TE OGH 1987/11/4 9ObA109/87

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Veröffentlicht am 04.11.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Carl Hennrich und Mag. Karl Dirschmied als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei U*** K***-V*** Gesellschaft mbH, Salzburg, Lamberggasse 17, vertreten durch Dr. Berndt Sedlazeck, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Inge W***, Gruppenleiterin, Ligist Nr. 30, vertreten durch Dr. Ingrid Stöger, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung (Streitwert 300.000 S) und Zahlung von 50.000 S (Gesamtstreitwert 350.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. Mai 1987, GZ 13 Ra 11/87-38, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Salzburg vom 23. April 1986, GZ Cr 119/85-29, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1. den

B e s c h l u ß

gefaßt:

Die Revisionsbeantwortung der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin vertreibt Kosmetikartikel, die auf von Kosmetikberaterinnen veranstalteten Parties den potentiellen Kunden vorgestellt werden. Die für die Klägerin tätigen Kosmetikberaterinnen sind den bei der Klägerin angestellten Gruppenleiterinnen unterstellt. Die Gruppenleiterinnen erhalten eine spezielle Einschulung über die Kosmetikartikel und die Werbestrategie. Sie werben dann Damen an, die die Tätigkeit als Kosmetikberaterinnen für die Klägerin ausüben. Die Beklagte trat im August 1983 als Gruppenleiterin in die Dienste der Klägerin. Am 21. Jänner 1985 wurde sie entlassen.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Unterlassung von Tatsachenbehauptungen über Waren und Leistungen der Klägerin, die geeignet sind, den Betrieb oder den Kredit des Unternehmens der Klägerin zu schädigen, insbesondere zu behaupten und zu verbreiten, die von der Klägerin vertriebenen Produkte seien von "schlechter Qualität", seien "ein Dreck", seien "nichts wert", der leitende Angestellte der Klägerin "habe keine Ahnung von Kosmetik" und sei "ein Gauner". Sie begehrt ferner die Herausgabe von Präsentationsblättern und die Zahlung eines Betrages von 50.000 S. Die Beklagte habe bereits im Herbst 1984 begonnen, den Kosmetikberaterinnen gegenüber über die Klägerin, deren leitenden Angestellten Dr. Wolfgang S*** und deren Produkte zu schimpfen. Sie habe erklärt, Dr. S***, der Mitte 40 sei, sei erst 25 Jahre alt und habe keine Ahnung von Kosmetik. Weiters habe sie einzelnen Kosmetikberaterinnen empfohlen, die von der Klägerin vertriebene Reinigungsmilch drei Wochen stehen zu lassen - dann werde sich unten in der Flasche ein Wasserfilm bilden -, um sie von der schlechten Qualität der Produkte der Klägerin zu überzeugen und für den Dienst bei einer Konkurrenzfirma abzuwerben. Als dies nichts genützt habe, habe die Beklagte Originalprodukte der Klägerin selbst mit Wasser vermengt und die so verfälschten Produkte Kosmetikberaterinnen und sogar Kundinnen mit dem Bemerken übergeben, daß die Produkte nach einigen Tagen Wasser absetzten und so erwiesen sei, daß sie nichts wert seien. Zum Zwecke der Abwerbung habe die Beklagte auch erzählt, daß Geschenke und Nachfüllwaren gekauft werden müßten; dies habe Unzufriedenheit nach sich gezogen. Immer wieder habe die Beklagte erklärt, die Produkte der Klägerin seien "ein Dreck", Dr. S*** sei "ein Gauner". Anläßlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe die Beklagte erklärt, wenigstens in Zukunft diese Handlungen zu unterlassen und sich auch im Rahmen ihrer seit 1. Februar 1985 aufgenommenen Tätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen wettbewerbskonform zu verhalten. Entgegen dieser Zusage habe die Beklagte ihre Aktionen gegen die Klägerin fortgesetzt und versucht, Mitarbeiter der Klägerin abzuwerben, indem sie ihnen und Kunden der Klägerin gegenüber weiterhin durch unwahre, abfällige Äußerungen die Produkte der Klägerin, ihren Firmenaufbau und ihre leitenden Mitarbeiter schlecht gemacht habe. Die Beklagte habe durch ihre Handlungen in den Wettbewerb zugunsten eines Dritten eingegriffen und sei daher nach dem UWG passiv legitimiert. Die Beklagte habe der Klägerin durch ihre Vorgangsweise, unter anderem durch Herabsetzung des Unternehmens, enormen Schaden zugefügt und sei daher nach § 7 Abs 1 UWG zum Schadenersatz verpflichtet. Die Klägerin begehre daher gemäß § 16 Abs 2 UWG eine Vergütung für die erlittenen Kränkungen und andere Nachteile, die das Gericht in angemessener Höhe festzusetzen habe. Ergänzend wurde vorgebracht, daß sich die Wettbewerbsabsicht daraus ergebe, daß die Beklagte ihr wettbewerbswidriges Verhalten auch nach ihrem Wechsel zum Konkurrenzunternehmen beibehalten habe und dabei eigene wettbewerbliche Interessen, die mit denen des Konkurrenzunternehmens übereinstimmten, verfolge; der Anspruch auf Zuerkennung einer Buße nach § 16 Abs 2 UWG sei im Hinblick auf die inkriminierten beleidigenden Äußerungen der Beklagten über Dr. S*** gerechtfertigt (ON 4, AS 22).

