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L37139 Abfallabgabe Müllabgabe Sonderabfallabgabe SondermüllabgabeNorm
AWG Wr 1994 §22 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Chlup, über die Beschwerde der S H in P, vertreten durch Dr. Dietbert Helbig-Neupauer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Johannesgasse 15, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 28. April 2005, Zl. MA 64 - 170/2004, betreffend Müllsammelbehälterentleerung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 28. April 2005 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin, die Anzahl der Entleerungen des Restmüllbehälters für die Liegenschaft W, C-gasse 107, von 260 pro Jahr auf 52 pro Jahr herabzusetzen, abgewiesen.
In der Begründung heißt es, am 23. Juli 2003 sei festgestellt worden, dass der Müllcontainer ca. zur Hälfte befüllt gewesen sei. Um 7.38 Uhr sei der Behälter entleert worden.
Am 24. Juli 2003 sei der Restmüllbehälter gänzlich befüllt gewesen, wobei der Deckel nicht mehr ganz habe geschlossen werden können. Auch an diesem Tag sei der Behälter entleert worden. Über Befragen habe das Ladepersonal angegeben, die verfahrensgegenständliche Mülltonne fünfmal pro Woche zu entleeren. Der Behälter sei täglich befüllt. Es sei gar nicht möglich, einen Tag auszulassen. Am Montag lägen regelmäßig Müllsäcke neben dem Behälter, da dieser die Müllmenge des Wochenendes nicht fassen könne.
Diese Erhebungen seien mit Fotos dokumentiert und mittels Aktenvermerk aktenkundig gemacht worden. Mit Schreiben vom 4. August 2003 sei die Beschwerdeführerin über die Ermittlungsergebnisse informiert worden.
Vom 18. August 2003 bis 11. September 2003 sei die vorhandene Müllmenge anlässlich der Entleerungen kontrolliert und mittels Protokoll festgehalten worden, dass der Müllcontainer fünfmal voll und sechsmal halbvoll gewesen sei und dass einmal ca. 120 l Müll zusätzlich hätten entsorgt werden müssen.
Diese Beweisergebnisse seien der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 6. November 2003 und anlässlich einer Akteneinsicht am 19. November 2003 zur Kenntnis gebracht worden.
Eine weitere Überprüfung sei vom 24. November 2003 bis 28. November 2003 erfolgt. Das Protokoll für diesen Zeitraum besage, dass der Müllcontainer zweimal voll, einmal drei Viertel voll, einmal halbvoll und einmal ein Viertel voll gewesen sei. Zusätzlich seien zweimal 10 Säcke Müll neben den Containern gelagert gewesen, wobei dies einmal der Fall gewesen sei, als der Container nur ein Viertel voll gewesen sei. In diesem Protokoll seien auch die Ladezeiten der Entleerungen dokumentiert worden.
Auf Grund des Berufungsvorbringens seien von der belangten Behörde die von der Beschwerdeführerin in einer Liste vom 21. Oktober 2003 angeführten Zeugen Z M, E S, A B und H P geladen worden.
Die Zeugen S und M hätten keine Angaben gemacht. Herr P habe telefonisch bekannt gegeben, dass er auf Grund einer Erkrankung seines Kindes nicht bei der belangten Behörde erscheinen könne. Seiner Erinnerung nach seien die Müllgefäße im Jahr 2003 jedoch jeden zweiten Tag entleert worden.
Die Zeugin B habe ausgesagt, sie sei Bewohnerin des Hauses Cgasse 107. Sie könne nicht bestätigten, dass der Müllcontainer nur einmal pro Woche entleert worden sei. Die Entleerung sei mindestens zweimal pro Woche erfolgt. Durch die unregelmäßige Müllentsorgung der Mieter und die Ablagerung von Sperrmüll im Müllcontainer sei dieser häufig überfüllt.
In der Folge seien zwei Mitarbeiter der MA 48, die regelmäßig mit der Entleerung der verfahrensgegenständlichen Mülltonne befasst seien, als Zeugen einvernommen worden.
