TE OGH 1987/6/10 1Ob20/87

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Veröffentlicht am 10.06.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mathias W***, Sparkassendirektor, Fieberbrunn, Bahnhofbühel, vertreten durch Dr. Klaus Reisch, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wider die beklagte Partei Ö*** B***, Wien 1., Elisabethstraße 9, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen Leistung (Streitwert S 50.000,--), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 24. Februar 1987, GZ 1 R 398/86-23, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 29. September 1986, GZ 18 Cg 8/86-18, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekurses sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Am 23. und 24. Juni 1927 wurde zwischen der "Unternehmung Ö*** B*** als Treuhandverwalterin der dem

österreichischen Bundesschatz gehörigen B***" einerseits und Stefan S***, Kaspar R*** und Mathias W*** jun.

andererseits ein Vertrag geschlossen, dessen wesentliche

Bestimmungen lauten:

"I.

Herr Mathias W*** jun. besitzt als Eigentümer des Grundbuchskörpers in Einlage Zl. 49/1 der Katastralgemeinde Fieberbrunn zufolge Ersitzung die Rechte des Quellfanges der Quellfassung und des Wasserbezuges von auf der Grundparzelle Nr. 1978 der Katastralgemeinde Fieberbrunn entspringenden Quellen sowie der Leitung dieses Quellwassers über die Gp. Nr. 1978, 1973, 2224, 2222, 2221/1, 2221/9, 4215/1, 2217 alle Katastralgemeinde Fieberbrunn zu seinem Grundbesitze (über seine Gp. Nr. 2202 und 2196/1, dem Oedergutanwesen, (Haus Nr. 117 und 269) d.s. die Bauparzellen Nr. 265/1 und 265/2 der Katastralgemeinde Fieberbrunn. Die Gp. Nr. 1978 (Wse), und 1973 (Wald-Stegleit) sind in der Grundbuchseinlage Zl. 54/I der Katastralgemeinde Fieberbrunn eingetragen. Das Eigentumsrecht ist für Herrn Stefan S*** einverleibt.

Die Gp. Nr. 224 (Wse), 2222 (Wse), 2221/1 (Wse), 2219 (Ack), 4215/1 (Ack, Weg), 2217 (Wse) sind in der Grundbuchseinlage Zl. 50/I der Katastralgemeinde Fieberbrunn eingetragen. Das Eigentumsrecht ist für Herrn Kaspar R*** einverleibt.

Die Gp. 2201 (Wse) und 2196/1 (Ack) sind in der Grundbuchs. Einl. Zl. 49/I der Katastralgemeinde Fieberbrunn eingetragen. Das Eigentumsrecht ist für Herrn Mathias W*** jun. einverleibt. Die zur Wasserversorgung notwendigen Quellen sind auf Gp. Nr. 1978 in einer betonierten Quellstube gefaßt und wird das Quellwasser zum Großteil in Holzrohren, die im Sumpfterrain und auch frei liegen, übr die vorangeführten Parzellen zu einem Sammelbehälter geleitet, von wo aus ein Rohrstrang das Anwesen des Herrn W*** versorgt, während eine angezapfte Zweigleitung dem Bahnhofe Fieberbrunn das erforderliche laut Protokoll vom 2. August 1876 und Vertrag vom 29. August bzw. 7. September 1895 der Kaiserin Elisabethbahn zugestandene Wasser zuführt. Diese Dienstbarkeit der Wasserversorgung (Duldung des Wasserbezuges) ist zu Lasten des Grundbuchskörpers Einl. Zl. 49/I der Katastralgemeinde Fieberbrunn laut C-Blatt, Postzahlen 5 und 15 dieser Einlage zu Gunsten der Kaiserin Elisabethbahn einverleibt.

II.