Die Beklagte wandte ein, daß sie weder mit der Klägerin im Wettbewerb stehe noch in Wettbewerbsabsicht gehandelt habe, falls sie die inkriminierten Behauptungen aufgestellt hätte. Ein Anspruch nach § 16 Abs 2 UWG - Ersatz für persönliche Nachteile des Geschädigten, insbesondere Ausgleich für die erlittene seelische Schädigung - stehe der Klägerin nicht zu.

Das Erstgericht gab dem Herausgabebegehren statt und wies das Unterlassungs- sowie das Zahlungsbegehren ab.

Es stellte - zum Teil im Rahmen der Ausführungen zur Beweiswürdigung und auch zur rechtlichen Beurteilung - folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:

Im Oktober 1984 erfuhr die Beklagte von einer Äußerung einer gleichfalls als Gruppenleiterin tätigen Kollegin, eine Gruppe von Kosmetikberaterinnen, die von der Beklagten als Gruppenleiterin mitbetreut wurde und finanziell sehr lukrativ war, werde abgesondert; bis März 1985 werde es die Beklagte in der Firma nicht mehr geben. Nach mehreren internen Kontakten gewann die Beklagte den Eindruck, daß sie im Betrieb der Klägerin nicht mehr erwünscht sei und begann, sich nach einer Tätigkeit bei einer Konkurrenzfirma der Klägerin umzusehen. Bei internen Gesprächen mit den ihr unterstellten Kosmetikberaterinnen äußerte die Beklagte fallweise, daß sich bei der von der Klägerin vertriebenen Reinigungsmilch Wasser absetzen könne; sie erwähnte aber nie, daß die Produkte von schlechter Qualität oder "ein Dreck" seien. Tatsächlich war es vorgekommen, daß sich bei längerer Lagerung der Reinigungsmilch ein Wasserfilm absetzte. Die Beklagte hat nie Produkten der Klägerin, welche zu Vorführzwecken verwendet wurden, Wasser beigemengt, um damit schlechte Qualität vortäuschen zu können. Als sich für die Beklagte abzeichnete, daß das Arbeitsverhältnis der Klägerin beendet werde, äußerte die Beklagte in einem Telefonat mit der Kosmetikberaterin Hildegard P***, daß ihrer Ansicht nach die Produkte der Klägerin von schlechter Qualität seien. Um die Jahreswende 1984/85 schlug die Beklagte den Mitarbeiterinnen der Klägerin Marta Q*** und Hildegard P*** vor, sich zu Vorstellungsveranstaltungen anderer Kosmetikfirmen zu begeben. Im Dezember 1984 informierte die Beklagte die Mitarbeiterin der Klägerin Hildegard B***, daß sie beabsichtige, zur Firma K*** überzuwechseln; sie fragte die Kollegin, ob sie sich dieses Unternehmen ansehen wolle. Daraufhin kam es zu einer Produktvorstellung der Mitarbeiter der Firma K*** in der Wohnung von Hildegard B***; an dieser Veranstaltung nahm auch die Beklagte teil. Sie schlug Hildegard B*** und Hildegard P*** bei dieser Gelegenheit vor, die Firma zu wechseln (Ersturteil S 13). Tatsächlich haben die Genannten nicht zur Firma K*** gewechselt (Ersturteil S 19). Gegenüber Hildegard P*** und Hildegard B*** erwähnte die Beklagte, daß Gastgeschenke, Nachfüllpackungen sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld von der Klägerin nicht mehr bezahlt werden würden, obwohl dies nicht den Tatsachen entsprach. Ferner ging das Erstgericht davon aus, daß die festgestellten Äußerungen der Beklagten von Unmut über das Arbeitsklima kurz vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Zusammenhang mit den betriebsinternen Spannungen zu Mitarbeiterinnen getragen gewesen seien; eine Wettbewerbsabsicht der Klägerin im Zusammenhang mit diesen Äußerungen könne nicht als erwiesen angenommen werden, insbesondere kein Zusammenhang mit der Einladung, mit der Klägerin in die neue Firma zu wechseln (Ersturteil S 18). Auch der Nachweis, daß die Beklagte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses diese Handlungen fortgesetzt habe, sei nicht erbracht worden (Ersturteil S 13).

