TE OGH 1985/5/30 12Os42/85

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Veröffentlicht am 30.05.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. Mai 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger (Berichterstatter), Dr.Kral, Dr.Hörburger und Dr.Kuch als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Rechberger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Georg A wegen des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 12 (dritter Fall), 125, 126 Abs. 1 Z 7 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 19. Dezember 1984, GZ 29 Vr 3947/84-19, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Hauptmann, des Angeklagten und des Verteidigers Christian Ortner zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 290 Abs. 1 StPO wird aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Monteur Georg A des Vergehens der schweren Sachbeschädigung (als Beteiligter) nach §§ 12 (dritter Fall), 125, 126 Abs. 1 Z 7 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er im Jänner 1984 in Rum die abgesondert verfolgten Silvia B, Günther C und Harald D in ihrem Entschluß, zum Zwecke eines Versicherungsbetruges Tiefkühlwaren der Fa. E GesmbH durch Abschalten der Kühlanlage unbrauchbar zu machen, bestärkt, indem er zusagte, nachträglich als Tiefkühlmonteur eine die Manipulation der Genannten deckende Arbeitsbestätigung auszustellen, und dadurch zu ihrer Tat beigetragen, wobei durch das absichtliche Auftauen fremde Sachen, nämlich Tiefkühlwaren der Fa. E GesmbH in einem 5.000 S übersteigenden Wert,

unbrauchbar gemacht wurden.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen wurde im Jänner 1984 bei einer Überprüfung der Warenvorräte im Kühlbereich des E-Marktes in Neu-Rum festgestellt, daß im Kühlraum neben Gemüse, Teigwaren und anderen tiefgekühlten Lebensmitteln auch schwer oder kaum noch verkäufliche Weihnachtsware (Puten, Gänse, Enten) sowie nicht mehr verpackte und (im Umfang von 10 bis 20 %) nach dem Haltbarkeitsdatum bereits unverkäufliche Ware lagerte. Um den aus der Nichtabsetzbarkeit des Warenüberbestandes zu befürchtenden Schaden von der Fa. E abzuwenden, faßten der Geschäftsleiter Günther C, der Abteilungsleiter Harald D und die Verwaltungsleiterin Silvia B den Plan, die tiefgekühlten Waren aufzutauen, einen Elektroschaden an der Kühlanlage vorzutäuschen und im Wege eines Versicherungsbetruges von den ZüRICH-KOSMOS-Versicherungen eine entsprechende Entschädigung zu erlangen. Da ihnen bekannt war, daß die Versicherung wegen der auffallenden Schadenshäufigkeit bei der betreffenden E-Filiale im Fall von Schadensmeldungen zusätzlich eine Arbeitsbestätigung der Monteure verlangt, weihten sie am 19. oder 20. Jänner 1984 den Angeklagten und einen weiteren Monteur der mit der Wartung der Kühlanlage befaßten Firma F ein. Der Angeklagte lehnte zwar ihr Ansinnen, eine solche Arbeitsbestätigung blanko auszustellen, ab, erklärte sich aber bereit, nachträglich zwecks Deckung des Versicherungsbetruges einen Arbeitsschein (über die angebliche Behebung einer Störung an der Anlage) auszustellen. Durch diese Zusage abgesichert setzte sodann Harald D am 21. Jänner 1984 die Kühlanlage (durch Betätigen des Hauptschalters) außer Betrieb; um den Abtauvorgang zu beschleunigen, öffnete Günther C zusätzlich die Kühlraumtüre. Am 24.Jänner 1984 wurde der Angeklagte als Monteur zwecks Behebung des angeblichen Schadens beigezogen; er fand die Kühlanlage wieder eingeschaltet und in Betrieb, allerdings mit offener Tür. Obwohl nur noch die (der wiederkehrenden Einleitung der Abtauphase dienende) Zeituhr nachzustellen war, stellte er (entsprechend seiner seinerzeitigen Zusage) einen Arbeitsschein über eine Arbeitsdauer von einer halben Stunde aus, auf welchem er 'Elektrostörung behoben (Hauptschalter)' vermerkte und einen Hinweis darauf, daß ihm kein Defekt an der (noch unter Garantie stehenden) Anlage aufgefallen war, unterließ. Unter Anschluß dieses Arbeitsscheines erstattete sodann Silvia B am 27. Jänner 1984 eine Schadensmeldung (über einen Schaden von 105.748,06 S durch verdorbenes Tiefkühlgut) an die ZüRICH-KOSMOS-Versicherungen. Deren Sachbearbeiter hatte allerdings Bedenken, weshalb er sich an den Angeklagten wandte, der ihm hierauf von dem zunächst an ihn gerichteten Ansinnen auf Ausstellung eines Blanko-Arbeitsscheines Mitteilung machte, jedoch seine Beteiligung am weiteren Tatgeschehen verschwieg. Im Zuge der Erhebungen der Versicherung und der Geschäftszentrale der E GesmbH gestand schließlich Günther C die Manipulation, worauf die Schadensmeldung am 24.März 1984 zurückgezogen und der Schaden von der Fa. E getragen wurde; die Gendarmerie erfuhr erst Ende Mai 1984 vom Sachverhalt.

