TE OGH 1985/8/28 1Ob604/85

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Veröffentlicht am 28.08.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel (Vorsitz) und Hon.Prof.Dr.Petrasch sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Wurz und Dr.Hofmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gert A, Student, Glasenbach, Raiffeisenstraße 4, vertreten durch Dr.Friedrich Wilhelm Martin, Rechtsanwalt in St.Veit an der Glan, wider die beklagte Partei Paul A, Pensionist, Töpplach 50, St.Georgen am Längsee, vertreten durch Dr.Heimo Verdino, Rechtsanwalt in St.Veit an der Glan, wegen Unterhalts (Streitwert S 144.000,--) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom 22.März 1985, GZ.3 R 343/84-65, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes St.Veit an der Glan vom 5.Juni 1984, GZ.2 C 53/82-55, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 7.185,45 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 565,95 USt. und S 960,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Begründung:

Der Kläger wurde am 9.11.1958 als eheliches Kind des Paul und der Hermengildis A geboren. Die Ehe seiner Eltern wurde am 16.7.1980 geschieden. Nach Absolvierung der Volksschule in ST.B an der Glan besuchte der Kläger die Unterstufe des neusprachlichen Gymnasiums in C. Nach vier Jahren wechselte er an die Höhere Technische Lehranstalt für Nachrichtentechnik in D, wo er im Herbst 1979 die Reifeprüfung ablegte. Im Anschluß daran legte er die Externistenprüfung für Latein mit Erfolg ab, um die Voraussetzungen für das Studium der Rechtswissenschaften zu erlangen. Im Wintersemester 1979/1980 inskribierte er an der juridischen Fakultät der Universität E Rechtswissenschaften und legte am 4.5.1981 das für die Zulassung zur ersten Staatsprüfung erforderliche Pflichtkolloquium mit befriedigendem Erfolg ab. Im Oktober 1982 (im 6.Semester) trat er zur ersten Staatsprüfung an, bestand sie jedoch nicht und wurde auf ein Semester reprobiert. Am 29.6.1983, am Ende des 8.Semesters, unterzog er sich neuerlich der rechtshistorischen Staatsprüfung und legte diese mit 'einstimmig genügendem' Erfolg ab. Am 16.5.1984 legte er die erste (von insgesamt vier) Teilprüfungen der zweiten Staatsprüfung mit genügendem Erfolg ab. Im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz befand sich der Kläger im zweiten Studienabschnitt und im zehnten Semester. Die Studiendauer für Rechtswissenschaften beträgt nach der auf den Kläger anzuwendenden Studienordnung acht Semester.

