TE OGH 1983/10/25 2Ob573/83

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Veröffentlicht am 25.10.1983
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Norm

ImmMV §8 Abs8

Kopf

SZ 56/154

Spruch

Die Vereinbarung zwischen dem Verkäufer einer Liegenschaft und einem Immobilienmakler, daß letzterem als Provision der Betrag zustehen soll, der einen bestimmten Kaufpreis übersteigt, ist insoweit wirksam, als damit die zulässige Höchstprovision nicht überschritten wird

OGH 25. 10. 1983, 2 Ob 573/83 (OLG Wien 13 R 82/83; LGZ Wien 14 Cg 301/81)

Text

Die klagende Partei vermittelte auf Grund eines Alleinvermittlungsauftrages vom 12. 2. 1981 den Verkauf der Eigentumswohnung des Beklagten. In dem schriftlichen Vermittlungsauftrag wurde der Kaufpreis mit 650 000 S festgesetzt. Es wurde vereinbart, daß bei etwaiger Erzielung eines über dem festgesetzten Kaufpreis liegenden Betrages dieser als Erfolgsprämie zuhanden der klagenden Partei geht. Der Verkäufer hat, sofern nicht der Vertragsabschluß durch sein Verschulden oder durch unrichtige Angaben unterbleibt, keinerlei Spesen oder Provision zu bezahlen.

Gegen das auf Bezahlung von 40 000 S sA als Erfolgsprämie gerichtete Klagebegehren wendet der Beklagte ein, daß der Kaufvertrag lediglich mit einem Kaufpreis von 600 000 S abgeschlossen worden sei. Im übrigen könne die klagende Partei eine Provision von höchstens 3% des Kaufpreises begehren. Die klagende Partei repliziert, daß von ihr ein höherer Kaufpreis erzielt worden sei. Der spätere Käufer habe ein verbindliches Anbot mit einem Kaufpreis von 690 000 S gemacht. Ein dem Käufer entgegen § 11 Abs. 2 HVG gewährter Nachlaß könne bei der Provisionsberechnung nicht abgezogen werden. Hilfsweise stützt die klagende Partei ihr Begehren auf den Rechtsgrund des Schadenersatzes.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Der Beklagte wurde im Verlauf der Gespräche bei Abschluß des Vermittlungsauftrages darüber informiert, daß die klagende Partei die Wohnung um 690 000 S anbieten werde. Der Beklagte habe bei Erzielung dieses Kaufpreises die Differenz zum festgesetzten Kaufpreis an die klagende Partei zu bezahlen. Dafür sei er von jeder Provision in Form eines perzentuellen Abzuges vom Kaufpreis von 650 000 S befreit, sodaß ihm dieser Betrag unvermindert zukomme. Bei Besichtigung des Wohnung durch das Ehepaar M in Begleitung eines Angestellten der klagenden Partei war der Beklagte nicht anwesend. Nach dieser Besichtigung stellte Walter M am 18. 3. 1981 ein schriftliches Kaufanbot. Er verpflichtete sich, einen Kaufvertrag mit einem Kaufpreis von 690 000 S abzuschließen. Dieses Anbot wurde vom Beklagten einige Tage später gegengezeichnet. Es ist nicht erwiesen, daß hiebei das Anbot den Kaufpreis von 690 000 S noch nicht enthielt. Bei den folgenden Telefongesprächen über die Errichtung des Kaufvertrages versprach der Beklagte die Abführung des Überpreises an die klagende Partei nach Erhalt des Kaufpreises. Etwa drei Wochen nach dem Kaufanbot suchte Walter M den Beklagten auf. Auf die Frage, was die Wohnung kosten solle, nannte der Beklagte einen Kaufpreis von 650 000 S. Nach dem Hinweis des Walter M auf den von der klagenden Partei genannten Kaufpreis erklärte der Beklagte, er wolle 650 000 S, alles übrige sei ihm gleich. Walter M wies den Beklagten auf eine Broschüre der Arbeiterkammer hin, wonach die klagende Partei nicht berechtigt sei, eine Erfolgsprämie zu verlangen. Der Beklagte einigte sich mit Walter M, einen Kaufvertrag um einen Kaufpreis von 600 000 S zu errichten. Walter M verpflichtete sich, dem Beklagten 50 000 S als Ablöse für die Etagenheizung und die Kücheneinrichtung zu bezahlen. Er erklärte, damit sei beiden geholfen. Diese Äußerung bezog sich auf die Einsparung der Erfolgsprämie. Walter M bezahlte der klagenden Partei in der Folge eine Provision von 3% auf Basis eines Kaufpreises von 690 000 S. Die klagende Partei arbeitet mit einem Betriebsmittelkredit, der mit 14% p. a. zu verzinsen ist.

Das Erstgericht vertrat den Standpunkt, daß die klagende Partei nach der Bestimmung des § 29 HVG in Verbindung mit den §§ 5 und 6 HVG grundsätzlich Anspruch auf Provision habe. Die Höhe der Provision sei durch die Vereinbarung über den Überpreis festgelegt worden. Überpreise seien nichts anderes als Provisionen deren Höhe nur nicht nach einem Prozentsatz bestimmt werde.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil iS der Abweisung des Klagebegehrens ab und erklärte die Revision nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO für zulässig.

