TE OGH 1987/6/17 3Ob75/87

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Veröffentlicht am 17.06.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*** B*** & COMP., Salzburg, Rathausplatz 4, vertreten durch Dr. Georg Reiter, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Barbara W***, Hausfrau, Innsbruck, Reichenauerstraße 31, vertreten durch Dr. Ekkehard Erlacher, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 91.372,31 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 12. Februar 1987, GZ 2 R 308/86-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 12. Juli 1986, GZ 16 Cg 209/86-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.243,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 385,80 an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Bank ist auf Grund des Urteiles des Obersten Gerichtshofes vom 8. Mai 1985, 1 Ob 691/84 (16 Cg 622/81-23 des Landesgerichtes Innsbruck) verpflichtet, der Beklagten an Prozeßkosten S 91.372,31 zu ersetzen. Mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 10. März 1986, 16 Cg 622/81-26, wurde der Beklagten wider die klagende Partei die Exekution zur Hereinbringung dieses Anspruchs bewilligt.

In der genannten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes wurde das Klagebegehren der Bank mit der Begründung abgewiesen, sie habe ihre Aufklärungspflicht betreffend die Vertragsgestaltung gegenüber der Beklagten verletzt und dadurch einen wesentlichen Geschäftsirrtum der Beklagten veranlaßt. Es sei deshalb die Anfechtung des Vertrages wegen Irrtums nach § 871 ABGB gerechtfertigt und das auf den Kreditvertrag gegründete Zahlungsbegehren der Klägerin unberechtigt.

Mit der vorliegenden Oppositionsklage stellt die klagende Partei das Begehren, der Anspruch der Beklagten auf Ersatz der Prozeßkosten von S 91.372,31, zu dessen Hereinbringung mit Beschluß vom 10. März 1986 die Exekution bewilligt worden sei, sei erloschen. Nach der Aufhebung des Vertragsverhältnisses zwischen den Streitteilen habe es zu einer Rückabwicklung gemäß den §§ 877, 1435 ABGB zu kommen. Die Beklagte habe der klagenden Partei alles, was sie aus dem von ihr angefochtenen Vertrag zu ihrem Vorteil erhalten habe, zurückzustellen. Von der ausbezahlten Valuta (S 288.288,--) seien die von der Beklagten geleisteten Einzahlungen (S 19.600,--) abzuziehen. Hinzuzurechnen seien die gesetzlichen Zinsen vorerst bis 25. April 1986 (S 62.980,--). Der sich ergebende Betrag von S 331.668,-- werde gegen den Kostenersatzanspruch der Beklagten aufgerechnet, sodaß dieser erloschen sei. Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Sie sei durch das aufgehobene Rechtsgeschäft nicht bereichert. Die klagende Partei habe den sogenannten Kreditbetrag nicht der Beklagten ausbezahlt, sondern an die Kur- und Sporthotel

A*** GesmbH & Co KG ("A***") geleistet bzw. zur Anschaffung von Pfandbriefen verwendet, die zur Sicherung der Forderungen der klagenden Partei aus der Kreditgewährung dienen sollten. Ein allfälliger Kondiktionsanspruch der klagenden Partei sei überdies verjährt und auch durch Kompensation mit einer die "Klageforderung" übersteigenden Schadenersatzforderung der Beklagten erloschen, weil die Beklagte durch die Verletzung der Sorgfalts- und Aufklärungspflicht der klagenden Partei im Zusammenhang mit der Finanzierung des Kur- und Sporthotels A*** einen Schaden zumindest in der Höhe der Klageforderung erlitten habe. Die klagende Partei könnte von der Beklagten lediglich allenfalls die Abtretung des Anspruches der Beklagten auf Rückzahlung des "Kaufpreises" für den Hotelanteilsschein geltend machen. Diesen Anspruch aber habe die Beklagte der klagenden Partei ohnedies bereits abgetreten und die Beklagte sei auch bereit, diese Abtretung zu wiederholen. Das Erstgericht wies die Klage ab und traf folgende Feststellungen:

