TE OGH 1987/9/1 5Ob333/87

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Veröffentlicht am 01.09.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Reinhart P***, Geologe, Höglwörthgasse 39, 5020 Salzburg, vertreten durch Dr. Ernst Pallauf, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Dr. Werner U***, Rechtsanwalt, Stadtplatz 20, 5230 Mattighofen, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Gemeinschuldnerin R*** Fels- und Grundbau Gesellschaft mbH, 5212 Schneegattern, AZ S 7/84 des Kreisgerichtes Ried im Innkreis, wegen Feststellung einer Konkursforderung, Streitwert S 458.372,02, infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 23.Jänner 1987, GZ 5 R 177/86-24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 10.Juli 1986, GZ 3 Cg 78/85-18, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision des Klägers wird nicht Folge gegeben.

In Stattgebung der Revision des beklagten Masseverwalters wird das angefochtene Urteil derart abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Der Kläger ist schuldig, dem beklagten Masseverwalter binnen 14 Tagen die mit S 98.097,35 (einschließlich S 8.008,85 Umsatzsteuer und S 10.000,- Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war vom 1.1.1982 bis 31.12.1983 Angestellter der R*** Fels- und Grundbau Gesellschaft mbH, die nun (seit dem Jahre 1984) im Konkurs ist. Das Dienstverhältnis wurde von der Dienstgeberin am 21.4.1983 zum 31.12.1983 gekündigt. Unter Punkt 9 des Dienstvertrages hatte sich der Kläger verpflichtet, nach einem eventuellen Ausscheiden aus dem Unternehmen der Dienstgeberin zwei Jahre lang "nicht für andere Firmen tätig zu sein, oder eine solche selbst zu gründen, zu betreiben oder zu leiten, die Injektionsarbeiten nach dem System Ribbert durchführt", und "auch nach Ablauf dieses Zeitraumes keine Arbeitsverfahren, Pläne oder sonstige Aufzeichnungen, von denen er Kenntnis erhält, an dritte Personen oder Firmen weiterzugeben"; für den Zeitraum dieser Verpflichtung war ihm die Fortzahlung der "den jeweiligen kollektivvertraglichen monatlichen Grundgehalt übersteigende Zulage zur Erreichung des zum Zeitpunkt des Ausscheidens fälligen Gesamtgehaltes, wertgesichert", zugesichert worden. Das monatliche Gehalt setzte sich (Punkt 3 des Dienstvertrages) aus S 28.500,-

Grundgehalt laut Kollektivvertrag und S 21.500,- Zulagen zusammen. Anläßlich der Kündigung des Dienstverhältnisses hat die Dienstgeberin dem Kläger nicht erklärt, daß sie bereit sei, ihm für die Dauer der Konkurrenzklausel die vertraglich vorgesehene Zahlung zu leisten; um den 5.12.1983 herum hat die Dienstgeberin dem Kläger mitgeteilt, daß auf die Einhaltung der Konkurrenzklausel verzichtet werde.

Der Kläger hat im Konkurs der vormaligen Dienstgeberin die Entschädigung für die Einhaltung der Konkurrenzklausel für die Zeit vom Mai 1984 bis einschließlich Dezember 1985 in Höhe von S 481.127,- als Konkursforderung angemeldet, davon allerdings einen Abzinsungsbetrag von S 22.754,98 wegen vorzeitiger Fälligkeit infolge Konkurseröffnung in Abzug gebracht. Der jetzt beklagte Masseverwalter hat diese Forderung bestritten.

Mit der vorliegenden Klage begehrte der Kläger die Feststellung der Forderung in Höhe von S 458.372,02 als Konkursforderung. Der beklagte Masseverwalter hat die Abweisung des Klagebegehrens beantragt und eingewendet, daß die Konkurrenzklausel nicht in Wirksamkeit getreten sei, weil der Dienstgeber bei Auflösung des Dienstverhältnisses weder die Einhaltung der Konkurrenzklausel verlangt noch sich bereit erklärt habe, zur Zahlung des vereinbarten Entgeltes bzw. der vereinbarten Entschädigung bereit zu sein. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es begründete seine Entscheidung damit, daß die Konkurrenzklausel nicht in Kraft getreten sei, weil der Dienstgeber bei der Auflösung des Dienstverhältnisses nicht erklärt habe, dem Kläger für die Dauer der Beschränkung das ihm zuletzt zukommende Entgelt zu leisten. Das vom Kläger angerufene Gericht zweiter Instanz verurteilte den beklagten Masseverwalter in teilweiser Abänderung des erstgerichtlichen Urteiles durch die Feststellung, daß die Teilforderung des Klägers in Höhe von S 183.348,80 brutto in der allgemeinen Klasse der Konkursforderungen zu Recht bestehe. Es führte zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen an:

Die Konkurrenzklausel sei wirksam geworden. Gemäß § 37 Abs 2 AngG könne der Arbeitgeber die durch eine Konkurrenzklausel begründeten Rechte gegen den Angestellten nicht geltend machen, wenn er selbst das Arbeitsverhältnis auflöst, es sei denn, der Angestellte habe durch schuldhaftes Verhalten hiezu begründeten Anlaß gegeben oder der Arbeitgeber habe bei der Auflösung erklärt, dem Angestellten während der Dauer der Beschränkung das diesem zuletzt zugekommene Entgelt zu leisten. Durch eine solche einseitige Erklärung des Arbeitgebers werde die zwischen den Vertragsparteien bestehende Rechtslage insoweit gestaltet als die Konkurrenzklausel nunmehr auch für den vom Gesetzgeber sonst ausgenommenen Fall der arbeitgeberseitigen Kündigung gelte und der Arbeitgeber verpflichtet sei, während der Dauer der vertraglichen oder gesetzlichen Beschränkung des Arbeitnehmers diesem das Entgelt weiter zu leisten. Der Arbeitnehmer habe seinerseits einen Rechtsanspruch auf diese Entgeltfortzahlung erworben und sei zur Einhaltung der Konkurrenzklausel verpflichtet. Diese Rechtslage verpflichte und berechtige beide Parteien und könne nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes einseitig abgeändert werden. Eine solche Änderung der Rechtslage könne auch nicht etwa einseitig dadurch herbeigeführt werden, daß der Arbeitgeber erklärt, auf die Einhaltung der Konkurrenzklausel zu verzichten (SZ 55/182). Die Vertragsparteien seien jedenfalls an die Vereinbarung über die Zahlung einer Entschädigung gebunden, auch wenn diese Vereinbarung nicht bei der Auflösung des Dienstverhältnisses, sondern schon im Dienstvertrag getroffen worden sei (14 Ob 187/86 vom 18.11.1986). Die Gemeinschuldnerin sei daher nicht berechtigt, einseitig von der Vereinbarung abzugehen, gleichgültig, ob der Kläger in der Folge bei einem Konkurrenzunternehmen gearbeitet habe oder nicht. Die Vereinbarung verpflichte den Arbeitgeber zwar nicht, auf die Einhaltung der Konkurrenzklausel zu bestehen, aber der Verzicht allein bilde nicht einen wichtigen, die Einhaltung der Konkurrenzklausel während der bedungenden Zeit unzumutbar erscheinen lassenden Grund. Bezüglich der die Dauer eines Jahres nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses übersteigenden Zeit der Beschränkung der Tätigkeit des Klägers liege in dem Verzicht des Arbeitgebers auf die Einhaltung der Konkurrenzklausel die Erklärung des Arbeitgebers, daß er die Klausel für wirkungslos halte. Dem Kläger gebühre daher eine Entschädigung nur für den Zeitraum eines Jahres, nicht aber darüberhinaus. Ein allfälliger tatsächlicher oder präsumtiver Verdienst des Klägers sei auf den Klageanspruch nicht anrechenbar (14 Ob 187/86).

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird von beiden Parteien mit Revision aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung bekämpft: der Kläger wendet sich gegen die Bestätigung der Teilabweisung durch das Erstgericht, der beklagte Masseverwalter gegen die teilweise Feststellung der Konkursforderung und beide begehren die Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne ihrer Anträge in erster Instanz.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des beklagten Masseverwalters ist berechtigt, jene des Klägers jedoch nicht.

Löst der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis, ohne daß den Arbeitnehmer daran ein Verschulden trifft, so ist die Wettbewerbsabrede grundsätzlich derart verwirkt, daß der Arbeitgeber sich nicht auf die vereinbarte Wettbewerbsbeschränkung berufen darf und der Arbeitnehmer seinerseits ebenfalls nicht die sich aus dem funktionellen Synallagma für ihn ergebenden Ansprüche auf gänzliche oder teilweise Entgeltfortzahlung oder Entschädigung für die vereinbarte Dauer der Wettbewerbsbeschränkung mit Erfolg in Anspruch nehmen kann. Bloß dem Arbeitgeber ist für diesen Fall vom Gesetz die Möglichkeit eingeräumt worden, die aufgezeigte Verwirkung der Wettbewerbsabrede dadurch zu vermeiden und damit auch die beiderseits daraus entstehenden Rechte und Pflichten aufrechtzuerhalten, daß er sich bei der Auflösung bereit erklärt, während der Dauer der Wettbewerbsbeschränkung dem Arbeitnehmer das ihm zustehende Entgelt fortzuzahlen (§ 37 Abs 1 und 2 AngG; vgl. dazu auch Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht2 I, 107). Eine andere Auslegung des Gesetzes ist infolge des bereits aufgezeigten funktionellen Synallagmas, das zwischen den gegenseitigen Rechten und Pflichten aus der Wettbewerbsabrede zwingend besteht, nicht zulässig.

Da hier das Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber - dem nunmehrigen Gemeinschuldner - aufgelöst wurde, ohne daß dazu der klagende Arbeitnehmer durch ein schuldbares Verhalten Anlaß gegeben hat, und der Arbeitgeber bei der Auflösung des Arbeitsverhältnisses auch nicht dem Arbeitnehmer gegenüber die Erklärung abgab, für die Dauer der Wettbewerbsbeschränkung das dem Arbeitnehmer zustehende Entgelt fortzuzahlen, sind alle wechselseitigen Rechte und Pflichten der Partner des Arbeitsverhältnisses in dem bereits dargestellten Sinne erloschen. Das Begehren des klagenden Arbeitnehmers ist deshalb nicht berechtigt, weshalb auch seine Revision keinen Erfolg haben konnte, wohl aber jene des beklagten Masseverwalters erfolgreich sein mußte.

Der Kostenausspruch beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E11806

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0050OB00333.87.0901.000

Dokumentnummer

JJT_19870901_OGH0002_0050OB00333_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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