TE OGH 1986/3/20 12Os3/86

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Veröffentlicht am 20.03.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.März 1986 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger sowie Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Gruber als Schriftführerin in der Strafsache gegen Georg P*** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 27.Juni 1985, GZ 5 e Vr 4499/81-151, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das in seinem freisprechenden Teil unberührt bleibt, im Schuldspruch (hinsichtlich des Punktes A III des Urteilssatzes gemäß § 290 Abs. 1 StPO) und demzufolge auch im Strafausspruch einschließlich des Ausspruches über die privatrechtlichen Ansprüche und die Vorhaftanrechnung aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde hinsichtlich des Schuldspruchs zu A III des Urteilssatzes und seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Georg P*** des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB (Punkt A./I.) des Urteilssatzes), sowie der Vergehen der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1 StGB (Punkt A./II.) und der fahrlässigen Ansichbringung von Sachen nach § 165 (§ 164 Abs. 1 Z 2) StGB (Punkt A.III.) schuldig erkannt. Darnach hat er (zu A./I.) am 17.Mai 1982 in Wien mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten Stefan A*** unrechtmäßig zu bereichern, diesen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorspiegelung, ein zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kunde zu sein, zur Übergabe von drei Ölgemälden verleitet und den Genannten um einen Betrag von 190.000 S am Vermögen geschädigt; (zu A./II.) im Juli 1982 Stefan A*** durch die gefährliche Drohung, wenn er zur Polizei ginge, hätte er spezielle Überraschungen für ihn bereit, er werde ihn nach Ungarn verschleppen, wo er von den Behörden gesucht werde; (zu A./III.) im April 1981 in Wien fahrlässig eine Sache, die unbekannte Täter durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt haben, nämlich eine Damenarmbanduhr der Marke "P***" mit Steinen, wovon zumindest das Gehäuse von unbekannten Tätern gestohlen worden war, an sich gebracht, indem er diese Uhr von einem Unbekannten zum kommissionsweisen Verkauf übernahm.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Berechtigung zukommt.

Als Verfahrensmangel (Z 4) rügt der Angeklagte die Abweisung des von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung am 27.Juni 1985 (S 317 f./III) gestellten Antrages auf Einvernahme der Zeugen Anton B*** und Laszlo R*** darüber, daß Stefan A*** dem Beschwerdeführer vier Bilder gegeben und letzterer ihm ein "Kommissionsbild" zurückgegeben habe, daß weiters die "gegenständliche Anzeige nur deshalb eingebracht worden ist, weil der Zeuge A*** selbst einen Preis dem Laszlo R*** schuldig geblieben ist und diese Anzeige zur Deckung seiner eigenen strafgesetzwidrigen Handlung eingebracht hat, um den R*** darüber zu täuschen, daß er tatsächlich den Kaufpreis nicht erhalten hat"; weiters zum Beweise dafür, daß A*** die angebotenen Zeugen mit einem über 100.000 S liegenden Betrag betrogen hat. Das Erstgericht stützte den Schuldspruch ausschließlich auf die Aussage des Zeugen Stefan A***. Der Verantwortung des Angeklagten, er habe diese Bilder zum kommissionsweisen Verkauf erhalten und dem genannten Zeugen den vereinbarten Betrag übergeben und der Aussage des Zeugen Helmut O*** (Seite 322 ff./III), der Beschwerdeführer habe diese Bilder in Kommission erhalten und in seiner Gegenwart auch einen Betrag von 30.000 S bezahlt, hat es dagegen den Glauben versagt (Seite 342 f./III).