Herr R und Herr T hätten übereinstimmend ausgesagt, dass der Müllcontainer seit Jahren fünfmal pro Woche entleert würde. Nach dem Wochenende sei die Mülltonne regelmäßig überfüllt. Die überdurchschnittliche Füllmenge habe Herr T auf die Entsorgung von Sperrmüll in die Mülltonne zurückgeführt.
Diese Zeugenaussagen seien der Beschwerdeführerin nachweislich zur Kenntnis gebracht worden. Eine Stellungnahme sei nicht erfolgt.
Im Erwägungsteil führt die belangte Behörde aus, die Angaben der Beschwerdeführerin, wonach der Restmüllbehälter in den letzten Jahren, insbesondere im Jahr 2003 nur einmal pro Woche entleert worden sei und dies für die Entsorgung der anfallenden Müllmenge auch ausreichend gewesen sei, hätten durch die Ermittlungsergebnisse nicht bestätigt werden können. Die von der Beschwerdeführerin angeführten Zeugen hätten widersprüchliche Angaben zur Anzahl der Entleerungen gemacht. Frau B habe jedoch von einer häufigen Überfüllung der Mülltonne berichtet.
Die Berichte und Überprüfungsprotokolle der MA 48 ließen hingegen erkennen, dass die Mülltonne regelmäßig fünfmal pro Woche entleert worden sei. Dabei sei sie an Tagen in der Wochenmitte halbvoll bis voll, nach den Wochenenden jedoch regelmäßig überfüllt gewesen. Dieser Sachverhalt sei von zwei Mitarbeitern der MA 48, die täglich mit der Entleerung des Restmüllbehälters befasst seien, in ihren Zeugenaussagen bestätigt worden.
Es sei daher davon auszugehen, dass die Angaben der Beschwerdeführerin die amtlichen Feststellungen der Mitarbeiter der MA 48 nicht hätten entkräften können.
Im Übrigen erscheine es durchaus nachvollziehbar, dass die Müllcontainer nicht an allen Tagen voll seien und trotzdem eine Herabsetzung der Anzahl der Entleerungen nicht gerechtfertigt sei, da die MA 48 bei der Beurteilung der Frage, wie viele Entleerungen erforderlich seien, im Interesse der Verhinderung eines sanitären Übelstandes immer nur von einem Durchschnittswert, nicht aber von den schwächsten Befüllungstagen ausgehen könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die Beschwerdeführerin bringt vor, der angefochtene Bescheid sei nicht ausreichend begründet und es habe auch kein erschöpfendes Beweisverfahren gegeben. Sie sei den Erhebungen nicht beigezogen worden. Trotz Urgenz seien ihr keine Fahrten-Streckenbücher und Erhebungsprotokolle vorgelegt worden. Aus dem der Homepage der MA 48 entnommenen Müllaufkommen lasse sich berechnen, dass sich für das Haus der Beschwerdeführerin bei durchschnittlich 40 Bewohnern ein Jahresvolumen von 60.800 l Müll ergebe. Tatsächlich verrechnet würden jedoch 220.000 kg, somit mehr als das Dreifache.
Das Erhebungsprotokoll für den Zeitraum vom 29. August bis 11. September 2003 enthalte unrichtige Feststellungen, wie sich aus den Fotos ergebe. Das willkürliche Herausgreifen von 11 Tagen genüge nicht, um einen Durchschnittswert festzustellen.
Der Beschwerdeführerin sei die vollständige Akteneinsicht verwehrt worden.
Ein wesentlicher Verfahrensmangel liege darin, dass die Hausbesorgerin der in Rede stehenden Liegenschaft nicht einvernommen worden sei. Diese hätte angeben können, dass die fünfmalige wöchentliche Entleerung nicht geschehe und auch nicht erforderlich sei.
Von der Beschwerdeführerin namhaft gemachte Zeugen hätten angegeben, dass nicht täglich, sondern jeden 2. Tag entleert werde. Dies könne durch die als Zeugen vernommenen Mitarbeiter der MA 48 nicht widerlegt werden. Die Einvernahme sei ohnehin problematisch, weil sie in einem Treueverhältnis zur belangten Behörde stünden.
Das Erhebungsprotokoll für den Zeitraum 24. November bis 28. November 2003 wiederhole größtenteils die unrichtigen Feststellungen nochmals.
