TE OGH 1988/5/11 9ObA13/88

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Veröffentlicht am 11.05.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Stefan Seper und Anton Tauber als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr.Norbert K***, Angestellter, Wien 19., Grinzinger Straße 48, vertreten durch Dr.Gustav Teicht, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Rudolf G***, Kaufmann, Feldkirch, Ardetzenbergstraße 38, vertreten durch Dr.Andreas Puletz und Dr.Franz Stadler, Rechtsanwälte in Wien, 2. Mag. Carl Markus G***, Kaufmann, Wien 3., Engelsberggasse 5, 3. Christian G***, Kaufmann, Feldkirch, Villa Feldegg, 4. Ursula F***, Angestellte, Wien 13., Nothartgasse 21/13, alle drei vertreten durch Dr.Paul Doralt, Rechtsanwalt in Wien, 5. Christine H***, Angestellte, Wien 1., Heinrichsgasse 4, 6. Gerda W***, Angestellte, St.Christophen am Arlberg, Hospizhotel, beide vertreten durch Dr.Gottfried Peloschek und Dr.Wolf-Dieter Arnold, Rechtsanwälte in Wien, 7. Dkfm. Johann S***, Kaufmann, Feldkirch, Jesuitengasse 8, vertreten durch Dr.Andreas Puletz und Dr.Franz Stadler, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 759.415,-- brutto sA, infolge Revision und Rekurses der klagenden Partei gegen das Teilurteil und den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeitsund Sozialrechtssachen vom 24. August 1987, GZ 32 Ra 33/87-30, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Wien vom 7.März 1985, GZ 7 Cr 305/83-22, zum Teil bestätigt und zum Teil aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Dem Rekurs wird Folge gegeben. Der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes wird aufgehoben und in der Sache selbst durch Endurteil dahin zu Recht erkannt, daß das erstgerichtliche Urteil auch hinsichtlich der Abweisung des gegen die erstbeklagte Partei gerichteten Klagebegehrens und im Kostenausspruch wiederhergestellt wird.

Die Revisionsbeantwortung der erst- und siebentbeklagten Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution wie folgt zu ersetzen:

1. An Kosten des Berufungsverfahrens:

a) den Erst- und Siebentbeklagten S 31.903,-- (darin S 2.754,84 Umsatzsteuer und S 1.600,-- Barauslagen),

b) den Zweit- bis Viertbeklagten S 24.720,-- (darin S 1.920,-- Umsatzsteuer und S 3.600,-- Barauslagen),

c) den Fünft- und Sechstbeklagten S 33.141,24 (darin S 2.754,84 Umsatzsteuer und S 2.838,-- Barauslagen);

2. An Kosten des Revisionsverfahrens:

a) den Zweit- bis Viertbeklagten S 21.395,86 (darin S 1.726,89 Umsatzsteuer und S 2.400,-- Barauslagen),

b) den Fünft- und Sechstbeklagten S 20.569,96 (darin S 1.651,81 Umsatzsteuer und S 2.400,-- Barauslagen).

