TE OGH 1983/11/15 10Os154/83

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Veröffentlicht am 15.11.1983
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Lachner und Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. von der Thannen als Schriftführer in der Strafsache gegen Riza A und andere wegen des Verbrechens der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Eva B und Elvan A sowie über die Berufung des Angeklagten Riza A gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengericht vom 14. Jänner 1983, GZ 13 Vr 1212/80-289, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Eva B und Elvan A, letztere jedoch nur, soweit sie auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützt ist, werden zurückgewiesen. über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Elvan A im übrigen und über die Berufungen beider genannten Angeklagten sowie des Angeklagten Riza A wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten Eva B auch die Kosten des sie betreffenden bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Riza A, Eva B und Elvan A des - von ersterem als unmittelbarem Täter (§ 12 erster Fall StGB), von B als Bestimmungstäterin (§ 12 zweiter Fall StGB) und vom Letztgenannten als Beitragstäter (§ 12 dritter Fall StGB) begangenen - Verbrechens der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach haben sie am 8. August 1980 in Gmunden an einer fremden Sache, und zwar am Haus Lannastraße 10, ohne Einwilligung der Eigentümerin Maria C eine Feuersbrunst zu verursachen versucht, und zwar Riza A dadurch, daß er im Haus befindliche Möbel, Textilien und Wolle mit einer brennbaren Flüssigkeit übergoß und anzündete, Eva B dadurch, daß sie am 6. oder 7. August 1980 während einer Fahrt von Salzburg nach Gmunden und am 7. August 1980 in Gmunden Riza A zu dieser Tat bestimmte, indem sie ihn zur Brandstiftung in der beschriebenen Art und Weise aufforderte, und Elvan A dadurch, daß er in der Zeit vom 6. bis zum 8. August 1980

auf einer Fahrt von Salzburg nach Gmunden und in Gmunden zur Ausführung der von Riza A begangenen Tat beitrug, indem er ihn zumindest durch die Billigung des Planes zur Brandstiftung und durch das Zur-Verfügung-Stellen seines PKWs für die Flucht vom Tatort in seinem Tatentschluß bestärkte.

Eine Verurteilung der Angeklagten wegen des ihnen von der Anklagebehörde außerdem angelasteten, in Tateinheit damit begangenen Vergehens des versuchten Versicherungsmißbrauchs nach §§ (12,) 15, 151 Abs 1 Z 1 StGB lehnte das Schöffengericht (formell verfehlt im Weg eines Freispruchs) ab.

In Ansehung des Angeklagten Riza A ist dieses Urteil in Rechtskraft erwachsen; die Angeklagten Eva B und Elvan A haben dagegen Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung ergriffen.

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 281 Abs 1 Z 3, 4, 5 und 9 lit a StPO gegründeten Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten B sowie jener des Angeklagten Elvan A, soweit sie auf Z 5

der vorerwähnten Verfahrensbestimmung gestützt wird, kommt keine Berechtigung zu.

Die Angeklagte B reklamiert eine Urteilsnichtigkeit aus dem zuerst bezeichneten Grund (Z 3) im Hinblick darauf, daß sie in der neu durchgeführten Hauptverhandlung (§ 276 a StPO) nach der abgesonderten Vernehmung des Mitangeklagten Riza A entgegen § 250 StPO von dessen Aussage nicht in Kenntnis gesetzt wurde. Diese dem Vorsitzenden tatsächlich unterlaufene Formverletzung konnte jedoch unzweifelhaft keinen für die Beschwerdeführerin - deren prozessuale Rechte während ihrer Abwesenheit durch ihren Verteidiger wahrgenommen wurden - nachteiligen Einfluß auf die Entscheidung üben, weil ihr die vom genannten Mitangeklagten bei seiner abgesonderten Vernehmung vorgebrachte, sie belastende Darstellung nicht nur durch Vorhalte und Wiederholungen (vgl S 21, 40 f./IV), sondern (vor allem) auch mit Rücksicht darauf, daß er sich dabei nicht anders verantwortete als in der vorausgegangenen Verhandlung, in ihrem wesentlichen Kern ohnehin bekannt war; der in Rede stehende Nichtigkeitsgrund kann daher zu ihrem Vorteil nicht geltend gemacht werden (§ 281 Abs 3 StPO).

