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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art131 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des G in L, vertreten durch Dr. Alfred Windhager, Rechtsanwalt in 4040 Linz-Urfahr, Flußgasse 15, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 11. Februar 2003, Zl. SV(SanR)-410893/3-2003-Bb-May, betreffend Feststellung der Versicherungspflicht und der Zahlungspflicht für Beiträge nach dem GSVG (mitbeteiligte Partei:
Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86),
Spruch
I. den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Feststellung der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pensionsversicherung nach GSVG wendet, als unzulässig zurückgewiesen, und II. zu Recht erkannt:
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach der Aktenlage wurde der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt im April oder Juni 2001 vom zuständigen Finanzamt mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer gemäß Einkommensteuerbescheid 1998 vom 12. Dezember 2000 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der Höhe von S 100.000,-- hatte. Am 21. Oktober 2001 erließ die mitbeteiligte Versicherungsanstalt einen Rückstandsausweis, der Grundlage eines gegen den Beschwerdeführer geführten Exekutionsverfahrens war.
Mit Bescheid vom 20. August 2002 stellte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt fest, der Beschwerdeführer unterliege in der Zeit vom 1. Jänner bis zum 31. Dezember 1998 der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG und vom 1. Jänner bis zum 30. November 1998 bzw. vom 20. bis zum 31. Dezember 1998 der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem GSVG; seine monatliche Beitragsgrundlage in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG betrage im Jahr 1998 S 8.333,-- (EUR 605,58); weiters sei der Beschwerdeführer verpflichtet, für die Dauer der Pflichtversicherung im Jahr 1998 einen monatlichen Beitrag zur Pensionsversicherung von S 1.249,95 (EUR 90,84) und einen monatlichen Beitrag zur Krankenversicherung von S 758,30 (EUR 55,11) sowie einen Beitragszuschlag zur Pensionsversicherung von S 1.395 (EUR 101,40) und zur Krankenversicherung von S 846,24 (EUR 61,50) zu bezahlen.
Nach der Begründung sei der Beschwerdeführer im Jahr 1998 selbständig erwerbstätig gewesen und habe gemäß dem rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid vom 12. Dezember 2000 für das Jahr 1998 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der Höhe von S 100.000,-- erzielt. Vom 6. November bis zum 12. Dezember 1998 sei der Beschwerdeführer als Dienstnehmer beschäftigt gewesen. Mangels fristgerechter An- bzw. Abmeldung sei unter Berücksichtigung des unselbständigen Dienstverhältnisses die Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung im Jahr 1998 festzustellen gewesen. Beitragsgrundlage seien die Einkünfte gemäß rechtskräftigem Einkommensteuerbescheid 1998 in der Höhe von S 100.000,--. Ausgehend von einer monatlichen Beitragsgrundlage von S 8.333,-- seien die monatlichen Beiträge zur Pensionsversicherung (15 % der Beitragsgrundlage) und zur Krankenversicherung (9,1 %) zu leisten gewesen. Schließlich hätten Versicherte, deren Pflichtversicherung nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides für das maßgebliche Beitragsjahr rückwirkend festgestellt wird, zu den Beiträgen einen Zuschlag in der Höhe von 9,3 % der Beiträge zu leisten.
In dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch brachte der Beschwerdeführer vor, eine Vorschreibung sei ihm nie rechtswirksam zugestellt worden. Zudem weise er eine Minderung seiner Erwerbsfähigkeit von 60 % auf und halte den - schon vor der Bescheiderlassung erhobenen - Einwand der Verjährung aufrecht. Die Bemessungsgrundlage und die Vorschreibungen werden auch der Höhe nach bestritten.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch keine Folge. In der Begründung stellte sie den Gang des Verwaltungsverfahrens dar und führte aus, die behauptete Minderung der Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers wirke sich auf die gegenständliche Beitragsfrage in keiner Weise aus. Auf Grund der nur allgemeinen Bestreitung der Höhe der Beitragsgrundlage und der vorgeschriebenen Beiträge sehe sich die belangte Behörde nicht veranlasst, ihre auch erläuterten Berechnungen in Frage zu stellen. Zum Einwand der Verjährung gab die belangte Behörde die einschlägigen Bestimmungen wieder und führte aus, der rechtskräftige Einkommensteuerbescheid 1998 vom 12. Dezember 2000 sei ihr erst am 20. März 2001 zur Kenntnis gelangt. Erst ab diesem Zeitpunkt hätten entsprechende Schritte gesetzt werden können, "die schließlich im Bescheid vom 20.8.2002 die entsprechenden Feststellungen enthielten". Der Einwand der Verjährung treffe daher nicht zu. Auf die - allenfalls nicht erfolgte - Zustellung des Rückstandsausweises komme es nicht an, weil die Versicherungspflicht erstmals im Bescheid vom 20. August 2002 ausgesprochen worden sei und dort auch die Beiträge erstmals "im Bescheidwege" vorgeschrieben worden seien; dieser Bescheid sei dem Beschwerdeführer wirksam zugestellt worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und nahm - ebenso wie die mitbeteiligte Versicherungsanstalt - von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 Z 1 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Zu I.: Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde sowohl über die Versicherungspflicht gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG als auch über die Höhe der Beitragsgrundlage und die Verpflichtung zur Zahlung gleichzeitig festgesetzter monatlicher Beiträge sowie eines Beitragszuschlages entschieden. Soweit die Entscheidung die Versicherungspflicht betrifft, stand dem Beschwerdeführer dagegen die Berufung an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz offen (vgl. § 194 GSVG iVm § 415 Abs. 1 ASVG), wie dies auch in der Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Bescheid zutreffend dargelegt wird.