Der Bau des Kur- und Sporthotels A*** in St. Johann im Pongau wurde mit Einlagen von Kommanditisten der "A***", mit Krediten der S*** L*** und durch den Verkauf

von Zertifikaten finanziert. Es handelt sich bei letzteren um Berechtigungen, im Kur- und Sporthotel in St. Johann im Pongau ein Hotelzimmer einer bestimmten Kategorie alljährlich innerhalb eines bestimmten Zeitraumes als Hotelgast selbst zu benützen oder durch Dritte benützen zu lassen. Diese Berechtigungen wurden in einem Zertifikat beurkundet und in ein Register eingetragen. Die Sicherung des Nutzungsrechtes sollte nach Fertigstellung des Hotels durch bücherliche Einverleibung des Bestandrechtes und Anmerkung der Vorauszahlung des Mietzinses erfolgen. Zur Sicherung der Erwerber wurde ein Treuhänder bestellt, Dr. Othmar T*** in Salzburg. An ihn waren die Kaufpreise für die Zertifikate zu entrichten; er hatte für die zweckgebundene Verwendung er eingezahlten Beträge, für die ordnungsgemäße Ausstellung der Zertifikate und die Eintragung der Käufer in das Register zu sorgen. Die vergebenen Berechtigungen wurden als Alpenland-Hotelanteilsscheine bezeichnet. In den "Allgemeinen Vertragsbedingungen zum Erwerb von Alpenland-Hotelanteilen" wurden als Verwendungsmöglichkeiten eines Hotelanteiles die Eigennützung, die Erzielung von Umsatzrenditen durch Weitervermietung an Dritte und die Inanspruchnahme von garantierten Renditen aufgezählt.

Die "A***" schloß am 7. Dezember 1979 mit der klagenden Bank unter Beitritt des Treuhänders Dr. Othmar T*** einen Bürgschafts- und Verpfändungsvertrag, wonach bei einer Finanzierung des Kaufpreises von Hotelanteilsscheinen durch die klagende Partei im Wege der Kreditgewährung an die Käufer 15 % des Kaufpreises zur Spesendeckung von der "A***" einbehalten werden dürfen, wogegen der restliche Betrag von 85 % zur Anschaffung von Pfandbriefen der S*** L*** zu verwenden ist. Die "A***"

übernahm die Haftung als Bürge und Zahler für alle Forderungen einschließlich Zinsen und Nebengebühren bis zum Höchstbetrag von S 20 Millionen, die der klagenden Partei aus der Kreditgewährung an Käufer von Alpenland-Hotelanteilsscheinen erwachsen werden, und bestellte zugleich die vorerwähnten Pfandbriefe zum Pfand. Im Vertrag wurde festgehalten, daß die klagende Partei in ihren Vereinbarungen mit den Kreditnehmern nicht beschränkt sei und nach freiem Ermessen Zahlungsfristen verlängern, Kredite prolongieren, Vergleiche schließen und Sicherheiten, welche anderweitig bestellt seien, verwerten und auch freigeben dürfe. Die klagende Partei wurde weiters berechtigt, für den Fall, daß gesicherte Ansprüche unberichtigt aushaften und von der "A***" über schriftliche Aufforderung und Setzung einer mindestens 14-tägigen Nachfrist nicht berichtigt werden, ohne weitere Verständigung und ohne gerichtliche Hilfe in ausreichender Höhe auf diese Pfandbriefe zu greifen, sie zum Kurswert zu veräußern und den Veräußerungserlös abzüglich aller anläßlich der Veräußerung aufgelaufenen Auslagen auf die besicherten Ansprüche zu verrechnen. Etwa zwei Monate nach Abschluß dieses Bürgschafts- und Verpfändungsvertrages erteilte der Treuhänder Dr. Othmar T*** der klagenden Partei die Ermächtigung, daß von dem zur Auszahlung gelangenden Kaufpreis der Zertifikate von der klagenden Partei selbst für 85 % Pfandbriefe angekauft werden können und 15 % des Zertifikatskaufpreises auf das Treuhandkonto zu überweisen seien.