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war im Laufe seiner langjährigen Tätigkeit für die Unternehmen der "G***ruppe" mit dem Erstbeklagten und dessen Vater Vorstandsmitglied der Bernhard A*** AG, die im Jahre 1967 durch Umwandlung aus der Bernhard A*** Gesellschaft mbH entstanden war. Mit 1.Jänner 1974 wurde von den Aktionären dieser AG die G*** & Co OHG (im folgenden kurz OHG genannt) gegründet und auf diese alle Aktiven und Passiven der AG übertragen. Dieses Unternehmen wurde mit Sacheinlagevertrag vom 15.Dezember 1980 in die von sämtlichen Gesellschaftern der OHG - den Beklagten - mit Vertrag vom 11.Dezember 1980, ergänzt durch Nachtrag vom 5.Juni 1981, gegründete Bernhard A*** G*** & Co Gesellschaft mbH (im folgenden kurz Gesellschaft mbH genannt) eingebracht. Diese Gesellschaft mbH sowie die Auflösung der OHG wurden am 29.Juni 1981 in das Handelsregister eingetragen. Nach Änderung der Firma der Gesellschaft mbH in Textilwaren-Handelsgesellschaft mbH und Ausgliederung des Produktionsbereiches als eigenes Unternehmen wurde mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 21.März 1983 sowohl über das Vermögen des Produktionsbetriebes als auch der Gesellschaft mbH der Konkurs eröffnet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Gesellschaft mbH wurde vom Masseverwalter gemäß § 25 KO aufgekündigt und endete mit 31.Juli 1983. Der Kläger, der die genannten Verhältnisse und auch die Beschlüsse der Gesellschafter über die Gründung einer Gesellschaft mbH und die Einbringung der OHG als Sacheinlage in die Gesellschaft mbH kannte, bezog zuletzt ein Monatsgehalt von S 38.325,-- brutto, 14mal jährlich. Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger von den Beklagten zur ungeteilten Hand Pensionszahlungen für den Zeitraum von August 1983 bis einschließlich 31.Dezember 1984 im Gesamtbetrag von S 759.415,-- brutto sA. Er habe mit der OHG am 3.Juni 1981 einen Dienst- und Pensionsvertrag abgeschlossen, in dem sich die OHG unter anderem zur Zahlung einer Pension in Höhe von 75 % des letzten Monatsbruttobezuges verpflichtet habe. Die OHG sei zwar auf Grund des Strukturverbesserungsgesetzes in die Gesellschaft mbH eingebracht worden und die Gesellschaft mbH habe ihn mit allen Rechten und Pflichten als Arbeitnehmer übernommen; er habe aber ausdrücklich festgehalten, daß er die Übernahme des Arbeitsverhältnisses nur insoweit zur Kenntnis nehmen könne, als damit seine gegenüber der OHG resultierenden Rechte nicht geschmälert würden. Er habe betont, daß ihm aus der Änderung der Rechtsform des Unternehmens hinsichtlich des Dienstvertrages kein Nachteil erwachsen dürfe. Mit der Kündigung durch den Masseverwalter sei die Pensionszusage wirksam geworden. Die Beklagten hafteten ihm als Gesellschafter der OHG gemäß § 128 HGB persönlich für die mit dem Dienst- und Pensionsvertrag übernommenen Verpflichtungen. Die Beklagten beantragten, die Klage abzuweisen.

Die Erst- und Siebentbeklagten wandten ein, daß der Kläger Prokurist der OHG gewesen sei und ihm daher die wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse des Unternehmens bestens bekannt gewesen seien. Er habe gewußt, daß die OHG im Rahmen des Strukturverbesserungsgesetzes in die neu zu gründende Gesellschaft mbH eingebracht werden sollte. Als Stichtag für die Einbringung des Betriebes sei der 1.November 1980 festgelegt worden. Insoweit könne sich der Kläger nicht auf den Registerstand berufen. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Dienst- und Pensionsvertrages am 3. Juni 1981 sei daher die OHG wirtschaftlich gar nicht mehr existent gewesen. Der Kläger habe sich in der Folge selbst schriftlich davon verständigt, daß die Änderung der Rechtsform abgeschlossen und protokolliert worden sei. Dem Kläger sei somit klar gewesen, daß Partner seines Dienstund Pensionsvertrages ausschließlich die neu zu gründende Gesellschaft mbH gewesen sei. Dies ergebe sich nicht zuletzt auch daraus, daß im Jahre 1981 die Insolvenz der OHG schon vorauszusehen gewesen sei.

Auch die Zweit- bis Viertbeklagten wandten ein, daß die OHG zum Zeitpunkt des Abschlusses des Dienst- und Pensionsvertrages bereits aufgelöst gewesen sei. Die registermäßige Durchführung der Verträge habe sich lediglich aus formalen Gründen bis 29.Juni 1981 verzögert. Dem Kläger, der in der OHG Prokurist und in der Gesellschaft mbH Geschäftsführer gewesen sei, sei bekannt gewesen, daß das Unternehmen bereits ab 31.Oktober 1980 auf Rechnung der Gesellschaft mbH geführt werden sollte und es daher weder dem Willen noch den Interessen der Beklagten entsprechen habe können, mehrere Monate nach Abschluß dieser Vereinbarungen eine Haftung für eine Pensionszusage zu übernehmen, die nach dem Klagevorbringen einen kapitalisierten Wert von S 10 Mill. habe. Der Erstbeklagte, der die Pensionszusage am 3.Juni 1981 namens der OHG abgegeben habe, sei zwar aus gewerberechtlichen Gründen nach dem Handelsregister zur Alleinvertretung berechtigt gewesen, doch hätten vereinbarungsgemäß Vertretungshandlungen nur von zwei geschäftsführenden Gesellschaftern vorgenommen werden dürfen. Dies sei dem Kläger bekannt gewesen.

Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Dienst- und Pensionsvertrages sei der Eintritt der Insolvenz der OHG nur mehr eine Frage der Zeit gewesen. Wäre der Erstbeklagte tatsächlich berechtigt gewesen, die OHG wirksam zu vertreten, hätten er und der Kläger gemeinsam der OHG einen schweren Schaden zugefügt. Dieses Verhalten sei als Kollusion zu werten, sodaß der Kläger aus der Vereinbarung keine Rechte ableiten könne.

Im übrigen habe der Kläger die Übernahme seines Arbeitsverhältnisses durch die Gesellschaft mbH nicht abgelehnt, sondern sich nur vorbehalten, daß seine vertraglichen Ansprüche durch die Gesellschaft mbH inhaltlich nicht geschmälert werden dürfen. Er habe damit der Übernahme seines Arbeitsverhältnisses durch die Gesellschaft mbH zugestimmt.

Die Fünft- und Sechstbeklagten machten ebenfalls geltend, daß die OHG zum Zeitpunkt des Abschlusses des Dienst- und Pensionsvertrages bereits seit ca. 6 Monaten aufgelöst gewesen sei. Der Kläger, der in seiner leitenden Position über sämtliche Umstrukturierungen informiert gewesen sei, sei selbst davon ausgegangen, daß die OHG aufgelöst und der Betrieb auf die Gesellschaft mbH übergegangen sei. Selbst wenn es noch zu keiner Vollbeendigung der OHG gekommen wäre, habe sich die OHG jedenfalls im Liquidationsstadium befunden. Da Liquidatoren nur kollektivvertretungsbefugt seien, habe der Erstbeklagte, abgesehen von der im Innenverhältnis ohnehin vereinbarten Kollektivvertretung, die in Liquidation befindliche Gesellschaft nicht mehr allein vertreten können.

Aus dem Dienstvertrag ergebe sich, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers zur G*** AG Feldkirch und zur OHG eine Einheit gebildet habe. Er habe im Vertrag anerkannt, daß sein Arbeitgeber nunmehr die Gesellschaft mbH sein solle. Er hätte daher nie davon ausgehen können, daß ihm die Gesellschafter eines Unternehmens, das bereits seit 1.November 1980 auf Rechnung der Gesellschaft mbH geführt worden sei, eine Pensionszusage erteilen wollten, zumal die wirtschaftliche Zukunft der OHG bereits in Frage gestanden sei und die Beklagten eine weitere persönliche Haftung für neue Verbindlichkeiten abgelehnt hätten.

Dem Kläger sei die schlechte wirtschaftliche Lage des Unternehmens bekannt gewesen. Er habe ab 1.November 1980 keine Arbeitsleistungen mehr für die OHG erbracht, sondern sei bereits für die Gesellschaft mbH tätig gewesen. Sollte die Pensionszusage verbindlich sein, hätte er dem Unternehmen durch den Abschluß des Dienst- und Pensionsvertrages einen beträchtlichen Schaden zugefügt. Das Verhalten des Klägers und des Erstbeklagten müsse als Kollusion gewertet werden, welche den geltend gemachten Anspruch ausschließe. Der Kläger habe nach der Übernahme seines Arbeitsverhältnisses durch die Gesellschaft mbH auch gar nicht auf der weiteren Haftung der Beklagten bestanden. Sein Schreiben vom 11.Dezember 1981 sei vielmehr als Zustimmung zur Vertragsübernahme anzusehen. Selbst wenn die Pensionszusage wirksam geworden wäre, hätten die Beklagten dafür schon deshalb nicht weiterzuhaften, da ihre Haftung mit dem Zeitpunkt des nächsten zulässigen Kündigungstermins zu beschränken sei. Dem Kläger sei auch keine sogenannte unverfallbare Pensionsanwartschaft zugestanden worden. Da seine Pension einerseits von der Erreichung des 65. Lebensjahres und andererseits von einer Arbeitgeberkündigung ohne vorliegenden Entlassungsgrund abhängig sei, könne auch nicht gesagt werden, er habe bereits bei Auflösung der OHG eine unverfallbare Pensionsanwartschaft erworben. Im übrigen sei das Klagebegehren im Hinblick auf die dem Kläger bekannten Vorgänge sittenwidrig.

