Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Aleida T***, Hausfrau, Enschede, Het Leunenberg 20, Niederlande, vertreten durch DDr. Elisabeth Steiner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Erna R***, Pensionsbesitzerin, Kufstein, Schluiferstraße 8, vertreten durch Dr. Hansjörg Zink, Dr. Georg Petzer und Dr. Herbert Marschitz, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen S 526.561,08 samt Anhang, Rente und Feststellung (Gesamtstreitwert S 846.561,08) infolge Revisionen der klagenden und beklagten Parteien und Rekurses der beklagten Partei gegen das Urteil und den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 19. Februar 1987, GZ 1 a R 490/86-79, womit infolge Berufungen der klagenden und der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Kufstein vom 9. Juni 1986, GZ 2 C 141/84-64, teils bestätigt, teils abgeändert und teils aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.
Dem Rekurs der beklagten Partei wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß im Umfang der Aufhebung das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei an Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen den Betrag von S 109.914,82 (darin enthalten S 9.330,65 Umsatzsteuer und S 7.277,69 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war im Juni 1976 Pensionsgast der konzessionierten Fremdenpension der Beklagten in Kufstein, Mozartstraße 6. Sie bewohnte das Zimmer Nr. 9 im Erdgeschoß. Als sie am 17. Juni 1976 den Balkon des von den Pensionsgästen Albert und Berentina A*** bewohnten Zimmers Nr. 7 betrat, brach der äußere Längsträger und der Fußboden dieses Balkons durch. Die Klägerin stürzte auf den 2,8 m darunter befindlichen Balkon und wurde schwer verletzt (unter anderem Speichenbruch links, Schienbeinkopfbruch rechts, Bruch des linken Fersenbeines, Bruch einer Rippe, Brustkorb-, Lendenwirbel- und Nierenprellung). Bis zum 3. Juli 1976 befand sie sich in stationärer Behandlung im Krankenhaus Kufstein. Sie wurde dann mittels Flugzeuges ins Krankenhaus Enschede überstellt, wo sie bis 5. September 1976 in stationärem Aufenthalt blieb. Im Oktober 1976 wurde der Gips entfernt, im Juli 1977 wurde einer der Stifte aus dem linken Kniegelenk, im Oktober 1981 ein Draht aus dem linken Schienbeinkopf entfernt. Die Klägerin hatte drei Wochen starke und weitere drei Monate Schmerzen mittleren Grades zu erdulden. Seither hat sie dauernd Schmerzen leichter Intensität. Es blieb ein Dauerschaden zurück, der sich verschlechtern kann. Das Haus Kufstein, Mozartstraße 6, wurde im Jahr 1938 errichtet. Der abgestürzte Balkon wurde im Jahre 1965 durch die Firma P*** zur Gänze erneuert. Die Beklagte ist seit 1974 Eigentümerin der Liegenschaft. Anläßlich der Konzessionserteilung im Jahr 1974 wurde festgestellt, daß sich mit Ausnahme der Höhe der Balkonbrüstung der Balkon in tadellosem Zustand befindet. Der morsch gewordene, mit einem braunen Ölanstrich versehen gewesene Längsträger hatte einen für gesundes Holz ausreichenden Querschnitt von 8 x 13 cm. Er ragte 20 cm in das Mauerwerk der anschließenden Garage. Die Bruchstelle des Längsträgers war 30 cm von der Garagenmauer entfernt. Mit der am 23. August 1978 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin den Zuspruch eines Schmerzengeldes von S 100.000 und den Ersatz von Sachschaden in der Höhe von S 1.755,80. Der Balkon habe sich in keinem sicheren Zustand befunden. Die Beklagte habe die Klägerin darauf nicht hingewiesen und vor der Benützung des Balkons nicht gewarnt. Mit Schriftsatz vom 1. Februar 1979, der erst in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 26. Jänner 1983 vorgetragen wurde, dehnte die Klägerin ihr Zahlungsbegehren um den ihr durch einen Wohnungswechsel, der durch den Unfall bedingt gewesen sei, entstandenen Mehraufwand von S 24.805,28 samt Anhang aus; weiters begehrte sie die Feststellung, daß die Beklagte ihr für jeden zukünftigen Schaden aus dem Unfallsereignis vom 17. Juni 1976 zu haften habe. In dieser Tagsatzung dehnte sie weiters das Schmerzengeldbegehren um S 400.000 (Abgeltung aller Schmerzen bis 1. September 1982) aus. Sie begehrte weiters ab 1. September 1982 eine lebenslängliche Schmerzengeldrente von jährlich S 30.000 im vorhinein; in eventu begehrte die Klägerin zur Abdeckung aller durch den Unfall verursachten Schmerzen den Globalbetrag von S 800.000. Die Beklagte wendete ein, sie treffe kein Verschulden. Ein Mangel der Balkonkonstruktion und Nässeeinwirkungen seien nicht erkennbar gewesen. Die Beklagte habe darauf vertrauen dürfen, daß sich der Balkon in einem guten Zustand befinde. Es habe keine Veranlassung einer Überprüfung des Balkons durch einen Fachmann bestanden. Der von der Klägerin in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 26. Jänner 1983 ausgedehnte Schmerzengeldanspruch sei verjährt, im übrigen sei Schmerzengeld global geltend zu machen.
