TE Vwgh Erkenntnis 2005/9/14 2003/08/0266

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Veröffentlicht am 14.09.2005
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
40/01 Verwaltungsverfahren;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §49 Abs1;
ASVG §49 Abs2;
ASVG §49 Abs3 Z1;
ASVG §49 Abs3 Z2;
AVG §37;
EStG 1988 §68 Abs1;
EStG 1988 §68 Abs5;
EStG 1988 §68 Abs7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der S GmbH in I, vertreten durch Ploil, Krepp & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Stadiongasse 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 28. Oktober 2003, Zl. SV(SanR)-410301/10-2003-Bb/May, betreffend Beitragsnachverrechnung (mitbeteiligte Partei: Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die für das Jahr 1989 vorgeschriebenen Beiträge betrifft, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben; im Übrigen (die Beiträge für das Jahr 1990 betreffend) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat der beschwerdeführenden Gesellschaft Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In der vorliegenden Rechtssache, die sich nunmehr im vierten Rechtsgang befindet, ist strittig, ob die den mit seismischen Arbeiten beschäftigten Dienstnehmern der Beschwerdeführerin in den Jahren 1989 bis 1992 gewährten Schmutzzulagen der Beitragspflicht nach dem ASVG unterliegen. Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das Erkenntnis vom 23. Oktober 2002, Zl. 99/08/0128, verwiesen.

Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren "Arbeitsbilder" vorgelegt, in denen die Tätigkeiten ihrer Mitarbeiter wie folgt beschrieben werden (Unterstreichungen im Original):

"Arbeitsbild eines Kraftfahrers in einem seismischen Meßtrupp.

Kraftfahrer in einem seismischen Meßtrupp sind mit der herkömmlichen Vorstellung und Tätigkeit eines 'Kraftfahrers' nicht zu vergleichen.

Die eingesetzten Fahrzeuge sind eher als Arbeitsmaschinen im Gelände, das heißt auch abseits von befestigten Straßen, anzusehen.

Die Fahrer fahren morgens von der Basis (Platz), die laut Anordnung des Auftraggebers so zu legen ist, daß die An- und Abfahrzeiten 1 Stunde täglich nicht überschreiten, ins Gelände und laden ohne mechanische Hilfe Kabel und Geophone um das Material ca. 3 Km voraus wieder abzuladen.

Bei den Ladearbeiten, zu denen auch das Heraustragen und Hineintragen der Kabel und Geophone von nicht befahrbaren Geländeteilen gehört, beschmutzen sich die 'Fahrer' erheblich.

Diese Verschmutzung bleibt auch tagsüber bestehen, da während der Arbeitszeit keine Möglichkeit der Reinigung besteht (Arbeitsfortschritt ca. 3 Km/Tag.).

Da diese Arbeiten bei jedem Wetter durchgeführt werden, ist der Grad der Verschmutzung bei Regenwetter natürlich wesentlich größer als bei Trockenwetter.

Das Mitführen eines Wasch- und Aufenthaltscontainers ist nicht möglich.

Ähnliches gilt auch für die 'Fahrer', zutreffender wäre Führer der Vibratoren, diese Geräte müssen täglich im Gelände gewartet und mehrmals täglich kalibriert (justiert) werden, hierbei treten Verschmutzungen (Hydrauliköl) auf.

Arbeitsbild eines Helfers in einem seismischen Meßtrupp.

Die Arbeit der Helfer (Kabelleger) besteht in der Hauptsache aus dem Verlegen, Aufnehmen und Transportieren (tragen) von Meßkabeln und Geophonen auf der zu vermessenden Linie.

Diese Linien (Länge bis zu 50 Km) werden möglichst gerade ohne besondere Berücksichtigung der topographischen Gegebenheiten im Gelände abgesteckt, d.h. die Linien verlaufen 'querfeldein'.

Einige Anmerkungen zum Arbeitsablauf im Gelände:

Auf diesen Linien werden kontinuierlich Geophone (Schwingungsempfänger) in ca. 1 m Abstand mit der Hand in die Erde gesteckt, die dann zu Meßstationen im Abstand von 25 m zusammengefaßt und mit dem Meßkabel verbunden werden.

Bei der eigentlichen reflexionsseismischen Messung (Dauer ca. 4 min) sind 120 Meßstationen an den Meßwagen angeschlossen.