Ein Hinweis darauf, warum die übrigen namhaft gemachten Zeugen nicht vernommen worden seien, sei dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen.
Die Aussagen des Zeugen T seien unrichtig.
Von einem drohenden sanitären Übelstand und einer Brandverhütung könne keine Rede sein.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 22 des Wiener Abfallwirtschaftsgesetzes, LGBl. Nr. 13/1994, lautet auszugsweise:
"§ 22. (1) Der Magistrat hat durch Bescheid für Liegenschaften die jeweilige Art und Zahl der Sammelbehälter sowie die Zahl der jährlichen Einsammlungen festzusetzen, wobei auf das öffentliche Interesse (§ 1 Abs. 2), insbesondere auf sanitäre Notwendigkeiten, auf die Brandverhütung sowie auf betriebliche Gegebenheiten der öffentlichen Müllabfuhr, Bedacht zu nehmen ist.
(2) Der Inhalt der Sammelbehälter ist jährlich mindestens 52mal einzusammeln. Wenn öffentliche Interessen, insbesondere sanitäre Notwendigkeiten, die Brandverhütung oder betriebliche Gegebenheiten der öffentlichen Müllabfuhr es erfordern, hat der Magistrat von Amts wegen oder auf Antrag des Liegenschaftseigentümers mit Bescheid die Anzahl der Sammelbehälter oder die Zahl der Einsammlungen den Erfordernissen entsprechend für einzelne Liegenschaften zu erhöhen oder größere Sammelbehälter festzusetzen.
(3) Bei wesentlichen Änderungen der Verhältnisse, die für die Festsetzung der Zahl der jährlichen Einsammlungen des Inhaltes der Sammelbehälter oder die Festsetzung der Art oder Zahl der Sammelbehälter maßgebend waren, hat der Magistrat auf schriftlichen Antrag des Liegenschaftseigentümers die Zahl der jährlichen Einsammlungen oder die Art oder Zahl der Sammelbehälter bescheidmäßig neu festzusetzen."
Zutreffend weist die belangte Behörde in der Gegenschrift darauf hin, dass es im vorliegenden Verfahren nicht in erster Linie darum ging, festzustellen, ob der Müllbehälter tatsächlich 260 mal pro Jahr entleert wurde, sondern ob die von der Beschwerdeführerin beantragten 52 Entleerungen pro Jahr ausreichten.
Die von der Erstbehörde und von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungen reichen aus, um die Annahme der belangten Behörde zu decken, dass eine 52malige Entleerung nicht ausreicht.
Eine 52malige Entleerung bedeutet ein einzige Entleerung pro Woche. Dass dies bei weitem zu wenig ist, ergibt sich insbesondere aus den Berichten über die Kontrollen im Juli 2003 und den Angaben der mit der Entleerung betrauten Personen, dass der Behälter täglich befüllt sei, sowie aus den Protokollen über die Kontrollen vom 18. August 2003 bis 11. September 2003 und vom 24. November 2003 bis 28. November 2003.
Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin nicht persönlich zu den Erhebungen beigezogen wurde, begründet für sich allein keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens.
Der Beschwerdeführerin wurden sowohl die Ergebnisse des erstinstanzlichen als auch jene des zweitinstanzlichen Verfahrens zur Kenntnis gebracht und ihr Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen.
Die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, dass die Beschwerdeführerin keine Stellungnahme abgegeben habe, beziehen sich auf die Ergebnisse des von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens und sind zutreffend. Der Beschwerdeführerin wurden diese Ermittlungsergebnisse zur Kenntnis gebracht und ihr eine Frist von 14 Tagen zur Stellungnahme eingeräumt. Eine Stellungnahme ist bei der belangten Behörde nicht eingelangt.
Die Berechnungen über ein fiktives Durchschnittsmüllaufkommen vermögen nicht die Feststellungen über das tatsächliche Müllaufkommen auf der Liegenschaft der Beschwerdeführerin in Zweifel zu ziehen. Abgesehen davon handelt es sich dabei um ein erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstattetes Vorbringen und damit um eine unzulässige Neuerung.
