,67) sowie Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 30 Stunden verhängt.

Die Behörde gründete den von ihr als erwiesen angenommenen maßgeblichen Sachverhalt auf die ihr glaubwürdig erscheinenden Angaben des einschreitenden Sicherheitswachebeamten (Meldungslegers) sowie dessen Stellungnahme.

Der Beschwerdeführer hatte die Verwaltungsübertretungen bestritten und in einer Stellungnahme als Zeugen seinen damaligen Arbeitgeber angeführt, mit dem er zum fraglichen Zeitpunkt telefoniert hätte. Dieser war daraufhin von der Bezirkshauptmannschaft H im Rechtshilfeweg zeugenschaftlich einvernommen worden. In einem "Einspruch" vom 8. September 2000 hatte der Beschwerdeführer angegeben, dass die ihm vorgeworfenen Taten völlig aus der Luft gegriffen wären. Es hätte sich beim Meldungsleger um einen jungen Kärntner Beamten gehandelt, der großen Hass gegen den Beschwerdeführer gehegt hätte. Am selben Tag (18. November 1999) hätte derselbe Beamte bereits eine unrichtige Anzeige gegen den Beschwerdeführer erstattet, das Verfahren wäre eingestellt worden.

In seiner gegen das Straferkenntnis vom 10. Oktober 2000 erhobenen Berufung rügte der Beschwerdeführer u.a., dass die entlastende Zeugenaussage des von ihm genannten Zeugen nicht entsprechend gewürdigt worden sei. Er habe sehr wohl auf Umstände aufmerksam gemacht, die die Voreingenommenheit des "Wachebeamten" bewiesen. Auch diese seien nicht gewürdigt worden. Die Worte, die er benutzt hätte, stammten aus der Kärntner Umgangssprache, welche ihm jedoch unbekannt sei.

Die belangte Behörde führte eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers durch, in welcher der einschreitende Sicherheitswachebeamte (Meldungsleger) sowie der vom Beschwerdeführer angeführte Zeuge zeugenschaftlich einvernommen wurden.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 8. Jänner 2002 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben und das Straferkenntnis der Behörde erster Instanz bestätigt.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass sie den Ausführungen des Beschwerdeführers keinen Glauben schenke. Der von ihm genannte Zeuge habe - entgegen der Meinung des Beschwerdeführers - nicht zu seiner Entlastung beitragen können. Auch das Berufungsvorbringen, die Schimpfworte entstammten der Kärntner Umgangssprache und seien dem Beschwerdeführer daher unbekannt, seien nicht geeignet gewesen, die Unrichtigkeit des Tatvorwurfes aufzuzeigen. Für die belangte Behörde habe kein Grund bestanden, an den glaubwürdigen Ausführungen des Meldungslegers zu zweifeln.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde, zu welcher die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vorlegte und eine Gegenschrift erstattete, wird Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 82 des Sicherheitspolizeigesetzes - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, lautet:

"Aggressives Verhalten gegenüber Organen der

öffentlichen Aufsicht oder gegenüber Militärwachen

§ 82. (1) Wer sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber einer Militärwache, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen, aggressiv verhält und dadurch eine Amtshandlung behindert, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 3 000 S zu bestrafen. An Stelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden.

(2) Eine Bestrafung nach Abs. 1 schließt eine Bestrafung wegen derselben Tat nach § 81 aus."

§ 1 des Wiener Landes-Sicherheitsgesetzes, LGBl. Nr. 51/1993, lautet:

     "§ 1. (1) Wer

     1.        den öffentlichen Anstand verletzt oder

     2.        ungebührlicherweise störenden Lärm erregt,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Fall der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu einer Woche zu bestrafen."

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil die belangte Behörde ihrer Verpflichtung, den entscheidungsrelevanten Sachverhalt zu ermitteln, nicht nachgekommen sei. Sein Berufungsvorbringen - die Voreingenommenheit des Meldungslegers - sei in der Entscheidung der belangten Behörde nicht berücksichtigt worden. Weder sei der Beschwerdeführer, noch der Meldungsleger zu diesen Umständen befragt worden.

Damit zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung ist nämlich ersichtlich, dass der Meldungsleger auf Befragen des Verhandlungsleiters Angaben dazu machte, dass ihm der Beschwerdeführer von einer länger zurückliegenden Amtshandlung her erinnerlich sei. Des Weiteren wurde dem Beschwerdeführer im Zuge der vor der belangten Behörde durchgeführten mündlichen Verhandlung die Möglichkeit eingeräumt, von seinem Fragerecht gemäß § 45 Abs. 4 AVG Gebrauch zu machen. Der Beschwerdeführer hat auf dieses Fragerecht jedoch ausdrücklich verzichtet - "Ich will mit dem Herrn Inspektor nichts reden. Ich stelle keine Fragen an ihn." - und damit der Aussage des Zeugen nichts entgegengesetzt.

Auch mit dem Beschwerdevorbringen, die Zeugenaussage des ehemaligen Arbeitgebers des Beschwerdeführers und die Aussagen des Meldungslegers stünden zueinander in Widerspruch, zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil ein solcher Widerspruch nicht ersichtlich ist. Bei der gegebenen Sachlage kann nämlich nicht angenommen werden - und dies wurde nicht einmal vom Beschwerdeführer behauptet -, dass der Zeuge über das Telefon während seines mit dem Beschwerdeführer geführten Telefongespräches den gesamten Vorfall zwischen dem Beschwerdeführer und dem einschreitenden Sicherheitswachebeamten zur Gänze wahrgenommen hätte oder hätte wahrnehmen können.

Auch das in der Beschwerde wiederholte Vorbringen, die vorgeworfene Wortwahl entstamme einem Kärntner Idiom, dessen sich der Beschwerdeführer nicht bediene, ist nicht nachvollziehbar, wobei im Übrigen ebenso möglich wäre, dass einzelne Worte bloß in einer der angeführten Umgangssprache entsprechenden Weise festgehalten wurden.

Wenn die belangte Behörde nach der Würdigung der von ihr aufgenommenen Beweise zu dem Ergebnis gelangte, dass den Ausführungen des einschreitenden Sicherheitswachebeamten eher Glauben zu schenken war, als jenen des Beschwerdeführers, so hat sie dies ausreichend begründet und kann dies daher nicht als rechtswidrig erkannt werden. Die Beschwerdeausführungen lassen Zweifel an der Schlüssigkeit der von der Behörde dargelegten Erwägungen zur Beweiswürdigung und der ordnungsgemäßen Sachverhaltsermittlung nicht aufkommen.

Der Verwaltungsgerichtshof kann auch die mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene rechtliche Subsumtion des festgestellten Verhaltens des Beschwerdeführers sowie die Strafbemessung nicht als rechtswidrig erkennen, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Zu einer Kostenteilung zwischen der Bundeshauptstadt Wien und dem Bund kommt es im Verhältnis 2:1 deswegen, weil die belangte Behörde einerseits hinsichtlich zweier Bestrafungen des Beschwerdeführers auf Grund des Wiener Landessicherheitsgesetzes gemäß § 47 Abs. 5 VwGG im Namen der Bundeshauptstadt Wien und anderseits hinsichtlich einer weiteren Bestrafung auf Grund des Sicherheitspolizeigesetzes im Sinne der ständigen Praxis des erkennenden Senates zu § 47 Abs. 5 VwGG im Namen des Bundes tätig geworden ist.

Wien, am 25. Mai 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002090081.X00

Im RIS seit

07.07.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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