In der Ablehnung einer Vernehmung des Zeugen D hinwieder zum Beweis dafür, daß bei ihren Besprechungen mit den Vertretern der 'X'- Versicherung am 10., 23. und 29. Juli 1980 von einer Erhöhung der Feuerversicherung für das spätere Brandobjekt überhaupt nicht die Rede gewesen sei, erblickt die Angeklagte B eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte (Z 4), indessen zu Unrecht. Denn für eine Anwesenheit gerade dieses Zeugen bei der zuletzt relevierten Besprechung, in deren Verlauf die Beschwerdeführerin nach den Urteilsfeststellungen (US 17 f., 44) eine derartige Erhöhung angestrebt hat, boten weder die Aussage des Zeugen E, wonach dabei nur seine Mitarbeiter F, G und H zugegen waren (S 143 bis 147/III, 49 f./IV), noch deren Angaben (S 48 bis 51/IV) noch sonstige Verfahrensergebnisse (einschließlich der Verantwortung der Angeklagten selbst) einen Anhaltspunkt; bei der begehrten Vernehmung hätte es sich demnach um einen reinen Erkundungsbeweis gehandelt, von dessen Aufnahme das Erstgericht durchaus zutreffend Abstand nahm.

Gleichfalls nicht zielführend ist auch die Mängelrüge der genannten Angeklagten (Z 5).

Mit der Behauptung, die Entscheidungsgründe seien insofern in sich widersprüchlich, als sich das Schöffengericht in Ansehung des objektiven Bestands eines Versicherungsschutzes für das Tatobjekt zur Tatzeit an einer Stelle (US 80 f.) für außerstande erklärt habe, einen solchen festzustellen, wogegen es an anderer Stelle (US 58) sehr wohl davon ausgegangen sei, daß sie die Möglichkeit gehabt habe, durch die Vernichtung des Textillagers in den Genuß der Versicherungssumme zu gelangen, ist die Beschwerde nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Denn auch in der zuletzt relevierten Passage wird ganz eindeutig lediglich auf das Vorhaben der Beschwerdeführerin abgestellt, den 'Versicherungsbetrag für das Textillager' zu erlangen; mit Bezug auf eine demgemäß gar nicht gegebene Urteilsbegründung aber kann eine Nichtigkeit der Entscheidung nicht dargetan werden. öhnliches gilt für die weiteren Vorwürfe, das Erstgericht habe durch die Wendung, daß die Angeklagte mit dem aufrechten Bestand einer Feuerversicherung 'gerechnet haben mußte' - in der Beschwerde ungenau: 'habe rechnen müssen' - (US 57), und durch die Formulierung, daß sie 'offensichtlich' von der Vermutung ausgegangen sei, eine Brandstiftung werde bei einem Ausbruch des Feuers an verschiedenen Stellen als weniger wahrscheinlich erscheinen (US 69), für die darauf beruhenden Konstatierungen, daß sie mit dem Bestand eines wirksamen Versicherungsverhältnisses tatsächlich gerechnet (US 20, 74) und die Entstehung eines großen Schadenfeuers aus der Brandstiftung zustimmend in Kauf genommen hat (US 23, 68), jeweils nur eine Scheinbegründung zum Ausdruck gebracht.

Handelt es sich doch bei diesen Teilen der Urteilsbegründung keineswegs etwa, wie in der Mängelrüge der Anschein zu erwecken versucht wird, um nicht näher begründete, rein spekulative Erwägungen, sondern vielmehr ganz augenscheinlich um die (zum Teil ausdrücklich) resümierende Würdigung konkreter Verfahrensergebnisse (vgl US 17 f., 43 f., 51 f.; 19 f., 51 f., 68 f.), die in der Beschwerde vollkommen übergangen werden.