Das Erstgericht sprach im zweiten Rechtsgang der Klägerin den Betrag von S 126.561,08 samt Anhang (S 100.000 Schmerzengeld, S 26.561,08 Sachschaden und Mehraufwand) zu und sprach aus, daß die Beklagte der Klägerin für jeden zukünftigen Schaden, der nach dem 22. Jänner 1979 aus dem Unfallsereignis vom 17. Juni 1976 entstanden ist, zu haften habe. Das Mehrbegehren (weiteres Schmerzengeld von S 400.000 und Jahresrente ab 1. September 1982 von S 30.000, in eventu S 700.000 global bemessenes Schmerzengeld) wies es ab. Es stellte fest, die Beklagte habe die Bretter und Balken des Balkons auf Risse sowie die Festigkeit des Balkongeländers jeweils überprüft. Für die Beklagte sei es aber erkennbar gewesen, daß Wasser vom Garagendach auf den Holzbalkenkopf geronnen und dadurch der Balkon von innen heraus faul geworden sei. Durch Risse im Ölfarbenanstrich sei Wasser ins Holz eingetreten, das durch die Lackierung nicht habe verdunsten können.
In rechtlicher Beziehung bejahte das Erstgericht die Haftung der Beklagten dem Grunde nach. Die Beklagte hätte den Balkon auf seine Tragfähigkeit fachkundig untersuchen lassen sollen. Sie habe bei der Überprüfung des Balkons nicht die entsprechende Aufmerksamkeit angewendet. Für die Beklagte sei es erkennbar gewesen, daß Wasser auf den mit Ölfarbe bestrichenen Balkon geflossen sei und das Balkongebälk Nässeeinwirkungen ausgesetzt gewesen sei, so daß es zu einer Vermorschung habe kommen können. Der am 26. Jänner 1983 ausgedehnte Schmerzengeldbetrag sei verjährt. Die Ausdehnung habe sich auf Schmerzperioden bezogen, die die Klägerin bereits erlitten gehabt habe oder die objektiv bereits erkennbar gewesen seien. Das Feststellungsbegehren habe sich nur auf die im Zeitpunkt der Einbringung des Schriftsatzes ON 10 erst in Zukunft entstehenden Schäden bezogen.
Beide Teile erhoben Berufung. Die Klägerin machte auch geltend, daß entgegen ihrem Urteilsantrag dem Feststellungsbegehren die Worte "nach dem 22. 1. 1979" aufgenommen worden seien.
Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Teile teilweise Folge. Es bestätigte den Zuspruch des Betrages von S 126.561,08 samt Anhang und die Feststellung der Haftung der Beklagten für alle zukünftigen Schäden aus dem Unfallsereignis, die nach dem 26. Jänner 1983 eintreten, die Abweisung eines weiteren Schmerzengeldbetrages von S 400.000 sowie die Abweisung eines Teiles des Eventualbegehrens (Globalbemessung von Schmerzengeld) in der Höhe von S 400.000 und die Abweisung einer Schmerzengeldrente von S 30.000 jährlich für die Zeit vom 1. September 1982 bis 26. Jänner 1983. Es änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es die Feststellung der Haftung der Beklagten für Schäden aus dem Unfallsereignis, die vor dem 26. Jänner 1983 eingetreten seien, abwies. Im übrigen (Schmerzengeldrente von S 30.000 ab 26. Jänner 1983 und Eventualbegehren von S 300.000 Schmerzengeld) hob es das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies in diesem Umfang die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Es stellte nach teilweiser Beweiswiederholung ergänzend fest: Die Fäule an der Bruchstelle sei zu 40 % auf das Eindringen von Wasser vom Stirnholz und zu 60 % vom Niederschlagswasser auf die Bedielung zurückzuführen. Dabei sei zu berücksichtigen, daß der Ölfarbenanstrich im Laufe der Zeit Risse erlitten habe; durch diese Risse habe Niederschlagswasser eindringen können, das nur schwer habe verdunsten können, weil die Lackierung das Verdunsten verhindert habe und die Stirnfläche des Längsträgers eingemauert gewesen sei. In jenem Bereich, in dem der Längsträger in das Mauerwerk hineingereicht habe, sei Oberflächenwasser vom Garagendach über die Mauer geronnen. Dies deute darauf hin, daß immer wieder Feuchtigkeit und Nässe in diesen Bereich eingedrungen sei. Die Feuchtigkeit und Nässe sei jedoch mehr vom Balkon als vom Garagendach eingedrungen. Von oben her sei nicht erkennbar gewesen, daß der Längsträger in das Mauerwerk der Garagenmauer hineinreichte, wohl aber von der Seite und von unten. An der Garagenmauer selbst habe sich ein Feuchtigkeitsfleck befunden. Wenn man auf die Durchnässung achte, dann sei diese auch für einen Nichtfachmann erkennbar.
Rechtlich ging das Berufungsgericht davon aus, daß es für die Beklagte zwar nur schwer erkennbar gewesen sei, daß Wasser vom Garagendach auf den Holzbalkenkopf geronnen sei, doch hätte sie bei Anwendung der ihr zumutbaren Aufmerksamkeit jedenfalls erkennen können, daß sich Niederschlagswasser auf der Bedielung angesammelt habe, das durch die im Lauf der Zeit entstandenen Risse in das Holz eingedrungen sei. Schon auf Grund der Erfahrungen des täglichen Lebens, also auch ohne Sachverständigenkenntnisse, hätte die Beklagte mit der Gefahr einer vorzeitigen Vermorschung von Teilen des Holzbalkons rechnen und einen Fachmann zur Untersuchung dieses Bereiches und zur rechtzeitigen Beseitigung dieses Übelstandes beiziehen müssen. Der Beklagten sei somit der Entlastungsbeweis, daß sie ohne ihr Verschulden an der Erfüllung ihrer vertraglichen Schutzpflichten, die aus dem mit der Klägerin abgeschlossenen Gastaufnahmevertrag resultierten, verhindert gewesen sei, nicht gelungen. Der Schmerzengeldbetrag von S 100.000 für die Zeit bis 1. September 1982 sei jedenfalls gerechtfertigt. Daß das Feststellungsbegehren verjährt sei, habe die Beklagte in erster Instanz nicht eingewendet. Der Schriftsatz vom 22. Jänner 1979 sei erst in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 26. Jänner 1983 mündlich vorgetragen und dadurch Gegenstand des Verfahrens geworden. Die Haftung der Beklagten für alle zukünftigen Schäden, die aus dem Unfallsereignis vom 17. Juni 1976 resultierten, sei somit auf die nach dem 26. Jänner 1983 entstehenden Schäden zu beschränken, da erst mit diesem Tag die Klagsausdehnung wirksam vorgenommen worden sei. Daher sei auch der am 26. Jänner 1983 ausgedehnte Schmerzengeldbetrag von S 400.000 für erlittene Schmerzen bis 1. September 1982 und die Jahresrente für die Zeit vom 1. September 1982 bis 26. Jänner 1983 verjährt. Eine Unterbrechungswirkung durch die Erhebung des Feststellungsbegehrens sei vor dem 26. Jänner 1983 nicht eingetreten. Die Verjährung der nach dem 26. Jänner 1983 geltend gemachten jährlichen Rente in der Höhe von S 30.000 sei durch die Einbringung des Feststellungsbegehrens unterbrochen worden. Die Einbringung einer erfolgreichen Feststellungsklage unterbreche die Verjährung aller künftigen aus dem Rechtsverhältnis abgeleiteten Ansprüche, so daß einer Ausdehnung des Begehrens auf Zahlung eines Schmerzengeldes auch nach Ablauf der Verjährungseinrede die Verjährung nicht mit Erfolg entgegengehalten werden könne, wenn dieser Anspruch nach Erhebung des Feststellungsbegehrens entstanden sei. Schmerzengeld sei zwar grundsätzlich global zu bemessen, in Ausnahmsfällen könne aber Schmerzengeld durch eine Rente gewährt werden. Ein solcher Grund liege etwa bei einer äußerst schwierigen, dauernde Schmerzen verursachenden Körperverletzung vor. Das Erstgericht habe es unterlassen zu erörtern, aus welchen besonderen Gründen die Klägerin die Zuerkennung einer Schmerzengeldrente anstrebe. Die Aufhebung der Abweisung der Schmerzengeldrente ab 26. Jänner 1983 ziehe auch die Aufhebung der Abweisung des Eventualbegehrens von S 300.000 nach sich.