Am 19. Dezember 1979 schlossen die Real-Anlagen Peter V*** KG Innsbruck (V*** KG), die "A***" und die klagende Partei eine Vereinbarung, in der festgehalten wurde, daß die klagende Partei mit Krediten den Ankauf von Zertifikaten der "A***", die im Rahmen von Sparprogrammen über die Peter V*** KG vertrieben werden, finanziere. Von den Verkäufern dürfe nur der in Zusammenarbeit mit der klagenden Partei aufgelegte Formularsatz verwendet werden; die Verkäufer übernähmen die Haftung dafür, daß die Formularsätze in allen Punkten ordnungsgemäß und der Wahrheit entsprechend ausgefüllt werden. Punkt V des Vertrages sah vor, daß im Falle des Terminsverlustes eines Kreditnehmers die klagende Partei die Verkäufer verständige; soferne trotz einer weiteren Mahnung der Kreditnehmer die Zahlungen nicht wieder aufnehme werde das Zertifikat der "A***" zum Wiederverkauf durch die Peter V*** KG übergeben. Die "A***" übernahm die Verpflichtung, den ausbezahlten Kreditbetrag zuzüglich aller Nebenforderungen binnen einer mit der Rückgabe des Zertifikates beginnenden Frist von sechs Monaten vollständig abzudecken. Sollte diese Frist versäumt werden, wurde die klagende Partei ausdrücklich ermächtigt, die in ihren Händen befindlichen Sicherheiten in entsprechender Höhe zu realisieren und den Erlös zur Abdeckung des Saldos heranzuziehen. "Der Kreditnehmer erhält die angesparten Beträge abzüglich Zinsen und Spesen zurück".

Am 17. Juni 1980 unterfertigte die Beklagte das Selbstauskunfts- und Kreditantragsformular der klagenden Partei, das von einem Vertreter der Peter V*** KG ausgefüllt worden war. Der an die klagende Partei gerichtete und von dieser dann angenommene Antrag hat (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

"I. Ich stelle Ihnen nachstehendes Anbot, an welches ich mich unwiderruflich drei Wochen ab heute gebunden erkläre: Sie gewähren mir zum Zweck des Ankaufes eines Alpenland-Hotelanteiles der Kur- und Sporthotel A*** GesmbH & Co KG an dem Kur- und Sporthotel St. Johann/P. einen Kredit in der Höhe von S 299.000,--. Bedingung für die Kreditgewährung ist, daß die Kur- und Sporthotel "A***" GesmbH & Co KG meinen Erwerbsantrag annimmt.

II. Für den Kredit gelten derzeit nachstehende Konditionen:

Zinsen 11,5 % p.A., 1 % einmalige Bearbeitungsgebühr, 1,5 % Kreditsteuer einmalig ....

Der Kredit hat eine Laufzeit von zehn Jahren.

Ich verpflichte mich, binnen drei Monaten ab heute, unbeschadet Ihrer noch ausstehenden Annahme dieses Antrages, die Starteinzahlung von S 10.000,-- bei Ihnen zu leisten.

Sie sind ermächtigt, den Kreditbetrag gegen Nachweis der Annahme meines Erwerbsantrages auf das Konto Nr. 235947/2 bei der S*** H*** lautend auf "Treuhandkonto Dr. Othmar T***"

auszuzahlen. Auch anderweitige Verfügungen über den Kreditbetrag, die von Ihnen im Einvernehmen mit Herrn Rechtsanwalt Dr. Othmar T*** getroffen werden, gelten mir gegenüber als Kreditausschüttung; die Verfügung muß aber für mich in jedem Fall gegenüber der Kur- und Sporthotel "A***" GesmbH & Co KG als schuldbefreiende Zahlung der Kaufsumme an den Treuhänder Dr. Othmar T*** anerkannt werden .....

III. Ich werde ab 1. August 1980 monatlich den Betrag von

S 800,-- bis einschließlich 1. Juni 1990 auf das für mich bei Ihnen eröffnete Kreditkonto einzahlen.

