TE OGH 1984/5/8 10Os63/84

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Veröffentlicht am 08.05.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Mai 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini (Berichterstatter), Dr. Friedrich, Dr. Lachner und Hon.Prof.Dr.Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Nittel als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gerhard A wegen des Vergehens der fahrlässigen Tötung nach § 80 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Schöffengericht in Jugendstrafsachen vom 8. November 1983, GZ 11 c Vr 119/83-31, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tschulik, des Angeklagten Gerhard A und des Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Lock zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 19. Dezember 1965 geborene (zur Tatzeit noch jugendlich gewesene) Student Gerhard A der Vergehen der fahrlässigen Tötung nach § 80 StGB und der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 19. Juli 1982 (gegen 22,45 Uhr) im Ortsgebiet von Mistelbach als Lenker eines Kleinkraftrades auf der Franz Josef-Straße infolge Außerachtlassung der im Straßenverkehr gebotenen Vorsicht und Aufmerksamkeit den in die gleiche Richtung gehenden Fußgänger Paul B zu spät bemerkte, um eine kontaktverhindernde Reaktion vornehmen zu können und daher gegen dessen Körperhinterseite stieß, wodurch dieser auf die linke Fahrbahnhälfte geschleudert wurde, während er selbst mit seinem Fahrzeug, auf dem Franz C als Beifahrer saß, zum Sturz kam, was den Tod des Paul B sowie eine leichte Verletzung des Franz C, nämlich eine Gehirnerschütterung, eine Rißquetschwunde an der rechten Stirn, eine Prellung der rechten Schulterseite und verschiedene Abschürfungen zur Folge hatte.

Das Gericht verurteilte den Angeklagten hiefür nach § 28 Abs. 1, 80 StGB unter Anwendung des § 11 Z 1 JGG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 8 Wochen, die es jedoch gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachsah. Bei der Strafbemessung war das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen erschwerend; als mildernd wurde hingegen gewertet, daß der Angeklagte durch seine Verantwortung zur Ermittlung des Sachverhaltes beigetragen hat; weiters sein bisher ordentlicher Lebenswandel, wobei die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht; ferner ein erhebliches Mitverschulden des Getöteten, der als Fußgänger die Fahrbahn und nicht den rechts daneben gelegenen Gehsteig benützte, und schließlich noch die (im Urteil infolge eines Abschreibfehlers zunächst als erschwerend angeführte) Tatsache, daß der Angeklagte die Tat schon vor längerer Zeit begangen und sich seither wohlverhalten hat.

Die vom Angeklagten gegen den Schuldspruch erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist vom Obersten Gerichtshof bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung mit Beschluß vom 11. April 1984, GZ 10 0s 63/84-6, zurückgewiesen worden.

Im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung war demnach (nur mehr) über die Berufung des Angeklagten zu entscheiden, mit welcher dieser vorerst die 'Umwandlung' der Freiheitsstrafe in eine Geldstrafe gemäß § 37 Abs. 1

StGB - unter Aufrechterhaltung der bedingten Strafnachsicht - und ansonsten eine Herabsetzung des Ausmaßes der Freiheitsstrafe anstrebt.

Rechtliche Beurteilung

Auch dieses Rechtsmittel erweist sich als unbegründet. Nach der für die Ausgestaltung der Geldstrafe als Strafsanktion maßgeblichen Bestimmung des § 19 StGB ist diese in Tagessätzen zu bemessen.

