TE OGH 1986/9/16 2Ob631/86

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Veröffentlicht am 16.09.1986
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Pflegschaftssache des Franz Alexander W***, geboren 31. Dezember 1967, infolge Revisionsrekurses des Vaters Dipl.Ing. Josef W***, Landwirt, 2003 Leitzersbrunn 109, vertreten durch Dr. Hans Kreinhöfner, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Korneuburg als Rekursgerichtes vom 15. April 1986, GZ. 5 R 101/86-88, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Stockerau vom 17. Februar 1986, GZ. P 85/78-84, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

In der vorliegenden Pflegschaftssache wurde der am 31.12.1967 geborene Franz Alexander W*** mit Beschluß des Bezirksgerichtes Stockerau vom 17.2.1986 für volljährig erklärt. Zugleich entfertigte das Pflegschaftsgericht den volljährig Erklärten in der Weise, daß die Sperre eines Safes aufgelassen und die gerichtliche Sperre dreier Einlagebücher bei der Raiffeisenbank Stockerau zugunsten des Bezirksgerichtes Stockerau aufgehoben wurde.

Die drei Sparbücher betreffen den Kaufpreisanteil des Franz Alexander W*** aus der Veräußerung der Liegenschaften EZ 1337 des Grundbuches Purkersdorf und EZ 265 des Grundbuches Fünfhaus. Beide Liegenschaften waren von Anton W***, dem Großvater des Mündels, halbteilig dessen Vater und dessen Onkel vererbt worden, jedoch gebunden durch fideikommissarische Substitution zugunsten der Nachkommen dieser beiden. Hinsichtlich des Onkels Anton W*** (geb. 11.6.1923) ist durch dessen Tod am 28.8.1976 der Substitutionsfall eingetreten und der Cousin des Mündels, Werner W***, als Nacherbe in das unbeschränkte Eigentum der einen (ideellen) Hälfte beider Liegenschaften gelangt. Die Bindung durch fideikommissarische Substitution bestand in der Folge nur noch hinsichtlich der ideellen Liegenschaftshälften des Dipl.Ing. Josef W***. Anfangs des Jahres 1978 übernahm die NÖ Bundesstraßenverwaltung die Liegenschaft in Purkersdorf um einen Gesamtbetrag von S 2,381.400,-. Dipl.Ing. Josef W*** schlug vor, zugunsten seiner beiden Söhne von dem auf ihn entfallenden Hälfteerlös wieder je die Hälfte, somit ein Viertel, auf Sparbücher zu überweisen, die pflegschaftsgerichtlich zu sperren seien. Das Bezirksgericht Purkersdorf als Substitutionsgericht forderte mit Beschluß vom 23.11.1979 den seinerzeit bestellt gewesenen und seither nicht wieder enthobenen Kurator für die ungeborene Nachkommenschaft des Dipl.Ing. Josef W***, Rechtsanwalt Dr. Hauss auf, zu erklären, ob er der beantragten Aufhebung des Substitutionsbandes zustimme. Dr. Hauss erklärte mit Schriftsatz vom 29.11.1979 (ON 83 in A 299/69 des BG Purkersdorf) seine Zustimmung zur Aufhebung des Substitutionsbandes, ohne diese Zustimmung ausdrücklich an eine Sicherstellung für die ungeborene Nachkommenschaft zu knüpfen. Daraufhin erklärte das Verlassenschaftsgericht das Substitutionsband der Liegenschaft EZ 1337 Grundbuch Purkersdorf hinsichtlich der Liegenschaftshälfte des Dipl.Ing. Josef W*** für aufgehoben (Beschluß vom 6.12.1979, ON 85) und enthob den Kurator Dr. Hauss.