Terminsverlust gilt als vereinbart ....

IV. 1. Mit Zustimmung der Kur- und Sporthotel

"A***" GesmbH & Co KG und des Treuhänders Dr. Othmar T*** bestelle ich Ihnen meinen unter I. angeführten Hotelanteil zur Besicherung des gegenständlichen Kredites einschließlich aller Nebengebühren zum Pfand. Für den Hotelanteil gelten die Ihnen bekannten Allgemeinen Vertragsbedingungen zum Erwerb von Alpenland-Hotel-Anteilen, gültig ab 1. März 1978.

Ich trete Ihnen zudem alle wie immer gearteten Ansprüche, die mir aus dem Erwerb des Hotelanteiles zustehen, ab, und zwar insbesondere auch alle Geldansprüche, wie aus der Weitervermietung an Dritte (Umsatzrenditen) und das Recht, den Hotelanteil der Kur- und Sporthotel "A***" GesmbH & Co KG zum Rückkauf anzubieten, letzteres jedoch nur im Fall des Terminverlustes.

2. Die Kur- und Sporthotel "A***" GesmbH & Co KG nimmt zur Kenntnis, daß ab sofort Zahlungen, die mir aus dem Erwerb des Hotelanteiles zustehen, mit schuldbefreiender Wirkung nur noch an Sie auf das für mich eröffnete Kreditkonto geleistet werden können ....

3. Das von der Kur- und Sporthotel "A***" GesmbH & Co KG St. Johann ausgestellte und vom Registerführer gegengezeichnete Zertifikat wird für die Dauer dieses Vertragsverhältnisses in Ihre Gewahrsame übergeben.

Die Kur- und Sporthotel "A***" GesmbH & Co KG und der Treuhänder Dr. Othmar T*** sind berechtigt und verpflichtet, Ihnen das Zertifikat gegen Nachweis Ihrer Annahme dieses Anbotes auszuhändigen. Die Kur- und Sporthotel "A***" GesmbH & Co KG und der Treuhänder Dr. Othmar T*** übernehmen auch die Verpflichtung, die gegenständliche Verpfändung und Zession im Register der Hotelanteile vorzumerken."

Am 20. Juni 1980 übermittelte die "A***" der Beklagten eine Rechnung über den Kaufpreis für neun Alpenland-Hotelanteile der Kategorie C in der Höhe von S 288.288,--. Die Beklagte bezahlte sodann ihre "Starteinzahlung" von S 10.000,-- und in der Folge zwölf Monatsraten von je S 800,--, insgesamt S 19.600,--, bis sie im August 1981 ihre Ratenzahlungen einstellte.

Von den für den Kauf von Anteilsscheinen von der klagenden Partei insgesamt vergebenen Krediten in der Höhe von ca. S 18 bis 19 Millionen wurden 85 % des Kaufpreises in Pfandbriefen angelegt. Im Herbst 1980 sowie zur Jahreswende 1980/81 wurden Pfandbriefe im Nominalwert von S 5 Millionen realisiert und dieser Betrag an die "A***" zur Bezahlung von Bauarbeiten ausgeschüttet. Im April 1981 wurden ca. S 3 Millionen zur Abdeckung von Stornofällen aus Zertifikatsverkäufen verwendet. Das Wertpapierdepot beträgt nunmehr etwa 50 % des ursprünglichen Bestandes.

Am 8. Mai 1981 wurde über das Vermögen der "A***" das Ausgleichsverfahren, am 16. Juni 1981 der Anschlußkonkurs eröffnet. Im Hinblick auf das Insolvenzverfahren legte der Treuhänder Dr. Othmar T*** den Auftrag zur Verbücherung der Rechte der Zertifikatsinhaber wegen Unerfüllbarkeit zurück. Trotz Fertigstellung des Hotels erfolgte somit keine Sicherstellung des Nutzungsrechtes der Beklagten. Als Folge des Konkurses steht fest, daß die Beklagte das ihr zugedachte Hotelbenützungsrecht nicht mehr ausüben kann. Mangels vorhandener Mittel der "A***" ist eine auch nur teilweise Befriedigung der Beklagten aus der Konkursmasse nicht möglich.

