TE OGH 1983/9/27 9Os146/83

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Veröffentlicht am 27.09.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hirnschall als Schriftführerin in der Strafsache gegen Josef A wegen des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Jugendschöffengericht vom 6.Juli 1983, GZ 8 Vr 339/83-13, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Strafsache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 10.Juli 1965 geborene - mithin jugendliche - Landmaschinenmechanikerlehrling Josef A des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Nach dem Inhalt des Urteilsspruches liegt ihm zur Last, am 2.Februar 1983 in Geinberg durch die vor Beamten des Gendarmeriepostenkommandos Geinberg erhobene Behauptung, Alois B habe am 28.Jänner 1983 in Gurten im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit ihm dem Alois C einen Bargeldbetrag von ca. 1.300 S mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, den Alois B einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich des Vergehens des Diebstahls nach § 127 Abs 1, Abs 2 Z 1 StGB , falsch verdächtigt und ihn dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt zu haben, wobei er wußte (§ 5 Abs 3 StGB ), daß die Verdächtigung falsch war. Von den weiteren wider ihn erhobenen Anklagepunkten, er habe am 28.Jänner 1983 in Gurten dem Alois C einen Bargeldbetrag von 1.300 S gestohlen und ihn durch dauernden Entzug seiner Geldtasche geschädigt, wurde der Angeklagte gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Der freisprechende Teil des Urteils erwuchs in Rechtskraft. Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z 4, 5, 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt Berechtigung zu.

Nach der Bestimmung des § 297 Abs 2 StGB ist (wegen Verleumdung) nicht zu bestrafen, wer freiwillig die Gefahr einer behördlichen Verfolgung beseitigt, bevor eine Behörde etwas zur Verfolgung des Verdächtigen unternommen hat. Gewiß wird ein bloßer Widerruf falscher Anschuldigungen hiezu häufig nicht genügen, doch könnte je nach den Umständen des Einzelfalles - insbesondere bei verbalen Verleumdungen - eine substantiierte Erklärung geeignet sein, die Voraussetzungen der tätigen Reue erfüllen (Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB 2 RN. 26 zu § 297; Pallin im Wiener Kommentar zum StGB RZ 24 zu § 297; ÖJZ-LSK 1978/233).

Mit Recht rügt die Nichtigkeitsbeschwerde in dieser Beziehung der Sache nach einen Feststellungsmangel des Erstgerichtes, das sich in seinem Urteil überhaupt nicht mit der Aussage der Zeugin Anna A (S. 46 d.A.) und jenem Teil der Aussage des Zeugen Hermann D (S. 45 d. A.) beschäftigte, nach deren Inhalt die Mutter des Angeklagten sogleich nach dessen Heimkehr von der Vernehmung auf seine Veranlassung hin beim Gendarmeriepostenkommando Geinberg angerufen hätte, um mitzuteilen, daß der Angeklagte seine Angaben widerrufe (oder daß er 'nichts gemacht habe').

Da vom Erstgericht weder der Inhalt des behaupteten Ersuchens des Angeklagten an seine Mutter, noch der Inhalt des Telefonats der Mutter festgestellt wurde, insbesondere ob er sich auch auf Alois B bezog (was angesichts des ursprünglich behaupteten Gesellschaftsdiebstahls naheliegend gewesen sein könnte), noch, wann das Telefonat stattfand (ob vor oder nach Verfolgungsschritten gegen Alois B, der im übrigen im Gegensatz zum Angeklagten nicht als 'Beschuldigter', sondern als 'Auskunftsperson' vernommen wurde - S. 9 in ON. 2 d.A.), ist die Sache einer abschließenden rechtlichen Beurteilung nicht zugänglich.

Schon aus diesen Erwägungen erweist es sich als unumgänglich, das angefochtene Urteil bereits bei der nichtöffentlichen Beratung aufzuheben und die Verfahrenserneuerung anzuordnen (§ 285 e StPO.), ohne daß es erforderlich gewesen wäre, auf das weitere Vorbringen der Nichtigkeitsbeschwerde einzugehen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E04361

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0090OS00146.83.0927.000

Dokumentnummer

JJT_19830927_OGH0002_0090OS00146_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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