TE OGH 1984/9/5 11Os76/84

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Veröffentlicht am 05.09.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. September 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Beran als Schriftführers, in der Strafsache gegen Kurt Peter A wegen des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 SuchtgiftG und anderer Delikte über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 7. November 1983, GZ 6 b Vr 10.273/83-23, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Scheibenpflug, des Angeklagten Kurt Peter A und des Verteidigers Dr. Bernhauser zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO wird das angefochtene Urteil dahin ergänzt, daß dem Angeklagten gemäß dem § 38 Abs. 1 StGB auch die Vorhaft vom 3. Juni 1983, 8,15 Uhr, bis 4. Juni 1983, 15 Uhr, auf die Freiheitsstrafe angerechnet wird.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 6. Oktober 1955 geborene beschäftigungslose Kurt A des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 SuchtgiftG, des Vergehens nach dem § 16 Abs. 1 Z 1 und 2 SuchtgiftG, des Verbrechens der Verleumdung nach dem § 297 Abs. 1,

2. Fall, StGB und des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 2, Abs. 2 und Abs. 3, 3. Fall, StGB schuldig erkannt. Gegen dieses Urteil - ausgenommen den Punkt C./ des Urteilsspruches (Vergehen nach dem § 16 Abs. 1 Z 2 SuchtgiftG) - wendet sich der Angeklagte mit einer ausdrücklich auf die Z 4, 5 und 9 lit a (der Sache nach auch Z 9

lit b und 10) des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Den Nichtigkeitsgrund der Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO erblickt der Angeklagte in der Abweisung seines in der Hauptverhandlung (S 214) gestellten Antrages auf Einholung des Gutachtens eines medizinischen Sachverständigen aus dem Gebiet der Psychiatrie zum Beweis dafür, daß er zum Zeitpunkt seiner Einvernahme am 6. Juni 1983 'auf Grund seines damaligen psychischen Zustandes nicht vernehmungsfähig war' und deshalb die von ihm 'getätigten Angaben in einem psychischen Ausnahmezustand im Sinne des § 10' (gemeint wohl: § 11) StGB 'begangen' worden seien.

Rechtliche Beurteilung

Der behauptete Verfahrensmangel liegt schon deshalb nicht vor, weil offenkundig ist, daß ein psychiatrischer Sachverständiger nicht beurteilen kann, ob sich eine Person, deren nunmehrige Zurechnungsfähigkeit unbestritten ist, zum Zeitpunkt einer bestimmten, rund fünf Monate zurückliegenden Einvernahme in einem nicht näher konkretisierten 'psychischen Ausnahmezustand' befand oder nicht. Ergänzend hiezu ist auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichtes zur Abweisung dieses Beweisantrages in den Urteilsgründen (S 233, 234) zu verweisen, denen zufolge sich aus der Aktenlage kein Hinweis dafür ergibt, daß der Angeklagte - welcher erst am 23. April 1983

psychiatriert worden war - zum Zeitpunkt seiner ausführlichen und ins Detail gehenden polizeilichen Vernehmung am 6. Juni 1983 im vorliegenden Verfahren (S 27 ff) vernehmungsfähig gewesen sein könnte. Durch die Abweisung des in Rede stehenden Beweisantrages wurden daher Rechte der Verteidigung nicht verletzt. Soweit sich die auf den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Mängelrüge des Angeklagten gegen Punkt A. des Schuldspruches (§ 12 Abs. 1 SuchtgiftG) richtet, ist bloß darauf zu verweisen, daß sich die Beschwerdeausführungen zur Gänze im Versuch erschöpfen, die Beweiswürdigung des Erstgerichtes, welches seine entscheidungswesentlichen Feststellungen hinlänglich und im Einklang mit den Gesetzen logischen Denkens und der allgemeinen Lebenserfahrung begründete, in einer im Nichtigkeitsverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unzulässigen Weise, und zwar durch Infragestellung des Beweiswertes der Aussagen der Zeugen Gabriele M*** und Reinhold B, nach Art einer Schuldberufung zu bekämpfen; ein näheres Eingehen hierauf erübrigt sich daher. Der Punkt B./ des Schuldspruches (§ 16 Abs. 1 Z 1 SuchtgiftG) findet seine Deckung in dem dem Angeklagten in der Hauptverhandlung vorgehaltenen (S 202) und überdies verlesenen (S 214) Geständnis vor der Polizei (S 37), wobei das hierüber aufgenommene Protokoll einen Bestandteil einer polizeilichen Anzeige (nämlich ON 2) bildet, auf deren Verlesung das Erstgericht sein Urteil (u.a.) ausdrücklich gründete (S 225). Die Feststellung, der Angeklagte habe ernstlich mit der Möglichkeit gerechnet, die im Punkt E./ des Schuldspruches (§ 164 Abs. 1 Z 2, Abs. 2 und Abs. 3, 3. Fall StGB) bezeichneten Gegenstände könnten durch einen Einbruchsdiebstahl erlangt worden sein, und sich damit abgefunden, hat entgegen der Meinung der Beschwerde auch in Beziehung auf die tatsächliche Herkunft des verhehlten Gutes (aus einem Einbruchsdiebstahl) in den vom Erstgericht verwerteten Verfahrensergebnissen (vgl. u.a. S 23 und 49 in ON 20 a) eine ausreichende Grundlage.