Dem Treuhänder Dr. Othmar T*** wurde von der klagenden Partei ein Betrag von S 291.278,-- zugezählt. Der Saldo auf dem Konto der Beklagten bei der klagenden Partei belief sich zum 16. September 1981 auf S 315.184,--.

In einem Schreiben vom 16. Juni 1981 stellte die klagende Partei der Beklagten ein Anbot zur Rückzession der an die Bank abgetretenen Ansprüche gegen die "A***"; dieses wurde von der Beklagten nicht akzeptiert.

In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß ein allfälliger Kondiktionsanspruch der klagenden Partei bereits verjährt sei. Es läge aber auch keine Bereicherung der Beklagten vor. Letztlich würde unter der Annahme, daß die klagende Partei als Finanzierer die Kaufpreisforderungen nicht erworben habe, der Klägerin als Kondiktionsanspruch gegen die Beklagte nur das Recht auf Abtretung des Anspruches der Beklagten gegen die "A***" auf Rückzahlung des Kaufpreises zustehen. Eine solche Abtretung sei aber ohnedies erfolgt.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes; es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 60.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteigt und daß die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei. Das Erstgericht habe die Akten 16 Cg 622/81 des Landesgerichtes Innsbruck und 8 Cg 265/81 des Landesgerichtes Linz, auf die es seine Feststellungen gründe, verlesen. Der Sachverhalt sei hiedurch hinreichend geklärt. Eine Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme liege nicht vor, weil der mit der Klage geltend gemachte Oppositionstatbestand sich nur auf einen Rückforderungsanspruch gegenüber der Beklagten aus dem im Rechtsstreit 16 Cg 622/81 des Landesgerichtes Innsbruck aufgelösten Kreditvertrag stütze, für dessen Beurteilung der dort festgestellte Sachverhalt allein maßgeblich und ausreichend sei. Das Berufungsgericht schließe sich der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes an. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 1487 ABGB gelte sowohl für die Anfechtung eines Vertrages wegen Irrtums als auch für den daraus abgeleiteten Kondiktionsanspruch. Für die bereicherungsrechtlichen Folgen des Wegfalls des Vertrages, dem der Erwerb einer Nutzungsberechtigung am Kur- und Sporthotel St. Johann zugrundegelegen sei, seien die für die Rückabwicklung eines drittfinanzierten Kaufes entwickelten Grundsätze heranzuziehen. Erwerbe der Finanzierer die Kaufpreisforderung nicht und bezahle den Verkäufer im Namen des Käufers, und falle dann der Darlehensvertrag mit dem Kauf als Geschäftsgrundlage weg, so habe der Käufer gegen den Verkäufer einen Anspruch auf Rückgewährung des Kaufpreises, den der Käufer indessen durch die Leistung des Finanzierers erlangt habe und um den er dem Finanzierer gegenüber bereichert sei. Die Kondiktion des Finanzierers gegen den Käufer gehe daher auf Abtretung des Anspruches des Käufers auf Rückzahlung des Kaufpreises. Habe dagegen der Finanzierer an den Verkäufer zwecks Erwerbes der Kaufpreisforderung gezahlt, so sei der Finanzierer selbst Kondiktionsgläubiger gegen den Verkäufer; dem Käufer habe der Finanzierer durch die Zahlung keinen Vorteil verschafft, auch keine Kondiktionsforderung gegen den Verkäufer bei Wegfall des Kaufvertrages; eine Leistungskondiktion des Finanzierers gegen den Käufer scheide daher in diesem Fall aus. Gehe man von der zuerst genannten Variante aus, stünde der klagenden Partei als Kondiktionsanspruch gegen die Beklagte das Recht auf Abtretung des Anspruches der Beklagten gegen die "A***" auf Rückzahlung des Kaufpreises zu. Da die Beklagte aber alle ihr aus dem Erwerb des Hotelanteils zustehenden Rechte bereits an die klagende Partei abgetreten habe (Punkt IV/1 des Vertrages), könne die klagende Partei aus diesem Rechtsgrund keinen Rückabwicklungsanspruch gegen die Beklagte geltend machen. Im Fall der zweiten Variante stünde der klagenden Partei gegen die Beklagte keine Kondiktionsforderung zu. Eine Bereicherung der Beklagten liege demnach nicht vor. Die Beklagte, die Zahlungen von S 19.600.-- an die "A***" geleistet habe, habe keinerlei Sicherstellung in Ansehung des ihr vertraglich zugesicherten Nutzungsrechtes am Kur- und Sporthotel St. Johann erhalten und könne im Hinblick auf das über das Vermögen der "A***" eröffnete Konkursverfahren ihr Nutzungsrecht auch nicht mehr ausüben; eine auch nur teilweise Befriedigung der Beklagten aus der Konkursmasse sei nicht möglich. Die Beklagte habe daher keinen Vorteil erhalten. Die Revision sei zuzulassen gewesen, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Verjährungsfrist bei Rückabwicklungsansprüchen und deren Beginn bei einem durch Urteil aufgelösten Vertrag fehle.