Herr Mathias W*** jun. überläßt und überträgt hiemit sein vorangeführtes ersessenes Wasserrecht mit Wissen und Willen des Herrn Stefan S*** an den österreichischen Bundesschatz und kommen die eingangs genannten Vertragsparteien überein wie folgt. Herr Stefan S*** räumt dem österreichischen Bundesschatz die immerwährenden dinglichen Rechte ein, die auf der Gp. Nr. 1978 (Wse), vorgetragen in Einl. Zl. 54/I Katastralgemeinde Fieberbrunn entspringenden Quellen in dem Ausmaße, wie sie derzeit bereits gefaßt sind, auch weiterhin zu fangen in einer Quellstube an der Stelle, wo sie heute bereits besteht, zu belassen, anschließend an diese Quellstube einen kleinen Schieberschacht einzubauen, diese Bauwerke zu erhalten, sowie das Wasser mit einer eisernen mindestens 50 mm weiten, sachgemäß in den Boden gelegten Rohrleitung über diese Gp. Nr. 1978 und weiter übr die Gp. Nr. 1973 (Wd) ebenfalls in Einl. Zl. 54/I bei Überquerung des Spradlgraben, mit einer Freileitung in einer lichten Höhe von 2,20 m am tiefsten Punkt des rechten Ufers zu leiten, zur Grabenüberführung Fundamentsockel aus Beton für die Schienenständer an den Grabenhängen sowie ein T.Stück mit Schieber als Grundablaß in einem eigenen Schachte samt Entleerungsleitung und ein Entlüftungsventil ebenfalls in einem Schachte sowie an den Bruchpunkten der Leitung kleine Betonsockel einbauen zu lassen, die Wasserfassungs- und Leitungsanlagen im Boden zu belassen und Grund und Boden jederzeit behufs Vornahme von Erhaltungsarbeiten ohne besondere jeweilige Bewilligung und Vergütung des Grundeigentümers (ausgenommen Entschädigung für allfällig zugefügte Kulturschäden) zu betreten und zu benützen, endlich die Leitung erforderlichen Falles auch zu verlegen, duldet er schließlich bei einer allfälligen Entleerung der Leitung durch den Grundablaß das Abfließen des Wassers über die Gp. 1973 in den Spradelgraben sowie das Abfließen allfälligen Nebenwassers aus der Quellstube über seine Grundparzelle 1978 und 1973.

B) Herr Kaspar R*** als Eigentümer der zum Grundbuchskörper in Einl. Zl. 50/I der KG Fieberbrunn gehörigen Grundparzellen Nr. 2224 (Wiese), 2222 (Wiese), 2221/1 (Wiese), 2219 (Acker), 4215/1 (Acker, Weg) und 2217 (Wiese) sowie

C) Herr Mathias W*** jun. als Eigentümer zum Grundbuchskörper in Einl. Zl. 49/I KG Fieberbrunn gehörigen Grundparzellen Nr. 2202 (Wiese) und 2196/I (Acker) räumen dem österreichischen Bundesschatze das immerwährende dingliche Recht ein, in die unter B) und C) angeführten Grundparzellen die Rohre der angeführten Wasserleitung zu legen, die erforderlichen Entlüftungsventile und Grundablässe in eigenen Schächten einschließlich Entleerungsleitung einzubauen, die Leitung im Boden zu belassen, auf Gp. 2202 anschließend an den bestehenden Sammelbehälter einen Schieberschacht anzubauen, diese Anlagen zu benützen, zu erhalten, erforderlichenfalls umzugestalten und den hiezu nötigen Grund wie unter A) ausgeführt jederzeit zu betreten und zu benützen und dulden schließlich, daß bei einer allfälligen Entleerung der Leitung durch den Grundablaß das Wasser mittels der Entleerungsleitung auf die Gp. Nr. 2221/I abgeleitet wird und allfälliges Überwasser aus dem Sammelbehälter über die Gp. Nr. 2202 und 2196/I abfließe.

Die angeführten Rechte werden unentgeltlich eingeräumt. Die Unternehmung "Ö*** B***" übernimmt jedoch die im

nachstehenden Absatze III ausgeführten Verpflichtungen. Die Lage der Wasserbehälter und der Verlauf der Wasserleitung sind in dem beigehefteten Plane mit hellblauer Linie, die Dienstbarkeitsrechte mit den hellblauen Servitutsnummern dargestellt.

III.

Die Unternehmung "Ö*** B***" verpflichtet

sich, die Leitung mindestens so tief in den Boden zu verlegen und zu belassen, daß die Bewirtschaftung der Grundstücke sicher nicht behindert wird, Kulturschäden die beim Baue oder bei Ausbesserungs- und allfälligen Umgestaltungsarbeiten den Grundstücken zugefügt werden, den Grundbesitzern fallweise angemessen und zu entschädigen.