Das Berufungsgericht erachtete die Provisionsvereinbarung der Streitteile als nichtig. Nach den Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 16. 6. 1978 über Auslegungsregeln für Immobilienmakler (ImmMV), BGBl. Nr. 323, hätte eine Provision von höchstens 3% des Kaufpreises vereinbart werden dürfen. Soweit die Provisionsvereinbarung der Parteien über diesen gesetzlich zulässigen Höchstpreis hinausgehe, sei sie schon nach § 917a ABGB unwirksam. Die Provisionsvereinbarung sei aber darüber hinaus auch absolut nichtig. Sie lasse nicht erkennen, ob die Prämie vom Verkäufer zu bezahlen sei oder von der klagenden Partei einbehalten werde. Im Zusammenhang mit der Vereinbarung, daß der Verkäufer, von der schuldhaften Vereitlung des Geschäftsabschlusses abgesehen, keine Provision zu leisten habe, sei sie zur Irreführung geeignet. Sie widerspreche dem § 4 Abs. 1 Z 9 ImmMV, wonach die Immobilienmakler gegen Ausübungsregeln und somit auch gegen die Preisbestimmung des § 917a ABGB verstoßen, wenn sie einen über den vom Auftraggeber für den Verkauf festgelegten Mindestbetrag erzielten Betrag nicht weiter verrechneten. Die Provisionsvereinbarung bedeute wirtschaftlich die Überwälzung der vom Verkäufer zu tragenden Provision auf den Käufer und verstoße bei Wohnungen gegen § 8 Abs. 8 ImmMV. Der Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, zu einem höheren Kaufpreis als 650 000 S abzuschließen. Die klagende Partei könne sich daher auch nicht auf den Rechtsgrund des Schadenersatzes berufen, weil der Beklagte bei Abschluß des Kaufvertrages nicht rechtswidrig gehandelt habe.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei teilweise Folge und änderte die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin ab, daß er der klagenden Partei 23 010 S sA zusprach und ihr auf Zahlung eines weiteren Betrages von 16 990 S sA gerichtetes Mehrbegehren abwies.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Frage, ob das gesetzlich bestimmte Entgelt iS des § 917a ABGB eine Einschränkung der Entgeltbestimmung auf Gesetze im formellen Sinn bedeutet, ist hier nicht zu prüfen. Krejci (Handbuch des Konsumentenschutzgesetzes 179 f.) negiert übrigens eine solche Einschränkung unter Hinweis auf die Zielsetzung des Gesetzgebers. Der Beurteilung des Provisionsanspruches der klagenden Partei sind vielmehr die spezielleren Normen der Verordnung vom 16. 6. 1978, BGBl. Nr. 323 (ImmMV), zugrunde zu legen. Diese enthalten nach ständiger Rechtsprechung des OGH nicht nur Standesrecht für Immobilienmakler, sondern auch Konsumentenschutzbestimmungen, auf die sich wegen ihrer allgemeinen Geltung auch Kunden berufen können (SZ 53/117 ua.). Um Konsumentenschutzbestimmungen handelt es sich insbesondere bei den die dem Immobilienmakler gebührende Provision oder sonstige Vergütung regelnden Bestimmungen (ImmZ 1982, 116). Zu Recht hat daher das Berufungsgericht die Bestimmungen der ImmMV zur Beurteilung der Wirksamkeit der Entgeltvereinbarung der Streitteile herangezogen. Für die Beurteilung der Gesamtnichtigkeit kann aber nur fraglich sein, ob die Entgeltvereinbarung gegen § 8 Abs. 8 ImmMV verstößt. Nach § 8 Abs. 1 der ImmMV dürfen Immobilienmakler Provisionen oder sonstige Vergütungen nur bis zu den sich aus den Abs. 3 bis 13 und aus den §§ 10 bis 20 ImmMV ergebenden Höchstbeträgen vereinbaren. Soweit Provisionen oder sonstige Vergütungen nicht vereinbart werden dürfen, dürfen sie auch nicht gefordert oder genommen werden (§ 8 Abs. 3 ImmMV). Ist eine der Vertragsparteien des zu vermittelnden Rechtsgeschäftes zur Erteilung eines Vermittlungsauftrages nur unter der Bedingung bereit, daß sie die Pflicht zur Bezahlung einer Provision oder sonstigen Vergütung nicht trifft, so darf der Immobilienmakler mit der anderen Partei eine Provision oder sonstige Vergütung vereinbaren, die den zulässigen Höchstbetrag bis zu 100% überschreitet (§ 8 Abs. 8 ImmMV). Betrifft jedoch die Vermittlung eine Wohnung, darf der Immobilienmakler keine vom Käufer, Bestandnehmer oder sonstigen Gebrauchs- oder Nutzungsberechtigten zu bezahlende erhöhte Provision iS des Abs. 7 vereinbaren (§ 8 Abs. 8 ImmMV). Bei dieser Bestimmung handelt es sich um ein Verbotsgesetz, das erkennbar nur den Wohnungssuchenden vor der Belastung mit der Provision schützen soll, die der Abgeber der Wohnung nicht zu zahlen bereit ist. Normadressat ist der Immobilienmakler. Der Wohnungssuchende ist jedoch auch bei Vereinbarung einer Verkäuferprovision im Rahmen des zulässigen Höchstbetrages nicht davor geschützt, daß der Verkäufer die von ihm zu zahlende Provision wirtschaftlich im Wege des Kaufpreises auf den Käufer überwälzt. Der Verkäufer bezahlt die Provision in der Regel aus dem Verkaufserlös und wird daher auch regelmäßig bestrebt sein, einen höheren Kaufpreis zu erzielen, damit ihm nach Abzahlung der Provision ein möglichst hoher Nettokaufpreis verbleibt. Er kann sich aus diesem Gründe auch zu einer Provisionszahlung an den Immobilienmakler nur unter der Voraussetzung bereit erklären, daß ein bestimmter Mindestkaufpreis, den er jedenfalls erzielen will, überschritten wird. Um eine solche Provisionsabrede handelt es sich letztlich bei der Entgeltvereinbarung der Streitteile. Ein gesetzliches Verbot einer solchen Vereinbarung läßt sich aus § 8 Abs. 8 ImmMV nicht ableiten. Der wirtschaftlichen Überwälzung der Abgeberprovision durch den Verkäufer auf den Wohnungssuchenden sind grundsätzlich durch den Kaufpreis, der der freien Willenseinigung der Parteien unterliegt, Grenzen gesetzt.

Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, durfte eine Provision oder sonstige Vergütung aber nur bis zu den sich aus § 8 Abs. 3 bis 13 und den §§ 10 bis 20 ImmMV ergebenden Höchstbeträgen vereinbart werden. Danach beträgt der zulässige Höchstbetrag für die Vermittlung des Verkaufes oder Kaufes einer Eigentumswohnung bei einem Wert von mehr als 500 000 S 3%. Soweit eine Provision oder sonstige Vergütung nicht vereinbart werden darf, darf sie auch nicht gefordert oder genommen werden (§ 8 Abs. 3 ImmMV). Aus diesen Bestimmungen ergibt sich die Unwirksamkeit der Provisionsvereinbarung der Streitteile, soweit sie den zulässigen Höchstsatz von 3% überschreitet. Die klagende Partei konnte aber mit dem Beklagten ein auf den sich aus § 10 ImmMV ergebenden Höchstbetrag von 3% des Kaufpreises beschränktes, von der Erzielung eines über dem festgesetzten Kaufpreis liegenden Betrages abhängiges Pauschalentgelt wirksam vereinbaren. Schon vor dem Inkrafttreten der Immobilienmaklerverordnung wurde anerkannt, daß dem Immobilienmakler ein Anspruch in Höhe des Provisionsentganges zusteht, wenn das vermittelte Rechtsgeschäft aus Verschulden des Auftraggebers nicht zustande kam und dieser in der Absicht handelte (bzw. nicht handelte), den Makler um seine Provision zu bringen (HS 9792 ua.). Ein solcher Anspruch ist auch in der Immobilienmaklerverordnung vorgesehen, die im § 9 Abs. 1 Z 2 die Vereinbarung einer Provision oder sonstigen Vergütung für den Vereitlungsfall als zulässig erklärt. Ein Vereitlungsfall muß aber kraft Größenschlusses auch dann bejaht werden, wenn der Auftraggeber das Geschäft zwar abschließt, nicht jedoch zu dem vorgesehenen erzielbaren Preis, nur um den Vermittler um seine Provision zu bringen. Es ist im vorliegenden Fall nicht strittig, daß der Verkäufer bereit gewesen wäre, zu dem ihm von der klagenden Partei genannten Kaufpreis von 690 000 S abzuschließen. Ob das Kaufanbot vom 18. 3. 1981 auch bereits den Kaufpreis ziffernmäßig enthielt und ob dieses Anbot vom Beklagten wirksam angenommen wurde, kann daher auf sich beruhen. Die Vereinbarung eines Kaufpreises von letztlich 600 000 S und einer Investitionsablöse von 50 000 S mit dem Käufer erfolgte, wie sich aus den Feststellungen der Vorinstanzen ergibt, nur zu dem Zwecke, die klagende Partei um die Verkäuferprovision zu bringen. Der Revision ist daher darin beizupflichten, daß der klagenden Partei ein Anspruch auf 3% des Kaufpreises zuzüglich Umsatzsteuer zusteht. Der Berechnung dieses Anspruches legt die klagende Partei selbst nur einen Betrag von 650 000 S zugrunde, sodaß nicht zu prüfen ist, ob allenfalls von einer höheren Bemessungsgrundlage auszugehen wäre.

Anmerkung

Z56154

Schlagworte

Immobilienmakler, Provisionsvereinbarung dahin, daß - Betrag über, bestimmten (Mindest-)Kaufpreis hinaus zustehen soll: Wirksamkeit, Provision, s. a. Immobilienmakler

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0020OB00573.83.1025.000

Dokumentnummer

JJT_19831025_OGH0002_0020OB00573_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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