TE OGH 1988/11/24 12Os146/88

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Veröffentlicht am 24.11.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.November 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bogensberger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Christian K*** wegen des Verbrechens der Erpressung nach § 144 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 16.Juni 1988, GZ 28 Vr 1.520/87-34, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Christian K*** wurde mit dem angefochtenen Urteil, das auch Teilfreisprüche enthält, des Vergehens der Zuhälterei nach § 216 Abs 2 StGB (1) in Tateinheit mit dem Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (2) sowie dem Verbrechen der Erpressung nach § 144 Abs 1 StGB (3) schuldig erkannt. Darnach hat er

1. von Juni 1984 bis Ende Juli 1986 in Zirl und Innsbruck mit dem Vorsatz, sich aus der gewerbsmäßigen Unzucht der Andrea K*** eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, die Genannte durch Abnahme des (überwiegenden Teiles und letztlich des gesamten) Schandlohnes ausgebeutet, sie durch Schläge eingeschüchtert und ihr die Bedingungen zur Ausübung der Unzucht vorgeschrieben, indem er ihr den Aufstellungsort zuwies, ihr auftrug, die Kunden in die Wohnung mitzunehmen und gelegentlich mehr (als 500 S) zu verlangen;

2. von Frühjahr 1985 bis Ende Juli 1986 in Innsbruck die Andrea K*** mit Gewalt zu einer Handlung, nämlich zur Ausübung der Prostitution genötigt, indem er ihr Schläge versetzte;

3. etwa in den Monaten Juni und Juli 1986 in Innsbruck mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, die Andrea K*** durch Versetzen bzw Ankündigen von Schlägen zur Ablieferung des Schandlohnes, sohin mit Gewalt und durch gefährliche Drohung zu Handlungen genötigt, die sie an ihrem Vermögen schädigten.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diesen Schuldspruch aus den Gründen der Z 4, 5, 5 a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht berechtigt.

Durch die Abweisung des Antrages (S 137) auf Einvernahme des diensthabenden Wachkommandanten des Polizeiwachzimmers Maria-Hilf zum Beweis dafür, daß die Zeugin K*** erst im Zeitpunkt des Eintreffens im Wachzimmer den Angeklagten einer Bedrohung bezichtigt hat und daß erst daraufhin ein weiteres Funkfahrzeug zum angeblichen Tatort beordert wurde, von den einschreitenden Beamten aber weder dort noch in den Taschen des Angeklagten eine Rasierklinge festgestellt wurde, sind Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers schon deshalb nicht verletzt worden, weil er von dem bezüglichen Anklagevorwurf, am 12.August 1986 versucht zu haben, die Andrea K*** zur Fortsetzung der Prostitution zu nötigen, indem er ihr androhte, im Weigerungsfalle mit einer (vorgehaltenen) Rasierklinge das Gesicht zu zerschneiden und sie solcherart auffallend zu verunstalten (§§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB), ohnedies freigesprochen worden ist.

Die ergänzende Einvernahme der Zeugin K*** (S 137) sowie die Beischaffung eines Strafaktes der Prätur Rimini/Italien (S 109 iVm S 137, lit c), wodurch der nach Ansicht des Beschwerdeführers für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der genannten Zeugin maßgebliche Umstand erwiesen werden sollte, daß sie auch noch nach der Trennung von ihm, und zwar insbesondere schon während eines Italienaufenthaltes im Sommer 1986 auf Veranlassung des Peter N*** weiterhin der Prostitution nachgegangen sei, unterblieb gleichfalls ohne Nachteil für den Angeklagten, denn das Schöffengericht hat bei seiner Beweiswürdigung ohnedies als wahrscheinlich unterstellt, daß die Zeugin nunmehr im Abhängigkeitsbereich des Peter N*** als Geheimprostituierte tätig ist (S 138; US 9, 16).