Die klagende Partei bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinn der Klage abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen oder ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den in der angefochtenen Entscheidung angeführten Gründen zulässig. Sie ist im Ergebnis aber nicht berechtigt.

Die klagende Partei wendet sich gegen die Annahme der Vorinstanzen, ihr Anspruch auf Rückabwicklung sei verjährt. Dieser Anspruch stütze sich auf die §§ 877 und 1435 ABGB.

Kondiktionsansprüche nach den §§ 1431 ff ABGB aber unterlägen nach ständiger Rechtsprechung der 30-jährigen Verjährungsfrist. Die vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung EvBl 1966/299 behandle einen Anspruch nach § 872 ABGB.

Die Verjährung von Ansprüchen nach den §§ 1431, 1435 ABGB tritt grundsätzlich, aber nicht ausnahmslos nach der allgemeinen Bestimmung des § 1479 ABGB, das ist nach 30 Jahren, ein (Rummel in Rummel, ABGB, Rz 12 zu § 1431; Wilburg in Klang2 VI 490; SZ 36/30; SZ 52/170). Eine Ausnahme besteht aber im Hinblick auf § 1487 ABGB für Ansprüche nach § 877 ABGB (Rummel aaO; vgl. auch Wilburg aaO). Nach § 1487 ABGB muß (unter anderem) die Forderung wegen einer bei dem Vertrage unterlaufenen Furcht oder eines Irrtums, wobei sich der andere vertragmachende Teil keiner List schuldig gemacht hat, binnen drei Jahren geltend gemacht werden. Unter Forderung sind der Anspruch auf Aufhebung und der Anspruch auf Erstattung der aus dem fehlerhaften Vertrag erbrachten Leistung zu verstehen (Klang in Klang2 VI 629, Gschnitzer in Klang2 IV/1, 156; Schubert in Rummel, ABGB, Rz 7 zu § 1487, Rummel aaO, Rz 6 zu § 877). Es ist herrschende Ansicht, daß die Anfechtung eines Vertrages wegen Irrtums binnen drei Jahren ab dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses erfolgen muß (Schubert aaO). Nur der Irrende aber kann einen Vertrag wegen Irrtums anfechten, nicht auch sein Vertragspartner. Wollte man den Beginn der Verjährungszeit auch für Rückabwicklungsansprüche des Gegners des irrenden Vertragsteiles auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses verlegen, so hätte dies zur Folge, daß derartige Ansprüche nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden könnten, wenn der Irrende die Vertragsanfechtung (oder die Einrede des Irrtums; Schubert aaO, Klang in Klang2 VI 630) erst unmittelbar vor Ablauf der Verjährungszeit vornimmt und damit durchdringt. Die Regelung des § 877 ABGB, daß derjenige, der die Aufhebung eines Vertrages aus Mangel der Einwilligung verlangt, dagegen auch alles zurückstellen muß, was er aus einem solchen Vertrag zu seinem Vorteil erhalten hat, wäre in einem solchen Fall für den anderen Vertragsteil ungeachtet dessen nicht durchsetzbar, daß die Rückabwicklung nach herrschender Ansicht dann, wenn beiden Teilen Rückforderungsansprüche zustehen, Zug um Zug zu geschehen hat (Gschnitzer in Klang2 IV/1, 159; Rummel aaO Rz 4 zu § 877). Der Oberste Gerichtshof kommt daher zur Ansicht, daß die Verjährung von Rückabwicklungsansprüchen dieser Partei erst mit der Entscheidung über das Bestehen des geltend gemachten Irrtums zu laufen beginnt, weil diese Ansprüche vorher noch gar nicht entstanden waren. Die Verjährungszeit war deshalb für die klagende Partei bei Einbringung der vorliegenden Klage noch nicht abgelaufen. Die Beklagte hat übrigens im Verfahren 16 Cg 622/81 des Landesgerichtes Innsbruck erstmals in der Tagsatzung vom 21. Oktober 1983 geltend gemacht, sie sei durch unverständliche und irreführende Vertragsformulare über die nach Abschluß des Vertrages nach Ansicht der klagenden Partei zu leistenden Zahlungen in Irrtum geführt worden (AS 71 des genannten Aktes).