Die Entscheidung des Berufungsgerichtes bekämpfen beide Teile mit Revision. Gegen den Aufhebungsbeschluß richtet sich der Rekurs der Beklagten. Die Beklagte strebt die Abänderung des stattgebenden Teiles des Urteiles des Berufungsgerichtes im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens und, wie sich aus der Anfechtungserklärung ergibt, die Abänderung des Aufhebungsbeschlusses im Sinne der Wiederherstellung des Urteiles des Erstgerichtes an. Die Klägerin bekämpft die Abweisung des Mehrbegehrens, also auch die Abweisung des Begehrens auf Feststellung der Haftung für Schäden, die vor dem 26. Jänner 1983 eingetreten sind, einschließlich der Abweisung eines Eventualbegehrens von S 400.000.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionen sind nicht berechtigt, Berechtigung kommt nur dem Rekurs der Beklagten zu.
Die von der Beklagten geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt, wie der Oberste Gerichtshof prüfte (§ 510 Abs 3 ZPO), nicht vor.
Wie der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 5. Juni 1984, 1 Ob 582/84 = JBl 1985, 295, ausgeführt hat, obliegt der Beklagten auf Grund des abgeschlossenen Gastaufnahmevertrages der Beweis, alle zumutbaren Vorkehrungen zur gefahrlosen und verkehrssicheren Benützung des Balkons getroffen zu haben. Soweit es um die Erkennbarkeit von Bauschäden geht, kann von der Beklagten nur jener Grad des Fleißes und der Aufmerksamkeit verlangt werden, der bei gewöhnlichen Fähigkeiten anzuwenden ist, weil die Beklagte insoweit nicht sachverständig im Sinne des § 1299 ABGB ist. Die fehlende Erkennbarkeit des Endzustandes schließt aber nicht aus, daß es auch der Beklagten als Laiin im Laufe der Jahre hätte auffallen müssen, daß in diesem Bereich immer wieder Niederschlagswasser insbesondere vom Garagendach auf den Balkon gelangte, so daß der Beklagten auch die allmähliche Entwicklung des späteren Schadenszustandes nicht habe verborgen bleiben können. Hätte die Beklagte wiederholtes Eindringen von Niederschlagswasser erkennen können, so hätte sie schon auf Grund der Erfahrungen des täglichen Lebens, also auch ohne Sachverständigenkenntnisse, mit der Gefahr einer vorzeitigen Vermorschung von Teilen des Holzbalkons rechnen und einen Fachmann zur Untersuchung dieses Bereiches und zur rechtzeitigen Beseitigung dieses Übelstandes beiziehen müssen. Nach den Feststellungen ist die Vermorschung überwiegend auf das Eindringen von Niederschlagswasser auf die Bedielung zurückzuführen, das dort einsickerte; das Holz konnte aber wegen des bestehenden Ölanstriches nicht zur Gänze austrocknen. Diese Durchnässung war auch für einen Nichtfachmann mit gewöhnlichen Fähigkeiten erkennbar, so daß der Beklagten unabhängig davon, daß durch den Ölfarbenanstrich die Vermorschung nicht auffiel, die allmähliche Entwicklung des späteren Schadenszustandes nicht verborgen bleiben konnte. Sie hätte daher mit der Gefahr einer vorzeitigen Vermorschung rechnen und einen Fachmann zur Untersuchung beiziehen müssen. Ihre Haftung dem Grunde nach ist daher zu bejahen. Was die von beiden Teilen behandelte Verjährungseinrede betrifft, so ist grundsätzlich auf Verjährung gemäß § 1501 ABGB ohne Einwendung der Parteien von Amts wegen kein Bedacht zu nehmen. Die Einrede der Verjährung kann nur bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz erhoben werden (6 Ob 562/80; Schubert in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 1501). Nach § 1497 ABGB wird die Verjährung u. a. dann unterbrochen, wenn derjenige, der sich auf sie berufen will, von dem Berechtigten belangt und die Klage gehörig fortgesetzt wird. Macht der Kläger nur einen Teil seines behaupteten Anspruches mit Klage geltend, wird die Verjährung nur für den eingeklagten Teilbetrag unterbrochen. Eine spätere Klagsausdehnung wirkt daher nicht auf den Zeitpunkt der Klagseinbringung zurück (SZ 56/157 mwN; Mader in Schwimann § 1497 Rz 15). Belangen im Sinne des § 1497 ABGB ist die unbedingt wirksame Geltendmachung des neuen (geänderten) Klagsanspruches. Dies ist nach Streitanhängigkeit der zur Einführung der Änderung in den Prozeß notwendige Akt der Zustimmung des Beklagten oder des sie ersetzenden Gerichtsbeschlusses. Erst damit wird die Verjährung des mit der Klagsänderung geltend gemachten Klagsanspruches unterbrochen (ZVR 1984/210; JBl 1984, 270;
SZ 56/157 mwN, ihr folgend ÖBl. 1986, 131; MietSlg 38.248;
Mader aaO Rz 16). Diese rechtliche Beurteilung würde für die Klägerin selbst dann gelten, wenn durch die Entscheidung SZ 56/157 nicht nur eine Klarstellung der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes erfolgt wäre. Eben diese Rechtsansicht vertraten aber schon die Entscheidung SZ 44/29 sowie Ehrenzweig2 I/1, 324 und Petschek-Stagel 272. Die Klägerin führt zwar entgegen den aktenwidrigen Ausführungen der Beklagten zutreffend aus, daß die Beklagte bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz gegen das Feststellungsbegehren keine Verjährungseinwendung erhob. Dies kann aber nicht zum Entfall des in der Erledigung des Feststellungsbegehrens von der zweiten Instanz aufgenommenen Beisatzes der Haftung der Beklagten für Schäden, die nach dem 26. Jänner 1983 eingetreten sind, führen. Die Klägerin strebte mit ihrem Feststellungsbegehren nicht die Feststellung der Haftung der Beklagten für bereits entstandene, sondern richtigerweise für zukünftige Schäden an. An der Feststellung der Haftung für bereits fällige Ersatzansprüche bestünde auch kein rechtliches Interesse (RdW 1986, 107; ZVR 1985/51; ZVR 1980/289;
ZVR 1978/81; SZ 46/81; ZVR 1973/46 u.a.), so daß auch ein Interesse an der Feststellung des Zurechtbestehens in der Vergangenheit bereits fällig gewordener Teilleistungen zu verneinen wäre (JBl 1956, 121). Begehrte aber die Klägerin nur die Feststellung der Haftung der Beklagten für zukünftige Schäden aus dem Unfallsereignis, haben die Vorinstanzen mit dem in den Spruch aufgenommenen Beisatz nur verdeutlicht, ab welchem Zeitpunkt noch nicht fällige Schadenersatzansprüche vom Feststellungsbegehren umfaßt sind. Da das Feststellungsbegehren, wie bereits ausgeführt wurde, erst mit dem Vortrag des Schriftsatzes ON 10 in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 26. Jänner 1983 unbedingt wirksam geltend gemacht wurde, kann sich nach der von der Klägerin selbst gewählten Formulierung seine Feststellungswirkung nur auf nach diesem Zeitpunkt aus dem Unfallsereignis vom 17. Juni 1976 entstandene Schäden beziehen. Das in diesem Punkt von beiden Seiten bekämpfte Urteil des Berufungsgerichtes ist daher zu bestätigen.