Die Linie wird in kontinuierlichen 25 m Abständen vermessen, d. h. nach Beendigung der Einzelmessung wird eine Station in Meßrichtung dazugeschaltet und am Ende eine Station abgeschaltet, die wieder aufgenommen und per Geländefahrzeug nach vorn gebracht wird.

Diese Kabel- und Geophonverlegungsarbeiten müssen alle manuell und zu Fuß durchgeführt werden da es noch keine Maschinen für diese Tätigkeiten gibt.

Bei diesen Arbeiten, die bei jedem Wetter und bei allen Bewuchsformen von unbebauten Sturzackern über Maisfelder bis hin zu dichtgewachsenen Schonungen durchgeführt werden, verschmutzen sich die Mitarbeiter erheblich.

Diese Verschmutzung, Durchnässung, etc., bleibt den ganzen Tag über bestehen, da sich bei einem täglichen Meßfortschritt von ca. 3 Km 'Sozialräume' nicht mitführen lassen.

Unseren Mitarbeitern werden Arbeitschutzmittel (Arbeitsbekleidung, Regenbekleidung, Schuhe) zur Verfügung gestellt, für deren Pflege und Reinigung sie selbst Sorge tragen müssen.

Die Ausgabe von einheitlicher Schutzbekleidung wurde Anfang 1991 eingeführt, bis dahin wurde ein Bekleidungszuschuß bezahlt.

Arbeitsbild eines Sprengbefugten in einem seismischen Meßtrupp.

Der Sprengbefugte hat im Prinzip das gleiche Umfeld wie der Helfer da er auf der gleichen Linie arbeitet.

Der gravierende Unterschied zum Helfer ist, die Berechtigung Sprengstoff zu transportieren, zu verarbeiten und zu zünden.

Der Sprengstofftransport erfolgt teils mit KFZ und im Gelände größtenteils zu Fuß.

Neben der Sprengstoffarbeit hat der Sprengstoffberechtigte auch noch andere Tätigkeiten, wie das Bohren, Verladen und Verfüllen der Schußlöcher, mit zu verrichten.

Bei diesen Arbeiten treten ebenfalls erhebliche Verschmutzungen und Durchnässungen auf.

Für die Arbeitsschutzmittel gilt das gleiche wie bei den Helfern."

In dem von der belangten Behörde nunmehr ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahren wurden den von der Beschwerdeführerin namhaft gemachten fünf Zeugen in Form eines Fragebogens folgende Fragen gestellt:

"1. Welche Tätigkeiten haben Sie bei der (Beschwerdeführerin) in den Jahren 1989 - 1992 tatsächlich ausgeübt?

2. Ist Ihnen bekannt, dass eine Pauschalvereinbarung aus dem Jahre 1970 zwischen der Firmenleitung und dem Arbeiter-Betriebsrat existiert, dass die Arbeitnehmer eine pauschale Schmutzzulage erhalten sollen?

3.

Wenn ja, kann diese vorgelegt werden?

4.

Ist Ihnen bekannt, wer in den Genuss dieser Schmutzzulagen gekommen ist?

5.

Für welche Arbeiten wurden diese Schmutzzulagen gewährt?

6.

Sind diese Arbeiten überwiegend unter Umständen erfolgt, die in erheblichem Ausmaß zwangsläufig eine Verschmutzung der (des) Arbeitnehmer(in)s und seiner (ihrer) Kleidung bewirkt haben?

              7.              War Ihrer Einschätzung nach der Schmutz wieder leicht entfernbar?"

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch neuerlich keine Folge und führte nach Darstellung des Verfahrensganges und der anzuwendenden Rechtsvorschriften in der Begründung zusammengefasst aus:

Hinsichtlich der Beiträge für das Jahr 1989 sehe der anzuwendende Kollektivvertrag für die Arbeiter in der erdölgewinnenden Industrie Österreichs vom 16. Mai 1969 für die zu beurteilenden Tätigkeiten keine Schmutzzulage vor. Eine Betriebsvereinbarung über die Gewährung einer Schmutzzulage sei nicht nachgewiesen worden. Die Beiträge seien auch nicht verjährt. Die damals geltende zweijährige Verjährungsfrist sei verlängert worden, weil die Beschwerdeführerin

"auf keine verbindliche Auskunft aus der Sozialversicherung verweisen (kann), wonach ihre Vorgangsweise als richtig bescheinigt worden wäre. Das Nichtunterwerfen der gesamten Schmutzzulage ist somit von der (Beschwerdeführerin) verschuldet worden, wodurch sich die Verjährungsfrist auch von zwei auf fünf Jahre verlängert hat."