Zur subjektiven Tatseite stellte das Erstgericht fest, daß der Angeklagte, nachdem er in den Tatplan eingeweiht worden war, durch seine Zusage, nachträglich eine Arbeitsbestätigung auszustellen, mittels welcher die Versicherung zur Schadensregulierung veranlaßt werden sollte, die (inzwischen in einem abgesonderten Verfahren rechtskräftig wegen versuchten schweren Betruges abgeurteilten) Silvia B, Günther C und Harald D in ihrem

Tatentschluß (vorsätzlich) bestärkt hat, wobei er eine Schädigung der Fa. E GesmbH um einen 5.000 S weit übersteigenden Betrag ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand (S 171/Bd II). In rechtlicher Hinsicht billigte das Gericht dem Angeklagten hinsichtlich des Versicherungsbetruges strafaufhebenden Rücktritt vom Versuch zu, beurteilte jedoch sein Verhalten - abweichend von der in Richtung des (in Mittäterschaft mit den abgesondert verfolgten Silvia B, Günther C und Harald D sowie

Alois G begangenen) versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs. 3 StGB erhobenen Anklage (und - nach dem Inhalt der Hauptverhandlungsprotokolle ON 7, 13 und 17 - ohne die Parteien gemäß § 262 erster Satz StPO über den geänderten rechtlichen Gesichtspunkt zu hören) - als sonstigen Tatbeitrag (§ 12 dritter Fall StGB) zur schweren Sachbeschädigung zum Nachteil der Fa. E GesmbH, wobei es davon ausging, daß dieses Vergehen bei den unmittelbaren Tätern durch den ihnen zur Last fallenden versuchten schweren Betrug verdrängt wurde. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Z 5, 8 und 9 (lit. a) des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlaß dieser Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof davon überzeugt, daß das angefochtene Urteil zum Nachteil des Angeklagten Georg A mit einem von diesem nicht gerügten Feststellungsmangel (Z 9 lit. a) behaftet ist, der mithin von Amts wegen gemäß § 290 Abs. 1 StPO aufzugreifen war und die Kassierung des Schuldspruchs sowie die Anordnung der Erneuerung des Verfahrens in erster Instanz zur Folge haben muß:

Zwar kann der subjektive Tatbestand der Sachbeschädigung (auch) dann erfüllt sein, wenn der Täter (wie vorliegend der Angeklagte A) durch die Sachbeschädigung einen Versicherungsbetrug bezweckt (und solcherart eine Schädigung des Sacheigentümers durch Überwälzung des Schadens auf die Versicherung abwenden will); denn für die Erfüllung des subjektiven Tatbestands der Sachbeschädigung ist erforderlich (aber auch ausreichend), daß der Täter vorsätzlich eine fremde Sache zerstört, beschädigt, verunstaltet oder unbrauchbar macht. Hiefür ist es aber ohne Belang, ob der Täter den (durch seine Tat verursachten) Vermögensschaden ersetzen will (oder kann), weil es sich - wie auch aus dem Ausschluß tätiger Reue (§ 167 StGB) in Ansehung einer Sachbeschädigung folgt (vgl. hiezu Kienapfel BT II § 167 RN 17; Leukauf-Steininger Kommentar 2 § 167 RN 7, 8) - bei der Sachbeschädigung um ein reines Vermögensschädigungsdelikt handelt (Kienapfel aaO § 125 RN 27; aM Bertel im Wr Kommentar § 125 Rz 10 und 11 iVm Rz 7). Schließen demnach Ersatzwilligkeit und Ersatzfähigkeit des Täters den subjektiven Tatbestand nicht aus, so kann dies umso weniger in einem Fall wie dem vorliegenden gelten, in dem der Schädiger gar nicht zur unmittelbaren Ersatzleistung aus seinem eigenen Vermögen entschlossen war, sondern nur auf den Erfolg eines Versicherungsbetruges, also auf eine Ersatzleistung Dritter auf Grund eines weiteren Vermögensdeliktes, vertraut hat (vgl. auch SSt. 42/50), mag er auch in der Folge vom Versuch des Betruges (strafaufhebend) zurückgetreten sein. Dazu kommt, daß gerade bei einer derartigen Fallgestaltung keineswegs sofort ein rechtmäßiger und ohne weiteres realisierbarer Entschädigungsanspruch an die Stelle der beschädigten Sache tritt; vielmehr soll

tatplanmäßig - wenigstens vorläufig - das Vermögen des Sacheigentümers (auf eine für den Beschädiger nicht absehbare Zeit) tatsächlich vermindert werden.