Auch die Mängelrüge des Angeklagten erweist sich demnach als verfehlt.

Wenn der Angeklagte mit seiner den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO anrufenden Rechtsrüge die Ansicht vertritt, die unter Punkt D./ des Schuldspruches umschriebene wissentlich falsche Verdächtigung der Gabriele C und des Robert D in Richtung einer bestimmten, den Tatbestand des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 SuchtgiftG erfüllenden Tathandlung verwirkliche entgegen der Meinung des Erstgerichtes nicht das Tatbild des Verbrechens der Verleumdung nach dem § 297 Abs. 1, 2. Fall StGB, weil die genannten Personen selbst zugegeben hätten, mit Suchtgift gehandelt zu haben und es (sinngemäß wiedergegeben) nicht mehr darauf ankomme, ob sie nun von ihm einer weiteren Tathandlung dieser Art bezichtigt werden oder nicht, so irrt er. Denn daß jemand eine bestimmte strafbare Handlung tatsächlich begangen hat, vermag an der Tatbestandsmäßigkeit und Rechtswidrigkeit einer wissentlich falschen Verdächtigung in der Richtung, der Angeschuldigte habe auch noch eine weitere Straftat gleicher Art verübt, nichts zu ändern, zumal der von der Anschuldigung Betroffene der Gefahr einer behördlichen Verfolgung nunmehr auch wegen dieser (in Wahrheit von ihm nicht begangenen) strafbaren Handlung ausgesetzt wird.

Der Angeklagte unterliegt aber auch einem Rechtsirrtum, wenn er - damit der Sache nach den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit b des § 281 Abs. 1 geltend machend - vermeint, sein späterer Widerruf der gegen Gabriele C und Robert D erhobenen Anschuldigung komme ihm als Strafaufhebungsgrund der tätigen Reue im Sinn des § 297 Abs. 2 StGB zustatten. Denn es kommt hiebei nicht auf den Widerruf an sich an, sondern darauf, ob dadurch die Gefahr - bisher noch nicht auf Grund der Verdächtigung eingeleiteter - behördlicher Verfolgung beseitigt wird (vgl Foregger-Serini, StGB 3 , Erl VII zu § 297). Davon kann vorliegend aber keine Rede sein, zumal nach der Aktenlage der Angeklagte seine falsche Verdächtigung der Polizei gegenüber anläßlich seiner Vernehmung vom 6. Juni 1983 vorbrachte (S 29, 31) und Robert D hiezu bereits am 8. Juni 1983 (S 55) polizeilich vernommen wurde, und sich aus der Anzeige des Sicherheitsbüros vom selben Tag ergibt, daß auch Gabriele C jedenfalls bereits zu diesem Zeitpunkt zum gesamten Suchtgiftkomplex einschließlich der Rolle, die Robert D dabei spielte, befragt wurde. Sowohl Gabriele C als auch Robert D wurden sodann am 10. Juni 1983 vom Untersuchungsrichter zu den Behauptungen des Angeklagten einvernommen (ON 3, insbes. S 65; ON 4, insbes. S 79). Der Angeklagte widerrief seine die beiden genannten Personen konkret belastenden Angaben aber erst anläßlich seiner eigenen Vernehmung durch den Untersuchungsrichter am 21. Juni 1983 (ON 8, S 121, 123). Die Voraussetzungen des § 297 Abs. 2 StGB liegen demnach nicht vor. Mit der Behauptung schließlich, daß Feststellungen des Erstgerichtes fehlten, welche die Subsumtion der zu Punkt E./ des Schuldspruches umschriebenen Tat (§ 164 StGB) auch unter die Bestimmung des § 164 Abs. 3, 3. Fall StGB rechtfertigen würden - womit er der Sache nach den Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs. 1 StGB geltend macht - bringt der Angeklagte weder diesen noch einen anderen Nichtigkeitsgrund zur gesetzmäßigen Darstellung, weil er nicht von den Feststellungen des Erstgerichtes ausgeht, wonach er in Ansehung der Herkunft der von ihm übernommenen Gegenstände aus einem (tatsächlich verübten) Einbruchsdiebstahl mit bedingtem bösem Vorsatz handelte, sondern von urteilsfremden Prämissen. Auch der Rechtsrüge des Angeklagten kann daher kein Erfolg beschieden sein.