Durch die Stattgebung des Feststellungsbegehrens wurde mit dem Zeitpunkt der Geltendmachung (26. Jänner 1983) die Verjährung aller in diesem Zeitpunkt zukünftigen Schadenersatzansprüche unterbrochen (ZVR 1980/159; ZVR 1975/223; SZ 46/81; SZ 39/19; Schubert aaO Rz 7 zu § 1497). Die Unterbrechungswirkung des stattgebenden Feststellungsbegehrens erstreckt sich daher nicht auf Leistungsansprüche auf Grund des Unfalles vom 17. Juni 1976, die bereits vor dem 26. Jänner 1983 fällig wurden. Für solche Ansprüche ist, wurde eine Verjährungseinwendung wirksam erhoben, jeweils gesondert die Frage zu prüfen, ob sie zum Zeitpunkt der Geltendmachung verjährt waren. Im ersten Rechtsgang erhob die Beklagte keine Verjährungseinwendung. Das das Klagebegehren abweisende Urteil des Erstgerichtes vom 13. Juli 1982, ON 39, wurde aber mit Beschluß des Berufungsgerichtes vom 9. Februar 1984, 1 R 1039/83-45, bestätigt mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 5. Juni 1984, 1 Ob 582/84-51, gemäß § 496 Abs 1 Z 3 ZPO aufgehoben. § 496 Abs 2 ZPO findet auf Aufhebungsbeschlüsse nach § 496 Abs 1 Z 3 ZPO keine Anwendung. Das Verfahren wird durch den Aufhebungsbeschluß wieder in den Stand vor Schluß der mündlichen Verhandlung zurückversetzt; die Parteien haben alle Befugnisse, die ihnen im erstinstanzlichen Verfahren bis zu diesem Zeitpunkt zukommen; neues Vorbringen ist daher - abgesehen von den Fällen der Verschleppungsabsicht und bereits abschließend entschiedener Streitpunkte - unbeschränkt zulässig (MietSlg 38.782; SZ 55/164; SZ 50/97 ua; Fasching; Zivilprozeßrecht Rz 1820, 1821). Die Beklagte konnte daher, was von der Klägerin im Berufungsverfahren auch nicht bekämpft wurde, im zweiten, den Grund des Anspruches betreffenden Rechtsgang die Verjährungseinwendung wirksam erheben. Ein Tatsachenvorbringen, aus dem der Schluß gezogen werden könnte, diese Einwendung sei arglistig, also entgegen einem von der Beklagten geschaffenen Vertrauenstatbestand erhoben worden, wurde in erster Instanz nicht erstattet. Schon daran scheitert die erstmals in der Revision der Klägerin gegen die Verjährungseinwendung erhobene Replik der Arglist.
Schmerzengeld ist global zu bemessen. Künftige nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartende und überschaubare Schmerzen sind in die Beurteilung miteinzubeziehen (ZVR 1988/56;
ZVR 1986/5; ZVR 1981/169; ZVR 1980/19 uva; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 II 138; Danzl, Das Schmerzengeld in der Rechtsprechung des OLG Innsbruck, ZVR Sonderheft Jänner 1987, 11;
Jarosch-Müller-Piegler, Das Schmerzengeld5 182, 186 f; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 49 zu § 1325; Harrer in Schwimann, ABGB, Rz 62, 73 zu § 1325). Eine zeitliche Begrenzung des Schmerzengeldes oder die Geltendmachung bloß eines Teilbetrages ist nur aus besonderen vom Kläger darzulegenden Gründen zulässig (ZVR 1983/345; ZVR 1979/308;
JBl 1970, 93; Danzl aaO 12; Koziol aaO; Harrer aaO Rz 73;
Jarosch-Müller-Piegler aaO 187). Die Gewährung einer Schmerzengeldrente anstatt eines einmaligen Kapitalbetrages oder neben einem solchen kommt, wenn die künftigen Unfallsfolgen beurteilt werden können und nicht ganz besonders schwerwiegende Dauerfolgen vorliegen, nicht in Betracht (ZVR 1986/50 mwN; Danzl aaO; Harrer aaO Rz 75).