Die Relevanz des Beweisanerbietens kann aber bei der gegebenen Sachlage nicht unzweifelhaft verneint werden (§ 281 Abs. 3 StPO). Der Angeklagte hat bereits bei seiner Einvernahme vor der Polizei behauptet, der Zeuge A*** habe ihm mitgeteilt, daß er diese Bilder von einem Ungarn übernommen habe, er (Angeklagter) möge diesem Ungarn gegenüber behaupten, daß ihm diese Bilder gestohlen oder beim Zoll beschlagnahmt worden sind (S 300/I). Er hat diese Darstellung auch in der Hauptverhandlung aufrecht erhalten (S 211, 275 f./III) und dabei den Namen dieses Ungarn mit Laszlo R*** genannt (S 275/III). Der Zeuge A*** hat dazu befragt jede Angabe verweigert (S 312/III). Wäre nachweisbar, daß der Zeuge A*** diese Bilder tatsächlich von Laszlo R*** gekauft hat, und diesem den Kaufpreis oder einen Teil desselben schuldig geblieben ist, dann hätte sich das Erstgericht mit dieser oben wiedergegebenen Darstellung des Angeklagten und auch damit näher auseinandersetzen müssen, ob der Zeuge A*** unter Umständen die Anzeige einbrachte, um den Laszlo R*** darüber zu täuschen, daß er dieses Geld vom Angeklagten nicht erhalten hat. So gesehen betrifft das beantragte Beweismittel somit eine entscheidende Tatsache und ist ein verwertbares Ergebnis nicht von vornherein auszuschließen. Durch die dem Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit (§ 3 StPO) - dessen Beachtung durch das Wesen eines auch die Verteidigung sichernden Verfahren geboten ist - zuwiderlaufende Abweisung des in Rede stehenden Beweisantrages wurde der Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z 4 StPO verwirklicht. Zutreffend macht die Mängelrüge (Z 5) auch eine Unvollständigkeit des Urteils geltend, weil das Erstgericht bei Würdigung der Glaubwürdigkeit der Aussage des Zeugen Helmut O*** davon ausging, daß sich der Angeklagte erst am 27.Juni 1985 auf diesen Zeugen berufen hat (vgl S 342/III), dabei aber überging, daß der Beschwerdeführer diesen Zeugen bereits am 12.November 1982 vor der Polizei - offenbar bei der ersten Konfrontation mit den Vorwürfen - namhaft gemacht hat (vgl S 300/I). Da nicht ausgeschlossen werden kann, daß die unrichtige Annahme der späten Namhaftmachung des Zeugen Einfluß auf die Beurteilung seiner Glaubwürdigkeit gehabt hat, bezieht sich der Begründungsmangel auf eine entscheidende Tatsache.

Den Schuldspruch zu A./II.) des Urteilssatzes stützte das Schöffengericht auf die Aussage des Zeugen Stefan A*** und auch darauf, daß der Angeklagte im Hinblick auf eine in der Anklageschrift geschilderte Bedrohung seiner ehemaligen Lebensgefährtin "G***" "durchaus fähig und in der Lage ist, Personen zu seinem Zwecke gefährlich zu bedrohen, wodurch diese, wie gegenständlich auch A*** sich in Furcht, und Unruhe versetzt fühlen" (S 343/III).

Zutreffend rügt die Beschwerde in sachlicher Ausführung des Nichtigkeitsgrundes der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO dem Sinne nach, daß für letztere Annahme keine hinreichende Begründung gegeben werde, weil sich diese nur auf ein in der Anklageschrift geschildertes Faktum beziehe, das aber in der Hauptverhandlung am 27. Juli 1985 ausgeschieden wurde (S 321/III). Es ist der Rüge darin beizupflichten, daß dieser Umstand für sich allein zur Begründung dafür, daß eine solche Drohung dem Angeklagten durchaus zuzutrauen sei, nicht genügt und es dafür nach Lage des Falles einer näheren Begründung bedurft hätte. Begründet aber das Gericht - wie hier - seine Überzeugung mit verschiedenen Umständen in ihrem Zusammenhalt, so folgt aus einem Begründungsmangel einer der Komponenten zwangsläufig stets auch ein Mangel der hieraus als Ergebnis resultierenden Tatsachenfeststellung, zumal nicht ausgeschlossen werden kann, daß hiefür nicht gerade der vom Begründungsmangel getroffenen Teilkomponente besondere Bedeutung zukam, sie nicht etwa sogar letztlich für die gewonnene Überzeugung den Ausschlag gab (SSt 44/3 ua).

Der Schuldspruch wegen Vergehens nach § 165 StGB

(Faktum A./III.) des Urteilssatzes) ist mit einem (nicht gerügten) Feststellungsmangel im Sinne des Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO behaftet, der aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde von Amts wegen wahrzunehmen war (§ 290 Abs. 1 StPO).

Wird an einer Sache nach § 367 ABGB (§ 366 HGB) Eigentum erworben, so scheidet sie als taugliches Objekt einer Hehlerei aus (Leukauf-Steininger, Komm 2 , § 164 Rdn 14; Kienapfel, BT, § 164, Rdn 14). Im gegenständlichen Falle wurde das Uhrengehäuse nach dem Akteninhalt bereits im Jahre 1966 (!) in Südamerika gestohlen (S 145/III). Bei dieser Sachlage reichen die Feststellungen des Erstgerichtes für einen Schuldspruch nicht hin, weil bei dieser räumlichen und zeitlichen Entfernung zur Vortat hätte geklärt werden müssen, ob das Uhrengehäuse noch ein taugliches Deliktsobjekt darstellen konnte.

Wegen dieser Verfahrens-, Begründungs- und Feststellungsmängel ist somit die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden (§ 285 e StPO), weshalb ohne Erörterung des übrigen Beschwerdevorbringens nach Anhörung der Generalprokuratur bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung wie im Spruch zu erkennen war.

Anmerkung

E07688

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0120OS00003.86.0320.000

Dokumentnummer

JJT_19860320_OGH0002_0120OS00003_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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