TE Vwgh Erkenntnis 2005/7/8 2003/02/0134

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Veröffentlicht am 08.07.2005
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Index

E3R E07204010;
E3R E07204020;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art13;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art15 Abs3 litb;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art15 Abs3 litc;
KFG 1967 §101 Abs1 lita;
KFG 1967 §102 Abs1;
KFG 1967 §134 Abs1;
KFG 1967 §4 Abs7a;
VStG §51e Abs1 idF 2002/I/065;
VStG §51e Abs2 idF 2002/I/065;
VStG §51e Abs3 idF 2002/I/065;
VStG §51e Abs3 Z4 idF 2002/I/065;
VwGG §33a;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des JS in Z, vertreten durch Dr. Egon Duschek, Rechtsanwalt in Knittelfeld, Schulgasse 22, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Wiener Neustadt, vom 15. April 2003, Zl. Senat-WN-02- 1009, betreffend Übertretungen kraftfahrrechtlicher Vorschriften,

Spruch

1. den Beschluss gefasst:

Die Behandlung der Beschwerde wird, soweit sich der angefochtene Bescheid auf die Spruchpunkte a) und b) des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Wiener Neustadt vom 21. Jänner 2002 bezieht, abgelehnt.

2. zu Recht erkannt:

Im Übrigen (= hinsichtlich der bestätigten Spruchpunkte c und d des vorgenannten Straferkenntnisses und der auf diese Spruchpunkte entfallenden Kosten des Berufungsverfahrens) wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Zur Ablehnung der Beschwerde betreffend Übertretungen des Art. 15 Abs. 3 lit. b und lit. c i.V.m. Art. 13 EG-VO 3821/85 sowie § 134 Abs. 1 KFG (Spruchpunkte a und b des erstinstanzlichen Straferkenntnisses):

Gemäß § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil sie von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird, in Verwaltungsstrafsachen außerdem nur dann, wenn eine Geldstrafe von höchstens EUR 750,-- verhängt wurde.

Die Voraussetzungen für eine Ablehnung der vorliegenden Beschwerde nach dieser Gesetzesstelle sind erfüllt. Es wurde jeweils keine EUR 750,-- übersteigende Geldstrafe verhängt. Die Fällung einer Sachentscheidung über die Beschwerde hängt von keiner Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

2. Zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der von der belangten Behörde bestätigten Spruchpunkte c) und d) des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Wiener Neustadt vom 21. Jänner 2002:

Mit Spruchpunkt c) und d) des von der belangten Behörde bestätigten Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Wiener Neustadt vom 21. Jänner 2002 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 14. März 2001 um 10.55 Uhr an einem näher genannten Ort einen den Kennzeichen nach näher bestimmten Kraftwagenzug gelenkt und (lit. c) die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte des LKW (26.000 kg) und des Anhängers (17.990 kg) von 43.990 kg um 11.070 kg überschritten sowie (lit. d) mit der Summe des tatsächlichen Gesamtgewichtes des Kraftwagenzuges von 55.060 kg die Höchstgrenze von 40.000 kg, mit welchem österreichische Straßen maximal belastet werden dürfen, um 15.060 kg überschritten. Er habe dadurch (zu lit. c) § 102 Abs. 1 i. V.m. § 101 Abs. 1 lit. a KFG und (zu lit. d) § 102 Abs. 1 i.V.m.

§ 4 Abs. 7a KFG verletzt, weshalb über ihn zu lit. c eine Geldstrafe von EUR 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 11 Tage) und zu lit. d eine Geldstrafe von EUR 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 15 Tage) verhängt wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wendet u.a. ein, der angefochtene Bescheid sei insbesondere deshalb rechtswidrig, weil die belangte Behörde entgegen der Bestimmung des § 51e Abs. 1 VStG keine öffentliche mündliche (Berufungs-)Verhandlung durchgeführt habe. Da der Beschwerdeführer weder auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet habe, noch einer der Ausnahmetatbestände der Absätze 2 und 3 des § 51e VStG auf den gegenständlichen Fall zutreffe, habe die belangte Behörde durch Unterlassung der Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen, nämlich das Verfahren gänzlich einstellenden Bescheid hätte kommen müssen. Bei Durchführung der zwingend vorgeschriebenen öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wäre der Beschwerdeführer sowohl in die Lage versetzt worden, unter Beweis zu stellen, dass die am 14. März 2001 durchgeführte Abwage bei einem näher genannten Unternehmen in deren Durchführung und Ergebnis auf Grund eines Fehlers des Wägers vollkommen unrichtig und denkunmöglich gewesen sei. Insbesondere hätte der Beschwerdeführer darlegen können, dass es sich bei der Waage des näher genannten Unternehmens um eine solche mit einer so genannten halbautomatischen Nullstelleneinrichtung handle, bei welcher der Wäger die Nullstellung händisch durchzuführen habe, was im gegenständlichen Fall vom erwiesenermaßen ungeprüften Wäger nicht durchgeführt worden sei.

§ 51e Abs. 1 bis 5 VStG in der Fassung BGBl. I Nr. 65/2002 lautet (auszugsweise):

"§ 51e. (1) Der Unabhängige Verwaltungssenat hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung entfällt, wenn

1. der Antrag der Partei oder Berufung zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist;

2. ...

(3) Der Unabhängige Verwaltungssenat kann von einer Berufungsverhandlung absehen, wenn

1. in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder

2.

sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder

3.

im angefochtenen Bescheid eine EUR 500,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder

              4.              sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet

und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Berufungswerber hat die Durchführung einer Verhandlung in der Berufung zu beantragen. ...

(4) Der Unabhängige Verwaltungssenat kann ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn er einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat, die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und dem nicht Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, entgegensteht.

(5) Der Unabhängige Verwaltungssenat kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

..."

Da der Sachverhalt insbesondere hinsichtlich der Richtigkeit der vorgenommenen Abwägung vom Beschwerdeführer bestritten wurde, auch kein Fall des § 51e Abs. 3 Z. 4 VStG vorlag und jeweils eine über der Grenze von EUR 500,-- liegende Geldstrafe verhängt wurde, kam keiner der Tatbestände des § 51e Abs. 3 VStG für das Absehen von der Berufungsverhandlung in Betracht. Ein Verzicht auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung lag nicht vor. Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, gemäß § 51e Abs. 1 VStG eine Verhandlung durchzuführen, was sie unterlassen hat.

Da somit Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, ohne dass noch auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre (vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 14. Juni 2005, Zl. 2005/02/0051).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 8. Juli 2005

Schlagworte

"zu einem anderen Bescheid" Verfahrensbestimmungen Berufungsbehörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2003020134.X00

Im RIS seit

18.08.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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