Bis einschließlich Februar 1981 erhielt Gert A von seinem Vater einen monatlichen Unterhalt von zumindest S 1.800,--, von März bis Juni 1981 einen solchen von je S 1.500,--. In der Folge bezahlte der Beklagte für den Kläger keinen Unterhalt. Am 11.9.1981 erklärte sich der Beklagte bereit, dem Kläger monatlich S 2.000,-- an Unterhalt unter der Voraussetzung zu bezahlen, daß dieser im Dezember 1981 die rechtshistorische Staatsprüfung mit Erfolg bestehe. Da der Kläger keinen erfolgreichen Prüfungsabschluß vorlegen konnte, stellte der Beklagte die Unterhaltszahlungen ein. Ab Februar 1982 ging der Kläger verschiedenen Beschäftigungen nach. Er verdiente in der Zeit vom 15.Jänner 1982 bis 22.März 1982 als Lagerarbeiter S 7.031,68, vom 22.März 1982 bis 12.Jänner 1983 als Nachtportier S 66.069,92. In der Zeit von März 1982 bis Juni 1982 erhielt der Kläger als freier Mitarbeiter des F, Landesstudio E, S 3.010,95, von Jänner 1983 bis Mai 1983 S 631,60. Der Beklagte bezieht eine Berufsunfähigkeitspension von monatlich durchschnittlich S 12.280,93 netto sowie eine von seiner früheren Arbeitgeberin, der G, gewährte monatliche Zuwendung in der Höhe von S 5.755,-- brutto. Anläßlich der Versetzung in den Ruhestand erhielt er eine einmalige Abfertigung von S 345.130,17, welche in zwei Raten am 2.Jänner 1981 und 1.Februar 1981 ausbezahlt wurde. Der Erstrichter wies das Klagebegehren auf Zuspruch eines monatlichen Unterhaltsbetrages von S 4.000,-- ab. Nach dem Studiengang könne nicht gesagt werden, daß der Kläger sein Studium ernsthaft und zielstrebig betreibe, wie dies die Rechtsprechung als Voraussetzung für die Unterhaltspflicht des Vaters für ein an sich selbsterhaltungsfähiges Kind fordere. Die Scheidung der Ehe seiner Eltern im Jahre 1980 vermöge die Studiendauer von vier Jahren bis zur Ablegung der ersten Staatsprüfung nicht zu rechtfertigen. Nebenbeschäftigungen, wie sie vom Kläger ausgeübt wurden, seien einem Studenten durchaus zumutbar und könnten gleichfalls nicht zur Rechtfertigung der überdurchschnittlich langen Studiendauer herangezogen werden.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge. Es erklärte die Revision für zulässig. Das Berufungsgericht billigte die rechtliche Beurteilung des Erstrichters.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision des Klägers steht zwar nicht die Bestimmung des § 502 Abs.2 Z 1 ZPO entgegen, weil das Unterhaltsbegehren unmittelbar mit der Frage der Berufswahl zusammenhängt (SZ 51/90; JBl.1973,97; JBl.1966,85) und daher den Grund des Anspruchs betrifft (SZ 42/9 u.a.), sie ist aber gemäß § 502 Abs.4 Z 1 ZPO unzulässig. Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, erlischt die Unterhaltspflicht des Vaters zwar mit dem Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit, doch hängt diese nicht vom Erreichen eines bestimmten Alters ab, sondern davon, wann das Kind imstande ist, die Mittel zur Bestreitung des seinen Lebensverhältnissen und jenen seiner Eltern entsprechenden Unterhaltes durch Arbeit selbst zu verdienen. Der Vater hat seinem Kind nicht nur eine seinem Stand und Vermögen entsprechende abgeschlossene Berufsausbildung zu ermöglichen, sondern auch zu einer höherwertigen weiteren Berufsausbildung seines Kindes beizutragen, sofern es die zum Studium erforderlichen Fähigkeiten besitzt, das Studium ernsthaft und zielstrebig betreibt und dem Vater nach seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen eine Beteiligung an den Ausbildungskosten möglich und zumutbar ist (EFSlg.43.179/2; SZ 51/90; SZ 43/237; EFSlg.38.157, 33.415, 31.179 u.a.; Pichler in Rummel, ABGB, Rdz 12 zu § 140).

Ist das Kind bereits selbsterhaltungsfähig, ist ihm nach herrschender Rechtsprechung gegen den Willen seines Vaters eine zusätzliche Ausbildung, die diesen zu weiteren Unterhaltsleistungen nötigt, nur bei besonderer Eignung für diesen Beruf und der sicheren Erwartung eines besseren Fortkommens zu gewähren (EFSlg.43.179/2; SZ 51/90; SZ 42/9; JBl.1966,85 u.a.; Pichler a.a.O.). Es ist den Vorinstanzen darin beizupflichten, daß von einem ernsthaften und zielstrebigen Studium des Klägers nicht gesprochen werden kann. Im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz stand der Kläger im zehnten Studiensemester, hatte bis dahin aber lediglich die erste von vier Teilprüfungen der zweiten Staatsprüfung mit Erfolg abgelegt. Der Revisionswerber räumt selbst ein, daß es zu Beginn seines Studiums durch zwei Jahre hindurch einen 'gewissen Leerlauf' gegeben habe, weil er 'gute vier Semester verloren habe', doch müsse man ihm ein derartiges studentisches Fehlverhalten nachsehen. Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, daß Leerläufe im Studium eines selbsterhaltungsfähigen Kindes jedenfalls nicht zu Lasten des unterhaltspflichtigen Vaters gehen können. Der Vergleich mit einem Schüler, der die dritte und siebente Klasse einer allgemeinbildenden höheren Schule wiederholen muß, und trotzdem den Unterhaltsansruch nicht verliert, ist verfehlt. Eine besondere psychologische Belastung des Klägers durch die Scheidung der Eltern wurde nicht festgestellt. Mit Recht wiesen die Vorinstanzen darauf hin, daß damit die überdurchschnittlich lange Studiendauer von nahezu vier Jahren bis zur Ablegung der ersten Staatsprüfung nicht gerechtfertigt werden könne. Insgesamt kann beim Kläger von einem zielstrebigen, mit Einsatz aller Kräfte vorangetriebenen Studium nicht gesprochen werden. Eine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs.4 Z 1 ZPO liegt dann aber nicht vor, so daß die Revision zurückzuweisen ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41,50 ZPO.

Anmerkung

E06358

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0010OB00604.85.0828.000

Dokumentnummer

JJT_19850828_OGH0002_0010OB00604_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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