Dem Herrn Mathias W*** jun. insbesondere gegenüber

verpflichtet sich die Unternehmung "Ö*** B***"

den Anschluß der zu seinem Anwesen führenden Leitung an die vorausgeführte Wasserleitung auf Bahngrund zu gestatten und die zur Erhaltung seiner Leitung erforderlichen Arbeiten im Einvernehmen mit der zuständigen Streckenleitung durchzuführen. Der Anschluß der Leitung wird von der Unternehmung "Ö*** B***"

erstmalig auf deren Kosten hergestellt. Sie verpflichtet sich weiters, die von ihr erbaute Wasserleitung bis zu dieser Anschlußstelle auf eigene Kosten stets in gutem Zustande und so zu erhalten, daß dem W***-Anwesen die Hälfte des durch die Leitung bis zur Anschlußstelle am Bahnhofe zufließenden Wassers abgegeben werden kann. Diese Wassermenge darf, die Fälle von Elementarereignissen, Bränden und Ausbesserungsarbeiten an der Leitung ausgenommen, nicht geschmälert werden.

Die Unternehmung "Ö*** B***" übernimmt jedoch

keine Haftung und keine Verantwortung für den Fall einer von ihr

nicht verschuldeten Störung im Wasserzulaufe.

IV.

Herr Mathias W*** jun. leistet der Unternehmung

"Ö*** B***" einen einmaligen Baukostenbeitrag von

S 500,-- (fünfhundert) Schilling, der nach Inbetriebnahme der neuen Leitung zur Zahlung fällig wird. Außerdem überträgt er die bestehenden Leitungsanlagen, wie Quellstube, Leitung und Sammelbehälter in das Eigentum des österreischen Bundesschatzes.

V.

Die eingangs des Vertrages angeführten Grundbesitzer S***, R*** und W*** willigen hiemit ein, daß sie im Abschnitt II unter A) - C) ausgeführten Dienstbarkeitsrechte zu Lasten ihrer angeführten Grundparzellen in den C-Blättern ihrer Grundbuchseinlagen je nach Maßgabe der Ausführungen des Abschnittes II dieses Vertrages zu Gunsten der im Eisenbahnbuche der Kaiserin Elisabethbahn, Einlage D, Verzeichnis Nr. II der Katastralgemeinde Fieberbrunn vorgetragenen Anlagen des Bahnhofes Fieberbrunn einverleibt und bei diesen herrschenden Liegenschaften ersichtlich gemacht werden.

Da mit dieser Wasserleitung auch das Oedergut-Anwesen des Herrn Mathias W*** jun. d.i. der Grundbuchskörper in Einl. Zl. 49/I KG Fieberbrunn nach Maßgabe des Abschnittes III dieses Vertrages versorgt wird, willigt Herr Stefan S*** auch in die Einverleibung des Wasserbezugsrechtes aus den angeführen Quellen zu Lasten seiner Grundparzelle Nr. 1978 in Einl. 54/I für die jeweiligen Besitzer des Grundbuchskörpers in Einl. Zl. 49/I der KG Fieberbrunn.

Herr Mathias W*** jun. willigt ferner ein, daß das im Abschnitte IV übertragene Eigentumsrecht an den Leitungsanlagen zu Gunsten der Kaiserin Elisabethbahn in deren Eisenbahnbuche einverleibt werde."

Die Verdinglichung der mit diesem Vertrag eingeräumten Servitutsrechte erfolgte durch Einverleibung im Lastenblatt der jeweiligen Grundbuchskörper und Ersichtlichmachung im Eisenbahn- sowie Wasserbuch. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 21. Jänner 1955, Zl. II-3624/4-1954, wurde über Antrag der beklagten Partei auf "nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung der Trinkwasserversorgungsanlage für den Bahnhof Fieberbrunn und die Wächterhäuser Nr. 130 und 131" am 14. Oktober 1954 die Wasseranlage unter Erteilung von Auflagen bewilligt.

