TE OGH 1985/9/10 11Os63/85

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Veröffentlicht am 10.09.1985
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.September 1985 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Dallinger als Schriftführers, in der Strafsache gegen Otto A wegen des Vergehens nach dem § 24 Abs. 1 lit. b DevisenG und eines anderen Delikts über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 9.November 1984, GZ 12 a Vr 2.845/84-101, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Generalanwalts Dr. Hauptmann als Vertreters des Generalprokurators und des Verteidigers Dr. Bernhauser, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, dahin ergänzt, daß dem Angeklagten gemäß dem § 38 Abs. 1 StGB auch die in der Zeit vom 25.April 1981, 8 Uhr, bis zum 21.Mai 1981, 15 Uhr, erlittene Vorhaft auf die verhängten Strafen angerechnet wird. Der Berufung wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 3 (drei) Monate herabgesetzt wird; im übrigen wird ihr nicht Folge gegeben. Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Otto A der Vergehen nach dem § 24 Abs. 1 lit. b DevG sowie nach dem § 36 Abs. 1 lit. a WaffG schuldig erkannt und unter Anwendung des § 28 StGB nach dem § 24 Abs. 1 DevG zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten sowie gemäß dem § 29 Abs. 1 und Abs. 2 DevG zu einer Verfallsersatz-Geldstrafe in der Höhe von 180.000 S (im Nichteinbringlichkeitsfall ein Monat Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß dem § 38 StGB wurden ihm mehrere Vorhaftzeiten - deren früheste am 19.November 1982 begonnen hatte - auf die verhängten Strafen angerechnet. Ausdrücklich lehnte (Band II S 343) das Erstgericht jedoch die Anrechnung einer weiteren vom Angeklagten in der Zeit vom 1.Mai 1981, 8 Uhr, bis zum 21.Mai 1981, 15 Uhr, erlittenen Vorhaft ab.

Allein gegen die Nichtanrechnung 'sämtlicher Haftzeiten', welche der Angeklagte erlitt - mit besonderer Hervorhebung dieser letztgenannten Vorhaft - wendet sich die Beschwerde unter Anrufung der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO.

Sie erweist sich als berechtigt:

Gemäß dem § 38 Abs. 1 StGB sind die verwaltungsbehördliche und die gerichtliche Verwahrungshaft und die Untersuchungshaft auf Freiheitsstrafen und Geldstrafen anzurechnen, wenn der Täter die Haft entweder in einem Verfahren wegen der Tat, für die er bestraft wird (Z 1), oder sonst nach der Begehung dieser Tat wegen des Verdachtes einer mit Strafe bedrohten Handlung erlitt (Z 2), soweit in beiden Fällen die Haft nicht bereits auf eine andere Strafe angerechnet oder der Verhaftete dafür entschädigt wurde. Im Sinn der hg. Entscheidung 12 Os 169/77 = ÖJZ-LSK 1978/42 = SSt. 48/90 (vgl. Mayerhofer-Rieder, StGB 2 , ENr. 30 zu § 38) sind - per analogiam zu § 38 Abs. 1 Z 2 StGB - darüber hinaus nicht nur Vorhaften anzurechnen, die der Täter nach der (den Gegenstand des Schuldspruchs bildenden) Tat in einem anderen Verfahren erlitten hat, sondern alle Vorhaften, die ihm in einem anderen, noch nach der (nunmehr bestraften) Tat anhängigen Verfahren - so daß die Voraussetzungen einer gemeinsamen Führung nach dem § 56 StPO gegeben waren - widerfuhren, mögen diese Haftzeiten auch schon vor der (nunmehr bestraften) Tat gelegen sein.