Schließlich werde die einredeweise Geltendmachung einer Gegenforderung vorbehalten. Der Kläger sei als langjähriger Geschäftsführer für die Geschäftsleitung verantwortlich gewesen. Durch seine Geschäftsführung habe er einen den Klagebetrag jedenfalls übersteigenden Schaden verursacht.

Ergänzend wandten sämtliche Beklagten noch ein, aus der Vereinbarung ergebe sich, daß der Kläger vor seiner Pensionierung keinen Anspruch auf eine Betriebspension habe. Allenfalls seien die Aktivbezüge des Klägers auf die Betriebspension anzurechnen. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte im wesentlichen fest:

Der Erstbeklagte und der Siebentbeklagte waren geschäftsführende Gesellschafter der OHG und nach dem Handelsregister einzelzeichnungsberechtigt. Eine gesellschaftsinterne Beschränkung der Zeichnungsberechtigung ist nicht erwiesen. Der Kläger war ab der Gründung der OHG deren Prokurist. Da er ohne eine schriftliche Regelung des Arbeitsverhältnisses arbeitete, war er bestrebt, einen schriftlichen Arbeitsvertrag zu erhalten. Eine solche Regelung wurde aber mehrmals, zuletzt Ende des Jahres 1979, vom Erstbeklagten bzw. von dessen Vater abgelehnt. Als sich für das Jahr 1980 ein schlechtes Geschäftsergebnis abzeichnete und die Beklagten als Gesellschafter der OHG den Kläger an der Sanierung der OHG beteiligen wollten, kam es nach mehreren Besprechungen zwischen dem Kläger und dem Erstbeklagten zu einer Einigung über eine schriftliche Regelung des Arbeitsverhältnisses. Ausschlaggebend war letztlich ein Gespräch im Jänner 1981, bei dem der Erstbeklagte die im Konzept notierten Wünsche des Klägers nahezu zur Gänze akzeptierte. Der Kläger brachte dabei aber nicht etwa den Wunsch zur Sprache, daß er die Mithaftung der Beklagten als Gesellschafter der OHG für seine Entgelt- und Pensionsansprüche in Anspruch nehmen wolle. Dies hätte auch nicht der Sachlage entsprochen, wonach die Beklagten eine Umwandlung der OHG in eine Gesellschaft mbH vor allem deshalb beabsichtigten, um ihre persönliche Haftung möglichst einzuschränken. Eine solche Mithaftung sagte der Erstbeklagte auch nie zu. Der Kläger war über die finanzielle Lage des Unternehmens stets voll informiert.

Der vom Kläger und dem Erstbeklagten formulierte Dienst- und Pensionsvertrag vom 3.Juni 1981 wurde über Veranlassung des Klägers auf dem Geschäftspapier einer "Bernhard A*** G*** & Co" geschrieben. Nach längerem Zögern unterfertigte der Erstbeklagte diese Vereinbarung für die Firma "G*** & Co". Die diesbezüglichen Vereinbarungen wurden den übrigen Gesellschaftern - den Beklagten - erst im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Rechtsstreit bekannt.

Nach dem Dienst- und Pensionsvertrag vom 3.Juni 1981 hat der Kläger gemäß Punkt 6 Anspruch auf folgende Pensionsregelung:

"Die Pension beträgt 75 % des letzten Monatsbruttobezuges, abzüglich einer etwaigen Pension aus der staatlichen Angestelltenversicherung, so daß der Firmenzuschuß zum Ruhegenuß lediglich die Differenz auf 75 % des letzten Bruttomonatsgehaltes beträgt."