Mit der am 23. August 1978 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin ursprünglich Schmerzengeld mit dem Globalbetrag von S 100.000. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 26. Jänner 1983 dehnte sie das Klagebegehren aus. Sie teilte das Schmerzengeldbegehren dahin auf, daß sie einen Schmerzengeldbetrag von S 500.000 zur Abgeltung aller Schmerzen bis zum 1. September 1982 und eine Schmerzengeldrente von jährlich S 30.000 beginnend mit 1. September 1982, in eventu eine Globalabgeltung von insgesamt S 800.000 begehrte. Als Begründung für die Ausdehnung und Aufteilung des Schmerzengeldbetrages führte sie das vorliegende Sachverständigengutachten an, nach dem sie auf Dauer Schmerzen leichter Intensität hat und weiterhin haben wird. Dem Sachverständigengutachten und ihm folgend den Feststellungen der Vorinstanzen kann aber nicht entnommen werden, daß zumindest nach der Entlassung aus dem stationären Aufenthalt und der Abnahme des Gipses die in Zukunft eintretenden Schmerzen nicht voraussehbar gewesen wären und andere Schmerzen als solche damals voraussehbar gewesenen tatsächlich eingetreten sind. Es liegen aber auch, wie die Beklagte in ihrem Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß zutreffend ausführt, die Voraussetzungen für die ausnahmsweise Gewährung einer Schmerzengeldrente nicht vor. Die Klägerin hat zwar dauernde, durch die zahlreichen Brüche bedingten Schmerzen leichter Art zu erdulden, es wurde aber nicht behauptet, daß es sich dabei um ganz besonders schwerwiegende Folgen wie etwa im Falle einer Querschnittslähmung oder Gehirnverletzung handelte. Da auch ein S 100.000 übersteigender, global zu bemessender Schmerzengeldbetrag, wie bereits ausgeführt wurde, verjährt ist, ist der Aufhebungsbeschluß im Sinne der Wiederherstellung des Urteiles des Erstgerichtes in diesem Punkt abzuändern. Das gleichzeitig gestellte Feststellungsbegehren, gegen das der Einwand der Verjährung nicht erhoben wurde, bezieht sich nur auf die damals zukünftig eintretenden Schäden und kann daher keine Wirkung auf den bereits längst entstandenen globalen Schmerzengeldanspruch entfalten. Die Verjährungseinwendung wäre nur dann fruchtlos gewesen, wenn schon vor der Ausdehnung des Schmerzengeldbegehrens innerhalb der Verjährungsfrist ein auf Feststellung der Haftung für alle zukünftigen Schäden gerichtetes Begehren erhoben worden wäre (ZVR 1975/223; ZVR 1973/158; SZ 39/19).
Beiden Revisionen ist daher der Erfolg zu versagen; dem Rekurs der Beklagten gegen den Aufhebungsbeschluß ist hingegen Folge zu geben und im Umfang der Aufhebung das Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 43 Abs 1, 50 bzw. § 43 Abs 1 ZPO. Bis zur Ausdehnung des Schmerzengeldbetrages obsiegte die Klägerin zur Gänze, ab diesem Zeitpunkt nur mehr mit 17,3 %, so daß von diesem Zeitpunkt an der Beklagten 65,4 % ihrer Kosten zustehen. Barauslagen für das Gutachten über die Schmerzperioden sind der Klägerin zuzuerkennen, weil auch der ursprünglich begehrte Schmerzengeldbetrag von der Beklagten der Höhe nach bestritten wurde. Der Überweisungsantrag ist nicht zu honorieren; er wurde nur durch die Einbringung der Klage bei einem unzuständigen Gericht notwendig. Kosten für erfolglose Rechtsmittelschriften sind nicht, wohl aber die Kosten für die erfolgreichen Gegenschriften zuzuerkennen. Der Rekurs der Beklagten ON 46 gegen den Aufhebungsbeschluß ON 45 blieb der Sache nach erfolglos.
Anmerkung
E14374European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1988:0010OB00555.88.0518.000Dokumentnummer
JJT_19880518_OGH0002_0010OB00555_8800000_000