Zu den für die Zeit ab 1. Jänner 1990 nachverrechneten Beiträgen merkte die belangte Behörde an, die Beschwerdeführerin sei - anders als der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom 23. Oktober 2002 ausgeführt habe - ihrer Mitwirkungspflicht hinsichtlich konkreter Behauptungen und geeigneter Beweisanbote zur Frage der Verschmutzung nicht nachgekommen. Die "Arbeitsbilder" seien von der Beschwerdeführerin selbst beschrieben worden, aus den vorgelegten Fotos sei nicht zu entnehmen, dass im Verhältnis zum durchschnittlichen Beschäftigungsbild diese Arbeiten außerordentliche Verschmutzungen mit sich brächten. Es wäre für die Beschwerdeführerin ein Leichtes gewesen, entsprechend aussagekräftige Fotos vorzulegen. Die Befragung von drei der beantragten fünf Zeugen in Form der Beantwortung eines Fragebogens habe nicht ergeben,

"ob alle Arbeitnehmer zu jeder Zeit in erheblich verschmutztem Zustand zur Firma zurückkehrten oder ob das nur zu gewissen Zeiten oder an gewissen Tagen passiert ist."

Wenn die ehemalige Prokuristin der Beschwerdeführerin K. angegeben habe, dass beim Pauschalbetrag für die Schmutzzulage davon ausgegangen worden sei, dass pro Monat eine bestimmte Anzahl von Stunden eine erhebliche Verschmutzung entstehen würde, so sei dies eher ein Indiz dafür, dass die zu leistenden Arbeiten nicht überwiegend zu einer erheblichen Verschmutzung des Arbeitnehmers bzw. seiner Kleidung geführt hätten. Es sei einzusehen, dass das Gebiet bzw. das Gelände, in dem die betreffenden Arbeitnehmer tätig gewesen seien, bisweilen eine erhebliche Verschmutzung der Arbeitnehmer bzw. ihrer Kleidung nach sich gezogen haben möge, die Beschwerdeführerin hätte aber dann eine Schmutzzulage, über deren Beitragsfreiheit durchaus zu diskutieren gewesen wäre, nur für eine gewisse - jedenfalls wesentlich kürzer bemessene - Zeitspanne gewähren können. Eine Schmutzzulage, die pauschal und undifferenziert allen Mitarbeitern in gleicher Weise zugestanden werde, spreche jedoch vielmehr gegen eine generelle Beitragsfreiheit. Zur Ansicht der Beschwerdeführerin, die zwangsläufig erhebliche Verschmutzung sei auch auf die Wetterbedingungen und auf Wartungsarbeiten an den Fahrzeugen zurückzuführen, sei anzumerken, dass bezogen auf die Gesamtarbeitszeit nicht überwiegend Schlechtwetter geherrscht habe, was im Übrigen bei Tätigkeiten im Freien in Kauf genommen werden müsse. Im Übrigen komme es nicht auf wetterbedingte Verschmutzungen an, sondern darauf, dass die Tätigkeit an sich zu außergewöhnlichen Verschmutzungen führe. Im Arbeitsbild für Kraftfahrer in einem seismischen Messtrupp werde darauf hingewiesen, dass Ähnliches auch für die Fahrer der Vibratoren gelte, wobei diese Geräte täglich im Gebäude gewartet und mehrmals täglich kalibriert (justiert) werden müssten, wodurch Verschmutzungen (Hydrauliköl) auftreten würden. Zu diesen Wartungsarbeiten sei festzuhalten, dass weder die Fahrzeuge noch die Dienstnehmer auf den zur Verfügung gestellten Fotos einen außerordentlich verschmutzten Eindruck machten. Es sei nicht glaubwürdig, dass, falls tatsächlich Verschmutzungen aufgetreten seien, diese die gesamte Arbeitszeit über bzw. überwiegend festzustellen wären. Selbst wenn das der Fall gewesen wäre, wären Umweltbelastungen bzw. Verschmutzungen an der Tagesordnung gewesen, weil nicht anzunehmen sei, dass sich das Hydrauliköl ausschließlich am Körper bzw. auf der Kleidung verteilt hätte. Unter Berücksichtigung der Aussage der ehemaligen Prokuristin K., der Arbeitsbilder, der Fotos und der sowohl von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse wie auch von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Argumente sei die belangte Behörde daher in freier Beweiswürdigung zu der Auffassung gelangt, dass die von den Arbeitern der Beschwerdeführerin zu leistenden Tätigkeiten zwar möglicherweise teilweise, aber nicht überwiegend unter Umständen erfolgt seien, die im erheblichen Maße zwangsläufig eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und der Kleidung bewirkten.

