TE OGH 1984/1/10 10Os199/83

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Veröffentlicht am 10.01.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Jänner 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich (Berichterstatter), Dr. Lachner sowie Hon. Prof. Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. von der Thannen als Schriftführer in der Strafsache gegen Horst A wegen des Verbrechens der Desertion nach § 9 Abs 1 MilStG über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 30. September 1983, GZ 11 Vr 438/ 83-18, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, und des Verteidigers Mag Dr. Jelinek, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 6 (sechs) Monate herabgesetzt. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Horst A des Verbrechens der Desertion nach § 9 Abs 1 MilStG schuldig erkannt, begangen dadurch, daß er sich als Wehrmann der 1. Ausbildungskompanie des Landwehrstammregiments 55 in St.Michael in der Obersteiermark dem Dienst im Bundesheer für immer zu entziehen suchte, indem er in der Zeit vom 15. März 1983 bis zu seiner Verhaftung am 7. Juli 1983 durch die Militärstreife vorsätzlich seiner Truppe fernblieb.

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen dieses Urteil kommt keine Berechtigung zu.

Mit seiner Rechtsrüge (Z 9 lit a und 10, gemeint jedoch offensichtlich nur Z 10) vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, sowohl seine Angaben über den Grund seiner Abwesenheit von der Truppe, und zwar die Angst, den Sommer über eine noch nicht vollzogene mehrmonatige Freiheitsstrafe verbüßen zu müssen, sowie über den (solcherart deklarierten) Endzeitpunkt der geplanten Abwesenheit, nämlich den Herbst 1983, als auch die Geringfügigkeit seiner restlichen Dienstzeit sprächen eindeutig für eine Beurteilung seines Tatverhaltens nicht als Desertion nach § 9 (Abs 1) MilStG, sondern lediglich als unerlaubte Abwesenheit nach § 8 (zweiter Fall) MilStG; in Ansehung des zuletzt relevierten Umstands vermißt er eine Feststellung über die Dauer der von ihm noch zu verrichtenden Dienstzeit, von der er - im Hinblick darauf, daß sie nur mehr zwei Tage betragen habe - vermeint, sie wäre für die Subsumtion 'von größter Bedeutung' gewesen.

Soweit er bei diesen Einwänden von seiner eigenen Ver antwortung ausgeht, führt er indessen die Beschwerde nicht gesetzmäßig aus, weil das Erstgericht demgegenüber konstatiert hat, daß er in erster Linie deshalb, weil er sich vom Bundesheer innerlich bereits losgelöst hatte, sowie nur zusätzlich auch aus Angst vor dem Strafvollzug nicht wieder eingerückt ist und daß er keinen bestimmten oder doch wenigstens bestimmbaren Zeitpunkt für eine etwaige Rückkehr (vgl ÖJZ-LSK 1980/111) ins Auge gefaßt hatte (US 4- 6);

materiellrechtliche Nichtigkeitsgründe können aber nur durch einen Vergleich des im Urteil als erwiesen angenommenen Sachverhalts mit dem darauf angewendeten Gesetz prozeßordnungsgemäß dargetan werden. Die Dauer der vom Täter noch zu verrichtenden Dienstzeit hinwieder, der er sich für immer zu entziehen suchte, ist für den Tatbestand nach § 9 MilStG nicht von Belang, sodaß Feststellungen darüber unter diesem Aspekt entbehrlich waren.

Im Tatsächlichen aber hat das Schöffengericht bei der den Schuldspruch auf der subjektiven Tatseite tragenden Konstatierung, daß sich der Angeklagte durch sein inkriminiertes Fernbleiben von der Truppe seiner Dienstpflicht für immer entziehen wollte, ohnedies auch seine Verantwortung, er hätte schon in Kürze abrüsten sollen, in den Kreis seiner Erwägungen einbezogen (US 5); von einer Unvollständigkeit der Entscheidungsgründe (Z 5) kann daher insoweit keine Rede sein.

Mit seinem darauf bezogenen weiteren Vorwurf schließlich, das Gericht wäre verpflichtet gewesen, diese Frage 'exakt zu erheben', behauptet er in Wahrheit keinen Begründungsfehler des Urteils, sondern der Sache nach einen Verfahrensmangel (Z 4); zu dessen Geltendmachung fehlt ihm jedoch schon die Beschwerdelegitimation, weil er in der Hauptverhandlung einen dahingehenden Antrag nicht gestellt hat.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 9 Abs 1 MilStG zu acht Monaten Freiheitsstrafe; dabei wertete es seine beiden Vorstrafen nach § 8 (zweiter Fall) MilStG, seinen äußerst raschen Rückfall und seinen schlechten Leumund als erschwerend, sein in Richtung § 8 MilStG abgelegtes (Teil-) Geständnis dagegen als mildernd.

Der Berufung, mit welcher der Angeklagte eine Strafherabsetzung anstrebt, kommt Berechtigung zu.

Neben einschlägigen Vorstrafen (§ 33 Z 2 StGB) bildet ein schlechter Leumund des Täters keinen zusätzlichen Erschwerungsgrund. Deshalb und im Hinblick darauf, daß der Unrechtsgehalt der hier zu beurteilenden Desertion mit Rücksicht auf die äußerst kurze Dauer der vom Angeklagten noch zu verrichtenden Dienstzeit innerhalb der Bandbreite aller denkbaren Straftaten dieser Art doch nur als sehr gering zu veranschlagen ist, erweist sich nach dessen tat- und persönlichkeitsbezogener Schuld (§ 32 StGB) eine Reduzierung der Strafdauer auf das gesetzliche Mindestmaß trotz seines (auch einschlägig) belasteten Vorlebens als gerechtfertigt. Dahin war der Berufung demnach Folge zu geben.

Anmerkung

E04776

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0100OS00199.83.0110.000

Dokumentnummer

JJT_19840110_OGH0002_0100OS00199_8300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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