Die Behauptung, dass das Erhebungsprotokoll für den Zeitraum 29. August bis 11. September 2003 unrichtige Feststellungen enthält, ist nicht nachvollziehbar.
Es wurden auch nicht bloß willkürlich 11 Tage herausgegriffen, da die Protokolle über die Erhebungen im Zeitraum 29. August bis 11. September 2003 nur eines von mehreren Beweismitteln sind.
Unzutreffend ist, dass die Beschwerdeführerin die Einvernahme von Zeugen beantragt habe. Sie hat lediglich eine mit 21. Oktober 2003 datierte Erklärung von Mietern ihres Hauses vorgelegt, dass zumindest bis etwa März 2003 der anfallende Müll niemals täglich abgeholt worden sei; die Entleerung sei jahrelang nur einmal pro Woche erfolgt. Der Magistrat werde ersucht, die Vorschreibungen den tatsächlichen Entleerungen bzw. der tatsächlich anfallenden Müllmenge anzupassen, um den Unterzeichneten keine ungerechtfertigten Betriebskosten aufzulasten.
Schon aus diesem Grund geht der Vorwurf der Beschwerdeführerin ins Leere, die von ihr beantragten Zeugen seien nicht einvernommen worden. Außerdem hatte sie die Möglichkeit, die unterbliebene Einvernahme von Mietern im Rahmen des Parteiengehörs zum Ergebnis der Ermittlungen der belangten Behörde als Mangel geltend zu machen. Dies hat sie aber nicht getan.
Die belangte Behörde hat auch nicht etwa willkürlich aus der Liste der Mieter Zeugen ausgewählt. Sie weist vielmehr in der Gegenschrift darauf hin, dass jene auf der Liste aufscheinenden Mieter als Zeugen geladen worden seien, deren Name lesbar war.
Dass der Beschwerdeführerin die Akteneinsicht verweigert wurde, ist unrichtig. Sie bezieht sich selbst in einem Schriftsatz vom 27. November 2003 auf die durchgeführte Akteneinsicht.
Was die angeblich verweigerte Akteneinsicht am 1. Februar 2005 betrifft, so ergibt sich aus dem Akt, dass der Vater der Beschwerdeführerin als ihr Vertreter erklärte, er kenne den Akt ohnehin, er suche aber einen Bescheid aus den 90er Jahren. Was dieser Bescheid mit dem vorliegenden Verfahren zu tun haben soll, erläutert die Beschwerdeführerin nicht.
Der von der Beschwerdeführerin konstatierte Widerspruch zwischen den Zeugenaussagen der Magistratsbediensteten auf der einen und den Mietern des Hauses der Beschwerdeführerin auf der anderen Seite besteht nicht.
Die Mieter haben bei ihrer Zeugenaussage nicht angegeben, dass der Müll nur zweimal pro Woche abgeholt werde; sie haben vielmehr ausgesagt - soweit überhaupt Angaben vorliegen - dass der Müll ihrer Erinnerung nach mindestens zweimal pro Woche (Zeugin B) bzw. jeden zweiten Tag (Zeuge P) abgeholt worden sei. Eine Aussage des Inhalts, dass der Müll nur zweimal abgeholt werde, findet sich nicht. Demgegenüber ist den Aussagen der vernommenen Magistratsbediensteten zu entnehmen, dass die Müllabholung fünfmal in der Woche erfolgte. Entscheidend sind aber ohnedies nicht in erster Linie die Aussagen über die Zahl der Müllbehälterentleerungen - die Zahl der tatsächlichen Entleerungen kann ein Indiz für die notwendige Zahl an Entleerungen sein - sondern jene Beweismittel, aus denen hervorgeht, dass eine fünfmalige Abholung auch erforderlich ist. Dazu zählen insbesondere die Erhebungsprotokolle und die Angaben der mit der Entleerung betrauten Personen, die dies eindeutig bestätigten.
Gegen die Einvernahme von Magistratsbediensteten bestehen keine Bedenken, stehen sie doch ungeachtet ihres Dienstverhältnisses zur Stadt Wien unter Wahrheitspflicht.
Unrichtigkeiten in den Zeugenaussagen sind nicht zu erkennen.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 15. September 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005070093.X00Im RIS seit
18.10.2005