TE OGH 1984/9/25 9Os98/84

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Veröffentlicht am 25.09.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25.September 1984 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Reisenleitner (Berichterstatter) und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schiller als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ing. Johann A wegen des Vergehens der Geschenkannahme durch Beamte nach § 304 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 1.März 1984, GZ 5 d Vr 9827/81-38, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, des Angeklagten Ing. Johann A und des Verteidigers Dr. Riedl zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und der Tagessatz auf S 250,-

(zweihundertfünfzig) herabgesetzt; im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 15.März 1944 geborene Bundesbeamte Johann A des Vergehens der Geschenkannahme durch Beamte nach § 304 Abs 2 StGB schuldig erkannt, weil er in Wien als leitendes Bauaufsichtsorgan der Bundesgebäudeverwaltung (BGV I), sohin als Beamter, für die pflichtgemäße Vornahme von Amtsgeschäften von Margarete B Vermögensvorteile annahm, und zwar 1. am 3.Dezember 1975 15.000 S 2. am 16.Juni 1977 3.000 S 3./ am 30.November 1977 10.200 S.

Der Angeklagte wurde nach § 304 Abs 2 StGB unter Anwendung des § 37 StGB zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 60 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, wobei der Tagessatz mit 300 S bemessen wurde, sowie gemäß § 20 Abs 2 StGB zur Zahlung eines Geldbetrages von 28.200 S verurteilt.

Rechtliche Beurteilung

Den Schuldspruch und den letzterwähnten (Verfalls-) Ausspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5 und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, gegen den Strafausspruch wendet er sich mit Berufung.

In der Mängelrüge behauptet er zunächst, der Schuldspruch hinsichtlich des Teilbetrages von 15.000 S sei unzureichend begründet, weil die angebliche Zahlung an ihn, anders als in den beiden anderen Fällen, nur im sogenannten Schmierheft, nicht aber im Kassabuch aufscheine; das Erstgericht gebe keine Begründung dafür, warum hier die Eintragung bloß in einer der beiden Unterlagen für den Schuldspruch ausreichend sei.

Die Rüge versagt, denn das Gericht zog als Grundlage seiner Feststellungen die Aufzeichnungen der Margarete B im sogenannten Schmierheft heran, die von dieser geführt wurden, um sich den überblick über die geleisteten Zahlungen zu erhalten, und die den Zusammenhang mit den jeweiligen Geschäftsfällen ausweisen, für die Zahlungen geleistet wurden, teilweise sogar unter Angabe des angewendeten Prozentsatzes. In diesen Aufzeichnungen (vgl ON 32) finden sämtliche im Urteil festgestellten Zahlungen ihre Deckung. Der Umstand, daß die Zahlung von 15.000 S am 3.Dezember 1975 nicht auch im Kassabuch aufscheint, kann dagegen nicht ins Treffen geführt werden, enthalten die vorliegenden Ablichtungen des Kassabuches doch lediglich den Zeitraum ab März 1976 (vgl S 11 und 27 ff/I). Von der Tatsache, daß die festgestellte Zahlung von 15.000 S im Kassabuch nicht, wohl aber im sogenannten Schmierheft aufscheint, ging auch das Erstgericht aus (vgl S 24 f/II), sodaß eine Unvollständigkeit der Begründung insofern nicht gegeben ist. Zu einer näheren Erörterung dieser Frage war das Erstgericht in seiner gemäß § 270 Abs 2 Z 5 StPO in gedrängter Form abzufassenden Begründung nicht verpflichtet, weil die Eintragungen im Kassabuch mit denen im Schmierheft nicht etwa im Widerspruch stehen, sondern lediglich den für die Zahlung von 15.000 S maßgebenden Zeitraum (noch) nicht umfassen.

Der weitere, von der Beschwerde behauptete Begründungsmangel, daß die Zahlungen von 3.000 S am 16.Juni 1977 und 10.200 S am 30. November 1977 vom Erstgericht für erwiesen angenommen wurden, obwohl bei diesen Beträgen im Schmierheft der Name 'F***' (richtig C - vgl AZ 5 e Vr 9784/81 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien) aufscheint (im zweiten Fall mit Fragezeichen) versagt andererseits deshalb, weil eben diese Zahlungen zusätzlich und hier unmißverständlich dem Angeklagten zugeordnet im Kassabuch enthalten sind. Durch Hinweis auf die betreffenden Aktenseiten (ON 2, S 73 und 91/I) führte das Erstgericht auch an, daß ihm entscheidend diese Unterlage als Beweisgrundlage für den Zeitpunkt und die Tatsache der beiden letztgenannten Zahlungen diente (vgl S 25/II).