Im Zusammenhang mit einem von den beiden Miteigentümern der Liegenschaft EZ 265 der KG Fünfhaus (Dipl.Ing. Josef W*** und dessen Neffe Werner W***) beabsichtigten Veräußerung wurde Dr. Walter H*** abermals zum Posterioritätskurator bestellt. In diesem Falle stimmte er jedoch der Aufhebung des Substitutionsbandes nicht bedingungslos zu, sondern verlangte, daß nicht nur hinsichtlich der geborenen Nachkommenschaft des Dipl.Ing. Josef W***, sondern auch hinsichtlich der ungeborenen Nachkommen Sicherstellung geleistet werde. Diese Sicherstellung wurde schließlich dergestalt vereinbart, daß Dipl.Ing. Josef W*** der Gesamtheit seiner möglichen ungeborenen Nachkommenschaft zur Sicherstellung möglicher Schadenersatzansprüche auf Grund des Verkaufs der Liegenschaftshälften EZ 265 GB Fünfhaus und EZ 1337 GB Purkersdorf die ihm gehörige Liegenschaft EZ 1008 des Grundbuches Purkersdorf bis zum Höchstbetrag von S 420.000,-

verpfändete. Das Bezirksgericht Purkersdorf als Substitutionsgericht genehmigte diese Vereinbarung (ON 132) und hob sodann die fideikommissarische Substitution auch hinsichtlich der Liegenschaft EZ 235 KG Fünfhaus auf (ON 140). Der Erlösanteil aus dieser Liegenschaftsveräußerung wurde hinsichtlich des (mj) Franz Alexander W*** durch Erlag eines Kapitalbetrages von S 441.445,- auf ein vom Pflegschaftsgericht gesperrtes Sparbuch gesichert.

Das Erstgericht verfügte infolge Volljährigkeitserklärung des Franz Alexander W*** die Aufhebung der Sperre folgender Einlagebücher der Raiffeisenbank Stockerau reg. GenmbH, 2000 Stockerau, Rathausplatz 2, zugunsten des BG Stockerau

a)

Nr. 30.003.446, Kapitalbetrag S 523.350,-

b)

Nr. 30.036.958, Kapitalbetrag S 72.000,-

c)

Nr. 30.058.259, Kapitalbetrag S 441.445,-;

zugleich wurde die Verfügungsberechtigung über die drei Einlagebücher dem Bezirksgericht Purkersdorf als Substitutionsgericht eingeräumt. Das Erstgericht führte aus, zugunsten des für volljährig erklärten Franz Alexander W*** bestehe aus der Verlassenschaftssache zu A 299/69 des Bezirksgerichtes Purkersdorf eine Nacherbschaft. Aus der Veräußerung von Liegenschaften, die dem Substitutionsband unterworfen waren, bestünden die angeführten - anteilsmäßigen - Guthaben für Franz Alexander W***; Vorerbe sei sein Vater Dipl.Ing. Ernst W***. Die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes Stockerau bezüglich dieses Substitutionsvermögens habe mit der Volljährigkeit von Franz Alexander W*** geendet. Das Bezirksgericht Purkersdorf als Substitutionsgericht werde für die weitere Sicherstellung des Substitutionsvermögens zu sorgen haben.

