TE Vwgh Erkenntnis 2005/9/7 2002/08/0102

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Veröffentlicht am 07.09.2005
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §33 Abs2;
AlVG 1977 §36 Abs5;
EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2 lita;
NotstandshilfeV §2 Abs1;
NotstandshilfeV §6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. Veronika Cortolezis, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 49, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 15. Oktober 2001, GZ. LGSW/Abt. 10- AlV/1218/56/2001-6248, betreffend Anspruch auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 13. März 2001 stellte der Beschwerdeführer bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice einen Antrag auf Gewährung von Notstandshilfe.

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 28. März 2001 wurde diesem Antrag gemäß § 33 AlVG i.V.m. § 2 Notstandshilfeverordnung mangels Vorliegens einer Notlage keine Folge gegeben. In der Begründung wurde ausgeführt, das anrechenbare Einkommen der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers übersteige trotz Berücksichtigung der gesetzlich vorgegebenen Freigrenzen die in Betracht kommende Notstandshilfe des Beschwerdeführers.

In seiner Berufung gegen diesen Bescheid führte der Beschwerdeführer aus, vom Einkommen seiner Lebensgefährtin (S 17.109,50 pro Monat) sei nicht nur für sie und ihre beiden Kinder, sondern auch für ihn selbst ein Freibetrag abzuziehen. Zudem habe er in seinem Antrag auf Zuerkennung von Notstandshilfe die monatliche Rückzahlungsrate des Darlehens seiner Lebensgefährtin (nach der der Berufung beigelegten Bestätigung vom 27. März 2001 hatte sie von einem Dritten am 1. Oktober 1996 S 72.000,--, am 3. Dezember 1997 S 48.000,--, am 22. Oktober 1998 S 12.000,-- und am 22. Dezember 1998 S 60.000,-- erhalten) zum Zwecke der Beendigung ihres Studiums in der Höhe von S 4.000,-- (EUR 290,70) sowie die Erhöhung des Mietzinses der gemeinsamen Wohnung von S 1.553,20 gemäß § 18 MRG als erhöhte Aufwendungen geltend gemacht. Diese Auslagen würden den gesetzlichen Freibetrag erhöhen. Der Beschwerdeführer habe die entsprechenden Unterlagen gemeinsam mit seinem Antrag auf Zuerkennung von Notstandshilfe vorgelegt, deren Annahme sei jedoch vom zuständigen Sachbearbeiter verweigert worden, weil der Beschwerdeführer "ohnehin keine Notstandshilfe erhalten werde". Aus diesem Grund lege er diese Unterlagen erneut gemeinsam mit seiner Berufung vor. Weiters wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass die Darlehensraten, welche von seiner Lebensgefährtin zurückzuzahlen seien, in einem direkten Zusammenhang mit dem derzeitigen Einkommen seiner Lebensgefährtin stünden, weil es dieser ohne Darlehen gar nicht möglich gewesen wäre, ihr Studium zu beenden und somit ein Einkommen in der angegebenen Höhe zu erzielen.

Mit Schreiben vom 8. Juni 2001 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, das Einkommen der Partnerin werde nach bestimmten Grundsätzen auf die dem Leistungswerber theoretisch gebührende Notstandshilfe angerechnet, sodass lediglich der danach verbleibende Differenzbetrag zur Auszahlung kommen könne. Vom durchschnittlichen Nettoeinkommen der Lebensgefährtin der dem Antrag vorangegangenen drei Monate würden die Werbekostenpauschale (ein "finanztechnischer Begriff") sowie so genannte "Freigrenzen" abgezogen. Bei der Freigrenze handle es sich um einen fixen Betrag, welcher dem Partner zur freien Verfügung verbleiben müsse. Im Jahr 2001 betrage dieser S 5.863,--. Für jedes unterhaltsberechtigte Kind würden weitere "Freigrenzen" in Höhe von jeweils S 2.953,-- gewährt. Der Arbeitslose selbst gehöre nicht zu dem Personenkreis, für den eine "Freigrenze" gebühre.

Weiters führte die belangte Behörde aus, die gesetzlichen "Freigrenzen" könnten unter bestimmten Umständen um bis zu maximal 50 % erhöht werden. Kreditraten könnten jedoch nur dann berücksichtigt werden, wenn die Verpflichtung vor Eintritt der Arbeitslosigkeit entstanden sei, tatsächlich Rückzahlungen geleistet werden und der Verwendungszweck (für eine Hausstandsgründung oder Wohnraumbeschaffung) nachgewiesen werde. Eine Freigrenzenerhöhung wegen erhöhter Aufwendungen für Mietzinszahlungen sei nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht vorgesehen.