Die ersichtlich (US 68) auf dem Gutachten des Sachverständigen I (S 142/III) beruhende Vermutung aber, daß das Erlöschen der Brandherde im Gastraum gerade auf Sauerstoffmangel zurückzuführen sei (US 23, 78), ist nach eben diesem Gutachten für die bekämpfte Annahme, daß der inkriminierte Versuch einer Brandstiftung nach der Art der hiebei gesetzten Tathandlungen jedenfalls grundsätzlich geeignet war, eine Feuersbrunst in der Bedeutung des § 169 Abs 1 StGB - also einen in seiner Ausdehnung am Objekt oder über dieses hinaus nur mühsam oder gar nicht mehr beherrschbaren großen Brand im Sinn einer Entfesselung der einer menschlichen Kontrolle entgleitenden Naturgewalt (RV 317) - herbeizuführen, überhaupt ohne Belang. Im Rahmen der Rechtsrüge (Z 9 lit a) schließlich geht die Beschwerdeführerin bei ihrer Behauptung, das Erstgericht habe gar nicht festgestellt, daß aus dem Tatverhalten des Angeklagten Riza A eine 'Feuersbrunst' in der so eben dargelegten Bedeutung hätte entstehen können, von der Voraussetzung aus, daß im Urteil ohne nähere Erläuterung lediglich von der möglichen Entstehung eines 'Vollbrandes' oder eines 'großen Schadenfeuers' gesprochen werde; damit setzt sie sich indessen abermals über den Urteilssachverhalt, und zwar über alle jene Konstatierungen hinweg, mit denen die aus der Tat entstandene Gefahr einer gänzlichen Zerstörung des gesamten Objekts und sogar eines übergreifens des Brandes auf das Nachbarhaus (US 23 f., 68) eingehend dargetan wird. Solcherart bringt sie daher auch den geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zu einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Der Angeklagte Elvan A hinwieder ficht mit seiner Mängelrüge (Z 5), mit der er gegen die Annahme eines intimen Verhältnisses zwischen ihm und der Mitangeklagten B gleichwie gegen die Unterstellung eines sonst für ihn vorgelegenen Tatmotivs sowie (hauptsächlich aus dieser Sicht) gegen die Feststellung seiner Tatbeteiligung und seines auf die Herbeiführung einer Feuersbrunst gerichteten Vorsatzes remonstriert, in offensichtlich grundsätzlicher Verkennung des Wesens der behaupteten formellen Begründungsmängel der Sache nach im Kern (sowie großteils auch im Detail) nur nach Art und Zielsetzung einer im schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung unzulässigerweise die erstinstanzliche Beweiswürdigung an.

Im besonderen gilt dies zunächst für alle seine Einwände gegen die Feststellung der vorerwähnten Intimbeziehung, mit denen er in Wahrheit weder eine innere Widersprüchlichkeit der Entscheidungsgründe (also deren logische oder empirische Unvereinbarkeit miteinander) noch eine nur offenbar unzureichende Begründung des Urteils in der hier maßgebenden Bedeutung (nämlich des Fehlens einer mit den Denkgesetzen sowie mit allgemeiner Lebenserfahrung im Einklang stehenden Ableitung des Sachverhalts aus den Verfahrensergebnissen) behauptet, sondern bloß die Glaubwürdigkeit und überzeugungskraft der vom Erstgericht zu seinem Nachteil verwerteten Beweismittel durch eine Reihe von Gegenargumenten abzuschwächen versucht. Soweit er in diesem Zusammenhang mit Bezug auf die Ansicht des Schöffengerichts, die bekämpfte Konstatierung 'wäre' selbst ohne die eindeutigen Bekundungen der Mitangeklagten B sowie der Zeugin J deshalb 'naheliegend', weil sein Verhalten gegenüber seiner Familie 'nur' unter der Voraussetzung einer intimen Beziehung zwischen B und ihm (ersichtlich gemeint: zwanglos) vorstellbar wäre (US 33), eine Unvollständigkeit und eine Unvereinbarkeit mit allgemeiner Lebenserfahrung geltend macht, genügt es, den Beschwerdeführer darauf zu verweisen, daß es sich bei der solcherart in ihrer Tragfähigkeit bestrittenen überlegung bloß um ein im Rahmen der erstgerichtlichen Beweisführung gar nicht aktuelles Eventual-Argument handelt.