Der Hinweis, daß in einem anderen Strafverfahren ein (Teil-)freispruch erging, weil neben einer Zahlung zwei Namen angeführt gewesen waren, zeigt keinen Begründungsmangel auf, versucht vielmehr gegen die - in jedem Strafverfahren gesondert vorzunehmende - Beweiswürdigung anzukämpfen.

Entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen, das Erstgericht habe nicht berücksichtigt, daß für Margarete B angesichts der Schwierigkeit, Unternehmer für die erforderlichen Arbeiten im Seziersaal des anatomischen Institutes, noch dazu während der Hochkonjunktur, zu finden, keine Motivation für Schmiergeldzahlungen bestanden habe, setzte sich das Gericht ausdrücklich mit der - dieses Argument (der Verteidigung des Angeklagten) aufgreifenden - Aussage des Zeugen Dipl.Ing. D (S 17/II) auseinander (S 27/II); die der Sache nach hier geltend gemachte Unvollständigkeit der Urteilsgründe ist daher ebenfalls nicht gegeben.

Dem weiteren Beschwerdevorbringen zuwider war es auch nicht erforderlich, auf die Verantwortung des Angeklagten, er habe bei Rechnungsprüfung Abstriche von den Forderungen der Firma B vorgenommen, was gegen die Annahme von Schmiergeldzahlungen durch ihn spreche, einzugehen. Im Hinblick auf die vom Erstgericht ohnedies angenommene pflichtgemäße Führung der Amtsgeschäfte des Angeklagten mußte es auf diesen demzufolge ersichtlich für die Beweggründe der Geldhingabe unerheblichen Umstand ebensowenig eingehen wie auf eine Erörterung des Gesamtumfanges der von der Fa. B geleisteten Arbeiten, bei denen überwiegend Schmiergeldzahlungen nicht festgestellt werden konnten.

Die Behauptung des Beschwerdeführers, aus der von ihm vorgelegten 'Nachkalkulation' der Arbeiten der Fa. B hätte sich deren niedriges Preisniveau ergeben, das einen Spielraum für Schmiergeldzahlungen nur unter Annahme eines Verlustes der Firma zugelassen hätte, verpflichtete das Gericht deshalb zu keiner näheren Erörterung, weil Unternehmer gelegentlich Aufträge auch zu minder günstigen Bedingungen übernehmen, sei es um sich zukünftige Aufträge zu sichern, sei es um vorübergehende Auftragslücken zu schließen. Von einer Aktenwidrigkeit, wie der Beschwerdeführer vermeint, kann bei dem Hinweis des Erstgerichtes auf die 'Verläßlichkeit' der Aufzeichnungen der Margarete B schon deshalb nicht die Rede sein, weil eine Aktenwidrigkeit nur in der unrichtigen Wiedergabe des Inhalts einer Aussage oder Urkunde bestehen kann, nicht aber in deren beweiswürdigender Beurteilung als verläßlich. Bei dem in Wahrheit vorliegenden Versuch des Beschwerdeführers, die Unzuverläßlichkeit der vorliegenden Aufzeichnungen nachzuweisen, handelt es sich um einen im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Angriff auf die erstgerichtliche Beweiswürdigung.

Mit den psychischen Besonderheiten der Margarete B befaßte sich das Erstgericht eingehend unter Bezugnahme auf die über sie vorliegenden psychiatrischen Gutachten (S 26 und 27/II). Angesichts des in diesen festgestellten phasenweisen Verlaufs ihrer Krankheit genügte es, ihre Dispositionsfähigkeit in den relevanten Zeitpunkten der gegenständlichen Eintragungen (3.Dezember 1975, 16.Juni und 30. November 1977) festzustellen (vgl S 24/II). Die in der Beschwerde als angeblicher Hinweis auf einen Zustand der Verwirrtheit der Zeugin zitierten Eintragungen ('Mörder' ..., 'Gift' ...) erfolgten am 30.Mai 1978 und 5.Dezember 1979 (siehe S 109, 189/I), somit ganz wesentlich nach den hier interessierenden Eintragungen. Mangels konkreter Hinweise auf einen Krankheitszustand im Zeitpunkt der verfahrensrelevanten Aufzeichnungen bedurfte es daher keiner sich mit einem möglichen zeitlichen Verlauf der Krankheit näher auseinandersetzender erstgerichtlicher Feststellungen. Die Mängelrüge versagt daher zur Gänze.

