TE OGH 1987/4/9 13Os44/87

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Veröffentlicht am 09.04.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.April 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Lachner, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Streller als Schriftführers in der Strafsache gegen Asker G*** wegen des Finanzvergehens nach §§ 33 Abs 1 und 13 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 13.Jänner 1987, GZ. 6 d Vr 11251/86-22, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufung wird in einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Der am 1.Jänner 1958 geborene türkische Staatsangehörige Asker G*** wurde des Finanzvergehens der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 (und 3 lit a) sowie 13 FinStrG schuldig erkannt. Darnach hat er in Wien als Geschäftsführer der F. u. A. G*** Ges.m.b.H. durch die Nichtabgabe von Umsatzsteuererklärungen vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine in einer um nachgenannte Beträge zu niedrigen Festsetzung gelegene Verkürzung der bescheidmäßig festzusetzenden Umsatzsteuer bewirkt, und zwar am 25.Juni 1982 für das Jahr 1980 um 1,334.440 S (I), sowie zu bewirken versucht, und zwar am 20.April 1983 für das Jahr 1981 um 574.863 S (II 1) und am 20.Juni 1983 für das Jahr 1982 um 12.735 S (II 2).

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z. 4 und 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Die Verfahrensrüge bezieht sich auf die Abweisung des Antrags auf Beiziehung eines Sachverständigen zum Beweis dafür, daß die (der Abgabenschuld gemäß § 184 BAO zugrundegelegte) Schätzung nicht der Realität entspreche, sondern wesentlich überhöht sei, auf Grund des Prüfungsberichts des Finanzamts vom 27.April 1982 lediglich ein Sicherheitszuschlag von 109.000 S aufgeschlagen worden sei und daher die Schätzungen von 1,334.000 S für das Jahr 1981 und von 500.000 S für das Jahr 1982 unrealistisch seien. Dabei solle dem Sachverständigen Einsicht in die Unterlagen, die sich beim Zeugen Dkfm.P*** und beim Angeklagten befinden, gewährt werden (S. 85, 86).

Die Abweisung dieses Antrags begründete das Schöffengericht mit dem Hinweis auf die Bindung des Gerichts an die rechtskräftigen Bescheide des Finanzamts gemäß § 55 FinStrG (S. 86). Dem ist beizupflichten; denn die rechtskräftige endgültige Abgabenfestsetzung mit Bescheid ist in einem vom § 55 FinStrG erfaßten Fall wie diesem von absoluter Präjudizialität für das nachfolgende gerichtliche Finanzstrafverfahren (Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, § 55 FinStrG ENr. 3, 4, 11, 12, 13, 14). Für die Bindungsfrage ist es dabei unerheblich, ob die Finanzbehörde zu dem verkürzten Abgabenbetrag auf Grund eines weitwendigen Feststellungsverfahrens oder einer Schätzung gelangt ist, welcher der am Abgabenverfahren beteiligt gewesene Beschwerdeführer angesichts der Rechtskraft der Bescheide nicht widersprochen hat. Die Überprüfung der Abgabenschuldigkeit durch einen Sachverständigen ist daher unzulässig (a.a.O. E. 11). Mit seiner Mängelrüge wendet sich der Angeklagte neuerlich gegen die Höhe seiner bescheidmäßig und rechtskräftig festgesetzten Abgabenschuld, wozu er vermeint, die Aussage seines ehemaligen Steuerberaters Dkfm.Johann P*** (S. 81 ff.) sei "völlig unerörtert" (S. 110) geblieben. Abgesehen davon, daß dies nicht der Fall ist (S. 100) - der Zeuge hatte u.a. deponiert, keine Erklärung dafür zu haben, wie es zu den gegenständlichen Beträgen komme, zumal er keine Grundlagen habe, um darüber etwas aussagen zu können (S. 85) - kann auch auf dem Weg über eine Zeugenaussage das Bestehen einer bescheidmäßig und rechtskräftig festgestellten Abgabenschuld (ihrem Grund und, wie hier) ihrer Höhe nach ebensowenig in Zweifel gezogen werden. Dieses Thema ist einer Beweisführung im gerichtlichen Finanzstrafverfahren vielmehr schlechthin entzogen. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z. 2 StPO schon in einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Der Vollständigkeit halber muß vermerkt werden, daß § 33 Abs 3 lit a FinStrG, welche Gesetzesstelle im Schuldspruch zitiert ist, weder einen Tatbestand noch eine Qualifikation bezeichnet. Vielmehr enthält § 33 Abs 3 lit a bis f FinStrG bloß Legaldefinitionen des Bewirkens einer Abgabenverkürzung, d.h. der möglichen Arten und des Zeitpunkts der technischen Vollendung des Vergehens. Die Tatbestände sind in den anderen Absätzen umschrieben (LSK. 1984/97). Zur Verhandlung und Entscheidung über die Berufung des Angeklagten wird ein Gerichtstag angeordnet werden (§ 296 Abs 3 StPO).

Anmerkung

E10666

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0130OS00044.87.0409.000

Dokumentnummer

JJT_19870409_OGH0002_0130OS00044_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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