Nach einer im Schreiben vorgenommenen Berechnung wies die belangte Behörde darauf hin, dass das anrechenbare Einkommen der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers trotz Berücksichtigung der gesetzlichen Freigrenzen die dem Beschwerdeführer an sich gebührende Notstandshilfe übersteige.

In seiner Stellungnahme vom 20. Juli 2001 hielt der Beschwerdeführer seine in der Berufung dargelegte Rechtsauffassung aufrecht und verwies darüber hinaus auf ihn treffende Zahlungsverpflichtungen.

In der Folge ersuchte die belangte Behörde den Beschwerdeführer um Angabe des Grundes für seine eigenen Zahlungsverpflichtungen. Sollte es sich um Rückzahlungsverpflichtungen auf Grund eines Kredites handeln, mögen der Kreditvertrag sowie ein Nachweis über den Verwendungszweck vorgelegt werden. Was den erhöhten Mietzins betreffe, so werde um Vorlage einer Bestätigung der Stadt Wien über die genaue Höhe des Mehrbetrages und den Zeitraum, in dem der erhöhte Mietzins zu leisten ist, ersucht.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung keine Folge gegeben und den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei der Aufforderung, Belege über die Kreditverpflichtungen und die Mietzinserhöhung vorzulegen, nicht nachgekommen.

Entgegen dem Vorbringens des Beschwerdeführers gehöre der Arbeitslose nicht zu dem Personenkreis, für den eine Freigrenze gebühre (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 29. November 1984, 83/08/0149).

Zu den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Rückzahlungen des Darlehens seiner Lebensgefährtin, welches zum Zwecke der Beendigung des Studiums aufgenommenen worden sei, führte die belangte Behörde aus, ein für ein Studium aufgenommenes Darlehen sei nicht unter Punkt II, Ziffer 8 "Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung des Einkommens" zu subsumieren. Unter diesen Punkt falle beispielsweise eine berufsbegleitende Ausbildung, die zur Erhaltung eines konkreten Beschäftigungsverhältnisses und damit einer konkreten Einnahmequelle, notwendig sei. Ein Studium sei generell verwertbar und stehe nicht in Verbindung mit einer konkreten Einnahmequelle. Auch die "Kosten der Berufsausbildung beim Steuerpflichtigen" stellten keine außergewöhnliche Belastung dar, weil die Ausbildung kraft freien Willensentschlusses erfolge.

Auch wenn die Aufzählung der berücksichtigungswürdigen Gründe in den Richtlinien des Arbeitsmarktservice zur Freigrenzenerhöhung nur demonstrativ sei, ergebe sich doch auf Grund der Art der angeführten Beispiele das Maß für die Auslegung dieses Begriffes. Auch der Zweck der Notstandshilfe sei dabei zu berücksichtigen. Der Verfassungsgerichtshof (G 179/90) habe festgestellt, der Zweck des Arbeitslosenversicherungsgesetzes liege nicht darin, eine Ausbildung zu finanzieren. Eine Freigrenzenerhöhung für ein Darlehen, das zur Beendigung des Studiums aufgenommen worden sei, könne nicht zum Tragen kommen, weil Ausbildungskosten als übliche Aufwendungen für ein Studium gelten, die auch andere Studierende zu tragen haben, und eine Freigrenzenerhöhung der Finanzierung der Ausbildung mittels Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung gleich käme.

Weiters führte die belangte Behörde in ihrer Begründung aus, die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Rückzahlungsverpflichtungen seien nicht geeignet, eine Freigrenzenerhöhung herbeizuführen, weil sie nicht von den Richtlinien des Arbeitsmarktservice erfasst seien. So könne die Zahlungsverpflichtung gegenüber einem Kreditinstitut schon deswegen nicht berücksichtigt werden, weil der Beschwerdeführer der Aufforderung, den Zahlungsgrund anzugeben bzw. den Kreditvertrag vorzuweisen, nicht nachgekommen sei. Die vom Beschwerdeführer angeregte Einvernahme als Partei und die Einvernahme seiner Lebensgefährtin als Zeugin habe unterbleiben können, weil der Nachweis von etwaigen Gründen zur Freigrenzenerhöhung durch Vorlage von geeigneten Unterlagen zu erfolgen habe.

