TE OGH 1989/1/19 12Os134/88

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Veröffentlicht am 19.01.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Jänner 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Zeh als Schriftführers in der Strafsache gegen Franz E*** und Rudolf S*** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143, zweiter Fall, StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Franz E*** sowie die Berufungen des Angeklagten Rudolf S*** und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschwornengerichts beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 27.Mai 1988, GZ 20 b Vr 2949/88-83, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Bassler, der Angeklagten Franz E*** und Rudolf S*** und der Verteidiger Dr. Essenther und Dr. Willheim zu Recht erkannt:

Spruch

1. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz E*** wird verworfen.

2. Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird teilweise Folge gegeben und die über den Angeklagten Rudolf S*** verhängte Freiheitsstrafe auf 5 (fünf) Jahre erhöht.

3. Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird im übrigen ebenso wie der Berufung des Angeklagten Franz E*** nicht Folge gegeben.

4. Der Angeklagte Rudolf S*** wird mit seiner Berufung auf die Entscheidung zu 2 verwiesen.

5. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Franz E*** und Rudolf S*** die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden Urteil wurden der 26-jährige beschäftigungslose Franz E*** und der 20-jährige, gleichfalls nicht erwerbstätige Rudolf S*** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Darnach haben sie am 12. Dezember 1987 in Wien im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem gesondert verfolgten Peter P*** mit Gewalt gegen Personen und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) sowie unter Verwendung von Waffen mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung dem Alexander Z*** 10.600 S Bargeld weggenommen bzw abgenötigt, indem Franz E*** und Rudolf S*** (in Gegenwart des Peter P***) den Alexander Z*** und den Thomas K*** zur Herausgabe des Geldbetrages aufforderten, wobei Franz E*** dem Alexander Z*** ein Fixiermesser gegen die Brust hielt, während Rudolf S*** Thomas K*** festhielt und drohte, er werde ihm mit einem Hackenstiel den "Schädel" einschlagen. Die Geschwornen bejahten die gemäß § 312 Abs 1 StPO im Sinn des Anklagevorwurfs für jeden Angeklagten getrennt gestellten Hauptfragen 1 und 2 in Richtung des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143, zweiter Fall, StGB - hinsichtlich Franz E*** mit der Beschränkung (§ 330 Abs 2 StPO), daß er Alexander Z*** nicht (verbal) mit dem Abstechen bedrohte, als er ihm ein Fixiermesser gegen die Brust hielt - und verneinten die (gleichfalls für jeden Angeklagten getrennt gestellten) Zusatzfragen 1 und 2 (§ 313 StPO) nach Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB) durchwegs stimmeneinhellig. Die Eventualfragen 1 und 2 (§ 314 Abs 1 StPO) jeweils nach dem Vergehen der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs 1 StGB (§§ 142 Abs 1, 143, zweiter Fall, StGB) ließen sie demgemäß unbeantwortet.

Der Angeklagte Franz E*** bekämpft seinen Schuldspruch mit einer allein auf den Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 6 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde (die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Rudolf S*** wurde mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 27.Oktober 1988, GZ 12 Os 134/88-6, infolge vorausgegangenen Verzichts als unzulässig zurückgewiesen).

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz E*** kommt keine Berechtigung zu.

Als Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung macht der Beschwerdeführer, welcher in der Hauptverhandlung nach Verlesung der Fragen (§ 310 Abs 1 StPO) keinen Antrag auf deren Abänderung oder Ergänzung (§ 310 Abs 3 StPO) stellte (S 66/II), das Unterbleiben einer Eventualfrage (§ 314 Abs 1 StPO) nach dem Verbrechen des versuchten schweren Raubes im wesentlichen mit der Begründung geltend, daß auf Grund seiner Verantwortung, wonach er das dem Alexander Z*** angesetzte Messer noch vor der Übergabe des Geldes "zugeklappt und weggeworfen habe" und es zur Übergabe des Geldes erst im Zuge eines nachfolgenden Raufhandels zwischen ihm und Alexander Z*** gekommen sei (S 16, 17/II), eine entsprechende Fragestellung indiziert gewesen wäre.

Die Beschwerdeargumentation verkennt, daß das Gelingen der Sachwegnahme das entscheidende Abgrenzungskriterium zwischen vollendetem und bloß versuchtem Raub darstellt. Da im konkreten Fall das Tatopfer (Alexander Z***) nach der eigenen Verantwortung des Beschwerdeführers (S 16, 17/II) die Raubbeute im Zuge des dem Waffeneinsatz unmittelbar nachfolgenden Raufhandels dem Beschwerdeführer (gezwungenermaßen) überließ, erweist es sich als nicht einsichtig, inwiefern das bezogene Tatsachenvorbringen in der Hauptverhandlung (LSK 1986/101) ein die reklamierte Fragestellung rechtfertigendes Substrat enthalten soll. Eine in der Beschwerdeausführung in diesem Zusammenhang möglicherweise in Betracht gezogene gesonderte Erfassung einzelner Tatphasen als versuchter schwerer Raub bis zum Abbruch des Waffeneinsatzes bzw als nicht nach § 143, zweiter Fall, StGB qualifizierter vollendeter Raub scheidet schon deshalb aus, weil sich mehrere zeitlich unmittelbar aufeinanderfolgende Ausführungshandlungen, die (wie hier) von einheitlichem Raubvorsatz geleitet, auf die Verwirklichung eines und desselben Raubvorhabens ausgerichtet sind, dogmatisch als Tateinheit darstellen. Davon ausgehend tritt aber der nach der Verantwortung des Beschwerdeführers gescheiterte Versuch der Durchsetzung der Sachwegnahme durch Drohung mit einem Fixiermesser im Rahmen der einheitlichen Deliktsverwirklichung hinter die nachfolgende Raubvollendung durch Anwendung von Gewalt zurück (LSK 1976/231; RZ 1971, 27), weshalb die Verantwortung des Beschwerdeführers aus materiellrechtlicher Sicht keinen Freiraum für die vermißte Fragestellung eröffnet. Lediglich der Vollständigkeit halber ist hinzuzufügen, daß der Beschwerdeführer als Mittäter auch für den Einsatz eines Hackenstiels als Waffe durch den Tatkomplizen Rudolf S*** haftet und nach Lage des Falles die Qualifikation nach § 143, zweiter Fall, StGB schon unter diesem - erneut durch die eigene Verantwortung gedeckten (S 16/II) - Aspekt zum Tragen kommt. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