Das Gericht zweiter Instanz gab den gegen diesen Beschluß von Dipl.Ing. Josef W*** und Franz Alexander W*** erhobenen Rekursen teilweise Folge und änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß die Raiffeisenbank Stockerau ersucht wurde, die Auflassung der Sperre im Einlagebuch Nr. 30.058.259 mit dem Kapitalbetrag von S 441.445 ersichtlich zu machen und dieses in ihrer Verwahrung befindliche Einlagebuch an Franz Alexander W*** auszufolgen. Die Verfügungsberechtigung über die zu a) und b) angeführten beiden Einlagebücher wurde dem Bezirksgericht Purkersdorf als Substitutionsgericht zu dg A 299/69 übertragen, sodaß Auszahlungen daraus nur über weitere Verfügung des bezeichneten Gerichtes durchgeführt werden dürfen. Zur Begründung führte das Rekursgericht aus, es sei davon auszugehen, daß Vorerben und Nacherben bzw. Vorerbe und Posterioritätskurator gemeinsam den Vollerben bilden. Dies bedeute, daß im Einverständnis zwischen Vorerben und Nacherben auch ein bestehendes Substitutionsband aufgehoben werden könne. Hingegen seien vom Vorerben allein getroffene dingliche Verfügungen absolut, daß heißt auch mit Wirkung gegen Dritte, unwirksam, soweit sie das Recht des Nacherben vereitelten oder beeinträchtigten. Innerhalb von drei Jahren ab Antragstellung um Einverleibung könne auch im Wege der Löschungsklage selbst ein gutgläubiger Dritter wieder vom Nacherben aus dem Grundbuch verdrängt werden. Im vorliegenden Fall habe der gerichtlich bestellte Posterioritätskurator sowohl hinsichtlich der Liegenschaft im Grundbuch Purkersdorf wie hinsichtlich jener im Grundbuch Fünfhaus einer Aufhebung des Substitutionsbandes, wie vom Vorerben beantragt, zugestimmt und damit sei diese Aufhebung wirksam geworden. Damit ergebe sich aus dem Gedanken des Surrogationsprinzipes die weitere Frage, ob allenfalls nachgeborene Nachkommen des Dipl.Ing. Josef W*** Ansprüche auf Teile jener Verkaufserlöse erheben könnten, die auf den vom Erstgericht gesperrten Einlagebüchern erliegen. Dies müsse hinsichtlich der vom Erstgericht erstgenannten beiden Sparbücher bejaht, hinsichtlich des letztgenannten jedoch verneint werden. Durch die Substitution gebunden sei die Substanz des Nachlasses. Dabei gelte dingliche Surrogation: Was durch rechtsgeschäftliche Aufopferung von Nachlaßgegenständen erworben wurde, insbesondere ein Verkaufserlös, falle in die Substitutionsmasse. Das Surrogationsprinzip gelte aber auch beispielsweise für die Enteignungsentschädigung oder eine Versicherungsentschädigung nach Beschädigung oder Vernichtung des Substitutionsobjektes, das heiße also im Falle einer an die Stelle des ursprünglichen, aber verloren gegangenen Nachlaßgegenstandes getretenen Geldsumme auch dann, wenn diese nicht auf Grund eines Rechtsgeschäftes, sondern auf andere Weise an dessen Stelle getreten sei. Es komme also nicht darauf an, ob der Auswechslung des dem Substitutionsband unterliegenden Objektes eine rechtsgeschäftliche Verfügung des Vorerben zugrundeliege oder ob diese Auswechslung durch andere Umstände, allenfalls durch höhere Gewalt erzwungen worden sei. Dies bedeute, daß allenfalls nachgeborene Nacherben im Nacherbfalle anstelle der verlorengegangenen gebundenen Liegenschaft auf ein Surrogat greifen könnten, soweit ein solches eben noch vorhanden sei und sie in ihren Ansprüchen verkürzt erscheinen. Die zweitgenannte Voraussetzung treffe im vorliegenden Fall auf das vom Erstgericht unter c) genannte Einlagebuch nicht zu, weil hier ein paktiertes Surrogat in Form der erwähnten Kautionshypothek an die Stelle der vom Substitutionsband befreiten Liegenschaft getreten sei. Anders liege der Fall jedoch hinsichtlich der vom Posterioritätskurator ohne "Gegenleistung" erklärten Freilassung des Grundstückes in Purkersdorf. Die Erklärung des Posterioritätskurators, der Aufhebung des Substitutionsbandes auf der Liegenschaft in Purkersdorf für die ungeborene Nachkommenschaft des Vorerben zuzustimmen, könne ihrem Wortlaut im Sinne nach nicht gleichzeitig auch als ein Verzicht auf die Nacherbschaft (deren Surrogat) selbst angesehen werden. Ein nachgeborener Nacherbe müsse demnach als nach wie vor berechtigt angesehen werden, auf ein noch vorhandenes Surrogat der verlorengegangenen Liegenschaft zu greifen. Der Umfang der Anspruchsberechtigung richte sich in diesem Fall nach jenen Grundsätzen, die für die Nacherbschaft von verbrauchbaren Sachen herausgebildet worden seien. Beim Eintritt des Nacherbfalles habe der Vorerbe somit dem Nacherben den Verkauserlös anteilig herauszugeben. Der Anspruch sei also ein erbrechtlicher Herausgabeanspruch. Er richte sich allerdings nicht gegen jedermann, der etwas aus der Erbschaft erlangt habe, sondern tauglicher Anspruchsgegner sei nur der Vorerbe. Demzufolge sei ein Herausgabeanspruch nur gegenüber dem Vorerben selbst oder einem etwa bösgläubigen Dritten gegeben. Strittig könnte nun wohl sein, ob der durch seinen Kollisionskurator vertretene, vormals pflegebefohlene Franz Alexander W*** bösgläubig sei, weil ihm zwar das Wissen um den Mangel einer Sicherstellung für die Aufhebung des Substitutionsbandes an der Liegenschaft in Purkersdorf zukomme, immerhin aber eine Zustimmung des Posterioritätskurators vorgelegen sei. Darauf komme es aber hier gar nicht an, weil sich eben die Verkaufserlöse noch auf gerichtlich gesperrten Sparbüchern befänden und somit der volljährig Erklärte im Sinne des § 427 ABGB noch kein Eigentum an den Erlösen erworben habe. Das Eigentum daran komme vielmehr wie bisher dem Erleger, das sei Dipl.Ing. Josef W*** zu. Somit ergebe sich, daß ein nachgeborener Nacherbe auf jenen Teil des Verkaufserlöses der mit dem Substitutsband belastet gewesenen Liegenschaften, der sich auf gerichtlich gesperrten Einlagebüchern befindet, greifen könnte, soweit sein Nacherbteil reiche. Damit sei aber die Verfügung des Erstgerichtes hinsichtlich der unter den Buchstaben a) und b) angeführten Einlagebücher berechtigt. Der angefochtene Beschluß erweise sich in diesem Umfang als rechtsrichtig. Das Bezirksgericht Purkersdorf, das entgegen der Meinung des Rekurswerbers als Substitutionsgericht noch so lange einzuschreiten habe, als Substitutionsmasse vorhanden sei (und diese bestehe eben nunmehr in den angeführten beiden Einlagebüchern), werde die zur weiteren Sicherung ungeborener Nacherben nötigen Verfügungen hierüber zu treffen haben.

