TE OGH 1988/4/20 3Ob515/88

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Veröffentlicht am 20.04.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*** Installationsgesellschaft bmH, Mayrhofen, vertreten durch Dr. Ivo Greiter ua, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Helmut K***, Kunsthändler, Mayrhofen, Hauptstraße 443, vertreten durch DDr. Hubert Fuchshuber, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Aufkündigung (Streitwert S 316.800,-- s.A.) infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 27. November 1987, GZ 3 a R 618/87-16, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Zell am Ziller vom 23. Juni 1987, GZ C 177/87-2 a, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revisionsrekursbeantwortung wird zurückgewiesen. Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Revisionsrekurswerber hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit dem am 12. Juni 1987 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz kündigte die klagenden Partei dem Beklagten die von ihr mit Mietvertrag vom 17. Oktober 1980 im Haus Mayrhofen, Hauptstraße 443, gemieteten Räumlichkeiten, die sie im einzelnen nach Verwendung, Lage und Größe genau bezeichnete, und zwar vier Räume im Obergeschoß, zwei Räume im Kellergeschoß, drei Räume im Erdgeschoß und einen Raum im Dachgeschoß des Hauses, zum 31. Dezember 1987 gerichtlich auf. Die Zustellung der Aufkündigung (Beschluß vom 22. Juni 1987) an den Beklagten erfolgte am 23. Juni 1987.

Gleichfalls am 23. Juni 1987 langte ein weiterer Schriftsatz der klagenden Partei: "Ergänzung, Mitteilung, Antrag", ein. Die klagende Partei führt darin aus, "im Rahmen" des Mietvertrages vom 17. Oktober 1980 seien noch zwei weitere Räumlichkeiten im Haus Mayrhofen, Scheulingstraße 388, und zwar ein Archivraum im Kellergeschoß und ein Büroraum im Erdgeschoß, in Bestand gegeben worden. "Zum Ausgleich dafür" sei das Bestandverhältnis hinsichtlich der gesamten im Obergeschoß und Dachgeschoß sowie eines Teils der im Erdgeschoß des Hauses Hauptstraße 443 gelegenen Räumlichkeiten aufgelöst worden, so daß das Bestandverhältnis derzeit außer den beiden Räumen im Haus Scheulingstraße 388 je zwei - im einzelnen näher bezeichnete - Räume im Kellergeschoß und im Erdgeschoß des Hauses Hauptstraße 443 umfasse. "In Ergänzung bzw. Abänderung" der bereits ausgesprochenen Kündigung kündige die klagende Partei "das durch den Mietvertrag vom 17. Oktober 1980 und die nachfolgenden Vereinbarungen" an den bezeichneten Bestandgegenständen begründete Bestandverhältnis zum 31. Dezember 1987 auf und beantrage, dem Beklagten aufzutragen, die Bestandgegenstände - die die klagende Partei wie zuletzt im einzelnen anführte - zum 31. Dezember 1987 geräumt zu übernehmen.

Der antragsgemäß gefaßte Beschluß des Erstgerichtes vom 23. Juni 1987, ON 2 a, wurde dem Beklagten am 25. Juni 1987 zugestellt. In den am 25. Juni 1987 erhobenen Einwendungen gegen die Aufkündigung vom 22. Juni 1987 macht der Beklagte ohne Ausführungen zum Umfang des Bestandgegenstandes geltend, es sei mit Vertrag vom 9. November 1984 eine fixe Mietdauer bis zum 31. Dezember 1994 vereinbart worden. Die Aufkündigung erfolge vertragswidrig und sei daher unzulässig.

Den "Ergänzungsbeschluß" vom 23. Juni 1987 bekämpfte der Beklagte mit Rekurs. Ein bereits gefaßter und den Parteien zugestellter Beschluß könne duch einen weiteren Beschluß nicht ergänzt werden. Umstände, die eine Berichtigung rechtfertigten, lägen nicht vor.