Der Tatbestand der Sachbeschädigung setzt allerdings voraus, daß die Zerstörung, Beschädigung usw der (fremden) Sache ohne Einverständnis des Sacheigentümers (oder desjenigen, der ihn in der Ausübung seines Sacheigentums wirksam vertritt) erfolgt; war der Berechtigte (oder sein Vertreter) mit der Zerstörung, Beschädigung usw. seiner Sache einverstanden, so fehlt es am Tatbestand (vgl. Nowakowski Grundzüge 63; nach Kienapfel BT II § 125 RN 49 ist in einem solchen Fall zufolge Einwilligung die Rechtswidrigkeit ausgeschlossen). Für einen Tatbeteiligten (im Sinn des § 12 dritter Fall StGB) folgt daraus, daß sich sein Vorsatz (auch) darauf beziehen muß, an einer ohne Einverständnis des Berechtigten erfolgenden Sachbeschädigung mitzuwirken; nimmt er irrig ein solches Einverständnis an, käme ihm insoweit ein vorsatzausschließender Tatbestandsirrtum zugute.

Im vorliegenden Fall wurde nach den Konstatierungen des Gerichtes die Sachbeschädigung zum Nachteil der Fa. E GesmbH vom Geschäftsleiter der E-Filiale Rum im Zusammenwirken mit dem Abteilungsleiter und der Verwaltungsleiterin dieser Filiale (zum Zweck eines Versicherungsbetruges zugunsten der Fa. E GesmbH) begangen, mithin - insbesondere, was den Geschäftsleiter betrifft - von einer Person, von der angenommen werden kann, daß sie den Sacheigentümer in der Ausübung seines Sacheigentums wirksam zu vertreten berufen ist. Bei dieser Sachlage wären aber in Ansehung des Angeklagten A, der ja offensichtlich um die Funktion des Günther C als Geschäftsleiter wußte, Feststellungen darüber zu treffen gewesen, welche Vorstellungen er im Tatzeitpunkt in bezug auf ein mangelndes oder ein vorliegendes Einverständnis des Sacheigentümers (dessen berechtigten Vertreters) in die zu dessen Nachteil erfolgende Sachbeschädigung hatte, das heißt, ob er - wenn auch allenfalls irrig - ein (tatbestandsausschließendes) Einverständnis angenommen oder es zumindest ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat, daß die von ihm geförderte Sachbeschädigung ohne Einverständnis des Sacheigentümers geschieht. Da das angefochtene Urteil diesbezüglich keinerlei Konstatierungen enthält, wiewohl solche zur endgültigen rechtlichen Beurteilung des Tatverhaltens des Angeklagten geboten gewesen wären, war daher das angefochtene Urteil aufzuheben und dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach entsprechender Ergänzung des Verfahrens aufzutragen, ohne daß es erforderlich wäre, auf das Vorbringen des Angeklagten in seiner Nichtigkeitsbeschwerde einzugehen. Lediglich der Vollständigkeit halber sei zum Einwand der Überschreitung der Anklage (§ 281 Abs. 1 Z 8 StPO) bemerkt, daß eine solche nicht vorliegt: In der Anklage (ON 3) wird dem Angeklagten A Mitwirkung am Versicherungsbetrug angelastet, welche der Anklageerzählung (S 19, 20/Bd II) zufolge im Rat, den Kühlraumschalter in die Stellung 'aus' zu bringen, in der Zusicherung, diese Manipulation durch einen Bericht über die Behebung einer elektrischen Störung zu decken, sowie in der Einhaltung dieser Zusage durch Abfassung einer entsprechenden Arbeitsbestätigung bestanden hat. Wenn das Erstgericht gerade die erwähnte Zusicherung als Tatbeitrag zum Vergehen der schweren Sachbeschädigung beurteilt hat, ist es keineswegs über den historischen Sachverhalt, welcher der Anklage zugrundeliegt, hinausgegangen, sondern hat diesen lediglich einer anderen rechtlichen Würdigung unterzogen (§ 262 letzter Satz StPO). Daß infolge geänderter rechtlicher Beurteilung auch in der Person des Geschädigten ein Wechsel eintritt (im vorliegenden Fall deshalb, weil der Versicherungsbetrug sich zum Nachteil der ZüRICH-KOSMOS-Versicherungen auswirken sollte, wogegen die Sachbeschädigung das Vermögen der E GesmbH trifft), ändert nichts an der Identität von Anklage- und Urteilstat (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO 2 Nr 46 und 58 zu § 262).

Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung war der Angeklagte auf die getroffene Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E06193

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0120OS00042.85.0530.000

Dokumentnummer

JJT_19850530_OGH0002_0120OS00042_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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