Nach Punkt 7 des Vertrages sollte die Pension in Höhe von 75 % im Pensionsantrittsfall wertgesichert sein. Von der wertgesicherten Pension sei die jeweilige ASVG-Pension abzuziehen, so daß jeweils wertgesicherte 75 % insgesamt zur Auszahlung gelangten.

Punkt 8 der Vereinbarung lautet:

"Pension gebührt

a)

mit Vollendung des 65. Lebensjahres,

b)

im Falle der Berufsunfähigkeit,

c)

falls das Dienstverhältnis seitens des Dienstgebers gekündigt wird. Eine Pension gebührt nicht, wenn seitens des Dienstnehmers ein Entlassungsgrund gesetzt wird."

Auch in der Gesellschaft mbH blieben der Erst- und der Siebentbeklagte Geschäftsführer mit in das Handelsregister eingetragener Einzelzeichnungsberechtigung. Der Kläger war vom 3. Juli 1981 bis 8.März 1983 zusätzlicher und ebenfalls einzelzeichnungsberechtigter Geschäftsführer der Gesellschaft mbH und weiters während des gesamten Zeitraums auch Prokurist der G*** AG in Feldkirch.

Nach Eintragung der Gesellschaft mbH und Löschung der Firma der OHG im Handelsregister am 29.Juni 1981 richtete das Unternehmen am 12. Oktober 1981 ein vom Kläger verfaßtes und vom Erstbeklagten unterzeichnetes Schreiben an alle Arbeitnehmer und auch an den Kläger. Darin teilte die Gesellschaft mbH mit, daß sämtliche seinerzeit mit der OHG und deren Vorgängern geschlossenen arbeitsrechtlichen Verträge (Dienstvertrag, Lohn-, Gehalts- und Abfertigungsvereinbarungen etc.) von der Gesellschaft mbH mit allen Rechten und Pflichten übernommen und anerkannt würden. Mit Schreiben vom 11.Dezember 1981 erwiderte der Kläger wie folgt:

"Bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom 12.Oktober 1981 halte ich ausdrücklich fest, daß ich dieses nur insoweit zur Kenntnis nehmen kann, als damit meine gegenüber der Firma G*** & Co aus dem Dienstvertrag vom 3.Juni 1981 resultierenden Rechte in keiner wie immer gearteten Weise geschmälert werden. Aus der Übernahme der Verpflichtungen wegen Änderung der Rechtsform des Unternehmens darf mir betreffend meinen Dienstvertrag kein Nachteil erwachsen."

Dieses Schreiben gab der Kläger in der ihm unterstellten Personalabteilung ab. Es ist nicht erwiesen, daß es vor dem gegenständlichen Verfahren einem der Beklagten zu Kenntnis gekommen wäre.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß die Übernahme des Arbeitsverhältnisses des Klägers durch die Gesellschaft mbH der Regelung des § 23 Abs 3 AngG entspreche. Der Kläger habe die Übernahme des Arbeitsverhältnisses nicht abgelehnt, so daß die OHG nur für Entgeltansprüche zu haften habe, die bis zur Übernahme entstanden und fällig geworden seien. Die Pensionsansprüche des Klägers seien aber erst nach Auflösung der OHG entstanden. Aber auch gesellschaftsrechtliche Grundsätze stünden einer Haftung der Beklagten entgegen. Die OHG sei bereits durch den Auflösungsbeschluß bzw. die Liquidation aufgelöst worden. Die Eintragung im Handelsregister habe nur beurkundende Wirkung gehabt. Für Verbindlichkeiten aus einem vor seinem Ausscheiden aus der OHG begründeten Dauerschuldverhältnis hafte ein Gesellschafter nur bis zum ersten Kündigungstermin, der auf das Ausscheiden folge. Daher sei die Haftung der Beklagten spätestens mit dem Ende der Kündigungsfrist des Klägers erloschen. Gesellschafter und Vertreter einer noch nicht eingetragenen Gesellschaft mbH könnten im übrigen nur dann zur Haftung für in dieser Zeit entstandene Verbindlichkeiten herangezogen werden, wenn die Gesellschaft mbH die Verpflichtungen nicht übernehme. Das sei aber nicht der Fall. Das Berufungsgericht bestätigte die das Klagebegehren abweisende Entscheidung hinsichtlich der Zweit- bis Siebentbeklagten. Hinsichtlich des gegen den Erstbeklagten gerichteten Klagebegehrens hob es das erstgerichtliche Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Im Berufungsverfahren bezifferten die Erst-, Fünft-, Sechst- und Siebentbeklagten ihren Schaden, den der Kläger durch unsachgemäße Geschäftsführung verschuldet habe, mit mindestens S 15 Mill. und wandten diesen Betrag als Gegenforderung ein.

Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, aus dem Notariatsakt über die Gründung der Gesellschaft mbH und dem Sacheinlagevertrag, die beide am 11.Dezember 1980 abgeschlossen worden seien und eine Einheit bilden sollten, ergebe sich, daß die Gesellschafter der OHG ihr Unternehmen mit allen Aktiven und Passiven als Gesamtsache zur Gänze mit Wirkung vom 1. November 1980 - am 31.Oktober 1980 sei eine Einbringungsbilanz erstellt worden - in die Gesellschaft mbH eingebracht hätten. Mit dieser Einbringung hätten die Beklagten auf ihre Stammeinlage Sacheinlagen erbracht. Die Eintragung der Gesellschaft mbH und die Löschung der OHG auf Grund dieses Sacheinlagevertrages seien ebenfalls am selben Tag (29.Juni 1981) erfolgt.

Die Beklagten als Gesellschafter der OHG hätten sohin am 11. Dezember 1980 nicht nur beschlossen, das gesamte Unternehmen auf die in Gründung befindliche Gesellschaft mbH zu übertragen, sondern mit den von ihnen unterfertigten Urkunden auch das dazu notwendige Verfügungsgeschäft vorgenommen. Eine Weiterführung der OHG sei von ihnen nicht vorgesehen gewesen; die OHG sollte vielmehr gelöscht werden. Eine solche Veräußerung werde als schlüssige Übereinkunft der Gesellschafter über die Auflösung der OHG im Sinne des § 131 Z 2 HGB angesehen und die OHG sei bereits mit Abschluß des Sacheinlagevertrages in Liquidation getreten (§ 145 HGB). Damit seien aber sämtliche Gesellschafter zu Liquidatoren geworden und hätten nur gemeinsam handeln können. Der am 3.Juni 1981 vom Erstbeklagten allein abgeschlossene Dienst- und Pensionsvertrag habe daher für die OHG keine rechtliche Wirkung entfaltet. Eine allenfalls nachträgliche Genehmigung der Vereinbarung durch die Zweit- bis Siebentbeklagten sei nicht hervorgekommen. Wohl sei hinsichtlich des Erstbeklagten zu berücksichtigen, daß er den Vertrag im Namen der OHG unterfertigt habe, wozu er nicht berechtigt gewesen sei, doch könne seine Unterschrift auch dahin verstanden werden, daß er sich als Gesellschafter selbst verpflichten habe wollen. Die Frage, ob sich der Erstbeklagte allenfalls allein zu Pensionsleistungen an den Kläger verpflichtet habe, sei aber noch nicht hinreichend erörtert worden. Da der Erstbeklagte auch Schadenersatzansprüche in Höhe von S 15 Mill. compensando geltend gemacht habe, sei das ihn betreffende Urteil jedenfalls aufzuheben. Im fortzusetztenden Verfahren werde auch der Inhalt des Pensionsvertrages noch näher zu klären sein. Der Kläger habe gleichzeitig zwei Arbeitsverhältnisse gehabt, wobei die Art der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zur G*** AG noch offen sei. Es sei auch noch nicht geprüft worden, ob dem Kläger eine Betriebspension unabhängig von seinem Arbeitseinkommen zustehe und ob die Kündigung durch den Masseverwalter einer Kündigung durch den Arbeitgeber als Anspruchsvoraussetzung gleichgestellt werden sollte. Gegen diese Entscheidung richten sich die Revision und der Rekurs des Klägers. Er macht als Revisionsgründe Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt die Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinne des Klagebegehrens. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. In seinem Rekurs begehrt er, den Beschluß des Berufungsgerichtes aufzuheben und diesem eine neuerliche Entscheidung aufzutragen. Die Beklagten beantragten in ihren Revisionsbeantwortungen, der Revision nicht Folge zu geben. Eine Rekursbeantwortung wurde nicht erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Lediglich dem Rekurs kommt Berechtigung zu.