Die Auffassung des Schöffengerichts, daß der Verfall einer vom Täter für die strafbare Handlung empfangenen Zuwendung von Geldeswert nach § 20 Abs 1 StGB und die Auferlegung eines deren Wert entsprechenden Geldbetrages nach dem 2. Absatz dieser Gesetzesstelle auch dann zulässig sind, wenn die Geschenkannahme selbst das strafbare Verhalten darstellt, findet - entgegen den Beschwerdeausführungen zum insoweit geltend gemachten Nichtigkeitsgrund der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO - im Wortlaut der in Rede stehenden Strafbestimmung Deckung; es liegt - recht besehen - weder unzulässige Analogie noch unzulässige exzessiv-ausdehnende Interpretation, sondern vielmehr zulässige, weil innerhalb der Grenzen der Wortbedeutung des Gesetzes gelegene Auslegung vor (vgl ÖJZ-LSK 1984/20), sodaß kein Anlaß besteht, von der dem angefochtenen Ausspruch zugrundeliegenden ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes zu dieser Frage abzugehen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach § 304 Abs 2 StGB unter Anwendung des § 37 StGB eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen, im Nichteinbringungsfall 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe; die Höhe des Tagessatzes bemaß es mit 300 S.

Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend keinen Umstand, als mildernd die Unbescholtenheit des Angeklagten. Es hielt in Anbetracht dieser Strafzumessungsgründe eine Umwandlung in eine Geldstrafe im Ausmaß von 120

Tagessätzen für angemessen. Bei der Bemessung der Höhe des Tagessatzes ging das Erstgericht von einem monatlichen Nettoeinkommen des Angeklagten in der Höhe von 18.000 S aus und berücksichtigte die Sorgepflicht für die Ehefrau und drei Kinder. Der Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung sowohl der Anzahl der Tagessätze als auch der Höhe des Tagessatzes und die Gewährung bedingter Strafnachsicht anstrebt, kommt (nur) teilweise Berechtigung zu.

Zutreffend weist die Berufung zwar darauf hin, daß dem Angeklagten auch der Milderungsumstand des § 34 Z 18 StGB zugutekommt, denn die Tat wurde in den Jahren 1975 und 1977 verübt und es verstrich seither - selbst bis zur Einleitung des Strafverfahrens - ein längerer Zeitraum, in dem sich der Angeklagte wohlverhielt. Anderseits unterließ es aber das Erstgericht, als erschwerend in Betracht zu ziehen, daß die Tat wiederholt wurde (§ 33 Z 1 StGB). Angesichts dieses Umstandes kann auch von einer von der Berufung reklamierten verlockenden Gelegenheit nicht gesprochen werden, die um als Milderungsgrund anerkannt zu werden, so geartet sein müßte, daß ihr auch ein ansonsten rechtstreuer Mensch unterliegen könnte. Bei Abwägung dieser und der vom Erstgericht festgestellten Strafzumessungsgründe erscheint im Ergebnis die vom Erstgericht festgesetzte Anzahl der Tagessätze zutreffend und nicht reduktionsbedürftig.

Herabzusetzen war allerdings die Höhe des Tagessatzes. Das Erstgericht berücksichtigte nämlich nicht, daß eines der drei Kinder des Angeklagten behindert ist, ein Zustand, der bekanntlich erhöhte Aufwendungen bedingt und damit die nach § 19 Abs 2 StGB zu berücksichtigenden persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Rechtsbrechers zusätzlich beeinflußt. Dieser Umstand veranlaßte den Obersten Gerichtshof, mit einer entsprechenden Herabsetzung der Höhe des Tagessatzes vorzugehen. Unberechtigt ist das Begehren um Gewährung bedingter Strafnachsicht. Angesichts der Notwendigkeit einer wirksamen Bekämpfung der Korruption in der öffentlichen Verwaltung, vor allem in Bereichen wie dem vorliegenden, bedarf es aus generalpräventiven Erwägungen, die nach den Bestimmungen des § 43 Abs 1 StGB zu beachten sind, der Verhängung einer unbedingten Strafe, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Eine bedingte Strafnachsicht würde einer Geldstrafe die für die Strafzwecke erforderliche Effizienz nehmen. Es war daher wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden. Die Kostenentscheidung fußt auf der im Spruch genannten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E04849

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0090OS00098.84.0925.000

Dokumentnummer

JJT_19840925_OGH0002_0090OS00098_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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