Die Höhe des - nach den persönlichen Verhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Rechtsbrechers (im Zeitpunkt des Urteils erster Instanz) festzusetzenden - Tagessatzes beträgt derzeit auch bei Jugendlichen mindestens 20 S und höchstens 3.000 S. Für den Fall der Uneinbringlichkeit ist nach dem Umrechnungsschlüssel des § 19 Abs. 3 zweiter Satz StGB, wonach zwei Tagessätze der Geldstrafe einem Tag Ersatzfreiheitsstrafe entsprechen, auf eine (korrespondierende) Ersatzfreiheitsstrafe zu erkennen. Der Angeklagte verfügt nach seinem eigenen Vorbringen als Student lediglich über ein monatliches Taschengeld von 600 S, was - bezogen auf den einzelnen Tag - einem Einkommen von 20 S entspricht. Demnach könnte und müßte bei ihm der Tagessatz mIt dem oben genannten Mindestbetrag von 20 S festgelegt werden, was im Ergebnis bei Heranziehung des Umrechnungsschlüssels des § 19 Abs. 3 zweiter Satz StGB und analoger Anwendung des § 1 Z 5 letzter Satz StVG - wonach eine Woche sieben Tagen gleichzusetzen ist - im Falle der vom Angeklagten (ausdrücklich) angestrebten 'Umwandlung' der ausgesprochenen Freiheitsstrafe (von acht Wochen) in eine (dieses Strafmaß als Ersatzfreiheitsstrafe beibehaltende) Geldstrafe (von einhundertzwölf Tagessätzen zu je 20 S) zu einer Strafsumme von insgesamt 2.240 S führt. Diese entspricht zwar dem Doppelten jenes Betrages, der dem Angeklagten derzeit während des in Rede stehenden Zeitraumes als Einkommen zur Verfügung steht, kann aber (dennoch) gewiß nicht den nach § 37 StGB zu beachtenden Grundsätzen der General- und Spezialprävention gerecht werden. Würde doch eine solche nach objektiven Maßstäben als äußerst gering anzusehende (wenngleich die derzeitige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Angeklagten übersteigende) Geldstrafe trotz (und eben wegen) des sozialintegrierten, finanziell abgesicherten Milieus, aus dem der Angeklagte stammt, ihren sozialpräventiven Zweck - die Warnfunktion, die den Täter vor neuerlicher Straffälligkeit abhält - völlig verfehlen. Dieser Strafzweck könnte somit gar nicht zum Tragen kommen (vgl. Zipf in Probleme IV, 177, Leukauf-Steininger 2 RN 12 zu § 37 StGB, Pallin, Die Strafzumessung in rechtlicher Sicht, Rz 94; Platzgummer, WK Rz 16 zu Par 19 StGB u.a.). Zudem dürfen - angesichts des Umstandes, daß gemäß § 64 Abs. 1 KFG schon Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, zum Lenken von Motorfahrrädern berechtigt sind - gerade bei Unfällen im Straßenverkehr mit besonders schweren Unfallsfolgen Belange der Generalprävention selbst in Ansehung von Jugendlichen nicht außer Acht gelassen werden, weshalb auch aus diesem Grund, sohin aus generalpräventiver Sicht, die Verhängung einer derartigen Minimalstrafe ebenfalls nicht angezeigt ist.

Unbeschadet des auch vom Obersten Gerichtshof bejahten grundsätzlichen Anliegens des Gesetzgebers bei der Schaffung des neuen Strafgesetzbuches, die kurzfristige Freiheitsstrafe zu Gunsten eines weit gestreuten Anwendungsbereiches der Geldstrafe vor allem auch im Bereich der Fahrlässigkeitsdelinquenz zurückzudrängen, mußte demnach aus diesen Erwägungen zufolge der speziell gelagerten Umstände dieses Straffalles dem Berufungsbegehren auf 'Umwandlung der Freiheitsstrafe' in eine Geldstrafe der Erfolg versagt bleiben. Aber auch die gegen das Ausmaß der Freiheitsstrafe gerichtete Berufung vermag nicht durchzuschlagen.

Abgesehen davon, daß die vom Angeklagten beim Unfall selbst erlittenen nicht unbeträchtlichen Verletzungen (vgl. S 45) als - von ihm in der Berufung übrigens gar nicht relevierter - weiterer Milderungsgrund zu werten sind (Leukauf-Steininger 2 RN 28 zu § 34 StGB), hat das Erstgericht im übrigen die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig festgestellt und auch zutreffend gewürdigt.

Den gegen die Wertung des längeren Zurückliegens der Tat und des seitherigen Wohlverhaltens als Erschwerungsgrund gerichteten Berufungsausführungen ist durch Berichtigung des Urteils die Grundlage entzogen. Sonst hat der Angeklagte zur begehrten Herabsetzung des Strafmaßes überhaupt nichts Zweckdienliches vorzubringen. Da selbst bei amtswegiger Berücksichtigung des oben aufgezeigten weiteren Milderungsgrundes (der beim Unfall erlittenen eigenen Verletzung) das Ausmaß der Freiheitsstrafe keineswegs überhöht erscheint, konnte der insgesamt unbegründeten Berufung keine Folge gegeben werden.

Anmerkung

E04797

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0100OS00063.84.0508.000

Dokumentnummer

JJT_19840508_OGH0002_0100OS00063_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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