Gemäß Artikel 131 Abs. 1 Z 1 B-VG setzt die Zulässigkeit einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof die Erschöpfung des Instanzenzuges voraus. Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher, soweit sie sich gegen die Feststellung der Versicherungspflicht wendet, mangels Erschöpfung des Instanzenzuges als unzulässig. In diesem Umfang war die Beschwerde daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Zu II.:
Soweit die Argumente in der vorliegenden Beschwerde der Bekämpfung der weiteren Absprüche des angefochtenen Bescheides zugeordnet werden können, sind diese Argumente nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen:
Es ist nicht zu sehen, welche Bedeutung die behauptete Unterlassung der Zustellung des Rückstandsausweises vom 21. Oktober 2001 für das vorliegende Verfahren hätte. Gegenstand dieses Verfahrens sind die im erstinstanzlichen Bescheid behandelten Spruchpunkte, die von der belangten Behörde übernommen worden sind. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, dass ihm die beiden diesem Verfahren zu Grunde liegenden Bescheide nicht zugestellt worden seien. Ob dem Beschwerdeführer der Rückstandsausweis zugestellt wurde, ist für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens jedenfalls unerheblich.
Zum dem die Beitragsvorschreibung betreffenden Einwand des Beschwerdeführers, die Beiträge seien verjährt, ist Folgendes zu entgegnen:
Gemäß § 40 Abs. 1 GSVG verjährt das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Versicherte die Erstattung einer Anmeldung bzw. Änderungsmeldung oder Angaben über das Versicherungsverhältnis bzw. über die Grundlagen für die Berechnung der Beiträge unterlassen oder unrichtige Angaben über das Versicherungsverhältnis bzw. über die Grundlagen für die Berechnung der Beiträge gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt hätte als unrichtig erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Die Verjährung ist gehemmt, solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes über das Bestehen der Pflichtversicherung oder die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist.
Nach § 40 Abs. 2 GSVG verjährt das Recht auf Einforderung festgestellter Beitragsschulden binnen zwei Jahren nach Verständigung des Zahlungspflichtigen vom Ergebnis der Feststellung. Die Verjährung wird durch jede zum Zwecke der Hereinbringung getroffene Maßnahme, wie zum Beispiel durch Zustellung einer an den Zahlungspflichtigen gerichteten Zahlungsaufforderung (Mahnung), unterbrochen; sie wird durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung gehemmt.
Gemäß § 18 Abs. 1 GSVG haben die nach diesem Bundesgesetz Pflichtversicherten den Eintritt der Voraussetzungen für den Beginn und das Ende der Pflichtversicherung binnen einem Monat nach deren Eintritt dem Versicherungsträger zu melden.
Nach § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 139/1998 sind auf Grund dieses Bundesgesetzes in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z. 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, erzielen, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist, pflichtversichert. Solange ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid oder ein sonstiger maßgeblicher Einkommensnachweis nicht vorliegt, ist die Pflichtversicherung nur dann festzustellen, wenn der Versicherte erklärt, dass seine Einkünfte aus sämtlichen oder Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeiten im Kalenderjahr die in Betracht kommende Versicherungsgrenze (§ 4 Abs. 1 Z. 5 oder Z. 6) übersteigen werden. In allen anderen Fällen ist der Eintritt der Pflichtversicherung erst nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides oder eines sonstigen maßgeblichen Einkommensnachweises im nachhinein festzustellen.
Wird eine versicherungspflichtige Erwerbstätigkeit gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG ausgeübt und liegt keine Erklärung über die Höhe der erwarteten Einkünfte vor, kann die Feststellung der Versicherungspflicht erst bei Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides oder eines anderen Einkommensnachweises erfolgen. Die auf Grund dieser versicherungspflichtigen Tätigkeit zu zahlenden Beiträge können daher nicht vor einer solchen Feststellung fällig werden.
Im Beschwerdefall lag ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1998 am 12. Dezember 2000 vor. Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage war daher eine Feststellung der Versicherungspflicht frühestens zu diesem Zeitpunkt möglich; im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides am 20. August 2002 war die dreijährige Verjährungsfrist demnach noch nicht abgelaufen.
Die Beschwerde ist somit nicht begründet, weshalb sie gemäß § 41 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Wien, am 29. Juni 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003080113.X00Im RIS seit
03.08.2005