Wie sich aus dem vorliegenden Akt ergibt, wurde der Angeklagte im Strafverfahren 2 a Vr 11.399/80 (Hv 85/81) des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (auf S 37 des vorliegenden Aktes schlecht leserlich und anscheinend '11.300/80' bedeutend) wegen der Vergehen nach dem § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 StGB sowie nach den §§ 223 Abs. 1, 224 StGB am 25.April 1981, 8 Uhr - und nicht erst am 1.Mai 1981, 8 Uhr, zu welchem Zeitpunkt in Wahrheit die gerichtliche Untersuchungshaft über ihn verhängt wurde (vgl. Band I - S 28, 37 und 39 des vorliegenden Aktes) - in Haft genommen. Wie weiters aus den auf den Registereintragungen beruhenden fernmündlichen Auskünften des Landesgerichtes für Strafsachen Wien - die betreffenden Vorakten sind derzeit weder angeschlossen noch greifbar - und aus dem gegenständlichen Akt (S 3 k ff. d.A. u. V.Bogens) hervorgeht, wurde aus diesem - nicht gegen den Angeklagten allein geführten - Strafverfahren das gesamte ihn betreffende Verfahren gemäß § 57 StPO ausgeschieden und zur AZ 24 c Vr 4.499/81 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien weitergeführt, in welchem sich der Angeklagte weiterhin bis zum 21.Mai 1981, 15 Uhr, in Haft befand, zu welchem Zeitpunkt er enthaftet wurde (Band I - S 55 des vorliegenden Aktes). Das Verfahren gegen den Angeklagten wurde sodann in einer durch nochmalige Ausscheidungen und eine Vereinigung gekennzeichneten Kette zusammenhängender Verfahren (aus dem Verfahren 24 c Vr 4.499/81 wurde das Verfahren gegen ihn am 8.März 1983 neuerlich zur Gänze ausgeschieden und zur AZ 24 c Vr 2.976/83 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien weitergeführt, dieses Verfahren am 29.November 1983 mit dem Akt 21 a Vr 1.394/79 desselben Gerichtes vereinigt, welcher später das neue Aktenzeichen 21 a Vr 13.275/83 erhielt, und aus diesem - derzeit noch offenen - Verfahren schließlich am 2.März 1984 durch neuerliche Ausscheidung der nunmehrige Akt 21 a Vr (jetzt 12 a Vr) 2.845/84 gebildet) weitergeführt, wobei es immer wieder zu teilweisen Einstellungen und auch zur Ausdehnung des Verfahrens auf neu hinzugekommene Straftaten - so auch auf die nunmehr den Gegenstand des Schuldspruches bildenden (Tatzeit November 1981 bis 19. November 1983) - kam. Dies stimmt aktenmäßig damit überein, daß Gegenstand des vorliegenden Verfahrens auch noch der Vorwurf einer Mitte April 1981 begangenen Hehlerei - welcher Straftat also die in Rede stehende Vorhaft nachfolgte - war (vgl. Punkt C Anklageschrift Band II, ON 67; dort ausdrückliche Bezugnahme auf die oben erwähnten Verfahren 24 c Vr 4.499/81 und 24 c Vr 2.976/83 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien) und dieses Faktum erst in der Hauptverhandlung vom 9.November 1984 vor der Urteilsfällung gemäß dem § 57 StPO ausgeschieden wurde (Band II - S 327). Es liegen also die eingangs dargelegten Voraussetzungen für die Anrechnung auch der weiteren Vorhaft vom 25.April 1981, 8 Uhr, bis zum 21.Mai 1981, 15 Uhr, vor. Es war daher in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde das angefochtene Urteil - welches im übrigen unberührt zu bleiben hatte - dahin zu ergänzen, daß dem Angeklagten gemäß dem § 38 Abs. 1 StGB auch die in der Zeit vom 25.April 1981, 8 Uhr, bis zum 21. Mai 1981, 15 Uhr, erlittene Vorhaft auf die verhängten Strafen angerechnet wird.

Mit seiner Berufung begehrt Otto A die Herabsetzung der verhängten Freiheitsstrafe, die Gewährung bedingter Strafnachsicht und die Ausschaltung der Verfallsersatz-Geldstrafe. Außerdem bekämpft er die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe (S 352/II). Die Berufung ist nur insoweit begründet, als sich das Ausmaß der vom Erstgericht ausgesprochenen (primären) Freiheitsstrafe unter Zugrundelegung der an sich zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründe als überhöht erweist und daher auf drei Monate zu reduzieren war.

Der begehrten Gewährung bedingter Strafnachsicht stehen im Hinblick auf das belastete Vorleben des Angeklagten schon spezialpräventive Erwägungen entgegen.

Der Berufung gegen die Verfallsersatz-Geldstrafe konnte deswegen kein Erfolg beschieden sein, weil das Gesetz (§ 29 Abs. 2 DevG) dem Gericht bei der Festsetzung dieser Strafe keinen Ermessensspielraum gewährt. Unabhängig davon könnte sich auch die stattgefundene gerichtliche Sicherstellung eines Bargeldbetrages von 100.000 S nicht strafmildernd auswirken.

Gegen die Höhe der (nach dem § 32 DevG) ausgesprochenen Ersatzfreiheitsstrafe bestehen keine Bedenken.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E06449

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0110OS00063.85.0910.000

Dokumentnummer

JJT_19850910_OGH0002_0110OS00063_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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