TE OGH 1988/5/26 12Os42/88

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Veröffentlicht am 26.05.1988
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Der Oberste Gerichtshof hat am 26.Mai 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Doblinger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Josef H*** und Werner S*** wegen des Verbrechens des Menschenhandels nach § 217 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 1.Oktober 1987, GZ 16 Vr 550/86-67, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tschulik, des Angeklagten Werner S*** und des Verteidigers Dr. Ehrnberger, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten Josef H*** zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 290 Abs. 1 StPO wird das oben bezeichnete Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch der Angeklagten Josef H*** und Werner S*** laut Punkt I des Urteilssatzes, soweit er sich nicht auf Maria Valentina Escobar B*** bezieht, und in der rechtlichen Beurteilung der ihnen darnach zur Last liegenden Taten als das Verbrechen des vollendeten Menschenhandels nach § 217 Abs. 1 StGB, sowie im Strafausspruch (nicht auch im Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft des Angeklagten S***) aufgehoben; gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO wird im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Josef H*** und Werner S*** haben im bewußten und

gewollten Zusammenwirken als Mittäter im ersten Jahresdrittel 1986 in Asuncion (Paraguay), Wien und anderen Orten versucht, die paraguayanischen Staatsangehörigen Nidia Gonzalez Z***, Josefina Caballero G***, Lorenza Ascencion Fleitas V***, Luisa Franco A*** und Maria Librada Esquivel A*** der gewerbsmäßigen Unzucht in einem anderen Staat, als dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen oder in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, zuzuführen oder sie hiefür anzuwerben, indem

Josef H*** die genannten Frauen zur Ausübung der Prostitution in seinen Bordellen in Kematen, Melk und Ybbs für die Dauer eines Jahres verpflichtete, ihre Zureise nach Österreich finanzierte, sie zum Teil dabei begleitete und den Mitangeklagten Werner S*** mit der Klärung der bezüglichen rechtlichen Fragen sowie der praktischen Durchführung des Vorhabens im Inland beauftragte;

Werner S*** die bezüglichen rechtlichen Fragen abklärte, die Frauen vorerst in einer Wiener Wohnung unterbrachte, ihnen in der Folge die Bordellbetriebe zeigte und für sie die erforderlichen Behördenwege erledigte.

Josef H*** und Werner S*** haben hiedurch sowie unter Berücksichtigung des unberührt gebliebenen Teiles des Schuldspruches laut Punkt I des Urteilssatzes das Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten Menschenhandels nach § 217 Abs. 1 und § 15 StGB begangen und werden hiefür, Josef H*** auch für das ihm überdies zur Last liegende Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB (Punkt II des Schuldspruchs) nach dem ersten Strafsatz des § 217 Abs. 1 StGB, Josef H*** unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB zu Freiheitsstrafen verurteilt, und zwar

Josef H*** zu 1 1/2 (eineinhalb) Jahren

Werner S*** zu 8 (acht) Monaten.

Dem Angeklagten Werner S*** wird die Freiheitsstrafe gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen.

Text

Gründe:

Mit dem oben bezeichneten Urteil wurden die beiden Angeklagten Josef H*** und Werner S*** (zu I) wegen des aus dem Spruch ersichtlichen Sachverhalts in Ansehung sämtlicher sechs darin namentlich genannten Ausländerinnen des Verbrechens des vollendeten Menschenhandels nach § 217 Abs. 1 StGB, Josef H*** überdies (zu II) des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs. 2, 224 StGB schuldig erkannt.

Die von beiden Angeklagten gegen den Schuldspruch wegen Verbrechens des Menschenhandels (Punkt I) erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden wurden vom Obersten Gerichtshof mit Beschluß vom 5.Mai 1988, GZ 12 Os 42/88-9, dem auch der nähere Sachverhalt entnommen werden kann, bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Aus diesem Anlaß konnte sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon überzeugen, daß das Strafgesetz zum Nachteil der Angeklagten insoweit unrichtig angewendet worden ist, als nur hinsichtlich der Maria Valentina Escobar B***, bei der allein es zur tatsächlichen Ausübung der Prostitution im Inland gekommen ist (vom 14. bis 20. April 1986 im Bordell in Ybbs), Vollendung des Verbrechens, im übrigen aber nur Versuch anzunehmen gewesen wäre (Ö*** 1981/26 zu § 217 StGB).

Da dieser Rechtsirrtum (§ 281 Abs. 1 Z 10 StPO) von keiner Seite geltend gemacht worden war, mußte das Urteil wie aus dem Spruche ersichtlich von Amts wegen korrigiert werden (§ 290 Abs. 1 StPO). Bei der dadurch notwendig gewordenen Strafneubemessung war (wie es im wesentlichen auch schon das Erstgericht angenommen hatte) bei beiden Angeklagten die Mehrzahl der Tatopfer sowie die Fortsetzung der strafbaren Handlung durch längere Zeit erschwerend, beim Angeklagten H*** zudem das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, daß er am Verbrechen führend beteiligt war und trotz einer noch unverbüßten Freiheitsstrafe erneut straffällig geworden ist; mildernd war hingegen beim Angeklagten H*** das Geständnis bezüglich des Vergehens, beim Angeklagten S*** die Tatbegehung unter der Einwirkung des H*** und nunmehr bei beiden Angeklagten, daß es in fünf Fällen beim Versuch geblieben ist.

Die verhängten Freiheitsstrafen entsprechen der unrechtsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) der Angeklagten, wobei dem Angeklagten S*** die bedingte Strafnachsicht zu gewähren war (§ 290 Abs. 2 StPO), was beim Angeklagten H*** wegen seines Vorlebens auch in Ansehung eines Teiles der Strafe (§ 43 a StGB nF) nicht mehr in Betracht kam. Eine Reduktion der Strafen im Verhältnis zu dem vom Erstgericht verhängten Strafausmaß wurde trotz des Hinzutretens eines weiteren Milderungsgrundes nicht vorgenommen, weil auch ein Erschwerungsgrund zusätzlich anzunehmen war (§ 33 Z 1 zweiter Fall StGB), die Tatvollendung in den fünf Versuchsfällen unmittelbar bevorstand und zudem ins Gewicht fällt, daß beide Angeklagten die Tat reiflich überlegt und sorgfältig vorbereitet haben (§ 32 Abs. 3 StGB).

Anmerkung

E14066

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0120OS00042.88.0526.000

Dokumentnummer

JJT_19880526_OGH0002_0120OS00042_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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