Bezüglich des geltend gemachten erhöhten Mietzinses sei die belangte Behörde zur Ansicht gekommen, dass der monatliche Mehrbetrag in Höhe von S 1.630,-- (EUR 118,46) im Ausmaß von 50 % für eine Freigrenzenerhöhung heranzuziehen sei. Ein zum Zwecke der Sanierung der Wohnung aufgenommener Kredit sei zu 50 % für eine Freigrenzenerhöhung heranzuziehen. Erfolge seitens des Vermieters eine Mietzinserhöhung gemäß § 18 MRG, welche zwingend zu Instandsetzungs- bzw. Erhaltungsarbeiten des Miethauses heranzuziehen sei, so seien 50 % dieser monatlichen Erhöhung ebenso bei einer Freigrenzenerhöhung zu berücksichtigen.

Nach Aufschlüsselung der vorgenommenen Anrechnung führte die belangte Behörde aus, der tägliche Anrechnungsbetrag sei trotz maximaler "Freigrenzenausschöpfung" höher als der tägliche Anspruch des Beschwerdeführers auf Notstandshilfe, weshalb kein Anspruch bestehe.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Zuerkennung von Notstandshilfe bei Vorliegen einer Notlage als verletzt. Er begehrt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 33 Abs. 2 AlVG ist Voraussetzung für die Gewährung der Notstandshilfe u.a., dass sich der Arbeitslose in Notlage befindet.

Gemäß § 2 Abs. 1 der auf Grund des § 36 Abs. 1 AlVG erlassenen Notstandshilfeverordnung, BGBl. Nr. 352/1973, liegt Notlage vor, wenn das Einkommen des (der) Arbeitslosen und das seines Ehepartners (Lebensgefährten bzw. seiner Lebensgefährtin) zur Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse des (der) Arbeitslosen nicht ausreicht.

§ 6 NH-VO (in der hier anzuwendenden Fassung der Verordnung BGBl. Nr. 240/1996) lautet:

"§ 6. (1) Bei Heranziehung des Einkommens des Ehepartners (Lebensgefährten bzw. der Lebensgefährtin) des (der) Arbeitslosen für die Beurteilung der Notlage ist wie folgt vorzugehen: Von dem Einkommen ist ein Betrag freizulassen, der zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhaltes des Ehepartners (Lebensgefährten bzw. der Lebensgefährtin) und der allenfalls von ihm zu versorgenden Familienmitglieder bestimmt ist (Freigrenze). Der die Freigrenze übersteigende Teil des Einkommens ist auf die Notstandshilfe anzurechnen.

(2) Die Freigrenze beträgt pro Monat 5 495 S für den das Einkommen beziehenden Ehepartner (Lebensgefährten bzw. die Lebensgefährtin) und 2 768 S für jede Person, für deren Unterhalt der Ehepartner (Lebensgefährte bzw. die Lebensgefährtin) auf Grund einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht tatsächlich wesentlich beiträgt."

Mit seinem Vorbringen, wonach § 6 NH-VO so auszulegen sei, dass vom Einkommen seiner Lebensgefährtin - abgesehen von dem seiner Lebensgefährtin zustehenden Freibetrag und den Freibeträgen für die unterhaltsberechtigten Kinder der Lebensgefährtin - ein weiterer Freibetrag für ihn selbst abzuziehen sei, verkennt der Beschwerdeführer, dass die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde im Einklang mit der hg. Judikatur steht (vgl. das von der belangten Behörde zitierte Erkenntnis vom 29. November 1984, 83/08/0149). Aus der gesamten rechtlichen Konstruktion dieser Regelung ergibt sich nämlich eindeutig, dass die Notlage des Arbeitslosen danach beurteilt werden muss, ob bzw. in welchem Umfang der insbesondere im gemeinsamen Haushalt lebende Angehörige unter Berücksichtigung seines notwendigen Lebensunterhaltes sowie seiner allfälligen Sorgepflichten wirtschaftlich in der Lage ist, auch noch den Arbeitslosen zu unterstützen.

Die Rechtsanschauung des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte eine weitere Freigrenze für ihn selbst zu berücksichtigen gehabt, ist demnach verfehlt.

Auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Darlehensrückzahlungen für das Studium seiner Lebensgefährtin würden eine Freigrenzenerhöhung bewirken, ist unbegründet.