Dieser Umstand vermag allerdings am Verfahrensergebnis nichts zu ändern, weil der Oberste Gerichtshof der von den Vorinstanzen für den Fall, daß man Verjährung des Klageanspruches nicht annehmen sollte, vorgenommenen rechtlichen Beurteilung beipflichtet. Angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz (hier: der von der klagenden Partei behauptete Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme; die Verletzung der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme bildet nur einen Verfahrensmangel - Fasching, Lehrbuch, Rdz 676), die vom Berufungsgericht nicht als solche anerkannt worden sind, können nach § 503 Abs 1 Z 2 ZPO nicht nochmals geltend gemacht werden. In der Sache selbst hat zwar der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 12. November 1984, 1 Ob 664/84, die gleichfalls einen Anspruch der hier klagenden Partei auf Rückzahlung eines Darlehens zum Gegenstand hatte, das dem dort Beklagten in gleicher Weise wie hier zum Erwerb eines "A***"-Hotelanteils gewährt worden war, den Standpunkt vertreten, eine auch nur analoge Anwendung des § 18 KSchG komme mit Rücksicht auf die vorliegende Vertragsgestaltung nicht in Betracht. Von dieser Ansicht ist aber das Revisionsgericht bereits in der Entscheidung vom 4. Dezember 1985, 3 Ob 573/85 (8 Cg 265/81-27 des Landesgerichtes Linz), mit einer eingehenden Begründung abgegangen (im Vorverfahren zwischen den Streitteilen, wurde auf diese Frage nicht eingegangen, weil es als streitentscheidend angesehen wurde, daß der klagenden Partei die Veranlassung eines wesentlichen Geschäftsirrtums der Beklagten zur Last falle), und es ist dabei auch in weiteren Streitfällen, die aus dem dargestellten Sachverhaltskomplex entstanden sind, geblieben. Da den Streitteilen die genannte Entscheidung bekannt ist, erübrigt es sich, die darin festgehaltenen Erwägungen über eine analoge Anwendung des § 18 KSchG wiederzugeben. Richtig ist, daß mit dem Kaufvertrag auch der Darlehensvertrag weggefallen ist, für den der Kaufvertrag Geschäftsgrundlage war (vgl. hiezu 3 Ob 573/85, S 20), und daß damit auch Punkt IV/1 des Kreditvertrages vom 17. Juni 1980, der eine umfassende Abtretung aller Ansprüche, die der Beklagten aus dem Erwerb des Hotelanteils zustehen, an die klagende Partei beinhaltet, aufgehoben wurde. Die klagende Partei vermag sich deshalb entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanzen bei einem Vorgehen gegen die "A***" nicht bereits auf diese Abtretung zu stützen. Das ändert jedoch nichts daran, daß die Beklagte gegen die "A***" nur einen Anspruch auf Rückgewähr des Kaufpreises hat, den sie durch die Leistung der klagenden Partei erlangt hat und um den sie der klagenden Partei gegenüber bereichert ist, sodaß die Kondiktion der klagenden Partei gegen die Beklagte nur auf Abtretung ihres Anspruches auf Rückzahlung des Kaufpreises gehen kann (Aicher in Rummel, ABGB, Rz 18 zu § 1063). Im Falle eines drittfinanzierten Kaufes wie hier ist nämlich schon vertraglich infolge der strengen Zweckbindung des Darlehens die Leistung des Finanzierers an den Dritten und nur diese vorgesehen. Da der Finanzierer dem Käufer von vornherein gar keine Verfügung über das Geld ermöglicht, ist es gerechtfertigt, daß das Risiko bei ihm selbst bleibt (Bydlinski in Klang2 IV/2, 427 f). Auch die Beklagte hatte keinerlei Verfügungsmöglichkeit über die Darlehenssumme. Diese diente vielmehr vereinbarungsgemäß zu 85 % zur Sicherstellung des Darlehens durch den Ankauf von Pfandbriefen der S*** L*** und im übrigen zur Deckung von Spesen des Vermittlers Peter V*** KG. Die klagende Bank als Finanzierer hat die Kaufpreisforderung zwar nicht im eigenen Namen gezahlt, sodaß sie das Gezahlte unmittelbar beim Verkäufer kondizieren könnte, sondern im Namen der Beklagten als der Käuferin.