Gegen die Übertragung der Verfügungsberechtigung über die Einlagebücher Nr. 30.003.446 und 30.036.958 an das Bezirksgericht Purkersdorf als Substitutionsgericht wendet sich der Revisionsrekurs des Dipl.Ing. Josef W*** aus dem Anfechtungsgrund der "Rechtswidrigkeit" mit dem Antrag auf Aufhebung der Übertragung der Verfügungsberechtigung über die beiden genannten Einlagebücher an das Bezirksgericht Purkersdorf; der Rechtsmittelwerber vertritt die Auffassung, infolge Aufhebung des Substitutionsbandes der fideikommissarischen Substitution zugunsten seiner Nachkommenschaft hinsichtlich seiner Hälfteanteile an den Liegenschaften EZ 1337 KG Purkersdorf und EZ 265 der KG Fünfhaus und Löschung im Grundbuch bestehe bezüglich seines Verfügungsrechtes über die Liegenschaftsanteile keine wie immer geartete Beschränkung mehr. Die Aufhebung der fideikommissarischen Substitution sei endgültig und könne nicht nachträglich auf einen Erlös aus dem Verkauf der Liegenschaftsanteile ausgedehnt werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Der zweite Rechtssatz des Jud. 56 neu = SZ 24/335, ein bloß teilweise bestätigendes Urteil habe nicht als bestätigendes Urteil im Sinne des § 502 Abs. 3 aF ZPO zu gelten, fand seit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes SZ 26/254 in ständiger Rechtsprechung (SZ 44/149; SZ 41/109 u.v.a.) auch im Verfahren außer Streitsachen Anwendung. Eine Einschränkung wurde aber dahin gemacht, daß von einer teilweise bestätigenden Entscheidung im Sinne des Jud. 56 neu dann nicht gesprochen werden könne, wenn die von den Vorinstanzen in ihrer Entscheidung zusammengefaßten Aussprüche verschiedene, miteinander nicht in tatsächlichem oder rechtlichem Zusammenhang stehende Gegenstände betreffen. In einem solchen Fall sei die Bestimmung des § 16 AußStrG auf den bestätigenden Teil anzuwenden (SZ 26/254 u.v.a.).