Seine zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.

Die Erhebung der Nichtigkeitsbeschwerde gibt jedoch insoweit Anlaß für eine Maßnahme nach dem § 290 Abs. 1 StPO, als dem Angeklagten eine in der Zeit vom 3. Juni 1983, 8,15 Uhr, bis 4. Juni 1983, 15,00 Uhr, erlittene Vorhaft (vgl S 5 in ON 20 a) zu Unrecht nicht angerechnet wurde (die der angerechneten Vorhaft vorangegangene Verwaltungshaft währte nur vom 4.6.1983, 15 Uhr, bis zum 12.6.1983, 15 Uhr), weshalb das angefochtene Urteil in diesem Punkt mit dem (vom Angeklagten nicht geltend gemachten) Nichtigkeitsgrund der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO behaftet ist. Dieser Mangel wirkt sich zum Nachteil des Angeklagten aus und war daher von Amts wegen durch Anrechnung auch dieser Vorhaft zu beseitigen. Hingegen - dies sei nur der Vollständigkeit halber vermerkt - gereicht dem Angeklagten der gesetzwidrige Vorgang, daß die Vorhaft vom 12.6.1983, 15 Uhr (S 95) bis zum 7.9.1983, 15,30 Uhr (S 99 in ON 20 a), durchgehend gemäß dem § 38 Abs. 1 StGB angerechnet wurde (S 224), obwohl er in der Zeit vom 28.6.1983, 12 Uhr, bis zum 22.7.1983, 12 Uhr, einen Teil der über ihn zu 6 b Vr 13.033/82 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien verhängten 18-monatigen Freiheitsstrafe verbüßte (siehe ON 33 im angeschlossenen Beiakt 6 b Vr 12.033/82 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, auch ON 30 und 32 dieses Aktes), nicht zum Nachteil und kann daher nicht aufgegriffen werden.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 12 Abs. 1 SuchtgiftG unter Anwendung des § 28 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwanzig Monaten sowie gemäß dem § 12 Abs. 4 SuchtgiftG eine Wertersatzstrafe in der Höhe von 75.000 S, im Nichteinbringungsfall sieben Wochen Ersatz-Freiheitsstrafe. Bei der Strafbemessung wertete es eine einschlägige Vorstrafe nach dem Suchtgiftgesetz und zwei auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Vorstrafen wegen Vermögensdelikten, das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen und Vergehen sowie den äußerst raschen Rückfall als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber das Teilgeständnis, die Aufdeckung strafbarer Handlungen anderer Personen, die (teilweise) objektive Schadensgutmachung sowie die 'psychische Besonderheit des Angeklagten' als mildernd.

Mit seiner Berufung strebt Kurt A die Herabsetzung des Ausmaßes der über ihn (nach dem § 12 Abs. 1 SuchtgiftG) verhängten Freiheitsstrafe an.

Die Berufung ist nicht begründet.

Die Strafzumessungsgründe wurden vom Schöffengericht im wesentlichen richtig festgestellt und auch zutreffend gewürdigt. Die in erster Instanz zuerkannte Freiheitsstrafe entspricht dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen und dem Verschuldensgrad des Angeklagten. Eine mildere Beurteilung kommt zudem mit Rücksicht auf die bei Delikten gegen die Volksgesundheit besonders zu beachtenden Belange der Generalprävention, vor allem auch in Anbetracht der Gefährlichkeit des u.a. verfahrensgegenständlichen Suchtgifts Heroin, nicht in Betracht. Für eine Herabsetzung der Strafe besteht sohin kein Anlaß. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E04891

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0110OS00076.84.0905.000

Dokumentnummer

JJT_19840905_OGH0002_0110OS00076_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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