Wörtlich heißt es abschließend:

"Zudem gehört zum durchschnittlichen Beschäftigungsbild, dass die erforderlichen Arbeiten im Freien vorzunehmen seien, dass bei diesen Arbeiten auch Verschmutzungen vorkommen, wobei auch wetterbedingte Beeinträchtigungen in Kauf genommen werden müssten. Gleichfalls müssen Mechaniker und sogar auch ein Koch davon ausgehen, dass bei der Erledigung ihrer Arbeiten Verunreinigungen (Körper, Kleidung) entstehen, welche nicht automatisch eine steuer- bzw. sozialversicherungsfrei Schmutzzulage zur Folge haben. Es handelt sich daher um Gehaltsbestandteile, welche die (Beschwerdeführerin) zu Unrecht soziversicherungsfrei belassen wollte."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung der Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse erstattete ebenfalls eine Gegenschrift und beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur Verjährungsfrage der für das Jahr 1989 vorgeschriebenen Beiträge brachte die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde vor, die belangte Behörde habe neuerlich keine Feststellungen getroffen, die eine abschließende Beantwortung der maßgeblichen Rechtsfrage zuließen.

Zu dieser Frage hat der Verwaltungsgerichtshof im schon zitierten (Vor-)Erkenntnis vom 23. Oktober 2002 ausgeführt, dass dann, wenn der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse bereits - dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren entsprechend - seit 20 Jahren bekannt sei, dass die Beschwerdeführerin Schmutzzulagen für die in Rede stehenden Tätigkeiten bezahle sowie dass diese Zulagen nicht der Beitragspflicht unterworfen worden und bei Beitragsprüfungen unbeanstandet geblieben seien, die Unterlassung der Meldung der Schmutzzulagen als unverschuldet anzusehen wäre.

Zum Verschulden an der behaupteten Meldepflichtverletzung stellte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid fest, dass die von der Beschwerdeführerin bezahlten Schmutzzulagen tatsächlich über einen Zeitraum von 20 Jahren bei den Beitragsprüfungen nicht aufgegriffen bzw. beanstandet wurden. Weiter heißt es wörtlich

"... dass die Beitragsprüfer von dieser Zulage gewusst hätten und die Schmutzzulagen 'absichtlich' sozialversicherungsfrei belassen hätten, erschiene nur dann von echter Relevanz, wenn auch die entsprechenden Unterlagen bzw. Beweise dafür vorgelegt werden könnten."

Es sei davon auszugehen, dass Beitragsprüfungen grundsätzlich stichprobenartig durchgeführt würden, keinesfalls aber eine Vollprüfung der Lohnabrechnung bedeuteten. Werde die Unrichtigkeit einer Abrechnung jahrelang nicht aufgegriffen, könne nicht zwingend geschlossen werden, dass diese Vorgangsweise akzeptiert würde. Beitragsprüfungen würden oftmals "nur in eine gezielte Richtung geführt". Trotz des Fehlens einer Beanstandung hätte die Beschwerdeführerin Erkundigungen über die allfällige Beitragspflicht der Schmutzzulagen einholen müssen.

Wenn jedoch die Prüfer der Gebietskrankenkasse solche Zahlungen im Zuge von Beitragsprüfungen mehr als 20 Jahre hindurch unbeanstandet lassen, dann ist - unter der Annahme, dass die geprüften Lohnkonten der Beschwerdeführerin vollständig gewesen sind und diese Zulagen mit beinhaltet haben - weder von der Beschwerdeführerin ein Beweis zu führen, dass dies "absichtlich" geschehen sei, noch hat sie darüber "entsprechende Unterlagen bzw. Beweise" vorzulegen. Es obläge der Gebietskrankenkasse vielmehr der Nachweis, dass die strittigen Zahlungen in den geprüften Lohnkonten nicht aufgeschienen und daher vor den Beitragsprüfern verheimlicht worden sind. Waren die Schmutzzulagen aus den Lohnkonten als Entgelt ersichtlich und haben sich die Beitragsprüfer nicht daran gestoßen, dass dieser Entgeltteil der Beitragspflicht nicht unterzogen wurde, dann durfte die Beschwerdeführerin bei gleich bleibender Rechtslage auch weiterhin - und zwar bis zur ersten Beanstandung - von der Beitragsfreiheit ausgehen. In diesem Fall kann der Beschwerdeführerin kein Verschulden an der Verkürzung der Beiträge angelastet werden.