Bei der Beurteilung seiner finanziellen Situation als 'ausweglos' aber - worin im Urteil zusätzlich zu seiner Intimbeziehung zu B ein weiteres Tatmotiv für ihn erblickt wird - handelt es sich, wie schon aus der Beifügung 'schier' klar erkennbar ist, um eine Wertungsfrage; auch insoweit gleichwie in Ansehung der Urteilsannahme, daß er auf eine Beteiligung an der Versicherungssumme gehofft hat (US 20, 58 f.), unternimmt demnach der Angeklagte mit seinen Gegenargumenten nur einen unzulässigen Angriff gegen die erstinstanzliche Beweiswürdigung. Erweisen sich darnach die Einwände des Beschwerdeführers gegen die Feststellung seiner Tatmotive als nicht zielführend, dann ist auch allen seinen Bestrebungen, seinem als Tatbeitrag zum Brandstiftungsversuch beurteilten Verhalten - 'in einem anderen Licht gesehen' - eine für ihn unverfängliche Deutung zu geben, von vornherein der Boden entzogen, und es sei nur der Vollständigkeit halber bemerkt, daß auch sein darauf bezogenes Beschwerdevorbringen der Sache nach lediglich einer unzulässigen Schuldberufung gleichkommt.

Von einer aktenwidrigen Bezugnahme auf die Angaben des Mitangeklagten Riza A kann in diesem Zusammenhang jedenfalls nicht gesprochen werden, weil aus der damit relevierten Passage in den Entscheidungsgründen (US 69) insgesamt ohnehin deutlich genug zu entnehmen ist, daß das Erstgericht mit dem Hinweis auf jene Aussage des Genannten (S 21/ I), wonach B, Elvan A und Eva J Sachen aus dem Haus gebracht hätten, damit diese nicht durch den Brand zerstört würden, nur dessen eigenen Eindruck von der Bedeutung der bekundeten Vorgänge wiedergegeben hat.

Dementsprechend betrifft auch die aus dieser Darstellung abgeleitete Schlußfolgerung auf einen die Entstehung einer Feuersbrunst durch das geplante Tatverhalten umfassenden Vorsatz lediglich den Angeklagten Riza A; für die Konstatierung eines derartigen Vorsatzes des Beschwerdeführers dagegen ist sie überhaupt ohne Belang. Soweit aber letzterer in der Mängelrüge behauptet, das Schöffengericht habe seine 'sonstigen' Feststellungen zur Begründung eben jener Annahme - und nur damit releviert er in Wahrheit die wirkliche Beweisführung zu dem in Rede stehenden Thema - 'selbst nur als Vermutung charakterisiert', verfälscht er durch die Bezugnahme auf eine bloße Eventual-Erwägung (neuerlich) eklatant den tatsächlichen Aussagegehalt der Urteilsbegründung (US 68), auf die ihn hinzuweisen aus diesem Anlaß genügt.

Erörterungen darüber, ob er den Inhalt des die Tatausführung betreffenden Gesprächs zwischen B und Riza A in allen Einzelheiten kannte, waren im gegebenen Zusammenhang durchaus entbehrlich; sein Vorhaben, im Tatobjekt später gemeinsam mit B eine Altenpension zu errichten, steht im Hinblick auf die erwartete Schadensdeckung durch die Feuerversicherung der Annahme, daß der zumindest bedingte Vorsatz der Täter auf die Herbeiführung eines Brandes im Ausmaß einer Feuersbrunst gerichtet war, keineswegs entgegen. Die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten B sowie jene des Angeklagten Elvan A, soweit sie auf den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützt wird, waren daher nach Anhörung der Generalprokuratur teils als offenbar unbegründet und teils mangels gesetzmäßiger Ausführung schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 2 und Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO).

über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Elvan A im übrigen und über die Berufungen beider Angeklagten sowie des Angeklagten Riza A hingegen wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung zu entscheiden sein (§§ 285 d Abs 2, 296 Abs 3 StPO).

Anmerkung

E04457

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1983:0100OS00154.83.1115.000

Dokumentnummer

JJT_19831115_OGH0002_0100OS00154_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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