TE Vwgh Erkenntnis 2005/7/1 2001/03/0354

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Veröffentlicht am 01.07.2005
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3R E07204030;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;
99/02 Personentransport Gütertransport auf der Straße;

Norm

31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 lita;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 litb;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art2 Abs1;
EURallg;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z8 idF 1998/I/017;
TransitVwVereinbarung Ökopunktesystem 1992;
VStG §31 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;
VStG §44a Z2;
VStG §44a Z3;
VStG §51e Abs1;
VStG §51e Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer sowie die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des VC in N, Griechenland, vertreten durch Dr. Zoe van der Let-Vangelatou, Rechtsanwältin in 1040 Wien, Schleifmühlgasse 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 20. August 2001, Zl. K 038/02/2001.048/006, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 17. November 1998 als Fahrer mit einem in Griechenland auf ein näher bezeichnetes Kennzeichen zugelassenen Lastkraftfahrzeug mit einem Gesamtgewicht von mehr als 7,5 Tonnen eine ökopunktpflichtige Transitfahrt von Deutschland durch Österreich mit der beabsichtigten Weiterfahrt zu einem in Griechenland gelegenen Zielort durchgeführt. Bei der Ausreisekontrolle am Grenzübergang Nickelsdorf, A 4 Ausreisespur, sei um 11.00 Uhr von einem Aufsichtsorgan festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer keine Ökokarte zum Nachweis der Entrichtung der erforderlichen Ökopunkte mitgeführt habe und das im Fahrzeug eingebaute elektronische Gerät (Ecotag) für eine automatische Entwertung der Ökopunkte nicht benutzt worden sei.

Der Beschwerdeführer habe dadurch die Bestimmungen des § 23 Abs. 1 Z. 8 des Güterbeförderungsgesetzes idF BGBl. I Nr. 17/1998, in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 lit. a und Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 idF der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 verletzt; über ihn wurde gemäß § 23 Abs. 1 iVm Abs. 2 zweiter Satz Güterbeförderungsgesetz eine Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,--

(EUR 1.453,46), Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage, verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer wendet zunächst gegen den angefochtenen Bescheid ein, mit Straferkenntnis vom 15. (richtig wohl: 12.) Dezember 2000 sei gegen ihn ein Widerspruch zur Anlastung in der Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter der Strafvorwurf erhoben worden, dass "das Fahrzeug" ein eingebautes elektronisches Gerät für eine automatische Entwertung der Ökopunkte ("ecotag") benutzt habe, das "Ökotag-Gerät" aber nicht so bedient worden sei, dass eine automatische Abbuchung der Ökopunkte ermöglicht worden sei. Bei diesem Straferkenntnis sei auch erstmalig, nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist ein ausreichend konkretisierter Tatort ("Am Grenzübergang Nickelsdorf, A4 Ausreisespur" statt "A4 von Wien kommend in Richtung Nickelsdorf") angegeben worden.

Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten wurde dem Beschwerdeführer in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 2. Dezember 1998 vorgehalten, er habe eine näher beschriebene Transitfahrt durchgeführt und unter anderem entgegen den Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes 1995 in Verbindung mit der Verwaltungsvereinbarung, BGBl. Nr. 879/1992, die vorgeschriebene Ökokarte nicht mitgeführt.

Damit wurde die dem Beschwerdeführer angelastete Tat aber insbesondere im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der VO (EG) Nr. 1524/96 der Kommission mit einer jeden Zweifel ausschließenden Deutlichkeit konkretisiert. Diese Tatumschreibung reichte jedenfalls hin, den Beschwerdeführer in die Lage zu versetzen, sich gegen den Tatvorwurf zu verteidigen und vor der Gefahr zu schützen, im Falle einer Bestrafung nochmals wegen desselben Verhaltens zur Verantwortung gezogen zu werden. Die solcherart gegebene Tauglichkeit der Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG wurde durch die darin enthaltene unzutreffende rechtliche Wertung nicht beeinträchtigt. Die Richtigstellung der verletzten Verwaltungsvorschrift und der Strafbestimmung durfte die belangte Behörde entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers auch nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist vornehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Mai 2000, Zl. 2000/03/0010, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Gemäß § 51e Abs. 1 VStG (in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998) hat der unabhängige Verwaltungssenat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Nach Abs. 3 der genannten Bestimmung kann der unabhängige Verwaltungssenat von einer Berufungsverhandlung absehen, wenn

"1. in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder

2.

sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder

3.

im angefochtenen Bescheid eine S 3.000,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder

              4.              sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat."

Die belangte Behörde nahm von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung ohne nähere Begründung Abstand. Keine der alternativen Voraussetzungen des § 51e Abs. 3 VStG für das Absehen von der Berufungsverhandlung liegt jedoch im Beschwerdefall vor:

Der Beschwerdeführer hat in der gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis erhobenen Berufung auch vorgebracht, dass ihn kein Verschulden treffe, zumal er alles Erforderliche für die Entwertung veranlasst habe und er für Defekte und Störungen der an der Grenze angebrachten Geräte keinerlei Verantwortung trage. Im Lichte dieses Vorbringens ist - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - die Wesentlichkeit des Verfahrensmangels zu bejahen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 30. April 2003, Zl. 2001/03/0081).

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 1. Juli 2005

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2"zu einem anderen Bescheid""Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild)Strafnorm Berufungsbescheid

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2001030354.X00

Im RIS seit

02.08.2005

Zuletzt aktualisiert am

16.04.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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