Das Rekursgericht wies den Antrag der klagenden Partei vom 23. Juni 1987 ab; es sprach aus, daß der Wert des Begehrens, über das es entschied, S 300.000,-- übersteigt. Die gerichtliche Aufkündigung sei eine formstrenge Prozeßhandlung, die den Erfordernissen eines Exekutionstitels ensprechen müsse. Der Bestandgegenstand sei deshalb genau zu bezeichnen, damit das Vollstreckungsorgan in der Lage sei, dem Exekutionstitel die zu erzwingende Leistung zweifelsfrei zu entnehmen. Zwar sei eine ungenaue oder unrichtige Bezeichnung des Bestandgegenstandes nach Erhebung von Einwendungen einer Präzisierung oder Richtigstellung zugänglich, wenn der Gekündigte keinen Zweifel daran haben könne, worauf sich die Kündigung beziehe, so daß durch diese Präzisierung auch nicht anstelle des in der Kündigung genannten Bestandgegenstandes ein anderer in den Rechtsstreit eingeführt werde. Durch den Inhalt des "Ergänzungsbeschlusses" sei jedoch die Identität des aufgekündigten Objektes nicht gewahrt worden; die nunmehr aufgekündigten Räumlichkeiten unterschieden sich nach Zahl, Bezeichnung und Größe erheblich von den in der Aufkündigung ON 1 genannten; ein Teil der Räume befinde sich sogar in einem anderen Haus. Es könne daher nicht mehr davon gesprochen werden, daß der Kündigungsgegner keinen Zweifel daran haben konnte, worauf sich die Kündigung tatsächlich beziehe. Der "Ergänzungsantrag" könne auch nicht als zweite Aufkündigung gewertet werden, weil die Aufkündigung eines einheitlichen Bestandvertrages durch zwei Aufkündigungen, von denen sich jede nur auf einen Teil des Mietgegenstandes beziehe, unzulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der klagenden Partei ist nicht berechtigt. Wie bereits vom Rekursgericht dargelegt wurde, ist die gerichtliche Aufkündigung eine formstrenge Prozeßhandlung, die den Erfordernissen eines Exekutionstitels entsprechen muß. Der Bestandgegenstand ist daher genau zu bezeichnen, damit das Vollstreckungsorgan in der Lage ist, die zu erzwingende Leistung dem Exekutionstitel zweifelsfrei zu entnehmen. Eine Präzisierung oder Richtigstellung einer ungenauen oder unrichtigen Bezeichnung des Bestandgegenstandes ist nach Erhebung von Einwendungen durch den Gekündigten möglich, wenn der Gekündigte keine Zweifel daran haben konnte, worauf sich die Aufkündigung bezieht, so daß durch die Präzisierung oder Richtigstellung auch nicht anstelle des in der Kündigung genannten Bestandgegenstandes ein anderer in den Rechtsstreit eingeführt wird; es muß sich also um unwesentliche Fehler handeln (MietSlg 31.755 uva).

Mit dem am 23. Juni 1987 eingelangten Schriftsatz "Ergänzung, Mitteilung, Antrag" hat die klagende Partei nicht nur eine Präzisierung oder Richtigstellung unwesentlicher Fehler der am 12. Juni 1987 eingelangten Aufkündigung vorgenommen. Sie hat offensichtlich erst nach Einbringung der Aufkündigung erkannt, daß sie auf Grund von Vereinbarungen, die nach dem in der Aufkündigung genannten Mietvertrag vom 17. Oktober 1980 abgeschlossen wurden, zwei weitere Räume in einem anderen Haus in Bestand genommen, dafür aber mehrere der in der Aufkündigung angeführten Räume nicht mehr in Bestand hat, und aus diesem Grund den Versuch einer "Ergänzung bzw. Abänderung der .... bereits vorgenommenen Kündigung" unternommen. Sie wäre nicht gehindert gewesen, eine neue Aufkündigung vorzunehmen. Es ist dagegen unzulässig, eine Aufkündigung in der Weise zu berichtigen, daß diese in wesentlichen Teilen verändert wird.

In dem Umstand, daß der Mieter (Vermieter) mehr Räume aufkündigt, als in Bestand genommen (gegeben) wurden, liegt allerdings noch keine unabänderliche Bezeichnung des Mietgegenstandes. Die Aufkündigung konnte vielmehr in einem solchen Fall hinsichtlich der nicht (mehr) in Bestand genommenen Räume in Anwendung des § 572 ABGB aufgehoben werden, aber im Ausmaß des bestehenden Mietrechtes Erfolg haben (MietSlg 29.648, 21.854). Soweit sich daher die am 12. Juni 1987 eingebrachte Aufkündigung auf Räume bezieht, die vom Bestandverhältnis bereits seit Jahren nicht mehr umfaßt sind, wäre eine "Veränderung und Ergänzung" entbehrlich gewesen.

Entbehrlich wäre es auch gewesen, im zweiten Schriftsatz den Verwendungszweck der einzelnen Räume entsprechend der derzeitigen tatsächlichen Verwendung und - unter Hinweis auf eine Neuvermessung - die Größe der Räumlichkeiten zu berichtigen, soweit deren Identität hiedurch nicht berührt wird.

Keinesfalls eine (zulässige) Präzisierung kann aber in der Ausdehnung der Aufkündigung auf zwei weitere, in einem anderen Haus gelegene Räume gesehen werden, die durch eine dem Mietvertrag vom 17. Oktober 1980 nachfolgende Vereinbarung in Bestand genommen wurden. Von einer Wahrung der Identität des Bestandgegenstandes kann unter den gegebenen Voraussetzungen nicht gesprochen werden. Zwar ist die unrichtige Angabe der Zahl der Räume des aufgekündigten Bestandgegenstandes dann nicht als wesentlicher Fehler anzusehen, wenn aus dem Wortlaut der gerichtlichen Aufkündigung einwandfrei ersichtlich ist, daß der gekündigten Partei zB die gesamte, von ihr gemietete Wohnung gekündigt werden sollte (MietSlg 28.618); doch kann ein solcher Fall nicht mit dem vorliegenden verglichen werden, in dem zwei weitere, in einem anderen Haus gelegene Räume "ergänzend" aufgekündigt wurden, die erst später dazugemietet wurden. Mit Recht hat daher das Rekursgericht den Antrag der klagenden Partei vom 23. Juni 1987 abgewiesen.

Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Rekursbeantwortung iS des § 521 a ZPO sind nicht gegeben. Die Verweigerung der Verbesserung einer Aufkündigung ist kein Fall des § 521 a Abs 1 Z 3 ZPO.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 40 und 50 ZPO.

Anmerkung

E14397

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0030OB00515.88.0420.000

Dokumentnummer

JJT_19880420_OGH0002_0030OB00515_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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