Eine Erhöhung des - im Sinne des § 36 Abs. 3 lit. B sublit. a AlVG in § 6 Abs. 2 bis 4 Notstandshilfeverordnung jeweils nach der Größe der Familie bemessenen - Freibetrages kann nach § 36 Abs. 5 AlVG in berücksichtigungswürdigen Fällen, wie z.B. Krankheit, Schwangerschaft, Niederkunft, Todesfall, Hausstandsgründung und dgl., im Rahmen der vom Arbeitsmarktservice festgelegten Richtlinien erfolgen. Die auf der gesetzlichen Grundlage von § 36 Abs. 5 AlVG vom Arbeitsmarktservice (im Sinne des § 4 Abs. 3 AMSG) erlassenen, in der Wiener Zeitung kundgemachten (und bei Pfeil/Dirschmied, AlVG, 3. Auflage, 487 ff, wiedergegebenen) Richtlinien zur Freigrenzenerhöhung (in der Folge: Richtlinien), die eine Rechtsverordnung darstellen, bringen in ihrem Abschnitt

"I. Allgemeines" zunächst zum Ausdruck, die Berücksichtigungswürdigkeit freigrenzenerhöhender Umstände gestatte keine Ermessensentscheidung. Bei Vorliegen von Berücksichtigungswürdigkeit sei die Freigrenze zu erhöhen, wobei es erst hier im Ermessen des Arbeitsmarktservice liege, in welchem Ausmaß die Freigrenze erhöht werde. In Abschnitt

"II. Berücksichtigungswürdige Umstände im Sinne des § 36 Abs. 5 AlVG" sind als Umstände, die zur Freigrenzenerhöhung führen können, unter anderem angeführt:

"6.

Unterhaltsverpflichtungen

7.

Darlehen für Hausstandsgründung bzw. Wohnraumbeschaffung; während des Leistungsbezuges bzw. nach Eintritt der letzten Arbeitslosigkeit aufgenommene Darlehen für Hausstandsgründung bzw. Wohnraumbeschaffung können ausnahmsweise und nur dann berücksichtigt werden, wenn die damit getätigten Anschaffungen (im unbedingt notwendigen Umfang) zur Sicherung einer angemessenen Haushaltsführung im bisherigen Umfang erforderlich sind (z.B. Wohnraumsanierung usw.).

              8.              Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung des Einkommens; unter diesem Titel kann ein nachgewiesener Aufwand, der im Zusammenhang mit der Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung des Einkommens entsteht, in einem das erhöhte Werbekostenpauschale übersteigenden Ausmaß berücksichtigt werden. Beispielsweise die Kosten für die Haltung eines Fahrzeuges (Mittelklassewagen), das zur Berufsausübung unbedingt erforderlich ist, sofern diese nicht in Form eines erhöhten Werbekostenpauschales bereits berücksichtigt wurden.

              9.              Aufwendungen durch erhöhte Kinderanzahl im Haushalt, Minderung des Einkommens durch Exekution und sonstige nicht von der beispielhaften Aufzählung im § 36 Abs. 5 AlVG erfasste Umstände.

...

In den vorstehenden Fällen kann die Freigrenze im nachgewiesenen Ausmaß der Aufwendungen bis zur Maximalgrenze von 50 % erhöht werden."

Der Auffassung des Beschwerdeführers, unter Punkt II. Z. 8 der Richtlinien, "Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung des Einkommens", seien die Rückzahlungsverpflichtungen seiner Lebensgefährtin für das von dieser während des Studiums aufgenommene Darlehen zu subsumieren, kann nicht gefolgt werden. Die Freigrenzenerhöhung im Sinne des Punktes II. Z. 8 der Richtlinien setzt Werbungskosten in einem das erhöhte Werbungskostenpauschale übersteigenden Ausmaß voraus. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 16. Dezember 1999, 97/15/0148, darauf hingewiesen, dass so genannte vorbereitende oder vorweggenommene Werbungskosten die notwendigen Voraussetzungen für eine steuerliche Berücksichtigung nicht erfüllen. Für den Werbungskostenabzug ist jedenfalls ein objektiver Zusammenhang mit einer bestimmten in Aussicht genommenen Einkunftsquelle erforderlich. Aufwendungen, die in Fällen getätigt werden, in denen die Ausübung einer künftigen nichtselbständigen Arbeit, weil von einem künftigen Wahlakt abhängig, noch ungewiss ist, sind keine Werbungskosten. Der Beschwerdeführer gab als Zweck für das seiner Lebensgefährtin gewährte Darlehen ganz allgemein die finanzielle Unterstützung ihres Jus-Studiums an. Damit zeigt der Beschwerdeführer den notwendigen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem aufgenommenen Darlehen und einer bestimmten Tätigkeit seiner Lebensgefährtin aber nicht auf. Wie die belangte Behörde richtig erkannt hat, führen die Rückzahlungen dieses Darlehens somit nicht zu einer Erhöhung der Freigrenzen.