Es lag daher zwar ein Darlehensvertrag vor, doch stand dieser in einem so engen Zusammenhang mit dem Kaufvertrag, daß die Bereicherung ebenfalls aus diesem engen Zusammenhang beurteilt werden muß. Ist daher auch nicht der Kauf als Geschäftsgrundlage des Darlehensvertrages weggefallen, sondern der Darlehensvertrag zufolge Irrtums aufgehoben worden, so ist der Fall doch im Ergebnis gleich jenem zu beurteilen, in dem der Darlehensvertrag mit dem Kauf als Geschäftsgrundlage weggefallen ist; denn der Käufer ist auch hier nur durch den ihm zustehenden Anspruch auf Rückgewähr des Kaufpreises gegen den Verkäufer bereichert. Einen solchen Anspruch hat die klagende Partei gegen die Beklagte nicht geltend gemacht, und eine Aufrechnung dieses Anspruches gegen die betriebene Kostenforderung wäre aus rechtlichen Gründen (§ 1440 ABGB) auch gar nicht möglich.

Aus dem Umstand, daß der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 3 Ob 573/85 (und weiteren Entscheidungen) auf das Erfordernis einer Rückabwicklung gemäß den §§ 877, 1435 ABGB nach Unwirksamwerden des Vertrages hingewiesen hat, läßt sich für die klagende Partei im vorliegenden Verfahren nichts gewinnen. Das Revisionsgericht hat damit nur zum Ausdruck gebracht, daß zwar eine Rückabwicklung durchzuführen sein werde, daß aber auf allfällige bereicherungsrechtliche Ansprüche der klagenden Partei (im Vorverfahren) nicht eingegangen werden könne, da die klagende Partei ausdrücklich die Rückzahlung der Kreditsumme begehre und dies nicht in eine Kondiktionsklage umgedeutet werden könne. Für die Annahme, der Oberste Gerichtshof hätte das Klagebegehren etwa für berechtigt gehalten, wäre es auf die §§ 877, 1435 ABGB und nicht ausdrücklich auf Rückzahlung einer Kreditsumme gerichtet gewesen, fehlt jeder Anhaltspunkt.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E11750

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0030OB00075.87.0617.000

Dokumentnummer

JJT_19870617_OGH0002_0030OB00075_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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