Das Erstgericht war der Ansicht, mangels Wettbewerbsabsicht bestehe kein Unterlassungsanspruch nach dem UWG; auch ein Vergütungsanspruch sei zu verneinen, weil Kränkungen oder andere persönliche Nachteile Dris. S*** nicht erwiesen seien. Das Berufungsgericht bestätigte das lediglich in seinem abweisenden Teil bekämpfte Ersturteil, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und billigte dessen Rechtsansicht; es verneinte darüber hinaus im Hinblick auf die - in der Klage

behauptete - Äußerung der Beklagten, sie werde sich in Zukunft wettbewerbskonform verhalten, die Wiederholungsgefahr. Ein Schadenersatzanspruch nach § 16 Abs 2 UWG stehe der Klägerin auch deshalb nicht zu, weil sie eine juristische Person sei. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben. Die Revisionsbeantwortung ist verspätet.

Arbeitsrechtssachen sind gemäß § 39 Abs 4 ASGG Ferialsachen. Die durch die Zustellung der Revision am 14. Juli 1987 in Lauf gesetzte Frist zur Einbringung der Revisionsbeantwortung lief daher am 11. August 1987 ab. Die erst am 14. August 1987 überreichte Revisionsbeantwortung war somit als verspätet zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Materielle Voraussetzung eines Anspruches auf Unterlassung ist unter anderem das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr. Für deren Beurteilung kommt es nicht nur auf die Art des bereits erfolgten Eingriffes, sondern auch auf die Willensrichtung des Täters an, für die insbesondere sein Verhalten nach der Beanstandung und während des Rechtsstreites gewichtige Anhaltspunkte bieten kann (SZ 38/86; SZ 45/14 u.a.).

Mit ihrem Vorbringen, die Beklagte habe gegen eine anläßlich ihres Ausscheidens übernommene Verpflichtung verstoßen, künftig die inkriminierten Wettbewerbshandlungen zu unterlassen, sie versuche weiterhin Mitarbeiter der Klägerin abzuwerben und die Klägerin durch unwahre und abfällige Äußerungen über deren Produkte, Firmenaufbau und leitende Mitarbeiter schlecht zu machen, hat die Klägerin selbst den Verstoß gegen eine ausdrücklich übernommene Unterlassungsverpflichtung und damit Wiederholungsgefahr (fortdauernde Gefährdung der Klägerin) als Grundlage für das erhobene Unterlassungsbegehren behauptet. Die Beklagte hat bestritten, die inkriminierten Äußerungen überhaupt abgegeben zu haben. Von dieser Bestreitung ist jedenfalls die von der Klägerin behauptete Fortsetzung des wettbewerbswidrigen Verhaltens der Beklagten nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses als tatsächliche Grundlage für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr erfaßt. Da die Beklagte, geht man von den diesbezüglich unbekämpften Feststellungen der Vorinstanzen aus, entgegen dem Vorbringen der Klägerin nachteilige Äußerungen über die Produkte der Klägerin und deren leitende Mitarbeiter nicht mehr gemacht und sich an die gegenüber der Klägerin übernommene Unterlassungsverpflichtung gehalten hat, hat das Berufungsgericht zu Recht das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr verneint (vgl. insbesondere ÖBl. 1985, 43, wonach sogar die Einhaltung einer gegenüber einem anderen Kläger übernommenen außergerichtlichen Verpflichtung, bestimmte Wettbewerbsverstöße künftig zu unterlassen, die Wiederholungsgefahr beseitigt). Auch das Verhalten der Beklagten im Prozeß spricht nicht gegen eine Willensänderung. Die Beklagte hat nicht etwa behauptet, zu den inkriminierten Äußerungen berechtigt gewesen zu sein, sondern hat lediglich bestritten, sie überhaupt abgegeben zu haben. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, die Beklagte werde sich auch in Zukunft wettbewerbswidrig verhalten. Völlig zu Recht hat das Berufungsgericht daher den Unterlassungsanspruch im Hinblick auf das Fehlen einer Wiederholungsgefahr verneint.

Dem Begehren auf Vergütung aber mußte schon deshalb ein Erfolg versagt bleiben, weil die nachteiligen Äußerungen über Dr. S***, mit denen die Klägerin dieses Begehren begründete, nicht erwiesen wurden.

Im Ergebnis zu Recht wurden auch die Anträge der Klägerin auf Einvernahme der Zeuginnen Helene S*** und N. F***

abgewiesen, weil sie weder ein für die Beurteilung der Wiederholungsgefahr und damit des Unterlassungsanspruches erhebliches Verhalten der Beklagten nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses noch auch nachteilige Äußerungen der Beklagten über Dr. S*** - als Grundlage für den Vergütungsanspruch - zum Thema hatten. Damit liegt auch die behauptete Mangelhaftigkeit nicht vor.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E12387

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:009OBA00109.87.1104.000

Dokumentnummer

JJT_19871104_OGH0002_009OBA00109_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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