Der in der Revision erhobenen Mängelrüge ist entgegenzuhalten, daß es auf die im Berufungsverfahren geltend gemachte Aktenwidrigkeit und die gerügte unrichtige Beweiswürdigung nicht ankommt. Für die rechtliche Beurteilung ist es im Ergebnis ebenso ohne Belang, ob den Geschäftsführern der Gesellschaft mbH lediglich eine Kollektivzeichnungsberechtigung zukam oder ob der Kläger dem Erstbeklagten gegenüber ausdrücklich die persönliche Mithaftung sämtlicher Gesellschafter der OHG verlangt habe.

In seiner Rechtsrüge pflichtet der Kläger den Ausführungen des Berufungsgerichtes, daß die Beklagten als seinerzeitige Gesellschafter der OHG durch den Sacheinlagevertrag und den die Gesellschaft mbH betreffenden Gründungsvertrag vom 11.Dezember 1980 die Auflösung der OHG herbeigeführt hätten (vgl. Koppensteiner in Straube HGB § 131 Rz 11), zwar bei, wendet sich jedoch gegen die vom Berufungsgericht gezogene Schlußfolgerung, daß die OHG damit in das Stadium der Liquidation getreten sei. Richtig ist, daß nach § 145 Abs 1 HGB eine Liquidation nicht stattfindet, sofern die Gesellschafter der OHG eine andere Art der Auseinandersetzung vereinbart haben, und daß die Vereinbarung der Einbringung des Unternehmens als Einlage in eine zu gründende Kapitalgesellschaft als Fall der Veräußerung des Unternehmens eine Vereinbarung einer anderen Auseinandersetzung ist (Torggler-Kucsko in Straube HGB § 145 Rz 24; Schlegelberger HGB II4 § 158 Anm. 1). Damit ist aber für den Kläger im Ergebnis nichts gewonnen. Wenn nämlich die Gesellschafter statt der Liquidation eine andere Art der Auseinandersetzung vereinbaren, finden gemäß § 158 HGB im Verhältnis zu Dritten die für die Liquidation geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung. Es sind zwar auch die Vorschriften der §§ 128, 129 HGB über die persönliche und gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten sinngemäß anwendbar, doch nur insoweit als diese durch Handlungen der zur Vertretung Berufenen zu Lasten der Gesellschaft entstanden sind (Schilling in Großk3 II/23, § 158 Anm. 7). Auch in diesem Fall wird die Gesellschaft gemäß § 150 HGB gemeinschaftlich durch sämtliche Gesellschafter vertreten (Koppensteiner in Straube HGB § 158 Rz 6; Schilling aaO Anm. 5). Daß sich der Erstbeklagte allein zu Pensionsleistungen an den Kläger verpflichten habe wollen, wurde nie behauptet. Im übrigen können die in der Revision angeschnittenen gesellschaftsrechtlichen Fragen zur Gründerhaftung

