TE OGH 1988/9/6 11Os110/88

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Veröffentlicht am 06.09.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.September 1988 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Knob als Schriftführerin in der Strafsache gegen Johann H*** wegen des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach dem § 287 Abs. 1 StGB (§§ 15, 127 Abs. 1 aF, 129 Z 1 StGB) über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 22.September 1987, GZ 16 Vr 7.951/87-23, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalwalt Dr. Strasser, und des Verteidigers Dr. Morent, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird dahin Folge gegeben, daß die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 4 (vier) Monate herabgesetzt wird.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 6.März 1943 geborene, zuletzt beschäftigungslose Johann H*** des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach dem § 287 Abs. 1 (§§ 15, 127 Abs. 1 aF, 129 Z 1) StGB schuldig erkannt, weil er sich am 25.Juli 1987 in Wien, wenn auch nur fahrlässig, durch den Genuß von Alkohol in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rausch versetzte und in diesem Zustand versuchte, fremde bewegliche Sachen anderen durch Einbruch in eine Wohnstätte bzw einen abgeschlossenen Raum, der sich in einem Gebäude befindet, mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er eine Scheibe der Wohnungstüre der Elfriede G*** einschlug und in die Wohnung einzudringen trachtete und sodann die Eingangstüre zum Büro der Firma J*** aufbrach, in die Räumlichkeiten eindrang und dort nach Wertgegenständen suchte, mithin Handlungen beging, die ihm außer diesem Zustand als Verbrechen des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127 Abs. 1 aF, 129 Z 1 StGB zugerechnet würden.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer ausdrücklich auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Den Strafausspruch ficht er mit Berufung an.

Der Feststellungen zur Tauglichkeit bzw (behaupteten) Untauglichkeit der Firmenräumlichkeiten als Einbruchsobjekt vermissenden Mängelrüge (Z 5) muß schon deshalb ein Erfolg versagt bleiben, weil sie mit ihren Ausführungen keinen Begründungs-, sondern einen im Rahmen der Rechtsrüge zu erörternden Feststellungsmangel geltend macht.

Rechtliche Beurteilung

Der in der Rechtsrüge (Z 9 lit a) zunächst erhobene Einwand, angesichts der zusätzlich zum Alkoholkonsum stattgefundenen Medikamenteneinnahme sei beim Angeklagten im Tatzeitpunkt ein Rauschzustand im Sinn des § 287 StGB nicht vorgelegen, erweist sich als unzutreffend. Dieser Tatbestand erfordert einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand, der ausschließlich oder überwiegend auf Alkohol oder andere berauschende Mittel zurückzuführen ist. Nur wenn die Zurechnungsunfähigkeit ihre Ursache (ausschließlich oder überwiegend) in andern Umständen hat, scheidet eine Bestrafung nach dem § 287 StGB aus (Leukauf-Steininger, StGB2, RN 7 zu § 287; ÖJZ-LSK 1981/158 ua). Abgesehen davon, daß eine solche Berauschung auch durch Medikamente bewirkt werden kann, führte das Erstgericht den Rauschzustand des Angeklagten unmißverständlich auf den Genuß größerer Mengen alkoholischer Getränke zurück (AS 125, 128), mag dabei auch die Wirkung des Alkohols durch die (behauptete) Einnahme schmerzstillender Tabletten verstärkt worden sein (vgl AS 115). An der Tatbildlichkeit im Sinn des § 287 StGB besteht daher der in der Beschwerde vertretenen Ansicht zuwider kein Zweifel. Auch das weitere Vorbringen in der Rechtsrüge des Angeklagten, mit dem er geltend macht, im Rausch gar keine gerichtlich strafbare Handlung begangen zu haben, muß als verfehlt bezeichnet werden. Soweit der Beschwerdeführer zunächst vermeint, es liege (strafaufhebender) Rücktritt vom Einbruchsversuch in die Wohnung der Elfriede G*** vor, ist ihm entgegenzuhalten, daß sein Verhalten am Tatort, nämlich das Eindringen in mehrere dort befindliche Räumlichkeiten, nach dem Urteilsinhalt eine Handlungseinheit darstellt (AS 125, 128 f), deren Teilakte rechtlich nicht isoliert betrachtet werden können. Da die Tatvollendung insgesamt nur zufolge äußerer Umstände, nämlich der Betretung des Angeklagten, unterblieb, mangelt es an dem für die Annahme dieses Strafaufhebungsgrundes essentiellen Erfordernis der Freiwilligkeit.

Die Rechtsrüge versagt schließlich auch mit dem Einwand absoluter Untauglichkeit des Diebstahlversuches zum Nachteil der Firma J*** wegen Wertlosigkeit der in deren Räumlichkeiten gelagerten Fahrnisse und der Behauptung fehlender Urteilsfeststellungen hiezu.

Absolut untauglich (und damit straflos) ist ein Versuch, wenn es bei einer generalisierenden, von den Besonderheiten des Einzelfalles losgelösten Betrachtung ex post "der Gegenstand" geradezu denkunmöglich erscheinen läßt, daß es jemals zur Vollendung der Tat kommt (13 Os 45/86 verstärkter Senat = RZ 1986/77 = EvBl 1987/5). Der vom Beschwerdeführer angestrebten Annahme einer solchen Versuchsuntauglichkeit steht jedoch schon die von ihm vernachlässigte Urteilsannahme entgegen, daß am Tatort sehr wohl stehlbare Sachen gelagert waren (AS 125), wobei im übrigen auch die zufällige Abwesenheit solcher Sachen den Versuch noch nicht absolut untauglich machen würde (siehe Leukauf-Steininger, StGB2, RN 46 f zu § 127). Dem Erstgericht unterlief somit in der rechtlichen Beurteilung der Rauschtat als strafbarer Diebstahlsversuch kein Rechtsirrtum.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 287 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, als mildernd das Geständnis.

Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte eine Strafermäßigung. Die Berufung ist berechtigt.

Entgegen der Auffassung des Berufungswerbers wurden ihm zu Recht einschlägige Vorstrafen als erschwerend zur Last gelegt. Als solche kommen nämlich nicht nur Handlungen in Betracht, die dem § 287 Abs. 1 StGB zu unterstellen sind. Es genügt, wenn sie auf die gleiche schädliche Neigung (§ 71 StGB) zurückzuführen sind wie die hier zu beurteilende Rauschtat. Wohl aber übersah das Erstgericht, dem Angeklagten auch den Umstand als mildernd zugute zu halten, daß die Rauschtat im Versuchsstadium blieb. Deshalb und unter Berücksichtigung der sonstigen Gegebenheiten dieses Falles erscheint das in erster Instanz gefundene Strafausmaß überhöht. Es war daher tat- und tätergerecht zu reduzieren.

Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E15307

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0110OS00110.88.0906.000

Dokumentnummer

JJT_19880906_OGH0002_0110OS00110_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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