das Geschwornengericht verhängte gemäß § 143, erster Strafsatz, StGB über den Angeklagten Franz E*** eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und über den Angeklagten Rudolf S*** unter Anwendung des § 41 Abs 1 Z 3 StGB eine solche von vier Jahren. Bei der Strafbemessung wertete es bei beiden Angeklagten die einschlägigen (bezüglich E*** die Voraussetzungen des § 39 StGB erfüllenden) Vorstrafen als erschwerend, als mildernd hingegen die teilweise objektive Schadensgutmachung, überdies bei E*** das Teilgeständnis und bei S*** das volle, reumütige Geständnis sowie das Alter unter 21 Jahren. Die außerordentliche Strafmilderung nach § 41 Abs 1 Z 3 StGB bei S*** stützte das Erstgericht auf dessen schon als mildernd gewertetes Alter (siehe oben). Diese Strafaussprüche bekämpfen sowohl die Angeklagten E*** und S*** als auch die Staatsanwaltschaft jeweils mit Berufung. Nur jener der Staatsanwaltschaft kommt teilweise, nämlich insoweit Berechtigung zu, als sich ihr Rechtsmittel gegen die S*** gewährte außerordentliche Strafmilderung richtet. Unter Berücksichtigung der ausgeprägten kriminellen Anfälligkeit dieses erst 20-jährigen Angeklagten, wie sie in seinen (bereits) sieben, durchwegs einschlägigen Vorverurteilungen ihren Ausdruck findet, kann, der Berufung zuwider, von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe (§ 41 Abs 1 StGB) keine Rede sein. Dies umso weniger, als - wie auch beim Angeklagten E*** - nunmehr (seit dem Wegfall der Qualifikation des Gesellschaftsraubes durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1987, BGBl Nr 605), die eine erhöhte Gefährlichkeit der Tat indizierende Beteiligung zweier Mittäter als weiterer, vom Erstgericht nicht berücksichtigter Erschwerungsgrund hinzutritt. Da sich S*** bei der Vorbereitung und Ausführung des Raubanschlags auch keineswegs, wie er vermeint, auf eine Randbeteiligung beschränkt hat (Einsatz eines eigens mitgebrachten Hackenstiels), bleibt für eine außerordentliche Strafmilderung kein Raum. Nach Maßgabe der vorliegend aktuellen Milderungsgründe, insbesondere der aus des Sicht des Lebensalters nicht ungünstigen spezialpräventiven Aspekte, kann es bei einer Erhöhung der Strafe auf das gesetzliche Mindestmaß bleiben.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte S*** auf diese Entscheidung zu verweisen.

Hingegen bedarf der den Angeklagten Franz E*** betreffende Strafausspruch nach keiner Richtung hin einer Korrektur. Soweit er eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe im wesentlichen mit der Begründung anstrebt, er habe die Tat unter dem Einfluß des gesondert verfolgten Peter P***, enthemmt durch Alkohol (an seinem Geburtstag), begangen, die Raubbeute dem Tatopfer nicht unmittelbar mit dem Messer abgenötigt, P*** den überwiegenden Teil der Barschaft überlassen und letztlich ein volles Geständnis abgelegt, vermag er insgesamt keine Umstände darzutun, die seinem Berufungsbegehren zum Durchbruch verhelfen könnten. Abgesehen davon, daß auch bei ihm der weitere Erschwerungsgrund der Raubverübung in Mittäterschaft hinzutritt (siehe oben), setzt sich der Berufungswerber über gravierende Modalitäten seines Tatbeitrags, insbesondere darüber hinweg, daß er mit dem (wie dargelegt, dem einheitlichen Tatgeschehen zuzuordnenden) Einsatz eines Fixiermessers gegen das Raubopfer eine entscheidende kriminelle Eigeninitiative entwickelte. Zudem hat sich E*** in der Hauptverhandlung sinngemäß sogar dahin verantwortet, Alkohol schon im Hinblick auf die bevorstehende Tat konsumiert zu haben (S 11 und 12/II).

Nach Lage des Falles trägt die vom Erstgericht über E*** verhängte Freiheitsstrafe sowohl dessen Schuld als auch dem Unrechtsgehalt der Tat sachgerecht Rechnung, weshalb andererseits auch der Berufung der Staatsanwaltschaft, insoweit sie unter Hinweis auf die einschlägigen Vorstrafen E*** auf eine Erhöhung der über ihn verhängten Strafe abzielt, ein Erfolg zu versagen war.

Anmerkung

E16709

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0120OS00134.88.0119.000

Dokumentnummer

JJT_19890119_OGH0002_0120OS00134_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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