(vgl. Holeschofsky, Bemerkungen zur Gründerhaftung bei der Vor-GmbH, RdW 1985, 239 ff; SZ 48/141, 54/69), dahingestellt bleiben, weil die Beklagten dem Kläger schon aus anderen Gründen nicht haften. Selbst wenn es noch zu einer wirksamen, die OHG bindenden Pensionsvereinbarung gekommen wäre, muß im vorliegenden Fall nämlich von einer privativen Schuldübernahme durch die Gesellschaft mbH ausgegangen werden. Arbeitgeber ist grundsätzlich der Inhaber des Unternehmens, der mit dem Arbeitnehmer durch den Arbeitsvertrag verbunden ist. Wechselt der Inhaber, bedarf es zum Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber des Betriebes einer Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer, bisherigem Arbeitgeber und neuem Inhaber des Unternehmens (Floretta in Floretta-Spielbüchler-Strasser Arbeitsrecht2 I, 186; Mayer-Maly/Marhold, Österreichisches Arbeitsrecht I, 38; Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht3 173 mwH; Krejci in Rummel ABGB § 1511 Rz 148; SZ 53/170 = Arb. 9.926, Arb. 10.223, 9 Ob A 130/87 ua). Nimmt der Arbeitgeber bei Abschluß eines auf langfristige Sicherung des Arbeitnehmers abzielenden Pensionsvertrages auf allfällige Rechtsnachfolger Bezug (vgl. Beilage 8, Punkt 9), dann ist dies als Zusicherung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer zu werten, bei Veräußerung des Unternehmens, die nach den Feststellungen bereits erfolgt war, nicht nur die Übernahme des Arbeitsvertrages, sondern auch jene der Pensionszusage durch den Betriebsnachfolger zu vereinbaren. Stimmte überdies der Kläger der Übernahme des Dienst- und Pensionsvertrages zumindest konkludent zu, sind damit die Gesellschafter der OHG gemäß § 1405 ABGB endgültig aus dem bisherigen Vertragsverhältnis ausgeschieden und sie haften für die nach der Betriebsübernahme fällig gewordenen Entgelte nicht mehr (Rebhahn, Betriebsübergang, in Handbuch zur betrieblichen Altersversorgung, 352, 356 und 371). Mit dem vom Kläger selbst verfaßten Schreiben vom 12.Oktober 1981 teilte die Gesellschaft mbH auch ihm mit, daß sämtliche, seinerzeit mit der OHG und deren Vorgängern geschlossenen arbeitsrechtlichen Verträge von der Gesellschaft mbH mit allen Rechten und Pflichten übernommen und anerkannt würden. Diese Schuldübernahme umfaßte im Hinblick auf ihre allgemeine Formulierung auch die Anwartschaften aus dem Pensionsvertrag.

In diesem Zusammenhang kann dahingestellt bleiben, inwieweit aus dem Inhalt des Schreibens des Klägers vom 12.Oktober 1981 überhaupt eine Ablehnung der Vertragsübernahme erschlossen werden kann - der Kläger verwahrte sich im wesentlichen lediglich gegen eine Schmälerung der aus dem Dienstvertrag erworbenen Rechte -, da dieses Schreiben weder den Gesellschaftern der OHG noch den anderen Geschäftsführern der Gesellschaft mbH jemals zur Kenntnis gebracht, sondern lediglich in der dem Kläger unterstellten Personalabteilung abgelegt wurde. Da der Kläger aber noch bis 31.Juli 1983 Arbeitsleistungen für die Gesellschaft mbH erbrachte, ist aus seinem Erklärungsverhalten eine konkludente Zustimmung zur Vertragsübernahme durch die Gesellschaft mbH anzunehmen (Rummel in Rummel ABGB § 863 Rz 21 ff). Stimmte der Kläger der Vertragsübernahme sohin gegenüber der Gesellschaft mbH zu, bedurfte es keiner darüber hinausgehenden ausdrücklichen Entlassung der OHG und ihrer Gesellschafter aus der Haftung Ertl in Rummel ABGB § 1405 Rz 2 mwH; 9 Ob A 183/87). Damit ist aber die Rechtssache auch hinsichtlich des Erstbeklagten im Sinne der Entscheidung des Erstgerichtes spruchreif und die vom Berufungsgericht aufgetragene Verfahrensergänzung ist nicht mehr erforderlich (§ 519 Abs 2, letzter Satz, ZPO; Fasching ZPR Rz 1823).

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 50 und 41 ZPO begründet. Die Revisionsbeantwortung der Erst- und Siebentbeklagten war zurückzuweisen, da hinsichtlich des Erstbeklagten keine Revision erhoben wurde und die Revisionsbeantwortung im übrigen erst am 16. Dezember 1987 beim Erstgericht einlangte (Zustellung der Revision am 12.November 1987) und eine rechtzeitige Postaufgabe nicht bescheinigt ist.

Anmerkung

E14271

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:009OBA00013.88.0511.000

Dokumentnummer

JJT_19880511_OGH0002_009OBA00013_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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