Der Gesetzgeber der Zivilverfahrensnovelle 1983 hat für den Bereich der Zivilprozeßordnung durch die Neufassung der Bestimmungen der §§ 502 Abs. 3 und 528 Abs. 1 Z 1 das ausdrücklich erklärte Ziel (RV 669 BlgNR 15. GP, 58, 60; AB 1337 BlgNR 15. GP 20) verfolgt, die Anfechtbarkeit teilweise bestätigender Entscheidungen abweichend von den Rechtssätzen des Jud. 56 neu zu regeln. Danach ist gegen den bestätigenden Teil der Entscheidung des Berufungsgerichtes die Revision nur zulässig, wenn der gesamte Wert dieses Teiles S 60.000,- übersteigt; ein Revisionsrekurs gegen den bestätigenden Teil einer zweitinstanzlichen Rekursentscheidung ist immer unzulässig (Petrasch, Das neue Revisions-(Rekurs-)Recht, ÖJZ 1983, 175, 203). Im Hinblick auf die Neufassung der Bestimmungen der §§ 502 Abs. 3 und 528 Abs. 1 Z 1 ZPO durch die Zivilverfahrens-Novelle 1983 ist aber eine gegenüber der bisherigen Rechtsprechung großzügigere Betrachtungsweise darüber gerechtfertigt, wann ein einheitlicher Entscheidungsgegenstand vorliegt. Die Grenzlinie zwischen bestätigender Entscheidung und Abänderung ist nunmehr dort zu ziehen, wo dem Rekurs einer Partei in trennbarer Weise auch nur teilweise nicht Folge gegeben wurde. Nach § 14 Abs. 1 AußStrG richtet sich der Revisionsrekurs dagegen, daß der Beschluß abgeändert (oder aufgehoben: Jud 203 alt) wurde; andere Entscheidungen müssen jedoch als bestätigend angesehen werden (vgl. RiZ 1985/35, S.108). Im vorliegenden Fall betraf die Entscheidung des Rekursgerichtes die Übertragung der Verfügungsberechtigung über verschiedene Einlagebücher der Raiffeisenbank Stockerau, auf denen die Erlöse aus dem Verkauf verschiedener Liegenschaften angelegt waren, vom Bezirksgericht Stockerau auf das Bezirksgericht Purkersdorf als Substitutionsgericht. Hinsichtlich der beiden noch vom Revisionsrekursverfahren betroffenen Einlagebücher wurde der Beschluß des Erstgerichtes, mit dem die Übertragung der Verfügungsberechtigung an das Bezirksgericht Purkersdorf angeordnet worden war, bestätigt. Der nur gegen den bestätigenden Teil der rekursgerichtlichen Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs ist somit auf die Anfechtungsgründe des § 16 AußStrG beschränkt, von welchen nach den Rechtsmittelausführungen jener der offenbaren Gesetzwidrigkeit geltend gemacht wird.

Offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nur dann vor, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann, und trotzdem eine damit in Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wird; es kann daher nicht jede unrichtige rechtliche Beurteilung diesem Anfechtungsgrund unterstellt werden (vgl. SZ 39/103 u.v.a.).

Für den vorliegenden Fall ist zunächst darauf zu verweisen, daß die Aufzählung der Erlöschensgründe der §§ 615 ff. ABGB nicht taxativ ist. Die Nacherbschaft endet etwa auch, wenn sie Vorerbe und Nacherbe einvernehmlich aufheben. Hiezu müssen aber immer alle in Betracht kommenden Nacherben zustimmen (vgl. Welser in Rummel, ABGB, Rdz 12 zu § 615 und die dort zitierte Judikatur). Durch die Substitution gebunden ist die Substanz des Nachlasses. Es gilt dingliche Surrogation; was durch rechtsgeschäftliche Aufopferung von Nachlaßgegenständen erworben wurde, insbesondere ein Verkaufserlös, fällt in die Substitutionsmasse (vgl. Welser aaO, Rdz 4 zu § 613); grundsätzlich ist auch eine einvernehmliche Übertragung der Substitutionsbindung auf eine andere Sache möglich, zum Beispiel etwa auch auf die Enteignungsentschädigung für ein mit dem Substitutionsband behaftet gewesene Nachlaßliegenschaft (vgl. Weiß in Klang 2 III, 407 und 419 f.). Ein Begehren auf gänzliche Aufhebung der Substitutionsbindung kann aber den Erklärungen des Vorerben schon deshalb nicht entnommen werden, weil er selbst eine Sicherstellung des Abfindungsbetrages für die Liegenschaft EZ 1337 der KG Purkersdorf zugunsten der bereits lebenden Nachkommen beantragte; ebenso erfolgte die Zustimmung des für die bereits lebenden Nachkommen bestellten Kollisionskurators zur Abfindungsvereinbarung zwischen dem Vorerben und der Republik Österreich über die genannte Liegenschaft unter der Voraussetzung dieser Sicherstellung. Schon aus diesem Grunde kann von einer Zustimmung aller in Betracht kommenden Nacherben zum bedingungslosen Erlöschen der Substitutionsbindung nicht gesprochen und damit eine einvernehmliche Aufhebung der Nacherbschaft nicht angenommen werden. Mangels eines auf gänzliche Aufhebung der Nacherbschaft gerichteten Parteiwillens kann aber auch in der Auffasung des Rekursgerichtes, die Erklärung des Posterioritätskurators, der Aufhebung des Substitutionsbandes auf der Liegenschaft in Purkersdorf für die ungeborene Nachkommenschaft des Vorerben zuzustimmen, könne nicht gleichzeitig auch als gänzlicher Verzicht auf die Nacherbschaft selbst, also auf einen Erlös aus der Veräußerung dieser Liegenschaft angesehen werden, keine offenbare Gesetzwidrigkeit erblickt werden. Dem Beschluß des Abhandlungsgerichtes über die substitutionsbehördliche Genehmigung der Zustimmungserklärung des Posterioritätskurators und die Aufhebung des Substitutionsbandes der Liegenschaft EZ 1337 der KG Purkersdorf, das in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich hervor, daß hiedurch ein Nachteil für die ungeborene Nachkommenschaft des Vorerben nicht zu besorgen ist, kann unter diesen Umständen ebenfalls keine Bedeutung im Sinne der Aufhebung der Substitutionsbindung auch hinsichtlich des Abfindungsbetrages für die Liegenschaft beigemessen werden. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit im Sinn des § 16 AußStrG kann daher in der Entscheidung des Rekursgerichtes nicht erblickt werden. Andere Anfechtungsgründe nach § 16 AußStrG wurden weder geltend gemacht noch bietet die Aktenlage Anhaltspunkte für deren Vorliegen. Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

Anmerkung

E09138

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0020OB00631.86.0916.000

Dokumentnummer

JJT_19860916_OGH0002_0020OB00631_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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