Auch dem Antrag (S 129 iVm S 137, lit c) auf Einsichtnahme in die Einkommensteuererklärungen der Andrea K*** zum Beweis dafür, daß "die Angaben über ihre finanziellen Verhältnisse und ihre Tätigkeiten nicht den Tatsachen entsprechen", kam das Erstgericht zu Recht nicht nach. Abgesehen davon, daß nach den Verfahrensergebnissen nichts darauf hindeutet und auch im Beweisantrag nicht behauptet wird, Andrea K*** würde als Geheimprostituierte überhaupt zur Einkommensteuer veranlagt, sodaß der Antrag in Wahrheit auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis abzielt, kommt es für die Annahme tatbestandsmäßiger Ausbeutung (§ 216 Abs 2 erster Fall StGB) einer Prostituierten durch Abnahme des ganzen oder eines überwiegenden Teiles ihres Schandlohnes (vgl Mayerhofer-Rieder StGB2 E 1 ff zu § 216 aF) auf deren "finanzielle Verhältnisse", also die Höhe ihres Einkommens jedenfalls dann nicht an, wenn die Gewerbsunzucht die hauptsächliche Einnahmsquelle der Dirne darstellt, richtet sich die Tat doch solcherart gegen deren vitale Interessen (vgl Leukauf-Steininger Komm2 RN 6 und ErgH 1984 RN 8 a jeweils zu § 216). Insoweit bezog sich der Beweisantrag daher auf keine entscheidungswesentliche Tatsache. Die "Tätigkeiten" der Andrea K*** (ausschließlich als Geheimprostituierte) sind aber unbestritten, sodaß es diesbezüglich gleichfalls keiner weiteren Beweisaufnahme bedurfte. Eingangs der Beschwerde wird zwar auch die Abweisung des Antrages auf zeugenschaftliche Vernehmung des Rudolf S*** (S 129 iVm S 137, lit c) erwähnt, doch fehlt es in weiterer Folge an darauf bezogenen Beschwerdeausführungen, die Gegenstand einer Erörterung sein könnten. Im übrigen ergibt sich aus den Akten, daß der Genannte dem Gericht wegen seines unbekannten Aufenthaltes in Übersee als Zeuge nicht zur Verfügung stand (ON 23, 29; S 130). Die Verfahrensrüge (Z 4) versagt daher zur Gänze.

Nicht gesetzmäßig ausgeführt ist die Mängelrüge (Z 5), denn mit der Behauptung, das Erstgericht berufe sich bei der Begründung seiner Tatsachenfeststellungen pauschal auf deren "innere Wahrscheinlichkeit" oder auf die "allgemeine Lebenserfahrung", setzt sich der Beschwerdeführer über den textlichen Zusammenhang, in dem diese Wendungen gebraucht werden, hinweg und geht damit auf die eigentliche Urteilsbegründung gar nicht ein.

Der Tatsachenrüge (Z 5 a) zuwider ergeben sich aus den Akten - soweit sich der Beschwerdeführer überhaupt auf deren Inhalt beruft und nicht bloß gegen den kritisch-psychologischen Vorgang der Beweiswürdigung als solchen argumentiert - für den Obersten Gerichtshof keine (erheblichen) Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen.

Inwiefern "zur Ableitung des Vorsatzes sowohl im Sinne des § 216 als auch der §§ 144 und 105 StGB" über die dazu getroffenen Konstatierungen (insbes US 7/8, 9) hinaus auch Feststellungen über die "eigentlichen Summen" erforderlich gewesen sein sollten, die dem Beschwerdeführer zugeflossen sind, kann der Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht mit Deutlichkeit und Bestimmtheit (§ 285 a Z 2 StPO) entnommen werden, sodaß auf dieses Vorbringen sachlich nicht eingegangen werden kann.

Unsubstantiiert ist schließlich auch die Subsumtionsrüge (Z 10), weil sie keinerlei Rechtsausführungen darüber enthält, warum der im Urteil festgestellte und spruchgemäß beurteilte Sachverhalt ausschließlich der Bestimmung des § 216 Abs 1 StGB zu unterstellen gewesen wäre. Auch sie entzieht sich somit einer sachbezogenen Erwiderung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - nach Anhörung der Generalprokuratur - schon bei einer nichtöffentlichen Beratung als zum Teil offenbar unbegründet, im übrigen aber als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Innsbruck zur Entscheidung über die beiderseitigen Berufungen folgt (§ 285 i StPO). Die Kostenersatzpflicht des Beschwerdeführers ist in der bezogenen Gesetzesstelle begründet.

Anmerkung

E16310

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0120OS00146.88.1124.000

Dokumentnummer

JJT_19881124_OGH0002_0120OS00146_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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