Die belangte Behörde hat Sachverhaltselemente, die im vorgenannten Sinne ein Verschulden der Beschwerdeführerin zu begründen vermöchten, nicht festgestellt, sondern das Verschulden der Beschwerdeführerin an der Nichtentrichtung der Beiträge gleichsam widerleglich vermutet. Damit hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet; dieser war im Umfang der für 1989 vorgeschriebenen Beiträge gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Zu den für die Zeit ab dem Jahre 1990 vorgeschriebenen Beiträgen wird in rechtlicher Hinsicht gemäß § 43 Abs. 2 VwGG zunächst auf die Ausführungen im mehrfach genannten Erkenntnis vom 23. Oktober 2002 verwiesen.

Nach der Rechtsprechung kommt es bei der Prüfung der Frage, ob die Tatbestandsvoraussetzung des § 68 Abs. 5 EStG 1988 für die Gewährung einer Schmutzzulage gegeben ist, in Fällen, in denen die Kollektivvertragspartner die Gewährung der Schmutzzulage davon abhängig gemacht haben, dass Arbeiten geleistet werden, die ihrer Auffassung nach üblicherweise (typischerweise) eine außerordentliche Verschmutzung des Arbeitnehmers verursachen, zunächst darauf an, ob diese Einschätzung der Kollektivvertragspartner richtig ist, d.h. - vor dem Hintergrund des § 68 Abs. 5 EStG 1988 - ob Arbeiten wirklich üblicherweise (typischerweise) zwangsläufig eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung in erheblichem Maß bewirken. Ist dies der Fall, so ist es unmaßgeblich, ob auch in einem konkreten Einzelfall Arbeiten eine solche Verschmutzung bewirkt haben. Die üblicherweise (typischerweise) auftretende zwangsläufige Verschmutzung in erheblichem Maß während und durch die gegenständlichen Arbeiten reicht aber - auch unter dem Gesichtspunkt des § 68 Abs. 5 EStG 1988 - zufolge der weiters erforderlichen Tatbestandsvoraussetzung der "überwiegenden" Leistung solcher Arbeiten noch nicht aus. Der Arbeitnehmer muss vielmehr während der gesamten Arbeitszeit überwiegend mit Arbeiten betraut sein, die die erhebliche Verschmutzung zwangsläufig bewirken. Dies erfordert einen überprüfbaren Nachweis, für welche Arbeiten die Schmutzzulage gewährt wird und wann diese Arbeiten geleistet worden sind. Dabei wird der Umstand, dass der Schmutz schwer zu entfernen ist, die Annahme einer Verschmutzung "in erheblichem Maß", wenn es zutrifft, erleichtern und unter Umständen dazu führen, dass auch eine Verschmutzung, von der nur geringe Teile des Körpers und der Kleidung betroffen sind, als eine solche "in erheblichem Maß" anzusehen sein. Daraus ist aber nicht zu schließen, eine massive Verunreinigung mit leicht entfernbaren Substanzen wie Staub (sofern es sich nicht um Kohlenstaub oder dergleichen handelt) oder Erde könne keine Verschmutzung "in erheblichem Maß" sein. Die leichte Entfernbarkeit der verunreinigenden Stoffe wird auch dann - unter sonst gleichen Umständen - von geringerer Bedeutung sein, wenn während des gesamten Arbeitstages keine Möglichkeit zur Reinigung besteht. Der Rechtsansicht, eine Verunreinigung erfülle schon dann den Tatbestand einer Verschmutzung "in erheblichem Maß", wenn sie sich erst "nach Arbeitsende" entfernen lasse, ist aber nicht zu folgen. Maßgeblich ist vielmehr, ob die zu leistenden Arbeiten "überwiegend" unter Umständen erfolgten, welche die als "erheblich" erkannte Verschmutzung der Arbeitnehmer und ihrer Kleidung bewirkten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2003, Zl. 99/08/0033, und die dort angeführte Judikatur).