Auch als "sonstiger, nicht von der beispielhaften Aufzählung im § 36 Abs. 5 AlVG erfasster Umstand" i.S.d. Punkt II. Z. 9 der Richtlinien ist dieses Darlehen nicht zu werten, weil - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - die in § 36 Abs. 5 AlVG angeführten Beispiele auf die Intention des Gesetzgebers schließen lassen, dass übliche Aufwendungen nicht zur Erhöhung der Freigrenze führen sollen. Auch im Bereich des Steuerrechts stellen (im hier maßgeblichen Zeitpunkt) Kosten der Berufsausbildung grundsätzlich keine außergewöhnliche Belastung dar, erfolgt die Ausbildung doch kraft freien Willenentschlusses (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1999, Zl. 97/15/0047). Ausbildungskosten stellen übliche Aufwendungen, welche jeder Studierende zu tragen hat, dar und führen daher bei der Beurteilung einer Notlage auch nicht zur Erhöhung der Freigrenze gemäß Punkt II. Z. 9 der Richtlinien.

Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde weiters geltend, die belangte Behörde sei im Schreiben vom 8. Juni 2001 von einem Notstandshilfebezug in der Höhe von S 156,20 ausgegangen. Auch auf Seite vier des angefochtenen Bescheides finde sich dieser Betrag wieder, während auf Seite sieben des angefochtenen Bescheides ohne jede Begründung oder Erklärung von einem Betrag von S 142,90 die Rede sei. Es sei in keiner Weise nachvollziehbar, wie die belangte Behörde zu dieser Änderung der fiktiven täglichen Notstandshilfe des Beschwerdeführers komme.

Zu diesem Vorbringen des Beschwerdeführers ist zunächst zu bemerken, dass im angefochtenen Bescheid sowohl auf Seite vier als auch auf Seite sieben von einem Betrag in der Höhe von S 142,90 ausgegangen wird, auf Seite vier wird lediglich - da hier das bisherige Verwaltungsgeschehen dargestellt wird - zuerst der ursprünglich angenommene Betrag von S 156,20 angeführt und der korrigierte Betrag von S 142,90 in Klammer gesetzt.

In der im Verwaltungsakt (Blatt 47) vorgenommenen Berechnung findet sich der Rechnungsposten "Anzahl Familienzuschläge: 1". Neben diesem Posten ist der Hinweis angebracht, dass dem Beschwerdeführer für den Sohn der Lebensgefährtin kein Familienzuschlag gebühre, da dieser nicht als "Stiefkind" i.S.d.

§ 20 AlVG anzusehen sei. In dieser Berechnung wurde zum errechneten täglichen Grundbetrag lediglich einmal der Betrag von S 13,30 hinzugerechnet, woraus sich der Betrag von insgesamt S 142,90 als täglicher Anspruch auf Notstandshilfe ergab. In früheren Berechnungen sind zwei Familienzuschläge angenommen worden, wodurch sich der Betrag von S 156,20 errechnete.

Die belangte Behörde hatte ihrer Berechnung des täglichen Notstandshilfeanspruches des Beschwerdeführers tatsächlich nur einen Familienzuschlag, nämlich für die Tochter des Beschwerdeführers zu berücksichtigen. Der Sohn der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers ist weder Kind, noch Stief-, Wahl- oder Pflegekind des Beschwerdeführers und somit vom Wortlaut des § 20 Abs. 2 AlVG nicht erfasst. Die belangte Behörde hat es zwar verabsäumt, im angefochtenen Bescheid auszuführen, weshalb der tägliche Anspruch des Beschwerdeführers mit einem anderen als dem ursprünglich bekannt gegebenen Betrag festgesetzt worden ist. Dieser Begründungsmangel ist jedoch nicht wesentlich, weil die Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf die Rechtmäßigkeit seines Inhaltes auf Grund der sich im Verwaltungsakt befindlichen detaillierten Berechnungen gewährleistet war (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 2001, Zl. 99/17/0425).

Die Beschwerde erwies sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 7. September 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002080102.X00

Im RIS seit

18.10.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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