Seit dem Jahre 1974 beziehen der Bahnhof Fieberbrunn und die Wächterhäuser Nr. 130 und 131 das Trinkwasser nicht mehr aus der Servitutsleitung, sondern aus der örtlichen Gemeindewasserleitung. Die beklagte Partei teilte der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel mit Schreiben vom 11. Jänner 1983 mit, daß sie gemäß § 27 Abs. 1 lit. a WRG auf das Wasserrecht verzichte und gegen die Übergabe des Wasserrechtes an die noch angeschlossenen Interessenten unter der Voraussetzung, daß durch einen Bescheid der Wasserrechtsbehörde alle erforderlichen Rechte und Pflichten an diese übergehen, keine Einwände habe. Mit Bescheid vom 7. Juli 1983, Zl. II-330/20, stellte die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel fest, daß das mit Bescheid vom 21. Jänner 1955 verliehene Wasserrecht zur Errichtung und zum Betrieb einer Trinkwasserversorgungsanlage wegen Verzichts gemäß § 27 Abs. 1 lit. a WRG 1959 erloschen ist. Anläßlich des Erlöschens des Wasserbenutzungsrechtes seien keine letztmaligen Vorkehrungen zu treffen. Die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel sprach auch aus, daß mit der Löschung der wasserrechtlichne Bewilligung auch die anläßlich des seinerzeitigen Verfahrens bestellten und nicht im Wasserbuch eingetragenen Dienstbarkeiten erlöschen. Die im Verfahren vom Kläger erhobenen Einwände wurden mangels Parteistellung zurückgewiesen. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab der Landeshauptmann mit dem Bescheid vom 23. Jänner 1984, Zl. III a 1-8960/2, Folge, hob den angefochtenen Bescheid auf und verwies die Sache an die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurück. Das Verfahren sei mangelhaft, weil dem Kläger Parteistellung zukomme. Eine Entscheidung über den Antrag der beklagten Partei ist bisher nicht ergangen. Gegenstand des Verfahrens ist das Begehren des Klägers, die beklagte Partei sei verpflichtet, die auf dem Grundstück 1978 KG Fieberbrunn befindliche Quellfassung instandzusetzen. Der Kläger brachte vor, die beklagte Partei habe mit dem Vertrag vom 23. und 24. Juni 1927 die seinem Rechtsvorgänger zugestandene Dienstbarkeit des Wasserbezuges erworben, sie habe sich als Gegenleistung verpfichtet, zu dem nunmehr in seinem Eigentum stehenden Hof eine Abzweigleitung herzustellen und diese Leitung stets so zu erhalten, daß sein Anwesen ordnungsgemäß versorgt werde. Die beklagte Partei sei der ihr obliegenden Erhaltungspflicht nicht nachgekommen, sie habe vielmehr die Löschung der Rechte im Wasserbuch beantragt. Die Wiederherstellung der Leitung sei umso dringlicher, als zu befürchten sei, daß eine gesundheitsbehördliche Überprüfung des Wassers zu Beanstandungen führen könne.

Die beklagte Partei beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Das vom Kläger behauptete Recht sei seinem Rechtsvorgänger Mathias W*** jun. persönlich eingeräumt worden. Dem Vertrag sei nicht zu entnehmen, daß das Recht auf Wasserbezug auch den Rechtsnachfolgern des Mathias W*** jun. zustehen sollte. Darüber hinaus verpflichte der Vertrag die beklagte Partei nur zur Erhaltung der Wasserleitung, nicht auch der Quelle. Dem Kläger mangle jegliches Rechtsschutzbedürfnis, weil nunmehr eine neue Gemeindewasserleitung existiere, mit der die Wasserversorgung des Anwesens des Klägers gesichert sei. Der Anschluß der Grundstücke an die Gemeindewasserleitung würde nur einen Bruchteil jener Kosten erfordern, die mit einer Instandsetzung der klagsgegenständlichen Wasserleitung verbunden wären. Das Klagebegehren sei auch schikanös, weil die Quelle kein Trinkwasser abgebe.

Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab. Im Vertrag vom

23. und 24. Juni 1927 habe die beklagte Partei nur dem Mathias W*** jun. gegenüber die Verpflichtung übernommen, die Wasserleitung instandzuhalten. Eine Verpflichtung zur Instandsetzung der Quellfassung sei dem Vertrag nicht zu entnehmen. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge, hob das Urteil des Erstgerichtes unter Beisetzung eines Rechtskraftvorbehalts auf und verwies die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Da der Vertrag vom 23. und 24. Juni 1927 zwischen der beklagten Partei und drei "Grundbesitzern" geschlossen worden sei, könne nicht angenommen werden, daß die dem Mathias W*** jun. eingeräumten Rechte auf seine Person beschränkt sein sollten. Schon nach dem Vertragstext sei die Annahme gerechtfertigt, daß sich die beklagte Partei nicht nur zur Instandhaltung der Wasserleitung, sondern auch der Quellfassung verpflichtet habe. Die Verpflichtung, für den ungestörten Wasserbezug zu sorgen, setze voraus, daß auch die Quellfassung jeweils instandgesetzt werde. Eine ergänzende Vertragsauslegung in diesem Sinne sei jedoch erst vorzunehmen, wenn die vom Kläger zur Erforschung des Parteiwillens angebotene Parteienvernehmung zu keinem Ergebnis führe. Das Erstgericht werde auch festzustellen haben, ob die Behauptung des Klägers zutreffe, die Quellfassung befinde sich wegen Unterlassung der gebotenen Erhaltungsarbeiten in einem nicht ordnungsgemäßen Zustand. Weiters werde sich das Erstgericht mit den Einwendungen der beklagten Partei auseinanderzusetzen haben.

Dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs der beklagten Partei kommt Berechtigung nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Wasserbezugsrechte, die zur Benützung eines Grundstückes eingeräumt wurden, sind im Zweifel Grunddienstbarkeiten (§ 479 ABGB; 1 Ob 43/83; 1 Ob 34, 35/81; 1 Ob 29 und 40/80, Klang in seinem Kommentar2 II 558), die somit dem jeweiligen Eigentümer einer bestimmten Liegenschaft zustehen (EvBl. 1980/173). Bei Beurteilung des Inhalts einer Dienstbarkeit und der dem Dienstbarkeitsberechtigten zustehenden Rechte sind die Grundsätze des § 914 ABGB anzuwenden (NZ 1974, 77). Durch den Vertrag vom

23. und 24. Juni 1927 sollte die Versorgung der Liegenschaft des Mathias W*** jun. mit Wasser in der Weise sichergestellt werden, daß dem Anwesen "die Hälfte des durch die Leitung bis zur Anschlußstelle am Bahnhof zufließenden Wassers abgegeben werden kann". Diese Wassermenge durfte, die Fälle von Elementarereignissen, Bränden und Ausbesserungsarbeiten an der Leitung ausgenommen, nicht geschmälert werden. Schon daraus ist zu folgen, daß die Erhaltungspflicht naturgemäß nicht nur die Leitung, sondern auch die von der beklagten Partei zu erhaltende Quellfassung betrifft, weil sonst der vertraglich übrnommenen Verpflichtung, die Wasserversorgung des Anwesens zu sichern, nicht entsprochen werden konnte. Das Wasserbezugsrecht des Klägers könnte nur wegen Zwecklosigkeit weggefallen sein, was insbesondere dann anzunehmen wäre, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtung die Kosten der Wiederherstellung der Quellfassung und der Leitung in keinem Verhältnis zu den beim Vorhandensein einer Gemeindewasserleitung noch in Betracht kommenden Verwendungszwecken des Wassers stünden (EvBl. 1979/69). Dem Schikaneverbot widerstreitend wäre das Klagebegehren insbesondere dann, wenn sich die beklagte Partei verpflichet, die dem Kläger bei einem Wasserbezug aus der Gemeindewasserleitung entstehenden Kosten zu vergüten. Das Berufungsgericht hat noch keine abschließende rechtliche Beurteilung der Sache vorgenommen, sondern schon zur Klärung der Frage, ob dem Rechtsvorgänger des Klägers nur ein auf seine Person eingeschränktes Recht eingeräumt wurde und welchen Umfang dieses Recht hatte, die Einvernahme des Klägers als erforderlich erachtet. Einem solchen Ergänzungsauftrag des Berufungsgerichtes, der von einer richtigen rechtlichen Beurteilung der Sache ausgeht, kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten. Es wird daher auch eine abschließende rechtliche Beurteilung der Sache erst nach Durchführung der Parteienvernehmung des Klägers möglich sein.

Aus den dargelegten Gründen ist spruchgemäß zu entscheiden. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E11347

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0010OB00020.87.0610.000

Dokumentnummer

JJT_19870610_OGH0002_0010OB00020_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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