Nach der Verkehrsauffassung sind unter Umständen, die in erheblichem Maße eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung zwangsläufig bewirken, nur solche zu verstehen, die von außen einwirken. Dieses Verständnis entspricht auch dem Zweck der Bestimmung, die bestimmte Arten von Tätigkeiten begünstigen will (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Mai 1994, Zl. 91/14/0057).

Auf wetterbedingte Verschmutzungen kommt es nicht an, sondern vielmehr darauf, ob die Tätigkeit an sich zu außergewöhnlichen Verschmutzungen führt; der Arbeitnehmer muss nämlich während der gesamten Arbeitszeit überwiegend, nicht etwa nur gelegentlich, mit Arbeiten betraut sein, die die erhebliche Verschmutzung zwangsläufig bewirken (vgl. das schon mehrfach genannte Erkenntnis vom 23. Oktober 2002 mit Hinweis auf weitere Judikatur).

Etwa die von einem Tankwart an einer Selbstbedienungstankstelle verrichtete Tätigkeit erfolgt üblicherweise nicht überwiegend unter Umständen, die in erheblichem Maße eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung zwangsläufig bewirkt. Sollte tatsächlich ein derartiger Tankwart in atypischer Weise überwiegend mit Arbeiten betraut gewesen sein, die in erheblichem Maße eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung zwangsläufig bewirkten, ist vom Arbeitgeber ein entsprechender überprüfbarer Nachweis zu führen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Februar 1989, Zl. 88/13/0088).

Im Unterschied dazu findet das Entleeren und Reinigen von Klosettanlagen sowie deren Befüllung mit "frischer Chemie" unter erschwerenden und verschmutzenden Bedingungen im Sinne des § 68 Abs. 5 EStG 1988 statt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. April 1998, Zl. 97/13/0163; weitere Beispiele aus der hg. Judikatur bei Doralt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz III, Tz 27 zu § 68 EStG).

Die belangte Behörde hat sich mit den Beweisergebnissen auseinandergesetzt ("unter Berücksichtigung der Aussage von Frau K") und auf Grund von "Arbeitsbildern, Fotos und den sowohl von der Erstbehörde wie auch von der (Beschwerdeführerin) vorgebrachten Argumenten" den Schluss gezogen, dass die in Rede stehenden Tätigkeiten nicht überwiegend unter Umständen erfolgt sind, die in erheblichem Maße zwangsläufig eine Verschmutzung der Arbeitnehmer und ihrer Kleidung bewirkten. Tatsächlich ergibt sich dies aus den vorliegenden Beweisergebnissen nicht. So lassen die in den "Arbeitsbildern" beschriebenen Tätigkeiten nicht zwingend auf eine Verschmutzung in erheblichem Maße schließen, wenn etwa Kraftfahrer "Ladearbeiten" oder Helfer bzw. Sprengbefugte "Kabel- und Geophonverlegungsarbeiten" durchführten.

Die Beschwerdeführerin bekämpft diese Beurteilung der belangten Behörde nicht, sondern macht als Verfahrensmangel geltend, dass die von ihr beantragten Zeugeneinvernahmen nicht durchgeführt worden sind; durch eine "kursorische" schriftliche Befragung könne eine Einvernahme nicht ersetzt werden.

Bei ihrer Argumentation verabsäumt es die Beschwerdeführerin jedoch, die Wesentlichkeit des Verfahrensmangels darzutun. Sie behauptet nämlich keine konkreten Tatsachen, die zu einer anderen Beurteilung durch die belangte Behörde führen könnten; der mehrfache Hinweis auf den Gesetzeswortlaut kann solches Vorbringen nicht ersetzen.

Die Beschwerde war somit im Ausmaß der für das Jahr 1990 vorgeschriebenen Beträge gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht im Rahmen des gestellten Begehrens auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 14. September 2005

Schlagworte

KollektivvertragEntgelt BegriffEntgelt Begriff Steuerrechtliche BehandlungAllgemeinEntgelt Begriff Entschädigung VergütungSachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2003080266.X00

Im RIS seit

30.11.2005

Zuletzt aktualisiert am

19.11.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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